Talvj, Volkslieder der Serben, 1825"Wie ist dir zu Muth, mein treuer Falke? Sprich, wie ist dir ohne deinen Flügel?" --80 Zischend sprach der Falke, ihm entgegnend: "So ist mir zu Muth ohn' meinen Flügel, Als wie einem Bruder ohne Bruder!" -- Da durchführt den Dmeter der Gedanke, Daß die Frau den Bruder ihm vergifte, 85 Und sich auf den mächt'gen Rappen schwingend Jagt zurück er nach der Feste Belgrad, Daß den Bruder er noch lebend finde. Als er kam nach der Tschekmeter Brücke, Spornt' er so hinüber seinen Rappen, 90 Daß er ungestümen Laufes durchbrach, Und zerschmettert ihm die Füße lagen. Wie Demeter sich in dieser Noth sah, Nahm er von dem Rosse schnell den Sattel, Hieng ihn übern Kolben auf den Rücken, 95 Fort nur eilend nach der Feste Belgrad. Angelangt rief er sogleich die Gattin: "Angelia, meine treue Gattin! Hast mir doch den Bruder nicht vergiftet?" Aber ihm entgegnet Angelia: 100 "Nicht vergiftet hab' ich Dir den Bruder; Ausgesöhnet hab' ich Dich mit Bogdan." -- „Wie ist dir zu Muth, mein treuer Falke? Sprich, wie ist dir ohne deinen Flügel?“ —80 Zischend sprach der Falke, ihm entgegnend: „So ist mir zu Muth ohn' meinen Flügel, Als wie einem Bruder ohne Bruder!“ — Da durchführt den Dmeter der Gedanke, Daß die Frau den Bruder ihm vergifte, 85 Und sich auf den mächt'gen Rappen schwingend Jagt zurück er nach der Feste Belgrad, Daß den Bruder er noch lebend finde. Als er kam nach der Tschekmeter Brücke, Spornt' er so hinüber seinen Rappen, 90 Daß er ungestümen Laufes durchbrach, Und zerschmettert ihm die Füße lagen. Wie Demeter sich in dieser Noth sah, Nahm er von dem Rosse schnell den Sattel, Hieng ihn übern Kolben auf den Rücken, 95 Fort nur eilend nach der Feste Belgrad. Angelangt rief er sogleich die Gattin: „Angelia, meine treue Gattin! Hast mir doch den Bruder nicht vergiftet?“ Aber ihm entgegnet Angelia: 100 „Nicht vergiftet hab' ich Dir den Bruder; Ausgesöhnet hab' ich Dich mit Bogdan.“ — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0216" n="150"/> <lg> <l>„Wie ist dir zu Muth, mein treuer Falke?</l><lb/> <l>Sprich, wie ist dir ohne deinen Flügel?“ —<note place="right">80</note></l> </lg><lb/> <lg> <l>Zischend sprach der Falke, ihm entgegnend:</l><lb/> <l>„So ist mir zu Muth ohn' meinen Flügel,</l><lb/> <l>Als wie einem Bruder ohne Bruder!“ —</l><lb/> <l>Da durchführt den Dmeter der Gedanke,</l><lb/> <l>Daß die Frau den Bruder ihm vergifte, <note place="right">85</note></l><lb/> <l>Und sich auf den mächt'gen Rappen schwingend</l><lb/> <l>Jagt zurück er nach der Feste Belgrad,</l><lb/> <l>Daß den Bruder er noch lebend finde.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Als er kam nach der Tschekmeter Brücke,</l><lb/> <l>Spornt' er so hinüber seinen Rappen, <note place="right">90</note></l><lb/> <l>Daß er ungestümen Laufes durchbrach,</l><lb/> <l>Und zerschmettert ihm die Füße lagen.</l><lb/> <l>Wie Demeter sich in dieser Noth sah,</l><lb/> <l>Nahm er von dem Rosse schnell den Sattel,</l><lb/> <l>Hieng ihn übern Kolben auf den Rücken, <note place="right">95</note></l><lb/> <l>Fort nur eilend nach der Feste Belgrad.</l><lb/> <l>Angelangt rief er sogleich die Gattin:</l><lb/> <l>„Angelia, meine treue Gattin!</l><lb/> <l>Hast mir doch den Bruder nicht vergiftet?“</l><lb/> <l>Aber ihm entgegnet Angelia: <note place="right">100</note></l><lb/> <l>„Nicht vergiftet hab' ich Dir den Bruder;</l><lb/> <l>Ausgesöhnet hab' ich Dich mit Bogdan.“ —</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [150/0216]
„Wie ist dir zu Muth, mein treuer Falke?
Sprich, wie ist dir ohne deinen Flügel?“ —
Zischend sprach der Falke, ihm entgegnend:
„So ist mir zu Muth ohn' meinen Flügel,
Als wie einem Bruder ohne Bruder!“ —
Da durchführt den Dmeter der Gedanke,
Daß die Frau den Bruder ihm vergifte,
Und sich auf den mächt'gen Rappen schwingend
Jagt zurück er nach der Feste Belgrad,
Daß den Bruder er noch lebend finde.
Als er kam nach der Tschekmeter Brücke,
Spornt' er so hinüber seinen Rappen,
Daß er ungestümen Laufes durchbrach,
Und zerschmettert ihm die Füße lagen.
Wie Demeter sich in dieser Noth sah,
Nahm er von dem Rosse schnell den Sattel,
Hieng ihn übern Kolben auf den Rücken,
Fort nur eilend nach der Feste Belgrad.
Angelangt rief er sogleich die Gattin:
„Angelia, meine treue Gattin!
Hast mir doch den Bruder nicht vergiftet?“
Aber ihm entgegnet Angelia:
„Nicht vergiftet hab' ich Dir den Bruder;
Ausgesöhnet hab' ich Dich mit Bogdan.“ —
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