weniges später ward dieß auch das Loos Boßniens, das in- dessen noch längere Zeit der Gegenstand ungrischer und türki- scher Kämpfe blieb.
Ein halbes Jahrhundert lang dauerte der serbische Des- potentitel, und damit der Anspruch auf das serbische Land, in Ungarn noch fort. Als Stephan, der obenerwähnte zwey- te Sohn Georgs, in dieß Königreich floh, ward er von den Seinigen feyerlich zum Despoten ausgerufen, aber die Ver- suche, welche er von hier aus zur Wiedererlangung wirklicher Herrschaft machte, waren vergeblich. Flüchtig irrte er nun umher und starb endlich in Italien. Unterdessen aber hatten sich außer den Serben, welche ihm nach Ungarn gefolgt wa- ren, noch viele Tausende Ausgewanderter in Sirmien, dem östlichsten Theile Slavoniens, angesiedelt, und erfreuten sich des besonderen Schutzes des Königs Matthias Corvinus. Im Jahr 1471 erwählten sie sich in dem Sohn Gregors, und Enkel Georgs, einen neuen Despoten. Dieß war Wuk, wegen seiner Kühnheit und Tapferkeit der Drache (Zmaj) zubenamt. Ihm ward vom Könige eine Residenz in Sir- mien angewiesen, von wo aus er keine Gelegenheit versäumte, den Türken zu schaden. Nach seinem Tode ward den serbi- schen Colonisten noch einmal die Ehre eines eigenen Despoten. Von den Söhnen Stephans war der älteste, Georg, Mönch geworden; unter dem Namen des Bischof Maxim sehen wir ihn, im Verlauf von mehreren Jahren, abwechselnd in Sir- mien und in der Wallachey für seine Glaubensbrüder thätig, geehrt im Leben, als Heiliger angebetet im Tode. Der jün- gere, Johann, ward der letzte Despot der Serben. Er scheint wenig von dem kriegerischen Geiste seiner Landsleute be- sessen zu haben. Sein Leben bietet nichts Denkwürdiges dar. Nach seinem Tode führte seine hinterlaßne Gemahlin, Helene, aus dem edeln Geschlechte der Jakschitsch, noch achtzehn Jahre lang den Titel Despotin. In den folgenden Jahr-
weniges später ward dieß auch das Loos Boßniens, das in- dessen noch längere Zeit der Gegenstand ungrischer und türki- scher Kämpfe blieb.
Ein halbes Jahrhundert lang dauerte der serbische Des- potentitel, und damit der Anspruch auf das serbische Land, in Ungarn noch fort. Als Stephan, der obenerwähnte zwey- te Sohn Georgs, in dieß Königreich floh, ward er von den Seinigen feyerlich zum Despoten ausgerufen, aber die Ver- suche, welche er von hier aus zur Wiedererlangung wirklicher Herrschaft machte, waren vergeblich. Flüchtig irrte er nun umher und starb endlich in Italien. Unterdessen aber hatten sich außer den Serben, welche ihm nach Ungarn gefolgt wa- ren, noch viele Tausende Ausgewanderter in Sirmien, dem östlichsten Theile Slavoniens, angesiedelt, und erfreuten sich des besonderen Schutzes des Königs Matthias Corvinus. Im Jahr 1471 erwählten sie sich in dem Sohn Gregors, und Enkel Georgs, einen neuen Despoten. Dieß war Wuk, wegen seiner Kühnheit und Tapferkeit der Drache (Zmaj) zubenamt. Ihm ward vom Könige eine Residenz in Sir- mien angewiesen, von wo aus er keine Gelegenheit versäumte, den Türken zu schaden. Nach seinem Tode ward den serbi- schen Colonisten noch einmal die Ehre eines eigenen Despoten. Von den Söhnen Stephans war der älteste, Georg, Mönch geworden; unter dem Namen des Bischof Maxim sehen wir ihn, im Verlauf von mehreren Jahren, abwechselnd in Sir- mien und in der Wallachey für seine Glaubensbrüder thätig, geehrt im Leben, als Heiliger angebetet im Tode. Der jün- gere, Johann, ward der letzte Despot der Serben. Er scheint wenig von dem kriegerischen Geiste seiner Landsleute be- sessen zu haben. Sein Leben bietet nichts Denkwürdiges dar. Nach seinem Tode führte seine hinterlaßne Gemahlin, Helene, aus dem edeln Geschlechte der Jakschitsch, noch achtzehn Jahre lang den Titel Despotin. In den folgenden Jahr-
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weniges später ward dieß auch das Loos Boßniens, das in-
dessen noch längere Zeit der Gegenstand ungrischer und türki-
scher Kämpfe blieb.
Ein halbes Jahrhundert lang dauerte der serbische Des-
potentitel, und damit der Anspruch auf das serbische Land,
in Ungarn noch fort. Als Stephan, der obenerwähnte zwey-
te Sohn Georgs, in dieß Königreich floh, ward er von den
Seinigen feyerlich zum Despoten ausgerufen, aber die Ver-
suche, welche er von hier aus zur Wiedererlangung wirklicher
Herrschaft machte, waren vergeblich. Flüchtig irrte er nun
umher und starb endlich in Italien. Unterdessen aber hatten
sich außer den Serben, welche ihm nach Ungarn gefolgt wa-
ren, noch viele Tausende Ausgewanderter in Sirmien, dem
östlichsten Theile Slavoniens, angesiedelt, und erfreuten sich
des besonderen Schutzes des Königs Matthias Corvinus.
Im Jahr 1471 erwählten sie sich in dem Sohn Gregors,
und Enkel Georgs, einen neuen Despoten. Dieß war Wuk,
wegen seiner Kühnheit und Tapferkeit der Drache (Zmaj)
zubenamt. Ihm ward vom Könige eine Residenz in Sir-
mien angewiesen, von wo aus er keine Gelegenheit versäumte,
den Türken zu schaden. Nach seinem Tode ward den serbi-
schen Colonisten noch einmal die Ehre eines eigenen Despoten.
Von den Söhnen Stephans war der älteste, Georg, Mönch
geworden; unter dem Namen des Bischof Maxim sehen wir
ihn, im Verlauf von mehreren Jahren, abwechselnd in Sir-
mien und in der Wallachey für seine Glaubensbrüder thätig,
geehrt im Leben, als Heiliger angebetet im Tode. Der jün-
gere, Johann, ward der letzte Despot der Serben. Er
scheint wenig von dem kriegerischen Geiste seiner Landsleute be-
sessen zu haben. Sein Leben bietet nichts Denkwürdiges dar.
Nach seinem Tode führte seine hinterlaßne Gemahlin, Helene,
aus dem edeln Geschlechte der Jakschitsch, noch achtzehn
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Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. XLIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/63>, abgerufen am 24.11.2024.
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