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Wiener Zeitung. Nr. 286. [Wien], 30. November 1850.

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Wiener [Abbildung] Zeitung.


>Nro 286Samstag, den 30. November1850.


[Beginn Spaltensatz]
Jnhalt.

Amtlicher Theil.

Nichtamtlicher Theil.

Oesterreich. Wien. ( Protokoll der Sitzung des Ge-
meinderathes. Telegraphie. Telegr. Privat=Depeschen. )

Kronländer. Olmütz. Pesth. Preßburg. Linz.

Deutschland. Berlin. ( Kammerverhandlungen. Ver-
mischtes. ) -- Dresden. ( Kammersitzung. ) -- Karls-
ruhe. ( Kammerverhandlungen. ) -- Koburg.

Frankreich. Paris. ( Vermischtes. )

Großbritanien. London. ( Vermischtes. )

Beilage.



Amtlicher Theil.
Allerunterthänigster Vortrag des treu-
gehorfamsten Ministerrathes

    wegen Erlasses einer Theater=Ordnung.
    Allergnädigster Herr!

Der treugehorsamste Ministerrath erlaubt sich die Aller-
höchste Aufmerksamkeit Euer Majestät auf die Verhält-
nisse des Theaters zu lenken, die einer gesetzlichen Reg-
lung dringend bedürfen.

Die Regierung entbehrt gegenwärtig zum Schutze der
durch das Theater berührten wichtigen öffentlichen Jnter-
essen einer gesetzlichen Grundlage, und sieht sich an ein-
zelnen Orten auf die, aus den Ausnahmszuständen hervor-
gehenden Befugnisse beschränkt.

Ein solcher Zustand kann nicht länger beibehalten wer-
den, es ist daher unabweislich, für einen gleichmäßigen
Vorgang durch eine allgemeine Vorschrift Fürsorge zu
treffen.

Die Grundsätze, von welchen hiebei auszugehen, sind
folgende:

Das Theater ist nicht blos eine öffentliche Belustigung.
Es ist auch ein mächtiger Hebel der Volksbildung.

Die höheren Jnteressen der Gesellschaft, Sitte, An-
stand, Geschmack, die Veredlung und Verfeinerung der
Geistesrichtung, werden durch dasselbe gepflegt oder
gefährdet.

Die Regierung kann sich daher einer besonderen und
nachhaltigen Einwirkung darauf nicht entschlagen.

Sie entspricht dieser Aufgabe theilweise durch die ein-
zelnen größeren Bühnen zugewendeten Beiträge aus
öffentlichen Geldern, oder durch den Schutz von Privi-
legien oder sonstigen Vergünstigungen, welche einzelne
Kunstanstalten genießen.

Von solchen Jnstituten kann mit Recht in Anspruch
genommen werden, daß sie sich als Vorbilder guten Ge-
schmackes und höherer Kunstleistungen bewähren, und daß
sie als Kunstschulen eine heilsame Rückwirkung auf das
Bühnenwesen im Allgemeinen ausüben.

Durch die von Staatswegen denselben zugewendeten
Vortheile ist ein berechtigter Einfluß der Regierung auf
ihre Gebahrung begründet, und es sind dadurch die Mit-
tel geboten einer verderblichen Richtung entgegen zu
wirken.

Dieser Aufgabe entsprechen in erster Linie die k. k. Hof-
theater, welche einer besonderen Leitung unterstehen, und
in deren Verhältnissen aus Anlaß der gegenwärtigen Ver-
handlung eine Veränderung nicht einzutreten hätte.

Außerdem machen sich aber bei der Einflußnahme der
Regierung auf die Gebahrung der öffentlichen Bühnen
noch anderweitige Rücksichten geltend.

Das Theater in seiner täglich wiederkehrenden und
[Spaltenumbruch] mächtigen Einwirkung auf die Gemüther darf nicht in eine
Schule sittenverderbender oder staatsgefährlicher Lehren
verwandelt, als ein öffentlicher Ort des Zusammenflusses
großer Menschenmengen, darf es nicht zum Mittel der
Aufreitzung politischer Leidenschaften und feindseliger De-
monstrationen mißbraucht werden, als ein Erholungsort
für Personen verschiedenen Alters und Geschlechtes, dür-
fen die Darstellungen daselbst nichts die Religion, die
Sittlichkeit und den öffentlichen Anstand Verletzendes
enthalten.

Solchen Ausschreitungen vorzubeugen, entgegenzutre-
ten, ist Pflicht der Regierung.

Eine wirksame Handhabung dieser der Regierung ob-
liegenden Einflußnahme auf das Theater ist aber wesent-
lich davon bedingt, daß dasselbe unter sorgsamer öffent-
licher Aufsicht gehalten und die Darstellungen auf dem-
selben von der vorläufigen Zustimmung und Bewilligung
der Staatsbehörde abhängig gemacht werden.

Die Erfahrung hat ferner gelehrt daß es unmöglich
ist, die Bedingungen, unter welchen eine solche Zustim-
mung zu ertheilen oder zu versagen sei, unter bestimmte
und ausreichende Grundsätze zu reihen.

Wenn auch einige objective Merkmale über das, was
von der Darstellung auf der Bühne unbedingt ausge-
schlossen ist, gefunden werden können, so läßt sich doch
in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle der Maßstab
des Erlaubten und Zulässigen nur aus einer richtigen Wür-
digung der allgemeinen Verhältnisse ableiten.

Ja ein und dasselbe Bühnenwerk kann an dem einen
Orte oder in ruhigen Zeitläufen keine Einwendung ge-
gen sich haben, und doch an anderen Orten oder in be-
wegten Epochen ohne ernste Gefährdung des öffentlichen
Friedens zur Darstellung nicht zugelassen werden.

So besondere Verhältnisse bedingen entsprechende Be-
fugnisse der für die Aufrechthaltung der öffentlichen Ord-
nung verantwortlichen Behörden, deren nähere Feststellung
in der anruhenden Theater=Ordnung niedergelegt ist.

Eine an die Kronlands=Statthalter hinauszugebende
Jnstruction welche den Geist, in dem diese Befugnisse
gehandhabt werden sollen, richtig darlegt und der offen
gelassene Weg der Beschwerdeführung an das Ministerium,
werden mehr als hinreichende Bürgschaft darbieten, daß
von diesen Befugnissen ein die Kunst fördernder, nicht
aber ein sie hemmender Gebrauch gemacht werde.

Die Kronlands=Statthalter werden bei dieser Aufgabe
besonders an Orten, wo sich die Bühne auf einer höhe-
ren Stufe des Kunstausbildung befindet, und wo neue
Bühnenwerke in größerer Zahl zur Darstellung gelangen,
des Beirathes sachverständiger, den eigentlichen Kunst-
zweck im Auge behaltender Männer nicht entbehren können.
Die Art und Weise, wie dieser Beirath zu benützen, wird
nach den jeweiligen Verhältnissen mit Rücksicht auf die zur
Verfügung stehenden Kräfte und das Bühnenbedürfniß
zu bestimmen sein.

Dies sind die leitenden Grundsätze, welche sich der
treugehorsamste Ministerrath bei Berathung des beilie-
genden Entwurfes einer Theater=Ordnung gegenwärtig
gehalten hat.

Ueber diese Grundsätze würden die Statthalter durch
eine besondere Jnstruction zu belehren sein, wovon in der
Anlage Euer Majestät der Entwurf zur Allerhöchsten Ein-
sicht vorgelegt wird.

Geruhen Euere Majestät dieser Theater=Ordnung im
Sinne des §. 120 der Reichsverfassung die Allerhöchste
Sanction zu ertheilen.

Wien, am 25. October 1850.

Schwarzenbergm. p. Kraußm. p. Bachm. p.
Bruckm. p. Thinnfeldm. p. Thunm. p. Schmer-
ling
m. p. Csorichm. p. Kulmerm. p.

[Spaltenumbruch]

Hierüber erfolgte nachstehende Allerhöchste Entschlie-
ßung:

"Jch genehmige den vorgelegten Entwurf einer Thea-
ter=Ordnung. Meine Minister des Jnneren und der
Justiz sind mit ihrer Vollziehung beauftragt.

Wien, am 14. November 1850.

    Franz Joseph m. p.

Das heute den 30sten November 1850 erschienene
CLIV. Stück des allgemeinen Reichsgesetz= und Re-
gierungsblattes enthält unter Nr. 454 nachstehende
Verordnung des Ministeriums des Jnnern vom 25sten
November 1850, wirksam für Oesterreich unter und
ob der Enns, Salzburg, Steiermark, Kärnthen, Krain
Tirol und Vorarlberg, Triest, Görz und Gradiska,
Jstrien, Dalmatien, Böhmen, Mähren, Schlesien, Ga-
lizien, Bukowina, Ungarn, Croatien und Slavonien,
die Serbische Woiwodschaft mit dem Temetscher Banat,
die Militär=Gränzgebiete und Siebenbürgen, wodurch
eine Theater=Ordnung erlassen wird.

Jn Gemäßheit der über allerunterthänigsten Vortrag
des Ministerrathes erflossenen Allerhöchsten Entschließung
vom 14. November laufenden Jahres wird folgende
Theater=Ordnung sammt der an die Statthalter erlassenen
Jnstruction über die Handhabung der Theater=Ordnung
kundgemacht:

Theater=Ordnung.

§. 1. Theatralische Vorstellungen jeder Art dürfen in
der Regel nur in Theatergebäuden oder in hiezu beson-
ders concessionirten Räumlichkeiten von mit persönlicher
Befugniß versehenen Unternehmern zur Aufführung ge-
bracht werden.

§. 2. Jn Absicht auf die Errichtung von Theaterge-
bäuden und auf die Erlangung von Befugnissen zu Thea-
terunternehmungen bleiben die bestehenden Vorschriften
und die einzelnen Anstalten ertheilten Privilegien in
Kraft.

Ausnahmsweise Bewilligungen zu einzelnen Vorstel-
lungen von Dilettanten ertheilt der Bezirkshauptmann,
( Comitats=Vorstand, Delegat, Präfect ) und in
Städten, wo Polizei=Directionen bestehen, der Polizei-
Director oder Stadthauptmann.

§. 3. Jede wie immer Namen habende Bühnen-
Production bedarf vor ihrer ersten Darstellung der Auf-
führungsbewilligung von Seite des Statthalters und es
ist der Unternehmer oder der der Behörde angezeigte
Stellvertreter ( Director ) dafür verantwortlich, daß kein
Bühnenwerk ohne diese ertheilte Genehmigung des Statt-
halters zur Aufführung gebracht und daß sich bei den
Darstellungen genau an diese Genehmigung gehalten und
von derselben in keinerlei Weise abgewichen werde.

§. 4. Die erlangte Aufführungsbewilligung ist nur
für den Unternehmer und für die Bühne giltig, die aus-
drücklich in derselben genannt sind.

Bühnenwerke jedoch, welche mit erlangter Bewilli-
gung bereits auf einer Bühne der Kronlandshauptstadt
zur Darstellung gekommen sind, bedürfen zu einer wei-
teren Aufführung auf einer andern Bühne desselben
Kronlandes keiner neuerlichen Bewilligung.

§. 5. Die ertheilte Aufführungsbewilligung kann aus
Beweggründen der öffentlichen Ordnung jederzeit zurück-
genommen werden.

§. 6. Der Staats=Sicherheitsbehörde ( Stadthaupt-
mannschaft, Polizei=Direction, Bezirkshauptmann-
schaft ) liegt ob, darüber zu wachen, daß die Vorstel-
lungen nur mit erlangter Aufführungsbewilligung und in
Uebereinstimmung mit derselben Statt finden, dann daß
die Art der Aufführung ( Jnscenesetzung, Kostüm ) nichts
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Wiener [Abbildung] Zeitung.


>Nro 286Samstag, den 30. November1850.


[Beginn Spaltensatz]
Jnhalt.

Amtlicher Theil.

Nichtamtlicher Theil.

Oesterreich. Wien. ( Protokoll der Sitzung des Ge-
meinderathes. Telegraphie. Telegr. Privat=Depeschen. )

Kronländer. Olmütz. Pesth. Preßburg. Linz.

Deutschland. Berlin. ( Kammerverhandlungen. Ver-
mischtes. ) — Dresden. ( Kammersitzung. ) — Karls-
ruhe. ( Kammerverhandlungen. ) — Koburg.

Frankreich. Paris. ( Vermischtes. )

Großbritanien. London. ( Vermischtes. )

Beilage.



Amtlicher Theil.
Allerunterthänigster Vortrag des treu-
gehorfamsten Ministerrathes

    wegen Erlasses einer Theater=Ordnung.
    Allergnädigster Herr!

Der treugehorsamste Ministerrath erlaubt sich die Aller-
höchste Aufmerksamkeit Euer Majestät auf die Verhält-
nisse des Theaters zu lenken, die einer gesetzlichen Reg-
lung dringend bedürfen.

Die Regierung entbehrt gegenwärtig zum Schutze der
durch das Theater berührten wichtigen öffentlichen Jnter-
essen einer gesetzlichen Grundlage, und sieht sich an ein-
zelnen Orten auf die, aus den Ausnahmszuständen hervor-
gehenden Befugnisse beschränkt.

Ein solcher Zustand kann nicht länger beibehalten wer-
den, es ist daher unabweislich, für einen gleichmäßigen
Vorgang durch eine allgemeine Vorschrift Fürsorge zu
treffen.

Die Grundsätze, von welchen hiebei auszugehen, sind
folgende:

Das Theater ist nicht blos eine öffentliche Belustigung.
Es ist auch ein mächtiger Hebel der Volksbildung.

Die höheren Jnteressen der Gesellschaft, Sitte, An-
stand, Geschmack, die Veredlung und Verfeinerung der
Geistesrichtung, werden durch dasselbe gepflegt oder
gefährdet.

Die Regierung kann sich daher einer besonderen und
nachhaltigen Einwirkung darauf nicht entschlagen.

Sie entspricht dieser Aufgabe theilweise durch die ein-
zelnen größeren Bühnen zugewendeten Beiträge aus
öffentlichen Geldern, oder durch den Schutz von Privi-
legien oder sonstigen Vergünstigungen, welche einzelne
Kunstanstalten genießen.

Von solchen Jnstituten kann mit Recht in Anspruch
genommen werden, daß sie sich als Vorbilder guten Ge-
schmackes und höherer Kunstleistungen bewähren, und daß
sie als Kunstschulen eine heilsame Rückwirkung auf das
Bühnenwesen im Allgemeinen ausüben.

Durch die von Staatswegen denselben zugewendeten
Vortheile ist ein berechtigter Einfluß der Regierung auf
ihre Gebahrung begründet, und es sind dadurch die Mit-
tel geboten einer verderblichen Richtung entgegen zu
wirken.

Dieser Aufgabe entsprechen in erster Linie die k. k. Hof-
theater, welche einer besonderen Leitung unterstehen, und
in deren Verhältnissen aus Anlaß der gegenwärtigen Ver-
handlung eine Veränderung nicht einzutreten hätte.

Außerdem machen sich aber bei der Einflußnahme der
Regierung auf die Gebahrung der öffentlichen Bühnen
noch anderweitige Rücksichten geltend.

Das Theater in seiner täglich wiederkehrenden und
[Spaltenumbruch] mächtigen Einwirkung auf die Gemüther darf nicht in eine
Schule sittenverderbender oder staatsgefährlicher Lehren
verwandelt, als ein öffentlicher Ort des Zusammenflusses
großer Menschenmengen, darf es nicht zum Mittel der
Aufreitzung politischer Leidenschaften und feindseliger De-
monstrationen mißbraucht werden, als ein Erholungsort
für Personen verschiedenen Alters und Geschlechtes, dür-
fen die Darstellungen daselbst nichts die Religion, die
Sittlichkeit und den öffentlichen Anstand Verletzendes
enthalten.

Solchen Ausschreitungen vorzubeugen, entgegenzutre-
ten, ist Pflicht der Regierung.

Eine wirksame Handhabung dieser der Regierung ob-
liegenden Einflußnahme auf das Theater ist aber wesent-
lich davon bedingt, daß dasselbe unter sorgsamer öffent-
licher Aufsicht gehalten und die Darstellungen auf dem-
selben von der vorläufigen Zustimmung und Bewilligung
der Staatsbehörde abhängig gemacht werden.

Die Erfahrung hat ferner gelehrt daß es unmöglich
ist, die Bedingungen, unter welchen eine solche Zustim-
mung zu ertheilen oder zu versagen sei, unter bestimmte
und ausreichende Grundsätze zu reihen.

Wenn auch einige objective Merkmale über das, was
von der Darstellung auf der Bühne unbedingt ausge-
schlossen ist, gefunden werden können, so läßt sich doch
in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle der Maßstab
des Erlaubten und Zulässigen nur aus einer richtigen Wür-
digung der allgemeinen Verhältnisse ableiten.

Ja ein und dasselbe Bühnenwerk kann an dem einen
Orte oder in ruhigen Zeitläufen keine Einwendung ge-
gen sich haben, und doch an anderen Orten oder in be-
wegten Epochen ohne ernste Gefährdung des öffentlichen
Friedens zur Darstellung nicht zugelassen werden.

So besondere Verhältnisse bedingen entsprechende Be-
fugnisse der für die Aufrechthaltung der öffentlichen Ord-
nung verantwortlichen Behörden, deren nähere Feststellung
in der anruhenden Theater=Ordnung niedergelegt ist.

Eine an die Kronlands=Statthalter hinauszugebende
Jnstruction welche den Geist, in dem diese Befugnisse
gehandhabt werden sollen, richtig darlegt und der offen
gelassene Weg der Beschwerdeführung an das Ministerium,
werden mehr als hinreichende Bürgschaft darbieten, daß
von diesen Befugnissen ein die Kunst fördernder, nicht
aber ein sie hemmender Gebrauch gemacht werde.

Die Kronlands=Statthalter werden bei dieser Aufgabe
besonders an Orten, wo sich die Bühne auf einer höhe-
ren Stufe des Kunstausbildung befindet, und wo neue
Bühnenwerke in größerer Zahl zur Darstellung gelangen,
des Beirathes sachverständiger, den eigentlichen Kunst-
zweck im Auge behaltender Männer nicht entbehren können.
Die Art und Weise, wie dieser Beirath zu benützen, wird
nach den jeweiligen Verhältnissen mit Rücksicht auf die zur
Verfügung stehenden Kräfte und das Bühnenbedürfniß
zu bestimmen sein.

Dies sind die leitenden Grundsätze, welche sich der
treugehorsamste Ministerrath bei Berathung des beilie-
genden Entwurfes einer Theater=Ordnung gegenwärtig
gehalten hat.

Ueber diese Grundsätze würden die Statthalter durch
eine besondere Jnstruction zu belehren sein, wovon in der
Anlage Euer Majestät der Entwurf zur Allerhöchsten Ein-
sicht vorgelegt wird.

Geruhen Euere Majestät dieser Theater=Ordnung im
Sinne des §. 120 der Reichsverfassung die Allerhöchste
Sanction zu ertheilen.

Wien, am 25. October 1850.

Schwarzenbergm. p. Kraußm. p. Bachm. p.
Bruckm. p. Thinnfeldm. p. Thunm. p. Schmer-
ling
m. p. Csorichm. p. Kulmerm. p.

[Spaltenumbruch]

Hierüber erfolgte nachstehende Allerhöchste Entschlie-
ßung:

„Jch genehmige den vorgelegten Entwurf einer Thea-
ter=Ordnung. Meine Minister des Jnneren und der
Justiz sind mit ihrer Vollziehung beauftragt.

Wien, am 14. November 1850.

    Franz Joseph m. p.

Das heute den 30sten November 1850 erschienene
CLIV. Stück des allgemeinen Reichsgesetz= und Re-
gierungsblattes enthält unter Nr. 454 nachstehende
Verordnung des Ministeriums des Jnnern vom 25sten
November 1850, wirksam für Oesterreich unter und
ob der Enns, Salzburg, Steiermark, Kärnthen, Krain
Tirol und Vorarlberg, Triest, Görz und Gradiska,
Jstrien, Dalmatien, Böhmen, Mähren, Schlesien, Ga-
lizien, Bukowina, Ungarn, Croatien und Slavonien,
die Serbische Woiwodschaft mit dem Temetscher Banat,
die Militär=Gränzgebiete und Siebenbürgen, wodurch
eine Theater=Ordnung erlassen wird.

Jn Gemäßheit der über allerunterthänigsten Vortrag
des Ministerrathes erflossenen Allerhöchsten Entschließung
vom 14. November laufenden Jahres wird folgende
Theater=Ordnung sammt der an die Statthalter erlassenen
Jnstruction über die Handhabung der Theater=Ordnung
kundgemacht:

Theater=Ordnung.

§. 1. Theatralische Vorstellungen jeder Art dürfen in
der Regel nur in Theatergebäuden oder in hiezu beson-
ders concessionirten Räumlichkeiten von mit persönlicher
Befugniß versehenen Unternehmern zur Aufführung ge-
bracht werden.

§. 2. Jn Absicht auf die Errichtung von Theaterge-
bäuden und auf die Erlangung von Befugnissen zu Thea-
terunternehmungen bleiben die bestehenden Vorschriften
und die einzelnen Anstalten ertheilten Privilegien in
Kraft.

Ausnahmsweise Bewilligungen zu einzelnen Vorstel-
lungen von Dilettanten ertheilt der Bezirkshauptmann,
( Comitats=Vorstand, Delegat, Präfect ) und in
Städten, wo Polizei=Directionen bestehen, der Polizei-
Director oder Stadthauptmann.

§. 3. Jede wie immer Namen habende Bühnen-
Production bedarf vor ihrer ersten Darstellung der Auf-
führungsbewilligung von Seite des Statthalters und es
ist der Unternehmer oder der der Behörde angezeigte
Stellvertreter ( Director ) dafür verantwortlich, daß kein
Bühnenwerk ohne diese ertheilte Genehmigung des Statt-
halters zur Aufführung gebracht und daß sich bei den
Darstellungen genau an diese Genehmigung gehalten und
von derselben in keinerlei Weise abgewichen werde.

§. 4. Die erlangte Aufführungsbewilligung ist nur
für den Unternehmer und für die Bühne giltig, die aus-
drücklich in derselben genannt sind.

Bühnenwerke jedoch, welche mit erlangter Bewilli-
gung bereits auf einer Bühne der Kronlandshauptstadt
zur Darstellung gekommen sind, bedürfen zu einer wei-
teren Aufführung auf einer andern Bühne desselben
Kronlandes keiner neuerlichen Bewilligung.

§. 5. Die ertheilte Aufführungsbewilligung kann aus
Beweggründen der öffentlichen Ordnung jederzeit zurück-
genommen werden.

§. 6. Der Staats=Sicherheitsbehörde ( Stadthaupt-
mannschaft, Polizei=Direction, Bezirkshauptmann-
schaft ) liegt ob, darüber zu wachen, daß die Vorstel-
lungen nur mit erlangter Aufführungsbewilligung und in
Uebereinstimmung mit derselben Statt finden, dann daß
die Art der Aufführung ( Jnscenesetzung, Kostüm ) nichts
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[[3621]/0001] Wiener [Abbildung] Zeitung. >Nro 286Samstag, den 30. November1850. Jnhalt. Amtlicher Theil. Nichtamtlicher Theil. Oesterreich. Wien. ( Protokoll der Sitzung des Ge- meinderathes. Telegraphie. Telegr. Privat=Depeschen. ) Kronländer. Olmütz. Pesth. Preßburg. Linz. Deutschland. Berlin. ( Kammerverhandlungen. Ver- mischtes. ) — Dresden. ( Kammersitzung. ) — Karls- ruhe. ( Kammerverhandlungen. ) — Koburg. Frankreich. Paris. ( Vermischtes. ) Großbritanien. London. ( Vermischtes. ) Beilage. Amtlicher Theil. Allerunterthänigster Vortrag des treu- gehorfamsten Ministerrathes wegen Erlasses einer Theater=Ordnung. Allergnädigster Herr! Der treugehorsamste Ministerrath erlaubt sich die Aller- höchste Aufmerksamkeit Euer Majestät auf die Verhält- nisse des Theaters zu lenken, die einer gesetzlichen Reg- lung dringend bedürfen. Die Regierung entbehrt gegenwärtig zum Schutze der durch das Theater berührten wichtigen öffentlichen Jnter- essen einer gesetzlichen Grundlage, und sieht sich an ein- zelnen Orten auf die, aus den Ausnahmszuständen hervor- gehenden Befugnisse beschränkt. Ein solcher Zustand kann nicht länger beibehalten wer- den, es ist daher unabweislich, für einen gleichmäßigen Vorgang durch eine allgemeine Vorschrift Fürsorge zu treffen. Die Grundsätze, von welchen hiebei auszugehen, sind folgende: Das Theater ist nicht blos eine öffentliche Belustigung. Es ist auch ein mächtiger Hebel der Volksbildung. Die höheren Jnteressen der Gesellschaft, Sitte, An- stand, Geschmack, die Veredlung und Verfeinerung der Geistesrichtung, werden durch dasselbe gepflegt oder gefährdet. Die Regierung kann sich daher einer besonderen und nachhaltigen Einwirkung darauf nicht entschlagen. Sie entspricht dieser Aufgabe theilweise durch die ein- zelnen größeren Bühnen zugewendeten Beiträge aus öffentlichen Geldern, oder durch den Schutz von Privi- legien oder sonstigen Vergünstigungen, welche einzelne Kunstanstalten genießen. Von solchen Jnstituten kann mit Recht in Anspruch genommen werden, daß sie sich als Vorbilder guten Ge- schmackes und höherer Kunstleistungen bewähren, und daß sie als Kunstschulen eine heilsame Rückwirkung auf das Bühnenwesen im Allgemeinen ausüben. Durch die von Staatswegen denselben zugewendeten Vortheile ist ein berechtigter Einfluß der Regierung auf ihre Gebahrung begründet, und es sind dadurch die Mit- tel geboten einer verderblichen Richtung entgegen zu wirken. Dieser Aufgabe entsprechen in erster Linie die k. k. Hof- theater, welche einer besonderen Leitung unterstehen, und in deren Verhältnissen aus Anlaß der gegenwärtigen Ver- handlung eine Veränderung nicht einzutreten hätte. Außerdem machen sich aber bei der Einflußnahme der Regierung auf die Gebahrung der öffentlichen Bühnen noch anderweitige Rücksichten geltend. Das Theater in seiner täglich wiederkehrenden und mächtigen Einwirkung auf die Gemüther darf nicht in eine Schule sittenverderbender oder staatsgefährlicher Lehren verwandelt, als ein öffentlicher Ort des Zusammenflusses großer Menschenmengen, darf es nicht zum Mittel der Aufreitzung politischer Leidenschaften und feindseliger De- monstrationen mißbraucht werden, als ein Erholungsort für Personen verschiedenen Alters und Geschlechtes, dür- fen die Darstellungen daselbst nichts die Religion, die Sittlichkeit und den öffentlichen Anstand Verletzendes enthalten. Solchen Ausschreitungen vorzubeugen, entgegenzutre- ten, ist Pflicht der Regierung. Eine wirksame Handhabung dieser der Regierung ob- liegenden Einflußnahme auf das Theater ist aber wesent- lich davon bedingt, daß dasselbe unter sorgsamer öffent- licher Aufsicht gehalten und die Darstellungen auf dem- selben von der vorläufigen Zustimmung und Bewilligung der Staatsbehörde abhängig gemacht werden. Die Erfahrung hat ferner gelehrt daß es unmöglich ist, die Bedingungen, unter welchen eine solche Zustim- mung zu ertheilen oder zu versagen sei, unter bestimmte und ausreichende Grundsätze zu reihen. Wenn auch einige objective Merkmale über das, was von der Darstellung auf der Bühne unbedingt ausge- schlossen ist, gefunden werden können, so läßt sich doch in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle der Maßstab des Erlaubten und Zulässigen nur aus einer richtigen Wür- digung der allgemeinen Verhältnisse ableiten. Ja ein und dasselbe Bühnenwerk kann an dem einen Orte oder in ruhigen Zeitläufen keine Einwendung ge- gen sich haben, und doch an anderen Orten oder in be- wegten Epochen ohne ernste Gefährdung des öffentlichen Friedens zur Darstellung nicht zugelassen werden. So besondere Verhältnisse bedingen entsprechende Be- fugnisse der für die Aufrechthaltung der öffentlichen Ord- nung verantwortlichen Behörden, deren nähere Feststellung in der anruhenden Theater=Ordnung niedergelegt ist. Eine an die Kronlands=Statthalter hinauszugebende Jnstruction welche den Geist, in dem diese Befugnisse gehandhabt werden sollen, richtig darlegt und der offen gelassene Weg der Beschwerdeführung an das Ministerium, werden mehr als hinreichende Bürgschaft darbieten, daß von diesen Befugnissen ein die Kunst fördernder, nicht aber ein sie hemmender Gebrauch gemacht werde. Die Kronlands=Statthalter werden bei dieser Aufgabe besonders an Orten, wo sich die Bühne auf einer höhe- ren Stufe des Kunstausbildung befindet, und wo neue Bühnenwerke in größerer Zahl zur Darstellung gelangen, des Beirathes sachverständiger, den eigentlichen Kunst- zweck im Auge behaltender Männer nicht entbehren können. Die Art und Weise, wie dieser Beirath zu benützen, wird nach den jeweiligen Verhältnissen mit Rücksicht auf die zur Verfügung stehenden Kräfte und das Bühnenbedürfniß zu bestimmen sein. Dies sind die leitenden Grundsätze, welche sich der treugehorsamste Ministerrath bei Berathung des beilie- genden Entwurfes einer Theater=Ordnung gegenwärtig gehalten hat. Ueber diese Grundsätze würden die Statthalter durch eine besondere Jnstruction zu belehren sein, wovon in der Anlage Euer Majestät der Entwurf zur Allerhöchsten Ein- sicht vorgelegt wird. Geruhen Euere Majestät dieser Theater=Ordnung im Sinne des §. 120 der Reichsverfassung die Allerhöchste Sanction zu ertheilen. Wien, am 25. October 1850. Schwarzenbergm. p. Kraußm. p. Bachm. p. Bruckm. p. Thinnfeldm. p. Thunm. p. Schmer- lingm. p. Csorichm. p. Kulmerm. p. Hierüber erfolgte nachstehende Allerhöchste Entschlie- ßung: „Jch genehmige den vorgelegten Entwurf einer Thea- ter=Ordnung. Meine Minister des Jnneren und der Justiz sind mit ihrer Vollziehung beauftragt. Wien, am 14. November 1850. Franz Joseph m. p. Das heute den 30sten November 1850 erschienene CLIV. Stück des allgemeinen Reichsgesetz= und Re- gierungsblattes enthält unter Nr. 454 nachstehende Verordnung des Ministeriums des Jnnern vom 25sten November 1850, wirksam für Oesterreich unter und ob der Enns, Salzburg, Steiermark, Kärnthen, Krain Tirol und Vorarlberg, Triest, Görz und Gradiska, Jstrien, Dalmatien, Böhmen, Mähren, Schlesien, Ga- lizien, Bukowina, Ungarn, Croatien und Slavonien, die Serbische Woiwodschaft mit dem Temetscher Banat, die Militär=Gränzgebiete und Siebenbürgen, wodurch eine Theater=Ordnung erlassen wird. Jn Gemäßheit der über allerunterthänigsten Vortrag des Ministerrathes erflossenen Allerhöchsten Entschließung vom 14. November laufenden Jahres wird folgende Theater=Ordnung sammt der an die Statthalter erlassenen Jnstruction über die Handhabung der Theater=Ordnung kundgemacht: Theater=Ordnung. §. 1. Theatralische Vorstellungen jeder Art dürfen in der Regel nur in Theatergebäuden oder in hiezu beson- ders concessionirten Räumlichkeiten von mit persönlicher Befugniß versehenen Unternehmern zur Aufführung ge- bracht werden. §. 2. Jn Absicht auf die Errichtung von Theaterge- bäuden und auf die Erlangung von Befugnissen zu Thea- terunternehmungen bleiben die bestehenden Vorschriften und die einzelnen Anstalten ertheilten Privilegien in Kraft. Ausnahmsweise Bewilligungen zu einzelnen Vorstel- lungen von Dilettanten ertheilt der Bezirkshauptmann, ( Comitats=Vorstand, Delegat, Präfect ) und in Städten, wo Polizei=Directionen bestehen, der Polizei- Director oder Stadthauptmann. §. 3. Jede wie immer Namen habende Bühnen- Production bedarf vor ihrer ersten Darstellung der Auf- führungsbewilligung von Seite des Statthalters und es ist der Unternehmer oder der der Behörde angezeigte Stellvertreter ( Director ) dafür verantwortlich, daß kein Bühnenwerk ohne diese ertheilte Genehmigung des Statt- halters zur Aufführung gebracht und daß sich bei den Darstellungen genau an diese Genehmigung gehalten und von derselben in keinerlei Weise abgewichen werde. §. 4. Die erlangte Aufführungsbewilligung ist nur für den Unternehmer und für die Bühne giltig, die aus- drücklich in derselben genannt sind. Bühnenwerke jedoch, welche mit erlangter Bewilli- gung bereits auf einer Bühne der Kronlandshauptstadt zur Darstellung gekommen sind, bedürfen zu einer wei- teren Aufführung auf einer andern Bühne desselben Kronlandes keiner neuerlichen Bewilligung. §. 5. Die ertheilte Aufführungsbewilligung kann aus Beweggründen der öffentlichen Ordnung jederzeit zurück- genommen werden. §. 6. Der Staats=Sicherheitsbehörde ( Stadthaupt- mannschaft, Polizei=Direction, Bezirkshauptmann- schaft ) liegt ob, darüber zu wachen, daß die Vorstel- lungen nur mit erlangter Aufführungsbewilligung und in Uebereinstimmung mit derselben Statt finden, dann daß die Art der Aufführung ( Jnscenesetzung, Kostüm ) nichts

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Zitationshilfe: Wiener Zeitung. Nr. 286. [Wien], 30. November 1850, S. [3621]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_wiener286_1850/1>, abgerufen am 21.11.2024.