Talvj, Volkslieder der Serben, 1825Sterben von der Hand des eignen Vaters, Zu der Thür kam Wukaschin, der König, Schlug mit seinem Messer an den Pfosten; Aber Blut entträufelte dem Pfosten. 235 Da ergriff den König plötzlich Reue, Daß entsetzt er diese Worte sagte: "Weh mir, weh mir bis zum einz'gen Gotte! Meinen eignen Sohn hab' ich getödtet!" -- Aber aus der Kirche sprach die Stimme: 240 "König Wukaschin, vernimm und höre! Nicht den Marko hat Dein Stahl getroffen, Traf statt seiner einen Engel Gottes!" -- Und der König zürnte sehr dem Sohne, Und verdammte und verflucht' ihn also: 245 "Gott, der Herr, soll Dich erschlagen, Marko! Grabstein nicht noch Kinder sollst Du haben! Eher nicht soll Deine Seele ausgehn, Bis dem türk'schen Sultan' Du gedienet!" -- Flucht der König, segnet ihn der Zare: 250 "Pathe Marko, möge Gott Dir helfen! Stets im Rathe leuchten soll Dein Antlitz, Sterben von der Hand des eignen Vaters, Zu der Thür kam Wukaschin, der König, Schlug mit seinem Messer an den Pfosten; Aber Blut entträufelte dem Pfosten. 235 Da ergriff den König plötzlich Reue, Daß entsetzt er diese Worte sagte: „Weh mir, weh mir bis zum einz'gen Gotte! Meinen eignen Sohn hab' ich getödtet!“ — Aber aus der Kirche sprach die Stimme: 240 „König Wukaschin, vernimm und höre! Nicht den Marko hat Dein Stahl getroffen, Traf statt seiner einen Engel Gottes!“ — Und der König zürnte sehr dem Sohne, Und verdammte und verflucht' ihn also: 245 „Gott, der Herr, soll Dich erschlagen, Marko! Grabstein nicht noch Kinder sollst Du haben! Eher nicht soll Deine Seele ausgehn, Bis dem türk'schen Sultan' Du gedienet!“ — Flucht der König, segnet ihn der Zare: 250 „Pathe Marko, möge Gott Dir helfen! Stets im Rathe leuchten soll Dein Antlitz, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg> <pb facs="#f0250" n="184"/> <l>Sterben von der Hand des eignen Vaters,</l><lb/> <l>Für die Wahrheit des wahrhaft'gen Gottes!“ —</l><lb/> <l>Und es thut sich auf der Kirche Pforte, <note place="right">230</note></l><lb/> <l>Marko fliehet in die weiße Kirche,</l><lb/> <l>Hinter ihm schließt wieder sich die Pforte.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Zu der Thür kam Wukaschin, der König,</l><lb/> <l>Schlug mit seinem Messer an den Pfosten;</l><lb/> <l>Aber Blut entträufelte dem Pfosten. <note place="right">235</note></l><lb/> <l>Da ergriff den König plötzlich Reue,</l><lb/> <l>Daß entsetzt er diese Worte sagte:</l><lb/> <l>„Weh mir, weh mir bis zum einz'gen Gotte!</l><lb/> <l>Meinen eignen Sohn hab' ich getödtet!“ —</l><lb/> <l>Aber aus der Kirche sprach die Stimme: <note place="right">240</note></l><lb/> <l>„König Wukaschin, vernimm und höre!</l><lb/> <l>Nicht den Marko hat Dein Stahl getroffen,</l><lb/> <l>Traf statt seiner einen Engel Gottes!“ —</l><lb/> <l>Und der König zürnte sehr dem Sohne,</l><lb/> <l>Und verdammte und verflucht' ihn also: <note place="right">245</note></l><lb/> <l>„Gott, der Herr, soll Dich erschlagen, Marko!</l><lb/> <l>Grabstein nicht noch Kinder sollst Du haben!</l><lb/> <l>Eher nicht soll Deine Seele ausgehn,</l><lb/> <l>Bis dem türk'schen Sultan' Du gedienet!“ —</l> </lg><lb/> <lg> <l>Flucht der König, segnet ihn der Zare: <note place="right">250</note></l><lb/> <l>„Pathe Marko, möge Gott Dir helfen!</l><lb/> <l>Stets im Rathe leuchten soll Dein Antlitz,</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [184/0250]
Sterben von der Hand des eignen Vaters,
Für die Wahrheit des wahrhaft'gen Gottes!“ —
Und es thut sich auf der Kirche Pforte,
Marko fliehet in die weiße Kirche,
Hinter ihm schließt wieder sich die Pforte.
Zu der Thür kam Wukaschin, der König,
Schlug mit seinem Messer an den Pfosten;
Aber Blut entträufelte dem Pfosten.
Da ergriff den König plötzlich Reue,
Daß entsetzt er diese Worte sagte:
„Weh mir, weh mir bis zum einz'gen Gotte!
Meinen eignen Sohn hab' ich getödtet!“ —
Aber aus der Kirche sprach die Stimme:
„König Wukaschin, vernimm und höre!
Nicht den Marko hat Dein Stahl getroffen,
Traf statt seiner einen Engel Gottes!“ —
Und der König zürnte sehr dem Sohne,
Und verdammte und verflucht' ihn also:
„Gott, der Herr, soll Dich erschlagen, Marko!
Grabstein nicht noch Kinder sollst Du haben!
Eher nicht soll Deine Seele ausgehn,
Bis dem türk'schen Sultan' Du gedienet!“ —
Flucht der König, segnet ihn der Zare:
„Pathe Marko, möge Gott Dir helfen!
Stets im Rathe leuchten soll Dein Antlitz,
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