Talvj, Volkslieder der Serben, 1825Kleiden wird er Dich in Sammt und Seide, Speisen Dich mit Zucker und mit Honig. Suko von Udbinja heißt der Andre; Aber weiter nichts besitzt der Suko, 55 Als den Säbel und den starken Schimmel. Jetzo wähl' Hajkuna, liebe Schwester! Sage mir, wem soll ich Dich vermählen?" -- Aber ihm erwiederte die Schwester: "Freien Willen hast Du, o mein Bruder! 60 Dem bin ich vermählt, dem Du mich giebest. Aber lieber möcht' ich einen Jüngling, Wenn er nicht das mindeste auch hätte, Als 'nen Greis, und wenn er noch so reich wär'! Reichthum ist nicht Gold und ist nicht Silber; 65 Reichthum ist nur, haben, was uns lieb ist." -- Doch der Bruder folgte nicht der Schwester, Gab das Mädchen dem Mustapha-Aga, Wider ihren Willen sie dem Greise. Drauf, zurück zu seinem Hofe kehrend, 70 Lud er Hochzeitgäste, um das Mädchen Heim zu führen, auch den Suko lud er, Daß die Fahn' er vor dem Zuge trage. Kamen die geschmückten Hochzeitgäste, Und sie zogen nach des Mädchens Wohnung. 75 Aber in des schönen Mädchens Hofe Rastete der Zug drei weiße Tage, Brach den vierten auf, am frühen Morgen, Kleiden wird er Dich in Sammt und Seide, Speisen Dich mit Zucker und mit Honig. Suko von Udbinja heißt der Andre; Aber weiter nichts besitzt der Suko, 55 Als den Säbel und den starken Schimmel. Jetzo wähl' Hajkuna, liebe Schwester! Sage mir, wem soll ich Dich vermählen?“ — Aber ihm erwiederte die Schwester: „Freien Willen hast Du, o mein Bruder! 60 Dem bin ich vermählt, dem Du mich giebest. Aber lieber möcht' ich einen Jüngling, Wenn er nicht das mindeste auch hätte, Als 'nen Greis, und wenn er noch so reich wär'! Reichthum ist nicht Gold und ist nicht Silber; 65 Reichthum ist nur, haben, was uns lieb ist.“ — Doch der Bruder folgte nicht der Schwester, Gab das Mädchen dem Mustapha-Aga, Wider ihren Willen sie dem Greise. Drauf, zurück zu seinem Hofe kehrend, 70 Lud er Hochzeitgäste, um das Mädchen Heim zu führen, auch den Suko lud er, Daß die Fahn' er vor dem Zuge trage. Kamen die geschmückten Hochzeitgäste, Und sie zogen nach des Mädchens Wohnung. 75 Aber in des schönen Mädchens Hofe Rastete der Zug drei weiße Tage, Brach den vierten auf, am frühen Morgen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0233" n="167"/> <lg> <l>Kleiden wird er Dich in Sammt und Seide,</l><lb/> <l>Speisen Dich mit Zucker und mit Honig.</l><lb/> <l>Suko von Udbinja heißt der Andre;</l><lb/> <l>Aber weiter nichts besitzt der Suko, <note place="right">55</note></l><lb/> <l>Als den Säbel und den starken Schimmel.</l><lb/> <l>Jetzo wähl' Hajkuna, liebe Schwester!</l><lb/> <l>Sage mir, wem soll ich Dich vermählen?“ —</l> </lg><lb/> <lg> <l>Aber ihm erwiederte die Schwester:</l><lb/> <l>„Freien Willen hast Du, o mein Bruder! <note place="right">60</note></l><lb/> <l>Dem bin ich vermählt, dem Du mich giebest.</l><lb/> <l>Aber lieber möcht' ich einen Jüngling,</l><lb/> <l>Wenn er nicht das mindeste auch hätte,</l><lb/> <l>Als 'nen Greis, und wenn er noch so reich wär'!</l><lb/> <l>Reichthum ist nicht Gold und ist nicht Silber; <note place="right">65</note></l><lb/> <l>Reichthum ist nur, haben, was uns lieb ist.“ —</l> </lg><lb/> <lg> <l>Doch der Bruder folgte nicht der Schwester,</l><lb/> <l>Gab das Mädchen dem Mustapha-Aga,</l><lb/> <l>Wider ihren Willen sie dem Greise.</l><lb/> <l>Drauf, zurück zu seinem Hofe kehrend, <note place="right">70</note></l><lb/> <l>Lud er Hochzeitgäste, um das Mädchen</l><lb/> <l>Heim zu führen, auch den Suko lud er,</l><lb/> <l>Daß die Fahn' er vor dem Zuge trage.</l><lb/> <l>Kamen die geschmückten Hochzeitgäste,</l><lb/> <l>Und sie zogen nach des Mädchens Wohnung. <note place="right">75</note></l> </lg><lb/> <lg> <l>Aber in des schönen Mädchens Hofe</l><lb/> <l>Rastete der Zug drei weiße Tage,</l><lb/> <l>Brach den vierten auf, am frühen Morgen,</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [167/0233]
Kleiden wird er Dich in Sammt und Seide,
Speisen Dich mit Zucker und mit Honig.
Suko von Udbinja heißt der Andre;
Aber weiter nichts besitzt der Suko,
Als den Säbel und den starken Schimmel.
Jetzo wähl' Hajkuna, liebe Schwester!
Sage mir, wem soll ich Dich vermählen?“ —
Aber ihm erwiederte die Schwester:
„Freien Willen hast Du, o mein Bruder!
Dem bin ich vermählt, dem Du mich giebest.
Aber lieber möcht' ich einen Jüngling,
Wenn er nicht das mindeste auch hätte,
Als 'nen Greis, und wenn er noch so reich wär'!
Reichthum ist nicht Gold und ist nicht Silber;
Reichthum ist nur, haben, was uns lieb ist.“ —
Doch der Bruder folgte nicht der Schwester,
Gab das Mädchen dem Mustapha-Aga,
Wider ihren Willen sie dem Greise.
Drauf, zurück zu seinem Hofe kehrend,
Lud er Hochzeitgäste, um das Mädchen
Heim zu führen, auch den Suko lud er,
Daß die Fahn' er vor dem Zuge trage.
Kamen die geschmückten Hochzeitgäste,
Und sie zogen nach des Mädchens Wohnung.
Aber in des schönen Mädchens Hofe
Rastete der Zug drei weiße Tage,
Brach den vierten auf, am frühen Morgen,
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