Talvj, Volkslieder der Serben, 1825Des Mädchens Fluch. Im Melonengarten stickt schön Smilja, Im Melonengarten unter Nelken. Mutter rief zur Abendmahlzeit Smilja: "Komm, schön Smilja! komm zur Abendmahlzeit!" Aber sie erwiederte der Mutter: "Speiset immer! harret mein nicht heute! Nicht das Abendmahl liegt mir am Herzen, Habe nur mein großes Leid im Sinne. Heute ist der Liebste mir gekommen, (Hat gar großen Schaden angerichtet, Im Geheg die Blumen mir zertreten, An der Arbeit mir verwirrt die Seide. Fluch' ihm, Mutter, daß wir Beid' ihm fluchen: Eng Gefängniß sey dem Freund mein Busen! Meine Arme Ketten seinem Halse! Und mein Mund soll ihm das Aug' aussaugen!" -- Des Mädchens Fluch. Im Melonengarten stickt schön Smilja, Im Melonengarten unter Nelken. Mutter rief zur Abendmahlzeit Smilja: „Komm, schön Smilja! komm zur Abendmahlzeit!“ Aber sie erwiederte der Mutter: „Speiset immer! harret mein nicht heute! Nicht das Abendmahl liegt mir am Herzen, Habe nur mein großes Leid im Sinne. Heute ist der Liebste mir gekommen, (Hat gar großen Schaden angerichtet, Im Geheg die Blumen mir zertreten, An der Arbeit mir verwirrt die Seide. Fluch' ihm, Mutter, daß wir Beid' ihm fluchen: Eng Gefängniß sey dem Freund mein Busen! Meine Arme Ketten seinem Halse! Und mein Mund soll ihm das Aug' aussaugen!“ — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0098" n="32"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Des Mädchens Fluch</hi>.</hi> </hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <lg> <l><hi rendition="#in">I</hi>m Melonengarten stickt schön Smilja,</l><lb/> <l>Im Melonengarten unter Nelken.</l><lb/> <l>Mutter rief zur Abendmahlzeit Smilja:</l><lb/> <l>„Komm, schön Smilja! komm zur Abendmahlzeit!“</l><lb/> <l>Aber sie erwiederte der Mutter:</l><lb/> <l>„Speiset immer! harret mein nicht heute!</l><lb/> <l>Nicht das Abendmahl liegt mir am Herzen,</l><lb/> <l>Habe nur mein großes Leid im Sinne.</l><lb/> <l>Heute ist der Liebste mir gekommen,</l><lb/> <l>(Hat gar großen Schaden angerichtet,</l><lb/> <l>Im Geheg die Blumen mir zertreten,</l><lb/> <l>An der Arbeit mir verwirrt die Seide.</l><lb/> <l>Fluch' ihm, Mutter, daß wir Beid' ihm fluchen:</l><lb/> <l>Eng Gefängniß sey dem Freund mein Busen!</l><lb/> <l>Meine Arme Ketten seinem Halse!</l><lb/> <l>Und mein Mund soll ihm das Aug' aussaugen!“ —</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [32/0098]
Des Mädchens Fluch.
Im Melonengarten stickt schön Smilja,
Im Melonengarten unter Nelken.
Mutter rief zur Abendmahlzeit Smilja:
„Komm, schön Smilja! komm zur Abendmahlzeit!“
Aber sie erwiederte der Mutter:
„Speiset immer! harret mein nicht heute!
Nicht das Abendmahl liegt mir am Herzen,
Habe nur mein großes Leid im Sinne.
Heute ist der Liebste mir gekommen,
(Hat gar großen Schaden angerichtet,
Im Geheg die Blumen mir zertreten,
An der Arbeit mir verwirrt die Seide.
Fluch' ihm, Mutter, daß wir Beid' ihm fluchen:
Eng Gefängniß sey dem Freund mein Busen!
Meine Arme Ketten seinem Halse!
Und mein Mund soll ihm das Aug' aussaugen!“ —
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