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Talvj, Volkslieder der Serben, 1825

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Bot ihm süßen Kaffee an und Branntwein. 130
Simon ließ sich nicht mehr von ihr halten,
Und sich eilig auf sein Rößlein schwingend,
Sprengt' er über's bubische Gefilde.
Plötzlich aber kam ihm in's Gedächtniß,
Daß sein Evangelium er gelassen 135
Bei der Königin im weißen Thurme.
Da sogleich wandt' er das Roß zurücke,
Ließ das Roß im Vorgehöfte stehen,
Selber nach dem weißen Thurme gehend.
Sieh, da sitzt die königliche Herrin, 140
In dem Fenster des Gemachs, die Schöne,
Ganz versunken in die heilge Bibel,
Während Thränen ihr Gesicht benetzen.
Simon naht und spricht zu ihr die Worte:
"Gieb mir, Königin, die heilge Bibel!" -- 145
Und die königliche Frau entgegnet:
"Armer Simon! Du unsel'ger Jüngling!
Schlimm die Stunde, wo zuerst Du auszogst,
Schlimmer die, so Dich nach Buda führte!
Als Du mit der Königin gekoset, 150
Und das Angesicht der Herrin küßtest,
Kos'test Du mit Deiner eignen Mutter!" --
Als der Jüngling Simon dieß vernommen,
Rannen Thränen über seine Wangen,
Und er nahm das heilge Buch, erbleichend, 155
Küßt' in Thränen jetzt die Hand der Mutter,
Bot ihm süßen Kaffee an und Branntwein. 130
Simon ließ sich nicht mehr von ihr halten,
Und sich eilig auf sein Rößlein schwingend,
Sprengt' er über's bubische Gefilde.
Plötzlich aber kam ihm in's Gedächtniß,
Daß sein Evangelium er gelassen 135
Bei der Königin im weißen Thurme.
Da sogleich wandt' er das Roß zurücke,
Ließ das Roß im Vorgehöfte stehen,
Selber nach dem weißen Thurme gehend.
Sieh, da sitzt die königliche Herrin, 140
In dem Fenster des Gemachs, die Schöne,
Ganz versunken in die heilge Bibel,
Während Thränen ihr Gesicht benetzen.
Simon naht und spricht zu ihr die Worte:
„Gieb mir, Königin, die heilge Bibel!“ — 145
Und die königliche Frau entgegnet:
„Armer Simon! Du unsel'ger Jüngling!
Schlimm die Stunde, wo zuerst Du auszogst,
Schlimmer die, so Dich nach Buda führte!
Als Du mit der Königin gekoset, 150
Und das Angesicht der Herrin küßtest,
Kos'test Du mit Deiner eignen Mutter!“ —
Als der Jüngling Simon dieß vernommen,
Rannen Thränen über seine Wangen,
Und er nahm das heilge Buch, erbleichend, 155
Küßt' in Thränen jetzt die Hand der Mutter,
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[144/0210] Bot ihm süßen Kaffee an und Branntwein. Simon ließ sich nicht mehr von ihr halten, Und sich eilig auf sein Rößlein schwingend, Sprengt' er über's bubische Gefilde. Plötzlich aber kam ihm in's Gedächtniß, Daß sein Evangelium er gelassen Bei der Königin im weißen Thurme. Da sogleich wandt' er das Roß zurücke, Ließ das Roß im Vorgehöfte stehen, Selber nach dem weißen Thurme gehend. Sieh, da sitzt die königliche Herrin, In dem Fenster des Gemachs, die Schöne, Ganz versunken in die heilge Bibel, Während Thränen ihr Gesicht benetzen. Simon naht und spricht zu ihr die Worte: „Gieb mir, Königin, die heilge Bibel!“ — Und die königliche Frau entgegnet: „Armer Simon! Du unsel'ger Jüngling! Schlimm die Stunde, wo zuerst Du auszogst, Schlimmer die, so Dich nach Buda führte! Als Du mit der Königin gekoset, Und das Angesicht der Herrin küßtest, Kos'test Du mit Deiner eignen Mutter!“ — Als der Jüngling Simon dieß vernommen, Rannen Thränen über seine Wangen, Und er nahm das heilge Buch, erbleichend, Küßt' in Thränen jetzt die Hand der Mutter,

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Zitationshilfe: Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/210>, abgerufen am 21.11.2024.