Den Leser in die ältesten Zeiten zurückzuführen, würde unsrem Zwecke wenig gemäß seyn. Völkerschaften bewohnten einst diese Gegenden, deren Namen der Strom der Begeben- heiten längst mit sich fortgerissen. Dardassier und Triballer, thracischen Stammes, Scordisker, eine celtische Nation, Beßen, ein wildes Räubervolk in der Gegend des Rhodope und Hämus, scheinen bis kurz vor Christi Geburt hier ge- haust zu haben, und endlich von den Römern besiegt worden zu seyn. Zur Zeit der Herrschaft dieser letztern machten jene Länder einen Theil des alten Pannoniens und Mösiens aus, und theilten die harten, ja entsetzlichen Schicksale dieser Pro- vinzen. Von den Hunnen überschwemmt, während der Völ- kerwanderung von zahllosen barbarischen Horden überzogen, gelang es nur selten den byzantinischen Kaisern, hier wieder einiges Ansehn zu gewinnen. Endlich, gegen die Mitte des siebenten Jahrhunderts, nahmen die Serben von einem Theil der die Donau südlich begränzenden, Landschaften Besitz.
Was dieser Name bedeute, wo eigentlich die Heimath dieses Volkes zu suchen, ob es ursprünglich ein und dasselbe mit den Sorben der Lausitz, oder was noch bessere Grün- de für sich hat, näher mit Croaten und Russen ver- wandt gewesen, -- darüber haben Geschichts- und Sprach- forscher vielfältig gestritten. Sie sind zu keinem Resultate gekommen. Gewiß ist nur, daß es slavischen Stammes ist. Ueber seine ersten Niederlassungen an der Donau wis- sen wir wenig. Binnen kurzer Zeit hatten sie das heutige Serbien und Boßnien, Sachulm, Trebunien, die Primorje und das Küstenland zwischen Cattaro und Durrazzo, besetzt. Das übrige Dalmatien hatten bereits wenige Jahre früher die Croaten in Besitz genommen, ein ihnen verwandtes Volk, das lange ein gleiches Schicksal mit ihnen theilte. Unter der Oberhoheit des griechischen Kaisers wurden beyde daheim von
Den Leser in die ältesten Zeiten zurückzuführen, würde unsrem Zwecke wenig gemäß seyn. Völkerschaften bewohnten einst diese Gegenden, deren Namen der Strom der Begeben- heiten längst mit sich fortgerissen. Dardassier und Triballer, thracischen Stammes, Scordisker, eine celtische Nation, Beßen, ein wildes Räubervolk in der Gegend des Rhodope und Hämus, scheinen bis kurz vor Christi Geburt hier ge- haust zu haben, und endlich von den Römern besiegt worden zu seyn. Zur Zeit der Herrschaft dieser letztern machten jene Länder einen Theil des alten Pannoniens und Mösiens aus, und theilten die harten, ja entsetzlichen Schicksale dieser Pro- vinzen. Von den Hunnen überschwemmt, während der Völ- kerwanderung von zahllosen barbarischen Horden überzogen, gelang es nur selten den byzantinischen Kaisern, hier wieder einiges Ansehn zu gewinnen. Endlich, gegen die Mitte des siebenten Jahrhunderts, nahmen die Serben von einem Theil der die Donau südlich begränzenden, Landschaften Besitz.
Was dieser Name bedeute, wo eigentlich die Heimath dieses Volkes zu suchen, ob es ursprünglich ein und dasselbe mit den Sorben der Lausitz, oder was noch bessere Grün- de für sich hat, näher mit Croaten und Russen ver- wandt gewesen, — darüber haben Geschichts- und Sprach- forscher vielfältig gestritten. Sie sind zu keinem Resultate gekommen. Gewiß ist nur, daß es slavischen Stammes ist. Ueber seine ersten Niederlassungen an der Donau wis- sen wir wenig. Binnen kurzer Zeit hatten sie das heutige Serbien und Boßnien, Sachulm, Trebunien, die Primorje und das Küstenland zwischen Cattaro und Durrazzo, besetzt. Das übrige Dalmatien hatten bereits wenige Jahre früher die Croaten in Besitz genommen, ein ihnen verwandtes Volk, das lange ein gleiches Schicksal mit ihnen theilte. Unter der Oberhoheit des griechischen Kaisers wurden beyde daheim von
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0024"n="IV"/><p>Den Leser in die ältesten Zeiten zurückzuführen, würde<lb/>
unsrem Zwecke wenig gemäß seyn. Völkerschaften bewohnten<lb/>
einst diese Gegenden, deren Namen der Strom der Begeben-<lb/>
heiten längst mit sich fortgerissen. Dardassier und Triballer,<lb/>
thracischen Stammes, Scordisker, eine celtische Nation,<lb/>
Beßen, ein wildes Räubervolk in der Gegend des Rhodope<lb/>
und Hämus, scheinen bis kurz vor Christi Geburt hier ge-<lb/>
haust zu haben, und endlich von den Römern besiegt worden<lb/>
zu seyn. Zur Zeit der Herrschaft dieser letztern machten jene<lb/>
Länder einen Theil des alten Pannoniens und Mösiens aus,<lb/>
und theilten die harten, ja entsetzlichen Schicksale dieser Pro-<lb/>
vinzen. Von den Hunnen überschwemmt, während der Völ-<lb/>
kerwanderung von zahllosen barbarischen Horden überzogen,<lb/>
gelang es nur selten den byzantinischen Kaisern, hier wieder<lb/>
einiges Ansehn zu gewinnen. Endlich, gegen die Mitte des<lb/>
siebenten Jahrhunderts, nahmen die <hirendition="#g">Serben</hi> von einem<lb/>
Theil der die Donau südlich begränzenden, Landschaften<lb/>
Besitz.</p><lb/><p>Was dieser Name bedeute, wo eigentlich die Heimath<lb/>
dieses Volkes zu suchen, ob es ursprünglich ein und dasselbe<lb/>
mit den <hirendition="#g">Sorben</hi> der Lausitz, oder was noch bessere Grün-<lb/>
de für sich hat, näher mit <hirendition="#g">Croaten</hi> und <hirendition="#g">Russen</hi> ver-<lb/>
wandt gewesen, — darüber haben Geschichts- und Sprach-<lb/>
forscher vielfältig gestritten. Sie sind zu keinem Resultate<lb/>
gekommen. Gewiß ist nur, daß es slavischen Stammes<lb/>
ist. Ueber seine ersten Niederlassungen an der Donau wis-<lb/>
sen wir wenig. Binnen kurzer Zeit hatten sie das heutige<lb/>
Serbien und Boßnien, Sachulm, Trebunien, die Primorje<lb/>
und das Küstenland zwischen Cattaro und Durrazzo, besetzt.<lb/>
Das übrige Dalmatien hatten bereits wenige Jahre früher<lb/>
die Croaten in Besitz genommen, ein ihnen verwandtes Volk,<lb/>
das lange ein gleiches Schicksal mit ihnen theilte. Unter der<lb/>
Oberhoheit des griechischen Kaisers wurden beyde daheim von</p><lb/></div></body></text></TEI>
[IV/0024]
Den Leser in die ältesten Zeiten zurückzuführen, würde
unsrem Zwecke wenig gemäß seyn. Völkerschaften bewohnten
einst diese Gegenden, deren Namen der Strom der Begeben-
heiten längst mit sich fortgerissen. Dardassier und Triballer,
thracischen Stammes, Scordisker, eine celtische Nation,
Beßen, ein wildes Räubervolk in der Gegend des Rhodope
und Hämus, scheinen bis kurz vor Christi Geburt hier ge-
haust zu haben, und endlich von den Römern besiegt worden
zu seyn. Zur Zeit der Herrschaft dieser letztern machten jene
Länder einen Theil des alten Pannoniens und Mösiens aus,
und theilten die harten, ja entsetzlichen Schicksale dieser Pro-
vinzen. Von den Hunnen überschwemmt, während der Völ-
kerwanderung von zahllosen barbarischen Horden überzogen,
gelang es nur selten den byzantinischen Kaisern, hier wieder
einiges Ansehn zu gewinnen. Endlich, gegen die Mitte des
siebenten Jahrhunderts, nahmen die Serben von einem
Theil der die Donau südlich begränzenden, Landschaften
Besitz.
Was dieser Name bedeute, wo eigentlich die Heimath
dieses Volkes zu suchen, ob es ursprünglich ein und dasselbe
mit den Sorben der Lausitz, oder was noch bessere Grün-
de für sich hat, näher mit Croaten und Russen ver-
wandt gewesen, — darüber haben Geschichts- und Sprach-
forscher vielfältig gestritten. Sie sind zu keinem Resultate
gekommen. Gewiß ist nur, daß es slavischen Stammes
ist. Ueber seine ersten Niederlassungen an der Donau wis-
sen wir wenig. Binnen kurzer Zeit hatten sie das heutige
Serbien und Boßnien, Sachulm, Trebunien, die Primorje
und das Küstenland zwischen Cattaro und Durrazzo, besetzt.
Das übrige Dalmatien hatten bereits wenige Jahre früher
die Croaten in Besitz genommen, ein ihnen verwandtes Volk,
das lange ein gleiches Schicksal mit ihnen theilte. Unter der
Oberhoheit des griechischen Kaisers wurden beyde daheim von
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Robert Charlier, AV GWB Berlin: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-05-30T17:55:01Z)
Weitere Informationen:
Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.
Bogensignaturen: gekennzeichnet;
Druckfehler: dokumentiert;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: keine Angabe;
I/J in Fraktur: keine Angabe;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: gekennzeichnet;
langes s (ſ): keine Angabe;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: keine Angabe;
Silbentrennung: wie Vorlage;
u/v bzw. U/V: keine Angabe;
Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;
Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. IV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/24>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.