Talvj, Volkslieder der Serben, 1825"Hör' Goluban! Du mein treuer Diener! Steig' hinunter von dem Schwanenrosse, Nimm die Herrin bei den weißen Armen, 105 Trag' zurück sie nach dem schlanken Thurme. Ich erlaub' es Dir, zurück zu bleiben. Folg' uns nicht, Goluban, auf das Schlachtfeld, Sondern bleibe Du im weißen Hofe!" -- Als Goluban dieß, der Diener, hörte, 110 Flossen Thränen über seine Wangen; Doch herab stieg er vom Schwanenrosse, Nahm die Herrin bei den weißen Armen, Trug zurück sie nach dem schlanken Thurme; Doch dem Herzen kann er's nicht verwehren; 115 Daß er nach dem Amselfeld nicht ritte; Und er sucht sein Schwanenroß von Neuem, Sitzet auf, zum Amselfeld es lenkend. Als am Morgen nun der Morgen anbrach, Sieh', da flatterten zwei schwarze Raben 120 Weit daher vom breiten Amselfelde, Ließen auf dem weißen Thurm sich nieder, Auf dem Thurme des erlauchten Fürsten, Einer krächzend und der Andre sprechend: "Ist der Thurm dieß des ruhmvollen Fürsten? 125 Und ist Niemand drinnen in dem Thurme?" Aus dem Thurme tönte keine Stimme, Aber drinnen hörte sie die Zarin, 17
„Hör' Goluban! Du mein treuer Diener! Steig' hinunter von dem Schwanenrosse, Nimm die Herrin bei den weißen Armen, 105 Trag' zurück sie nach dem schlanken Thurme. Ich erlaub' es Dir, zurück zu bleiben. Folg' uns nicht, Goluban, auf das Schlachtfeld, Sondern bleibe Du im weißen Hofe!“ — Als Goluban dieß, der Diener, hörte, 110 Flossen Thränen über seine Wangen; Doch herab stieg er vom Schwanenrosse, Nahm die Herrin bei den weißen Armen, Trug zurück sie nach dem schlanken Thurme; Doch dem Herzen kann er's nicht verwehren; 115 Daß er nach dem Amselfeld nicht ritte; Und er sucht sein Schwanenroß von Neuem, Sitzet auf, zum Amselfeld es lenkend. Als am Morgen nun der Morgen anbrach, Sieh', da flatterten zwei schwarze Raben 120 Weit daher vom breiten Amselfelde, Ließen auf dem weißen Thurm sich nieder, Auf dem Thurme des erlauchten Fürsten, Einer krächzend und der Andre sprechend: „Ist der Thurm dieß des ruhmvollen Fürsten? 125 Und ist Niemand drinnen in dem Thurme?“ Aus dem Thurme tönte keine Stimme, Aber drinnen hörte sie die Zarin, 17
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„Hör' Goluban! Du mein treuer Diener!
Steig' hinunter von dem Schwanenrosse,
Nimm die Herrin bei den weißen Armen,
Trag' zurück sie nach dem schlanken Thurme.
Ich erlaub' es Dir, zurück zu bleiben.
Folg' uns nicht, Goluban, auf das Schlachtfeld,
Sondern bleibe Du im weißen Hofe!“ —
Als Goluban dieß, der Diener, hörte,
Flossen Thränen über seine Wangen;
Doch herab stieg er vom Schwanenrosse,
Nahm die Herrin bei den weißen Armen,
Trug zurück sie nach dem schlanken Thurme;
Doch dem Herzen kann er's nicht verwehren;
Daß er nach dem Amselfeld nicht ritte;
Und er sucht sein Schwanenroß von Neuem,
Sitzet auf, zum Amselfeld es lenkend.
Als am Morgen nun der Morgen anbrach,
Sieh', da flatterten zwei schwarze Raben
Weit daher vom breiten Amselfelde,
Ließen auf dem weißen Thurm sich nieder,
Auf dem Thurme des erlauchten Fürsten,
Einer krächzend und der Andre sprechend:
„Ist der Thurm dieß des ruhmvollen Fürsten?
Und ist Niemand drinnen in dem Thurme?“
Aus dem Thurme tönte keine Stimme,
Aber drinnen hörte sie die Zarin,
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Zitationshilfe: | Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/323>, abgerufen am 29.06.2024. |