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Wiener Zeitung. Nr. 280. [Wien], 23. November 1850.

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[Beginn Spaltensatz] rigkeiten darbietet, ferner anzunehmen, davon abhängt;
daß die Statthalterschaft ihre wohlgemeinten Rathschläge
berücksichtige und sich ihren billigen und begründeten For-
derungen nicht versage. Jm entgegengesetzten Falle würde
sie sich jeder weitern Vermittlung hierin zu enthalten ha-
ben und ihr ferneres Verhalten lediglich nach den Ver-
pslichtungen bemessen, die ihr obliegen.

Berlin, den 30. October 1850.

    ( gez. ) v. Radowitz.

2. Schreiben der Statthalterschaft an den
General
v. Radowitz.

Die Statthalterschaft hat aus dem geehrten Schrei-
ben Sr. Excellenz des königl. Preußischen Staats=Mi-
nisters für die auswärtigen Angelegenheiten, Herrn Ge-
neral=Lieutenant v. Radowitz vom 30. v. M. mit Leid-
wesen ersehen, daß ihre Note vom 28. l. M. das Be-
fremden und das Bedauern Sr. Excellenz erregt hat,
so wie, daß die königl. Regierung sich in der Unmög-
lichkeit befindet, ihre Vermittlung für den diesseitigen
Waffenstillstandsvorschlag eintreten zu lassen. Die Statt-
halterschaft glaubte durch die bestimmte Erklärung, daß
sie in den dargelegten Bedingungen eines Waffenstill-
stands an die Gränze dessen gegangen sei, was sie dem
Lande gegenüber zu verantworten vermöge, und durch
die Motive ihres Vorschlags, welche der Bevollmächtigte
v. Harbou dargelegt hat, jeden Zweifel darüber ausge-
schlossen zu haben, daß die Lage der Herzogthümer es
ihr unmöglich mache, einen rein militärischen Waffen-
stillstand abzuschließen. Sie konnte auf einen rein mili-
tärischen Waffenstillstand nicht eingehen, weil sie auf-
richtig den Frieden will und dieser nicht auf dem Wege
sich erreichen läßt, daß während die Waffen zu einer dem
Feinde ungünstigen Jahreszeit in Ruhe gestellt werden,
das Herzogthum Schleswig der Occupation desselben fast
im ganzen Umfange unterworfen bleibt, und ferner, weil
bei Fehlschlagen einer friedlichen Erledigung der Krieg
im nächsten Frühjahr unfehlbar wieder beginnen würde.

Die Statthalterschaft hat diese Angelegenheit, in Ver-
anlassung des geehrten Schreibens vom 30. v. M. noch-
mals in Erwägung gezogen, jedoch zu einer andern, als
der in der Note vom 28sten v. M. dargelegten Ueberzeu-
gung nicht gelangen können. Wäre ein Organ des Deut-
schen Bundes vorhanden, so würde demselben die schul-
dige Rücksicht nicht versagt werden. Aber die angefügte
Zuschrift des k. Oesterr. Geheimraths, Grafen v. Thun,
welche gleichzeitig mit der Note Eu. Excellenz hier ange-
langt ist, bestätigt von Neuem, daß es zur Zeit an ei-
nem solchen Organe fehlt, und die von Eu. Excellenz er-
öffnete Aussicht, durch den rein militärischen Waffenstill-
stand die Bildung eines Deutschland wahrhaft vertreten-
den Organs zu erreichen, scheint durch die Beschlüsse, wel-
che die Frankfurter Versammlung von Bevollmächtigten
einzelner Regierungen in Gemeinschaft mit dem k. Däni-
schen Bevollmächtigten gefaßt hat, völlig geschwunden
zu sein. So wenig die Statthalterschaft in dieser Ver-
sammlung ein berechtigtes Organ des Deutschen Bundes
anerkennen und deren Beschlüssen Geltung für die Her-
zogthümer zugestehen wird, so fest ist auf der anderen
Seite ihr Vertrauen zu der wiederholten und noch neuer-
lich der k. Dänischen Regierung ausgesprochenen Erklä-
rung Eu. Excellenz, daß die k. Preußische Regierung den
Frankfurter Beschlüssen in Betreff der Herzogthümer ihre
Anerkennung ebenfalls unbedingt versagen müsse, und ein
dort beschlossenes militärisches Einschreiten nicht dulden
werde.

Die Statthalterschaft befindet sich in dieser Richtung
in vollem Einverständniß mit der königl. Regierung und
kann in erneuerter Bezugnahme auf die königl. Preußische
Denkschrift vom 2. Juli d. J. von dem Vertrauen nicht
ablassen, daß die königl. Regierung auch ferner für die
Wahrung der Deutschen Rechte der Herzogthümer kräf-
tigst streben werde.

Kiel, den 2. November 1850.

Die Statthalterschaft der Herzogthümer Schleswig-
Holstein.
( gez. ) Reventlou. Beseler. Francke.

-- Bei der kürzlichen Verhaftung einer wegen Dieb-
stahls verdächtigen Familie wurde auch ein bei derselben
einwohnendes Mädchen arretirt und zur Schutzmann-
schaftswache gebracht. Um das Nationale derselben fest-
zustellen und zu sehen, ob dieselbe schon öfters in Unter-
suchung gewesen, wurden die Polizeilisten nachgeschlagen
und darin die Angabe gefunden, daß das Mädchen als
verstorben abgemeldet ist. Dies gab zu weiteren Recher-
chen Veranlassung, wobei sich endlich heransstellte, daß
das Mädchen vor fünf Jahren scheintodt gewesen, als
verstorben bereits abgemeldet und nicht wieder angemel-
det worden ist, als sie nach drei Tagen im Leichenhause
wieder erwachte. ( So erzählt die "N. Preuß. Ztg. )

Dortmund, 14. November. Heute ist die sechste
Westphälische Provinzial=Synode geschlossen worden, nach-
dem sie ihre Sitzungen am 26. October eröffnet hatte.
Unter anderen sehr wichtigen, die Gestaltung der Kirche
[Spaltenumbruch] betreffenden Beschlüssen hat dieselbe ( in wesentlicher
Uebereinstimmung mit der Rheinischen Provinzial=Sy-
node ) folgenden Beschluß über das Verhältniß der
evangelischen Kirche Westphalens zum Staate und zum
Könige gefaßt:

Die Kirche erkennt das weltliche Schutz= und Aufsichtsrecht
der Staatsregierung im Aeußern als die Berechtigung, mög-
lichen Verletzungen der Staatsgesetze und Beeinträchtigun-
gen des Staatszweckes Seitens der Kirche entgegen zu tre-
ten und kirchlichen Beschlüssen, welche Verhältnisse des Staa-
tes oder bürgerlichen Rechtes berühren, die Genehmigung
zu ertheilen, mit der Verpflichtung, die Kirche in ihren
Rechten gegen jede Beeinträchtigung zu schützen und ihr zur
Erreichung ihrer Zwecke ausreichende Unterstützung zu ge-
währen, an. Positive Einwirkung auf das Kirchenwesen kann
nur durch die rein kirchlichen Behörden geübt werden. Diese
sind für die Provinzialkirche die Provinzial=Synode und das
Consistorium, für die Landeskirche die Landes=Synode und
die oberste Landes=Kirchenbehörde ( Ober Kirchenrath ) . An der
Spitze des Kirchenregiments steht der evangelische König.
Dieser übt seine Befugnisse theils mittelbar durch den Ober-
Kirchenrath, theils unmittelbar aus. Derselbe 1 ) wohnt allen
Provinzial= und Landes=Synoden durch einen Stellvertreter
bei, welcher zu jeder Zeit das Wort ergreifen kann; 2 ) er-
nennt und bestätigt aus den ihm von der Provinzial= und
Landes=Synode vorgeschlagenen Candidaten die Mitglieder
und Präsidenten des Consistoriums und des Ober=Kirchen-
rathes; 3 ) ertheilt durch seine Bestätigung allen Beschlüssen
der Synode Gültigkeit und Gesetzeskraft.

Die Synode wählte eine Commission, welche bevoll-
mächtigt wurde, sich mit der Rheinischen Provinzial-
Synode in allen Beschlüssen möglichst zu einigen und end-
giltig abzuschließen. Endlich beschloß die Synode, sich von
S. M. dem Könige das Recht zu erbitten, einen Prä-
sidenten des Consistoriums zu Münster und ein Mitglied
des Ober=Kirchenrathes vorschlagen zu dürfen, und wurde
einstimmig zum Präsidenten des Consistoriums der Mi-
nister v. Bodelschwingh, zum Mitgliede des Ober=Kir-
chenrathes der Superintendent König erwählt, und das
Moderamen der Synode beauftragt, die Bestätigung die-
ser Wahlen in einer Jmmediat=Vorstellung nachzusuchen.

Naumburg, 13. November. Das Appellations-
Gericht zu Hildburghausen hat sich an hiesigen Appellhof
mit dem Ersuchen gewendet, dortigen Richtern und Re-
ferendarien zu verstatten, daß sie an den Verhandlungen
der diesseitigen Gerichte theilnehmen dürfen, um das
Verfahren bei den öffentlichen und mündlichen Verhand-
lungen Preußischer Gerichtshöfe kennen zu lernen. Da
dem Gesuche stattgegeben ist, so werden in diesen Tagen
schon mehrere Meiningensche Justizbeamte hier erwartet,
welche sich namentlich bei den am 18. d. M. hier begin-
nenden Schwurgerichtssitzungen betheiligen werden

Dresden, 19. November. Die erste Kammer
schritt heute zur Special=Debatte über die dem Gesetz-
entwurfe vom 7. Mai 1849, betreffend das Verfahren bei
Störung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit, einzu-
verleibender neun Paragraphe. Sie gingen aus der Be-
rathung in folgender Fassung hervor:

§. I. Wenn bei Auflauf, Aufruhr oder Landfriedens-
bruch und im Zusammenhange damit Beschädigungen,
Entwendungen oder sonstige Beeinträchtigungen an öffent-
lichem oder Privateigenthume oder Verletzungen an Per-
sonen verübt, oder dergleichen Beschädigungen oder Ver-
letzungen durch die gegen die Ruhestörung angewenderen
gesetzlichen Maßregeln verursacht werden, so haften für
den dadurch angerichteten Schaden nicht nur die Urheber
oder Theilnehmer der verübten Verbrechen oder die §. VII.
genannten Personen, sondern auch -- und zwar nach Wahl
der Verletzten -- die Gemeinde, in deren Bezirke die
Ruhestörung Statt gefunden hat.

§. II. Die in §. I. bestimmte Verantwortlichkeit der
Gemeinde, in deren Bezirke die Ruhestörung Statt fand,
tritt nicht ein, wenn dem Gemeindebezirke nicht ange-
hörige Ruhestörer von außen her in selbigen eingedrungen
und zugleich die Einwohner des letztern zur Abwehr des
Schadens erweislich außer Stande gewesen sind.

§. III. Jn diesem Falle ( §. II. ) liegt die Entschädi-
gungspflicht der Gemeinde oder den mehreren Gemeinden
ob, in deren Bezirke die Zusammenrottung, oder von wo
aus der Ueberfall Statt gefunden hat; es sei denn, daß
auch diese Gemeinden die Verbindlichkeit in Gemäßheit
des in §. II. Bestimmten von sich abzulehnen vermöchten.
Mehrere nach vorstehenden Bestimmungen ( §§. I. und
III. ) verpflichtete Gemeinden haften, dem Beschädigten
gegenüber, solidarisch.

§. IV. Wer einen solchen Schadenanspruch gegen die
nach §§. I. und III. hierzu verpflichteten Gemeinden gel-
tend machen will, hat denselben mit dem Antrage auf
Feststellung des gehabten Schadens bei Verlust seines
Anspruchs an die betreffenden Gemeinden binnen vier
Wochen, von der Zeit an gerechnet, wo er von der er-
folgten Beschädigung Kenntniß erlangt hat, bei der Ge-
richtsbehörde des Ortes, wo die Beschädigung Statt ge-
funden hat, anzumelden. Diese hat hierauf sofort einen
Termin zur Feststellung des Schadens anzuberaumen,
und dazu sowohl den Antragsteller, als auch den Vor-
[Spaltenumbruch] stand der in Anspruch genommenen Gemeinde oder die
Vorstände der mehreren in Anspruch genommenen Ge-
meinden ( §. III. ) , und zwar ersteren, den Antragsteller,
bei Verlust seines Anspruchs an die in Anspruch genom-
menen Gemeinden, die Vorsteher der letzteren aber unter
der Verwarnung vorzuladen, daß im Falle ihres Nicht-
erscheinens ohne ihre Zuziehung mit der Feststellung des
angezeigten Schadens werde verfahren werden. Die Fest-
stellung selbst hat sich darauf zu erstrecken: 1 ) ob und in
wie weit der Schaden durch eine Ruhestörung der im §. I
angegebenen Art verursacht worden sei; 2 ) wie hoch sich
derselbe belaufe; 3 ) ob die in Anspruch genommene Ge-
meinde, oder die mehreren in Anspruch genommenen Ge-
meinden, oder welche derselben zum Ersatze desselben nach
den in §§. I., II. und III. enthaltenen Grundsätzen ver-
bunden seien. Ueber das Resultat der Ermittelung ist
sofort ein Bescheid abzufassen und derselbe den Betheilig-
ten anstatt der Bekanntmachung schriftlich zuzufertigen.

§. V. Gegen diesen Bescheid finden die gewöhnlichen
Rechtsmittel Statt. Uebrigens steht es auch der Ge-
meinde, welche einem Schadenanspruche der obigen Art
ausgesetzt ist, frei, ihrer Seits bei dem Gerichte des
Ortes den Antrag auf Feststellung des Schadens zu stel-
len, auf welchen Antrag ganz eben so, wie nach Vorste-
hendem auf den Antrag des Beschädigten zu verfahren ist.

§. VI. Jn Ansehung der Entschädigungs=Verbindlich-
keit derjenigen Personen, denen eine solche nach Maß-
gabe der geltenden civilrechtlichen Bestimmungen obliegt,
wird durch vorstehende Bestimmungen allenthalben nichts
geändert. Auch ist die Geltendmachung des Schadenan-
spruchs gegen sie nicht an die vorstehend bestimmten Fri-
sten gebunden. Findet eine Feststellung des Schadenbe-
trags in dem im §. IV. bestimmten Maße Statt, so steht
ihnen frei, sich bei derselben zu betheiligen, und der in
Anspruch genommenen Gemeinde in der Ausführung eines
Minderbetrags des Schadens, oder in der Ausführung
der Behauptung, daß derselbe nicht durch eine Ru-
hestörung der in §. I. gedachten Art verursacht wor-
den sei, beizustehen. Jedenfalls aber haben sie den in
Gemäßheit des §. IV. und V. festgestellten Schaden-
betrag gegen sich gelten zu lassen.

§. VII. Zu den Personen, welche zum Ersatz des ver-
ursachten Schadens solidarisch verpflichtet sind, sind außer
den eigentlichen Urhebern und Theilnehmern ( §. I. ) auch
alle Behörden und zum öffentlichen Dienst Verpflichtete
zu rechnen, welche bei den Vorgängen ( §. I. ) eine Ver-
nachlässigung, Verabsäumung oder Verletzung ihrer Pflicht
sich zu Schulden kommen lassen, die zur Entstehung des
Schadens mitgewirkt hat.

§. VIII. Wenn zur Aufrechthaltung oder Wiederher-
stellung der an einem Orte gestörten öffentlichen Ruhe,
Ordnung und Sicherheit dieser Ort 1 ) militärisch besetzt,
oder, falls derselbe mit Standeinquartierung versehen
wäre, 2 ) die Garnison daselbst verstärkt wird, so ist die
Gemeinde dieses Ortes, ohne einen Anspruch auf Ver-
gütung aus Staatscassen zu haben, verbunden, die Ein-
quartierung und Verpflegung der eingelegten Truppen,
oder beziehungsweise der Garnisonverstärkung zu bestrei-
ten, nicht minder die, durch die besonderen Umstände
etwa bedingten extraordinären Leistungen in Beziehung
auf die gesammte Besatzung des Ortes zu beschaffen. Die
Bestimmung dieses Paragraphen leidet keine Anwendung
wenn die betreffende Gemeinden, den §. II. gedachten
Nachweis zu führen vermag. Jedoch ist der obgedachte
Aufwand, so weit er aus Staatscassen zu bestreiten sein
würde, auf die nach §. III. zum Schadenersatze verbind-
lichen Gemeinden zu übertragen.

§. IX. Der Gemeinde, welche ihrer Entschädigungs-
und Ersatzpflicht Genüge geleistet hat, steht der Nück-
anspruch an die nach allgemeinen Grundsätzen und nach
§. VI und VII. Verhafteten sowohl wegen der im §. I
erwähnten Schäden, als wegen des im §. VIII gedachten
Aufwandes zur Hinsichtlich der ersteren gelten, auch der
Gemeinde als Klägerin gegenüber, die im §. VI aufge-
stellten Grundsätze.

Diese sämmtliche Paragraphen wurden sammt den
Amendements des Separatvotanten ( Kammerherrn v.
Friesen ) gegen eine Opposition von 8 bis mit 14 Stim-
men angenommen. Bei der nun nachzuholenden Schluß-
abstimmung mit Namensaufruf über den ganzen Ent-
wurf zu einem Aufruhrgesetze unter Einschaltung der obi-
gen neun Paragraphen stimmten nur neun Mitglieder
dagegen.

-- Jn der heutigen Sitzung der zweiten Kammer
wurde die neulich von dem Abgeordneten Sachße einge-
brachte Jnterpellation, ob die Staatsregierung in Betreff
der Vereinigung einer Mobiliar=Brandversicherungs-
Anstalt mit dem Jmmobiliar=Brandversicherungs=Jnsti-
tute ohne besonderen ständischen Antrag vorzuschreiten
gedenke? vom Herrn Staats=Minister v. Friesen dahin
beantwortet, daß die Staatsregierung ohne besonderen
ständischen Antrag dies nicht zu thun beabsichtige. Nach
den während des letzten Landtages hierüber in den Kam-
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] rigkeiten darbietet, ferner anzunehmen, davon abhängt;
daß die Statthalterschaft ihre wohlgemeinten Rathschläge
berücksichtige und sich ihren billigen und begründeten For-
derungen nicht versage. Jm entgegengesetzten Falle würde
sie sich jeder weitern Vermittlung hierin zu enthalten ha-
ben und ihr ferneres Verhalten lediglich nach den Ver-
pslichtungen bemessen, die ihr obliegen.

Berlin, den 30. October 1850.

    ( gez. ) v. Radowitz.

2. Schreiben der Statthalterschaft an den
General
v. Radowitz.

Die Statthalterschaft hat aus dem geehrten Schrei-
ben Sr. Excellenz des königl. Preußischen Staats=Mi-
nisters für die auswärtigen Angelegenheiten, Herrn Ge-
neral=Lieutenant v. Radowitz vom 30. v. M. mit Leid-
wesen ersehen, daß ihre Note vom 28. l. M. das Be-
fremden und das Bedauern Sr. Excellenz erregt hat,
so wie, daß die königl. Regierung sich in der Unmög-
lichkeit befindet, ihre Vermittlung für den diesseitigen
Waffenstillstandsvorschlag eintreten zu lassen. Die Statt-
halterschaft glaubte durch die bestimmte Erklärung, daß
sie in den dargelegten Bedingungen eines Waffenstill-
stands an die Gränze dessen gegangen sei, was sie dem
Lande gegenüber zu verantworten vermöge, und durch
die Motive ihres Vorschlags, welche der Bevollmächtigte
v. Harbou dargelegt hat, jeden Zweifel darüber ausge-
schlossen zu haben, daß die Lage der Herzogthümer es
ihr unmöglich mache, einen rein militärischen Waffen-
stillstand abzuschließen. Sie konnte auf einen rein mili-
tärischen Waffenstillstand nicht eingehen, weil sie auf-
richtig den Frieden will und dieser nicht auf dem Wege
sich erreichen läßt, daß während die Waffen zu einer dem
Feinde ungünstigen Jahreszeit in Ruhe gestellt werden,
das Herzogthum Schleswig der Occupation desselben fast
im ganzen Umfange unterworfen bleibt, und ferner, weil
bei Fehlschlagen einer friedlichen Erledigung der Krieg
im nächsten Frühjahr unfehlbar wieder beginnen würde.

Die Statthalterschaft hat diese Angelegenheit, in Ver-
anlassung des geehrten Schreibens vom 30. v. M. noch-
mals in Erwägung gezogen, jedoch zu einer andern, als
der in der Note vom 28sten v. M. dargelegten Ueberzeu-
gung nicht gelangen können. Wäre ein Organ des Deut-
schen Bundes vorhanden, so würde demselben die schul-
dige Rücksicht nicht versagt werden. Aber die angefügte
Zuschrift des k. Oesterr. Geheimraths, Grafen v. Thun,
welche gleichzeitig mit der Note Eu. Excellenz hier ange-
langt ist, bestätigt von Neuem, daß es zur Zeit an ei-
nem solchen Organe fehlt, und die von Eu. Excellenz er-
öffnete Aussicht, durch den rein militärischen Waffenstill-
stand die Bildung eines Deutschland wahrhaft vertreten-
den Organs zu erreichen, scheint durch die Beschlüsse, wel-
che die Frankfurter Versammlung von Bevollmächtigten
einzelner Regierungen in Gemeinschaft mit dem k. Däni-
schen Bevollmächtigten gefaßt hat, völlig geschwunden
zu sein. So wenig die Statthalterschaft in dieser Ver-
sammlung ein berechtigtes Organ des Deutschen Bundes
anerkennen und deren Beschlüssen Geltung für die Her-
zogthümer zugestehen wird, so fest ist auf der anderen
Seite ihr Vertrauen zu der wiederholten und noch neuer-
lich der k. Dänischen Regierung ausgesprochenen Erklä-
rung Eu. Excellenz, daß die k. Preußische Regierung den
Frankfurter Beschlüssen in Betreff der Herzogthümer ihre
Anerkennung ebenfalls unbedingt versagen müsse, und ein
dort beschlossenes militärisches Einschreiten nicht dulden
werde.

Die Statthalterschaft befindet sich in dieser Richtung
in vollem Einverständniß mit der königl. Regierung und
kann in erneuerter Bezugnahme auf die königl. Preußische
Denkschrift vom 2. Juli d. J. von dem Vertrauen nicht
ablassen, daß die königl. Regierung auch ferner für die
Wahrung der Deutschen Rechte der Herzogthümer kräf-
tigst streben werde.

Kiel, den 2. November 1850.

Die Statthalterschaft der Herzogthümer Schleswig-
Holstein.
( gez. ) Reventlou. Beseler. Francke.

— Bei der kürzlichen Verhaftung einer wegen Dieb-
stahls verdächtigen Familie wurde auch ein bei derselben
einwohnendes Mädchen arretirt und zur Schutzmann-
schaftswache gebracht. Um das Nationale derselben fest-
zustellen und zu sehen, ob dieselbe schon öfters in Unter-
suchung gewesen, wurden die Polizeilisten nachgeschlagen
und darin die Angabe gefunden, daß das Mädchen als
verstorben abgemeldet ist. Dies gab zu weiteren Recher-
chen Veranlassung, wobei sich endlich heransstellte, daß
das Mädchen vor fünf Jahren scheintodt gewesen, als
verstorben bereits abgemeldet und nicht wieder angemel-
det worden ist, als sie nach drei Tagen im Leichenhause
wieder erwachte. ( So erzählt die „N. Preuß. Ztg. )

Dortmund, 14. November. Heute ist die sechste
Westphälische Provinzial=Synode geschlossen worden, nach-
dem sie ihre Sitzungen am 26. October eröffnet hatte.
Unter anderen sehr wichtigen, die Gestaltung der Kirche
[Spaltenumbruch] betreffenden Beschlüssen hat dieselbe ( in wesentlicher
Uebereinstimmung mit der Rheinischen Provinzial=Sy-
node ) folgenden Beschluß über das Verhältniß der
evangelischen Kirche Westphalens zum Staate und zum
Könige gefaßt:

Die Kirche erkennt das weltliche Schutz= und Aufsichtsrecht
der Staatsregierung im Aeußern als die Berechtigung, mög-
lichen Verletzungen der Staatsgesetze und Beeinträchtigun-
gen des Staatszweckes Seitens der Kirche entgegen zu tre-
ten und kirchlichen Beschlüssen, welche Verhältnisse des Staa-
tes oder bürgerlichen Rechtes berühren, die Genehmigung
zu ertheilen, mit der Verpflichtung, die Kirche in ihren
Rechten gegen jede Beeinträchtigung zu schützen und ihr zur
Erreichung ihrer Zwecke ausreichende Unterstützung zu ge-
währen, an. Positive Einwirkung auf das Kirchenwesen kann
nur durch die rein kirchlichen Behörden geübt werden. Diese
sind für die Provinzialkirche die Provinzial=Synode und das
Consistorium, für die Landeskirche die Landes=Synode und
die oberste Landes=Kirchenbehörde ( Ober Kirchenrath ) . An der
Spitze des Kirchenregiments steht der evangelische König.
Dieser übt seine Befugnisse theils mittelbar durch den Ober-
Kirchenrath, theils unmittelbar aus. Derselbe 1 ) wohnt allen
Provinzial= und Landes=Synoden durch einen Stellvertreter
bei, welcher zu jeder Zeit das Wort ergreifen kann; 2 ) er-
nennt und bestätigt aus den ihm von der Provinzial= und
Landes=Synode vorgeschlagenen Candidaten die Mitglieder
und Präsidenten des Consistoriums und des Ober=Kirchen-
rathes; 3 ) ertheilt durch seine Bestätigung allen Beschlüssen
der Synode Gültigkeit und Gesetzeskraft.

Die Synode wählte eine Commission, welche bevoll-
mächtigt wurde, sich mit der Rheinischen Provinzial-
Synode in allen Beschlüssen möglichst zu einigen und end-
giltig abzuschließen. Endlich beschloß die Synode, sich von
S. M. dem Könige das Recht zu erbitten, einen Prä-
sidenten des Consistoriums zu Münster und ein Mitglied
des Ober=Kirchenrathes vorschlagen zu dürfen, und wurde
einstimmig zum Präsidenten des Consistoriums der Mi-
nister v. Bodelschwingh, zum Mitgliede des Ober=Kir-
chenrathes der Superintendent König erwählt, und das
Moderamen der Synode beauftragt, die Bestätigung die-
ser Wahlen in einer Jmmediat=Vorstellung nachzusuchen.

Naumburg, 13. November. Das Appellations-
Gericht zu Hildburghausen hat sich an hiesigen Appellhof
mit dem Ersuchen gewendet, dortigen Richtern und Re-
ferendarien zu verstatten, daß sie an den Verhandlungen
der diesseitigen Gerichte theilnehmen dürfen, um das
Verfahren bei den öffentlichen und mündlichen Verhand-
lungen Preußischer Gerichtshöfe kennen zu lernen. Da
dem Gesuche stattgegeben ist, so werden in diesen Tagen
schon mehrere Meiningensche Justizbeamte hier erwartet,
welche sich namentlich bei den am 18. d. M. hier begin-
nenden Schwurgerichtssitzungen betheiligen werden

Dresden, 19. November. Die erste Kammer
schritt heute zur Special=Debatte über die dem Gesetz-
entwurfe vom 7. Mai 1849, betreffend das Verfahren bei
Störung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit, einzu-
verleibender neun Paragraphe. Sie gingen aus der Be-
rathung in folgender Fassung hervor:

§. I. Wenn bei Auflauf, Aufruhr oder Landfriedens-
bruch und im Zusammenhange damit Beschädigungen,
Entwendungen oder sonstige Beeinträchtigungen an öffent-
lichem oder Privateigenthume oder Verletzungen an Per-
sonen verübt, oder dergleichen Beschädigungen oder Ver-
letzungen durch die gegen die Ruhestörung angewenderen
gesetzlichen Maßregeln verursacht werden, so haften für
den dadurch angerichteten Schaden nicht nur die Urheber
oder Theilnehmer der verübten Verbrechen oder die §. VII.
genannten Personen, sondern auch — und zwar nach Wahl
der Verletzten — die Gemeinde, in deren Bezirke die
Ruhestörung Statt gefunden hat.

§. II. Die in §. I. bestimmte Verantwortlichkeit der
Gemeinde, in deren Bezirke die Ruhestörung Statt fand,
tritt nicht ein, wenn dem Gemeindebezirke nicht ange-
hörige Ruhestörer von außen her in selbigen eingedrungen
und zugleich die Einwohner des letztern zur Abwehr des
Schadens erweislich außer Stande gewesen sind.

§. III. Jn diesem Falle ( §. II. ) liegt die Entschädi-
gungspflicht der Gemeinde oder den mehreren Gemeinden
ob, in deren Bezirke die Zusammenrottung, oder von wo
aus der Ueberfall Statt gefunden hat; es sei denn, daß
auch diese Gemeinden die Verbindlichkeit in Gemäßheit
des in §. II. Bestimmten von sich abzulehnen vermöchten.
Mehrere nach vorstehenden Bestimmungen ( §§. I. und
III. ) verpflichtete Gemeinden haften, dem Beschädigten
gegenüber, solidarisch.

§. IV. Wer einen solchen Schadenanspruch gegen die
nach §§. I. und III. hierzu verpflichteten Gemeinden gel-
tend machen will, hat denselben mit dem Antrage auf
Feststellung des gehabten Schadens bei Verlust seines
Anspruchs an die betreffenden Gemeinden binnen vier
Wochen, von der Zeit an gerechnet, wo er von der er-
folgten Beschädigung Kenntniß erlangt hat, bei der Ge-
richtsbehörde des Ortes, wo die Beschädigung Statt ge-
funden hat, anzumelden. Diese hat hierauf sofort einen
Termin zur Feststellung des Schadens anzuberaumen,
und dazu sowohl den Antragsteller, als auch den Vor-
[Spaltenumbruch] stand der in Anspruch genommenen Gemeinde oder die
Vorstände der mehreren in Anspruch genommenen Ge-
meinden ( §. III. ) , und zwar ersteren, den Antragsteller,
bei Verlust seines Anspruchs an die in Anspruch genom-
menen Gemeinden, die Vorsteher der letzteren aber unter
der Verwarnung vorzuladen, daß im Falle ihres Nicht-
erscheinens ohne ihre Zuziehung mit der Feststellung des
angezeigten Schadens werde verfahren werden. Die Fest-
stellung selbst hat sich darauf zu erstrecken: 1 ) ob und in
wie weit der Schaden durch eine Ruhestörung der im §. I
angegebenen Art verursacht worden sei; 2 ) wie hoch sich
derselbe belaufe; 3 ) ob die in Anspruch genommene Ge-
meinde, oder die mehreren in Anspruch genommenen Ge-
meinden, oder welche derselben zum Ersatze desselben nach
den in §§. I., II. und III. enthaltenen Grundsätzen ver-
bunden seien. Ueber das Resultat der Ermittelung ist
sofort ein Bescheid abzufassen und derselbe den Betheilig-
ten anstatt der Bekanntmachung schriftlich zuzufertigen.

§. V. Gegen diesen Bescheid finden die gewöhnlichen
Rechtsmittel Statt. Uebrigens steht es auch der Ge-
meinde, welche einem Schadenanspruche der obigen Art
ausgesetzt ist, frei, ihrer Seits bei dem Gerichte des
Ortes den Antrag auf Feststellung des Schadens zu stel-
len, auf welchen Antrag ganz eben so, wie nach Vorste-
hendem auf den Antrag des Beschädigten zu verfahren ist.

§. VI. Jn Ansehung der Entschädigungs=Verbindlich-
keit derjenigen Personen, denen eine solche nach Maß-
gabe der geltenden civilrechtlichen Bestimmungen obliegt,
wird durch vorstehende Bestimmungen allenthalben nichts
geändert. Auch ist die Geltendmachung des Schadenan-
spruchs gegen sie nicht an die vorstehend bestimmten Fri-
sten gebunden. Findet eine Feststellung des Schadenbe-
trags in dem im §. IV. bestimmten Maße Statt, so steht
ihnen frei, sich bei derselben zu betheiligen, und der in
Anspruch genommenen Gemeinde in der Ausführung eines
Minderbetrags des Schadens, oder in der Ausführung
der Behauptung, daß derselbe nicht durch eine Ru-
hestörung der in §. I. gedachten Art verursacht wor-
den sei, beizustehen. Jedenfalls aber haben sie den in
Gemäßheit des §. IV. und V. festgestellten Schaden-
betrag gegen sich gelten zu lassen.

§. VII. Zu den Personen, welche zum Ersatz des ver-
ursachten Schadens solidarisch verpflichtet sind, sind außer
den eigentlichen Urhebern und Theilnehmern ( §. I. ) auch
alle Behörden und zum öffentlichen Dienst Verpflichtete
zu rechnen, welche bei den Vorgängen ( §. I. ) eine Ver-
nachlässigung, Verabsäumung oder Verletzung ihrer Pflicht
sich zu Schulden kommen lassen, die zur Entstehung des
Schadens mitgewirkt hat.

§. VIII. Wenn zur Aufrechthaltung oder Wiederher-
stellung der an einem Orte gestörten öffentlichen Ruhe,
Ordnung und Sicherheit dieser Ort 1 ) militärisch besetzt,
oder, falls derselbe mit Standeinquartierung versehen
wäre, 2 ) die Garnison daselbst verstärkt wird, so ist die
Gemeinde dieses Ortes, ohne einen Anspruch auf Ver-
gütung aus Staatscassen zu haben, verbunden, die Ein-
quartierung und Verpflegung der eingelegten Truppen,
oder beziehungsweise der Garnisonverstärkung zu bestrei-
ten, nicht minder die, durch die besonderen Umstände
etwa bedingten extraordinären Leistungen in Beziehung
auf die gesammte Besatzung des Ortes zu beschaffen. Die
Bestimmung dieses Paragraphen leidet keine Anwendung
wenn die betreffende Gemeinden, den §. II. gedachten
Nachweis zu führen vermag. Jedoch ist der obgedachte
Aufwand, so weit er aus Staatscassen zu bestreiten sein
würde, auf die nach §. III. zum Schadenersatze verbind-
lichen Gemeinden zu übertragen.

§. IX. Der Gemeinde, welche ihrer Entschädigungs-
und Ersatzpflicht Genüge geleistet hat, steht der Nück-
anspruch an die nach allgemeinen Grundsätzen und nach
§. VI und VII. Verhafteten sowohl wegen der im §. I
erwähnten Schäden, als wegen des im §. VIII gedachten
Aufwandes zur Hinsichtlich der ersteren gelten, auch der
Gemeinde als Klägerin gegenüber, die im §. VI aufge-
stellten Grundsätze.

Diese sämmtliche Paragraphen wurden sammt den
Amendements des Separatvotanten ( Kammerherrn v.
Friesen ) gegen eine Opposition von 8 bis mit 14 Stim-
men angenommen. Bei der nun nachzuholenden Schluß-
abstimmung mit Namensaufruf über den ganzen Ent-
wurf zu einem Aufruhrgesetze unter Einschaltung der obi-
gen neun Paragraphen stimmten nur neun Mitglieder
dagegen.

— Jn der heutigen Sitzung der zweiten Kammer
wurde die neulich von dem Abgeordneten Sachße einge-
brachte Jnterpellation, ob die Staatsregierung in Betreff
der Vereinigung einer Mobiliar=Brandversicherungs-
Anstalt mit dem Jmmobiliar=Brandversicherungs=Jnsti-
tute ohne besonderen ständischen Antrag vorzuschreiten
gedenke? vom Herrn Staats=Minister v. Friesen dahin
beantwortet, daß die Staatsregierung ohne besonderen
ständischen Antrag dies nicht zu thun beabsichtige. Nach
den während des letzten Landtages hierüber in den Kam-
[Ende Spaltensatz]

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[3545/0003] 3545 rigkeiten darbietet, ferner anzunehmen, davon abhängt; daß die Statthalterschaft ihre wohlgemeinten Rathschläge berücksichtige und sich ihren billigen und begründeten For- derungen nicht versage. Jm entgegengesetzten Falle würde sie sich jeder weitern Vermittlung hierin zu enthalten ha- ben und ihr ferneres Verhalten lediglich nach den Ver- pslichtungen bemessen, die ihr obliegen. Berlin, den 30. October 1850. ( gez. ) v. Radowitz. 2. Schreiben der Statthalterschaft an den General v. Radowitz. Die Statthalterschaft hat aus dem geehrten Schrei- ben Sr. Excellenz des königl. Preußischen Staats=Mi- nisters für die auswärtigen Angelegenheiten, Herrn Ge- neral=Lieutenant v. Radowitz vom 30. v. M. mit Leid- wesen ersehen, daß ihre Note vom 28. l. M. das Be- fremden und das Bedauern Sr. Excellenz erregt hat, so wie, daß die königl. Regierung sich in der Unmög- lichkeit befindet, ihre Vermittlung für den diesseitigen Waffenstillstandsvorschlag eintreten zu lassen. Die Statt- halterschaft glaubte durch die bestimmte Erklärung, daß sie in den dargelegten Bedingungen eines Waffenstill- stands an die Gränze dessen gegangen sei, was sie dem Lande gegenüber zu verantworten vermöge, und durch die Motive ihres Vorschlags, welche der Bevollmächtigte v. Harbou dargelegt hat, jeden Zweifel darüber ausge- schlossen zu haben, daß die Lage der Herzogthümer es ihr unmöglich mache, einen rein militärischen Waffen- stillstand abzuschließen. Sie konnte auf einen rein mili- tärischen Waffenstillstand nicht eingehen, weil sie auf- richtig den Frieden will und dieser nicht auf dem Wege sich erreichen läßt, daß während die Waffen zu einer dem Feinde ungünstigen Jahreszeit in Ruhe gestellt werden, das Herzogthum Schleswig der Occupation desselben fast im ganzen Umfange unterworfen bleibt, und ferner, weil bei Fehlschlagen einer friedlichen Erledigung der Krieg im nächsten Frühjahr unfehlbar wieder beginnen würde. Die Statthalterschaft hat diese Angelegenheit, in Ver- anlassung des geehrten Schreibens vom 30. v. M. noch- mals in Erwägung gezogen, jedoch zu einer andern, als der in der Note vom 28sten v. M. dargelegten Ueberzeu- gung nicht gelangen können. Wäre ein Organ des Deut- schen Bundes vorhanden, so würde demselben die schul- dige Rücksicht nicht versagt werden. Aber die angefügte Zuschrift des k. Oesterr. Geheimraths, Grafen v. Thun, welche gleichzeitig mit der Note Eu. Excellenz hier ange- langt ist, bestätigt von Neuem, daß es zur Zeit an ei- nem solchen Organe fehlt, und die von Eu. Excellenz er- öffnete Aussicht, durch den rein militärischen Waffenstill- stand die Bildung eines Deutschland wahrhaft vertreten- den Organs zu erreichen, scheint durch die Beschlüsse, wel- che die Frankfurter Versammlung von Bevollmächtigten einzelner Regierungen in Gemeinschaft mit dem k. Däni- schen Bevollmächtigten gefaßt hat, völlig geschwunden zu sein. So wenig die Statthalterschaft in dieser Ver- sammlung ein berechtigtes Organ des Deutschen Bundes anerkennen und deren Beschlüssen Geltung für die Her- zogthümer zugestehen wird, so fest ist auf der anderen Seite ihr Vertrauen zu der wiederholten und noch neuer- lich der k. Dänischen Regierung ausgesprochenen Erklä- rung Eu. Excellenz, daß die k. Preußische Regierung den Frankfurter Beschlüssen in Betreff der Herzogthümer ihre Anerkennung ebenfalls unbedingt versagen müsse, und ein dort beschlossenes militärisches Einschreiten nicht dulden werde. Die Statthalterschaft befindet sich in dieser Richtung in vollem Einverständniß mit der königl. Regierung und kann in erneuerter Bezugnahme auf die königl. Preußische Denkschrift vom 2. Juli d. J. von dem Vertrauen nicht ablassen, daß die königl. Regierung auch ferner für die Wahrung der Deutschen Rechte der Herzogthümer kräf- tigst streben werde. Kiel, den 2. November 1850. Die Statthalterschaft der Herzogthümer Schleswig- Holstein. ( gez. ) Reventlou. Beseler. Francke. — Bei der kürzlichen Verhaftung einer wegen Dieb- stahls verdächtigen Familie wurde auch ein bei derselben einwohnendes Mädchen arretirt und zur Schutzmann- schaftswache gebracht. Um das Nationale derselben fest- zustellen und zu sehen, ob dieselbe schon öfters in Unter- suchung gewesen, wurden die Polizeilisten nachgeschlagen und darin die Angabe gefunden, daß das Mädchen als verstorben abgemeldet ist. Dies gab zu weiteren Recher- chen Veranlassung, wobei sich endlich heransstellte, daß das Mädchen vor fünf Jahren scheintodt gewesen, als verstorben bereits abgemeldet und nicht wieder angemel- det worden ist, als sie nach drei Tagen im Leichenhause wieder erwachte. ( So erzählt die „N. Preuß. Ztg. ) Dortmund, 14. November. Heute ist die sechste Westphälische Provinzial=Synode geschlossen worden, nach- dem sie ihre Sitzungen am 26. October eröffnet hatte. Unter anderen sehr wichtigen, die Gestaltung der Kirche betreffenden Beschlüssen hat dieselbe ( in wesentlicher Uebereinstimmung mit der Rheinischen Provinzial=Sy- node ) folgenden Beschluß über das Verhältniß der evangelischen Kirche Westphalens zum Staate und zum Könige gefaßt: Die Kirche erkennt das weltliche Schutz= und Aufsichtsrecht der Staatsregierung im Aeußern als die Berechtigung, mög- lichen Verletzungen der Staatsgesetze und Beeinträchtigun- gen des Staatszweckes Seitens der Kirche entgegen zu tre- ten und kirchlichen Beschlüssen, welche Verhältnisse des Staa- tes oder bürgerlichen Rechtes berühren, die Genehmigung zu ertheilen, mit der Verpflichtung, die Kirche in ihren Rechten gegen jede Beeinträchtigung zu schützen und ihr zur Erreichung ihrer Zwecke ausreichende Unterstützung zu ge- währen, an. Positive Einwirkung auf das Kirchenwesen kann nur durch die rein kirchlichen Behörden geübt werden. Diese sind für die Provinzialkirche die Provinzial=Synode und das Consistorium, für die Landeskirche die Landes=Synode und die oberste Landes=Kirchenbehörde ( Ober Kirchenrath ) . An der Spitze des Kirchenregiments steht der evangelische König. Dieser übt seine Befugnisse theils mittelbar durch den Ober- Kirchenrath, theils unmittelbar aus. Derselbe 1 ) wohnt allen Provinzial= und Landes=Synoden durch einen Stellvertreter bei, welcher zu jeder Zeit das Wort ergreifen kann; 2 ) er- nennt und bestätigt aus den ihm von der Provinzial= und Landes=Synode vorgeschlagenen Candidaten die Mitglieder und Präsidenten des Consistoriums und des Ober=Kirchen- rathes; 3 ) ertheilt durch seine Bestätigung allen Beschlüssen der Synode Gültigkeit und Gesetzeskraft. Die Synode wählte eine Commission, welche bevoll- mächtigt wurde, sich mit der Rheinischen Provinzial- Synode in allen Beschlüssen möglichst zu einigen und end- giltig abzuschließen. Endlich beschloß die Synode, sich von S. M. dem Könige das Recht zu erbitten, einen Prä- sidenten des Consistoriums zu Münster und ein Mitglied des Ober=Kirchenrathes vorschlagen zu dürfen, und wurde einstimmig zum Präsidenten des Consistoriums der Mi- nister v. Bodelschwingh, zum Mitgliede des Ober=Kir- chenrathes der Superintendent König erwählt, und das Moderamen der Synode beauftragt, die Bestätigung die- ser Wahlen in einer Jmmediat=Vorstellung nachzusuchen. Naumburg, 13. November. Das Appellations- Gericht zu Hildburghausen hat sich an hiesigen Appellhof mit dem Ersuchen gewendet, dortigen Richtern und Re- ferendarien zu verstatten, daß sie an den Verhandlungen der diesseitigen Gerichte theilnehmen dürfen, um das Verfahren bei den öffentlichen und mündlichen Verhand- lungen Preußischer Gerichtshöfe kennen zu lernen. Da dem Gesuche stattgegeben ist, so werden in diesen Tagen schon mehrere Meiningensche Justizbeamte hier erwartet, welche sich namentlich bei den am 18. d. M. hier begin- nenden Schwurgerichtssitzungen betheiligen werden Dresden, 19. November. Die erste Kammer schritt heute zur Special=Debatte über die dem Gesetz- entwurfe vom 7. Mai 1849, betreffend das Verfahren bei Störung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit, einzu- verleibender neun Paragraphe. Sie gingen aus der Be- rathung in folgender Fassung hervor: §. I. Wenn bei Auflauf, Aufruhr oder Landfriedens- bruch und im Zusammenhange damit Beschädigungen, Entwendungen oder sonstige Beeinträchtigungen an öffent- lichem oder Privateigenthume oder Verletzungen an Per- sonen verübt, oder dergleichen Beschädigungen oder Ver- letzungen durch die gegen die Ruhestörung angewenderen gesetzlichen Maßregeln verursacht werden, so haften für den dadurch angerichteten Schaden nicht nur die Urheber oder Theilnehmer der verübten Verbrechen oder die §. VII. genannten Personen, sondern auch — und zwar nach Wahl der Verletzten — die Gemeinde, in deren Bezirke die Ruhestörung Statt gefunden hat. §. II. Die in §. I. bestimmte Verantwortlichkeit der Gemeinde, in deren Bezirke die Ruhestörung Statt fand, tritt nicht ein, wenn dem Gemeindebezirke nicht ange- hörige Ruhestörer von außen her in selbigen eingedrungen und zugleich die Einwohner des letztern zur Abwehr des Schadens erweislich außer Stande gewesen sind. §. III. Jn diesem Falle ( §. II. ) liegt die Entschädi- gungspflicht der Gemeinde oder den mehreren Gemeinden ob, in deren Bezirke die Zusammenrottung, oder von wo aus der Ueberfall Statt gefunden hat; es sei denn, daß auch diese Gemeinden die Verbindlichkeit in Gemäßheit des in §. II. Bestimmten von sich abzulehnen vermöchten. Mehrere nach vorstehenden Bestimmungen ( §§. I. und III. ) verpflichtete Gemeinden haften, dem Beschädigten gegenüber, solidarisch. §. IV. Wer einen solchen Schadenanspruch gegen die nach §§. I. und III. hierzu verpflichteten Gemeinden gel- tend machen will, hat denselben mit dem Antrage auf Feststellung des gehabten Schadens bei Verlust seines Anspruchs an die betreffenden Gemeinden binnen vier Wochen, von der Zeit an gerechnet, wo er von der er- folgten Beschädigung Kenntniß erlangt hat, bei der Ge- richtsbehörde des Ortes, wo die Beschädigung Statt ge- funden hat, anzumelden. Diese hat hierauf sofort einen Termin zur Feststellung des Schadens anzuberaumen, und dazu sowohl den Antragsteller, als auch den Vor- stand der in Anspruch genommenen Gemeinde oder die Vorstände der mehreren in Anspruch genommenen Ge- meinden ( §. III. ) , und zwar ersteren, den Antragsteller, bei Verlust seines Anspruchs an die in Anspruch genom- menen Gemeinden, die Vorsteher der letzteren aber unter der Verwarnung vorzuladen, daß im Falle ihres Nicht- erscheinens ohne ihre Zuziehung mit der Feststellung des angezeigten Schadens werde verfahren werden. Die Fest- stellung selbst hat sich darauf zu erstrecken: 1 ) ob und in wie weit der Schaden durch eine Ruhestörung der im §. I angegebenen Art verursacht worden sei; 2 ) wie hoch sich derselbe belaufe; 3 ) ob die in Anspruch genommene Ge- meinde, oder die mehreren in Anspruch genommenen Ge- meinden, oder welche derselben zum Ersatze desselben nach den in §§. I., II. und III. enthaltenen Grundsätzen ver- bunden seien. Ueber das Resultat der Ermittelung ist sofort ein Bescheid abzufassen und derselbe den Betheilig- ten anstatt der Bekanntmachung schriftlich zuzufertigen. §. V. Gegen diesen Bescheid finden die gewöhnlichen Rechtsmittel Statt. Uebrigens steht es auch der Ge- meinde, welche einem Schadenanspruche der obigen Art ausgesetzt ist, frei, ihrer Seits bei dem Gerichte des Ortes den Antrag auf Feststellung des Schadens zu stel- len, auf welchen Antrag ganz eben so, wie nach Vorste- hendem auf den Antrag des Beschädigten zu verfahren ist. §. VI. Jn Ansehung der Entschädigungs=Verbindlich- keit derjenigen Personen, denen eine solche nach Maß- gabe der geltenden civilrechtlichen Bestimmungen obliegt, wird durch vorstehende Bestimmungen allenthalben nichts geändert. Auch ist die Geltendmachung des Schadenan- spruchs gegen sie nicht an die vorstehend bestimmten Fri- sten gebunden. Findet eine Feststellung des Schadenbe- trags in dem im §. IV. bestimmten Maße Statt, so steht ihnen frei, sich bei derselben zu betheiligen, und der in Anspruch genommenen Gemeinde in der Ausführung eines Minderbetrags des Schadens, oder in der Ausführung der Behauptung, daß derselbe nicht durch eine Ru- hestörung der in §. I. gedachten Art verursacht wor- den sei, beizustehen. Jedenfalls aber haben sie den in Gemäßheit des §. IV. und V. festgestellten Schaden- betrag gegen sich gelten zu lassen. §. VII. Zu den Personen, welche zum Ersatz des ver- ursachten Schadens solidarisch verpflichtet sind, sind außer den eigentlichen Urhebern und Theilnehmern ( §. I. ) auch alle Behörden und zum öffentlichen Dienst Verpflichtete zu rechnen, welche bei den Vorgängen ( §. I. ) eine Ver- nachlässigung, Verabsäumung oder Verletzung ihrer Pflicht sich zu Schulden kommen lassen, die zur Entstehung des Schadens mitgewirkt hat. §. VIII. Wenn zur Aufrechthaltung oder Wiederher- stellung der an einem Orte gestörten öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit dieser Ort 1 ) militärisch besetzt, oder, falls derselbe mit Standeinquartierung versehen wäre, 2 ) die Garnison daselbst verstärkt wird, so ist die Gemeinde dieses Ortes, ohne einen Anspruch auf Ver- gütung aus Staatscassen zu haben, verbunden, die Ein- quartierung und Verpflegung der eingelegten Truppen, oder beziehungsweise der Garnisonverstärkung zu bestrei- ten, nicht minder die, durch die besonderen Umstände etwa bedingten extraordinären Leistungen in Beziehung auf die gesammte Besatzung des Ortes zu beschaffen. Die Bestimmung dieses Paragraphen leidet keine Anwendung wenn die betreffende Gemeinden, den §. II. gedachten Nachweis zu führen vermag. Jedoch ist der obgedachte Aufwand, so weit er aus Staatscassen zu bestreiten sein würde, auf die nach §. III. zum Schadenersatze verbind- lichen Gemeinden zu übertragen. §. IX. Der Gemeinde, welche ihrer Entschädigungs- und Ersatzpflicht Genüge geleistet hat, steht der Nück- anspruch an die nach allgemeinen Grundsätzen und nach §. VI und VII. Verhafteten sowohl wegen der im §. I erwähnten Schäden, als wegen des im §. VIII gedachten Aufwandes zur Hinsichtlich der ersteren gelten, auch der Gemeinde als Klägerin gegenüber, die im §. VI aufge- stellten Grundsätze. Diese sämmtliche Paragraphen wurden sammt den Amendements des Separatvotanten ( Kammerherrn v. Friesen ) gegen eine Opposition von 8 bis mit 14 Stim- men angenommen. Bei der nun nachzuholenden Schluß- abstimmung mit Namensaufruf über den ganzen Ent- wurf zu einem Aufruhrgesetze unter Einschaltung der obi- gen neun Paragraphen stimmten nur neun Mitglieder dagegen. — Jn der heutigen Sitzung der zweiten Kammer wurde die neulich von dem Abgeordneten Sachße einge- brachte Jnterpellation, ob die Staatsregierung in Betreff der Vereinigung einer Mobiliar=Brandversicherungs- Anstalt mit dem Jmmobiliar=Brandversicherungs=Jnsti- tute ohne besonderen ständischen Antrag vorzuschreiten gedenke? vom Herrn Staats=Minister v. Friesen dahin beantwortet, daß die Staatsregierung ohne besonderen ständischen Antrag dies nicht zu thun beabsichtige. Nach den während des letzten Landtages hierüber in den Kam-

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Zitationshilfe: Wiener Zeitung. Nr. 280. [Wien], 23. November 1850, S. 3545. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_wiener280_1850/3>, abgerufen am 21.11.2024.