Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Talvj, Volkslieder der Serben, 1825

Bild:
<< vorherige Seite
Drei gefüllte Beutel hat er bei sich,
Angefüllt mit goldenen Dukaten: 105
Einen Beutel geb' ich ihm, ihn segnend,
Daß dafür er meinen Leib begrabe.
Mit dem Zweiten schmücke er die Kirchen;
Für die Lahm' und Blinden sey der Dritte,
Daß die Blinden in der Welt umherziehn, 110
Mit Gesänge Markos Thaten feiernd." --
Als der Marko jetzt den Brief vollendet,
Steckt' er ihn in's Laub der grünen Tanne,
Wo man sie erblicken kann vom Heerweg;
Warf das goldne Schreibzeug in den Brunnen, 115
Zog den grünen Rock aus, auf dem Grase
Aus ihn breitend, unter einer Tanne,
Macht' ein Kreuz, ließ auf den Rock sich nieder,
Drückte tief in's Aug' die Zobelmütze,
Legte sich, und er erstand nicht wieder. 120
Bei dem Brunnen lag der todte Marko,
Tag und Nacht, und eine ganze Woche.
Mancher kömmt daher den breiten Heerweg,
Siehet dort den Helden Marko liegen,
Denkt bei sich ein Jeder, daß er schlafe; 125
Um ihn her geht er im weit'sten Umkreis,
Fürchtet sich, daß er ihn nicht erwecke.
Von dem Glück begleitet ist das Unglück,
Wie vom Unglück wird das Glück begleitet;
Drei gefüllte Beutel hat er bei sich,
Angefüllt mit goldenen Dukaten: 105
Einen Beutel geb' ich ihm, ihn segnend,
Daß dafür er meinen Leib begrabe.
Mit dem Zweiten schmücke er die Kirchen;
Für die Lahm' und Blinden sey der Dritte,
Daß die Blinden in der Welt umherziehn, 110
Mit Gesänge Markos Thaten feiernd.“ —
Als der Marko jetzt den Brief vollendet,
Steckt' er ihn in's Laub der grünen Tanne,
Wo man sie erblicken kann vom Heerweg;
Warf das goldne Schreibzeug in den Brunnen, 115
Zog den grünen Rock aus, auf dem Grase
Aus ihn breitend, unter einer Tanne,
Macht' ein Kreuz, ließ auf den Rock sich nieder,
Drückte tief in's Aug' die Zobelmütze,
Legte sich, und er erstand nicht wieder. 120
Bei dem Brunnen lag der todte Marko,
Tag und Nacht, und eine ganze Woche.
Mancher kömmt daher den breiten Heerweg,
Siehet dort den Helden Marko liegen,
Denkt bei sich ein Jeder, daß er schlafe; 125
Um ihn her geht er im weit'sten Umkreis,
Fürchtet sich, daß er ihn nicht erwecke.
Von dem Glück begleitet ist das Unglück,
Wie vom Unglück wird das Glück begleitet;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0310" n="244"/>
            <lg>
              <l>Drei gefüllte Beutel hat er bei sich,</l><lb/>
              <l>Angefüllt mit goldenen Dukaten: <note place="right">105</note></l><lb/>
              <l>Einen Beutel geb' ich ihm, ihn segnend,</l><lb/>
              <l>Daß dafür er meinen Leib begrabe.</l><lb/>
              <l>Mit dem Zweiten schmücke er die Kirchen;</l><lb/>
              <l>Für die Lahm' und Blinden sey der Dritte,</l><lb/>
              <l>Daß die Blinden in der Welt umherziehn, <note place="right">110</note></l><lb/>
              <l>Mit Gesänge Markos Thaten feiernd.&#x201C; &#x2014;</l>
            </lg><lb/>
            <lg>
              <l>Als der Marko jetzt den Brief vollendet,</l><lb/>
              <l>Steckt' er ihn in's Laub der grünen Tanne,</l><lb/>
              <l>Wo man sie erblicken kann vom Heerweg;</l><lb/>
              <l>Warf das goldne Schreibzeug in den Brunnen, <note place="right">115</note></l><lb/>
              <l>Zog den grünen Rock aus, auf dem Grase</l><lb/>
              <l>Aus ihn breitend, unter einer Tanne,</l><lb/>
              <l>Macht' ein Kreuz, ließ auf den Rock sich nieder,</l><lb/>
              <l>Drückte tief in's Aug' die Zobelmütze,</l><lb/>
              <l>Legte sich, und er erstand nicht wieder. <note place="right">120</note></l>
            </lg><lb/>
            <lg>
              <l>Bei dem Brunnen lag der todte Marko,</l><lb/>
              <l>Tag und Nacht, und eine ganze Woche.</l><lb/>
              <l>Mancher kömmt daher den breiten Heerweg,</l><lb/>
              <l>Siehet dort den Helden Marko liegen,</l><lb/>
              <l>Denkt bei sich ein Jeder, daß er schlafe; <note place="right">125</note></l><lb/>
              <l>Um ihn her geht er im weit'sten Umkreis,</l><lb/>
              <l>Fürchtet sich, daß er ihn nicht erwecke.</l>
            </lg><lb/>
            <lg>
              <l>Von dem Glück begleitet ist das Unglück,</l><lb/>
              <l>Wie vom Unglück wird das Glück begleitet;</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[244/0310] Drei gefüllte Beutel hat er bei sich, Angefüllt mit goldenen Dukaten: Einen Beutel geb' ich ihm, ihn segnend, Daß dafür er meinen Leib begrabe. Mit dem Zweiten schmücke er die Kirchen; Für die Lahm' und Blinden sey der Dritte, Daß die Blinden in der Welt umherziehn, Mit Gesänge Markos Thaten feiernd.“ — Als der Marko jetzt den Brief vollendet, Steckt' er ihn in's Laub der grünen Tanne, Wo man sie erblicken kann vom Heerweg; Warf das goldne Schreibzeug in den Brunnen, Zog den grünen Rock aus, auf dem Grase Aus ihn breitend, unter einer Tanne, Macht' ein Kreuz, ließ auf den Rock sich nieder, Drückte tief in's Aug' die Zobelmütze, Legte sich, und er erstand nicht wieder. Bei dem Brunnen lag der todte Marko, Tag und Nacht, und eine ganze Woche. Mancher kömmt daher den breiten Heerweg, Siehet dort den Helden Marko liegen, Denkt bei sich ein Jeder, daß er schlafe; Um ihn her geht er im weit'sten Umkreis, Fürchtet sich, daß er ihn nicht erwecke. Von dem Glück begleitet ist das Unglück, Wie vom Unglück wird das Glück begleitet;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Robert Charlier, AV GWB Berlin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-05-30T17:55:01Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/310
Zitationshilfe: Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/310>, abgerufen am 22.11.2024.