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Talvj, Volkslieder der Serben, 1825

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Serbin, welche einen Bruder verloren, hört keinen Kuckuk
ohne Thränen. "Ich armer Kuckuk!" für "ich Beklagens-
werthe!" ist sprüchwörtlich. -- Prophetisch ist dieser
Vogel in Serbien nur für die Haiduken, oder Räuber, wel-
che aus seinem frühen oder späten Singen Schlüsse ziehn.
6) Und Tschelenken, die im Wind sich drehen.
Tschelenka, ein altserbischer, halb kamm- halb fe-
derartiger Schmuck, von kostbarem Metall, oft mit einem
Edelsteine geziert, welcher neben der Neiherfeder auf der
Mühe (kalpack) der Helden befestigt ward. Ihrer Form
nach, neben einander gestellten, immer kleiner werdenden
Hahnenfedern gleich, war sie so angemacht, daß die Winde
sie bewegten und drehten. Federkamm, Schmuckfeder, Zit-
ternadel -- alles scheint ungnügend, und ich sehe mich ge-
nöthigt, Tschelenka beizubehalten.
7) Nichts als Herzleid hast Du von der Braut nun,
Siehst vielleicht Dein Haus zum letztenmale!

Im Original: "mögst Du Dein Haus nicht wieder se-
hen! mögest Du nicht ohne Kummer das Mädchen herbrin-
gen!" -- Fluch und Verwünschung jedes Wort. -- Es
sey erlaubt, hier Einiges über den Charakter des serbischen
Fluches, der sich in den Liedern bis zum Uebermaße wieder,
holt, zu bemerken.
Prophezeiungen, auf die Zukunft bezügliche Betrach-
tungen, nehmen im Serbischen zur Erhöhung des Pathos,
immer die Form des Fluchs an, ohne daß grade ein böser
Wunsch des Sprechenden daraus abstrahirt werden müsse.
Meist ist in der Uebersetzung diese, der Lebendigkeit des Vor-
trags höchst günstige Form, beibehalten, und der denkende
Leser wird bald bemerken, daß der serbische Fluch nicht so viel
18*
Serbin, welche einen Bruder verloren, hört keinen Kuckuk
ohne Thränen. „Ich armer Kuckuk!“ für „ich Beklagens-
werthe!“ ist sprüchwörtlich. — Prophetisch ist dieser
Vogel in Serbien nur für die Haiduken, oder Räuber, wel-
che aus seinem frühen oder späten Singen Schlüsse ziehn.
6) Und Tschelenken, die im Wind sich drehen.
Tschelenka, ein altserbischer, halb kamm- halb fe-
derartiger Schmuck, von kostbarem Metall, oft mit einem
Edelsteine geziert, welcher neben der Neiherfeder auf der
Mühe (kalpack) der Helden befestigt ward. Ihrer Form
nach, neben einander gestellten, immer kleiner werdenden
Hahnenfedern gleich, war sie so angemacht, daß die Winde
sie bewegten und drehten. Federkamm, Schmuckfeder, Zit-
ternadel — alles scheint ungnügend, und ich sehe mich ge-
nöthigt, Tschelenka beizubehalten.
7) Nichts als Herzleid hast Du von der Braut nun,
Siehst vielleicht Dein Haus zum letztenmale!

Im Original: „mögst Du Dein Haus nicht wieder se-
hen! mögest Du nicht ohne Kummer das Mädchen herbrin-
gen!“ — Fluch und Verwünschung jedes Wort. — Es
sey erlaubt, hier Einiges über den Charakter des serbischen
Fluches, der sich in den Liedern bis zum Uebermaße wieder,
holt, zu bemerken.
Prophezeiungen, auf die Zukunft bezügliche Betrach-
tungen, nehmen im Serbischen zur Erhöhung des Pathos,
immer die Form des Fluchs an, ohne daß grade ein böser
Wunsch des Sprechenden daraus abstrahirt werden müsse.
Meist ist in der Uebersetzung diese, der Lebendigkeit des Vor-
trags höchst günstige Form, beibehalten, und der denkende
Leser wird bald bemerken, daß der serbische Fluch nicht so viel
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[275/0341] ⁵⁾ Serbin, welche einen Bruder verloren, hört keinen Kuckuk ohne Thränen. „Ich armer Kuckuk!“ für „ich Beklagens- werthe!“ ist sprüchwörtlich. — Prophetisch ist dieser Vogel in Serbien nur für die Haiduken, oder Räuber, wel- che aus seinem frühen oder späten Singen Schlüsse ziehn. ⁶⁾ Und Tschelenken, die im Wind sich drehen. Tschelenka, ein altserbischer, halb kamm- halb fe- derartiger Schmuck, von kostbarem Metall, oft mit einem Edelsteine geziert, welcher neben der Neiherfeder auf der Mühe (kalpack) der Helden befestigt ward. Ihrer Form nach, neben einander gestellten, immer kleiner werdenden Hahnenfedern gleich, war sie so angemacht, daß die Winde sie bewegten und drehten. Federkamm, Schmuckfeder, Zit- ternadel — alles scheint ungnügend, und ich sehe mich ge- nöthigt, Tschelenka beizubehalten. ⁷⁾ Nichts als Herzleid hast Du von der Braut nun, Siehst vielleicht Dein Haus zum letztenmale! Im Original: „mögst Du Dein Haus nicht wieder se- hen! mögest Du nicht ohne Kummer das Mädchen herbrin- gen!“ — Fluch und Verwünschung jedes Wort. — Es sey erlaubt, hier Einiges über den Charakter des serbischen Fluches, der sich in den Liedern bis zum Uebermaße wieder, holt, zu bemerken. Prophezeiungen, auf die Zukunft bezügliche Betrach- tungen, nehmen im Serbischen zur Erhöhung des Pathos, immer die Form des Fluchs an, ohne daß grade ein böser Wunsch des Sprechenden daraus abstrahirt werden müsse. Meist ist in der Uebersetzung diese, der Lebendigkeit des Vor- trags höchst günstige Form, beibehalten, und der denkende Leser wird bald bemerken, daß der serbische Fluch nicht so viel 18*

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Zitationshilfe: Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/341>, abgerufen am 22.11.2024.