Talvj, Volkslieder der Serben, 1825Und der Nebel dick das Feld bedeckte, Rauch und Dampf des mordenden Geschützes! Drauf im Nebel zogen sie die Schwerdter! Jammer traf da unglücksel'ge Mutter, 1080 Tief in Trauer hülleten sich Schwestern, Und als Wittwen weinten liebe Frauen! Hoch bis an die Knie wogt der Blutstrom, Sieh! wie wadend dort ein Held hinfchreitet, Und der Held ist Iwan Zernojewitfch, 1085 Ewig schmerzerfüllt ist ihm die Seele. Blutumwoget betet er zum Herren: "Gieb mir einen Wind vom Waldgebirge! Daß er diesen unglücksel'gen Nebel Schnell vertreibend, mich gewahren lasse, 1090 Wer da fiel, und wer am Leben blieben!" -- Und es sandte Gott ihm einen Windstoß, Der zerstreuend Luft und Feld erhellte; Iwan blicket hierher, blicket dorthin. Und er weiß nicht, wo die Noth am Größten: -- 1095 Hier zerschmettert liegen Roß' und Helden, Dort, im letzten Röcheln, Todeswunde. Aber Nun beginnt er, rastlos suchend, All' die blut'gen Leiber umzuwenden, All' die todten Häupter zu betrachten, 1100 Ob vielleicht er seinen Sohn noch fände. Aber nicht den Knaben kann er finden, Und der Nebel dick das Feld bedeckte, Rauch und Dampf des mordenden Geschützes! Drauf im Nebel zogen sie die Schwerdter! Jammer traf da unglücksel'ge Mutter, 1080 Tief in Trauer hülleten sich Schwestern, Und als Wittwen weinten liebe Frauen! Hoch bis an die Knie wogt der Blutstrom, Sieh! wie wadend dort ein Held hinfchreitet, Und der Held ist Iwan Zernojewitfch, 1085 Ewig schmerzerfüllt ist ihm die Seele. Blutumwoget betet er zum Herren: „Gieb mir einen Wind vom Waldgebirge! Daß er diesen unglücksel'gen Nebel Schnell vertreibend, mich gewahren lasse, 1090 Wer da fiel, und wer am Leben blieben!“ — Und es sandte Gott ihm einen Windstoß, Der zerstreuend Luft und Feld erhellte; Iwan blicket hierher, blicket dorthin. Und er weiß nicht, wo die Noth am Größten: — 1095 Hier zerschmettert liegen Roß' und Helden, Dort, im letzten Röcheln, Todeswunde. Aber Nun beginnt er, rastlos suchend, All' die blut'gen Leiber umzuwenden, All' die todten Häupter zu betrachten, 1100 Ob vielleicht er seinen Sohn noch fände. Aber nicht den Knaben kann er finden, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg> <pb facs="#f0177" n="111"/> <lg> <l>Und der Nebel dick das Feld bedeckte,</l><lb/> <l>Rauch und Dampf des mordenden Geschützes!</l><lb/> <l>Drauf im Nebel zogen sie die Schwerdter!</l><lb/> <l>Jammer traf da unglücksel'ge Mutter, <note place="right">1080</note></l><lb/> <l>Tief in Trauer hülleten sich Schwestern,</l><lb/> <l>Und als Wittwen weinten liebe Frauen!</l> </lg><lb/> <lg> <l>Hoch bis an die Knie wogt der Blutstrom,</l><lb/> <l>Sieh! wie wadend dort ein Held hinfchreitet,</l><lb/> <l>Und der Held ist Iwan Zernojewitfch, <note place="right">1085</note></l><lb/> <l>Ewig schmerzerfüllt ist ihm die Seele.</l><lb/> <l>Blutumwoget betet er zum Herren:</l><lb/> <l>„Gieb mir einen Wind vom Waldgebirge!</l><lb/> <l>Daß er diesen unglücksel'gen Nebel</l><lb/> <l>Schnell vertreibend, mich gewahren lasse, <note place="right">1090</note></l><lb/> <l>Wer da fiel, und wer am Leben blieben!“ —</l> </lg><lb/> <lg> <l>Und es sandte Gott ihm einen Windstoß,</l><lb/> <l>Der zerstreuend Luft und Feld erhellte;</l><lb/> <l>Iwan blicket hierher, blicket dorthin.</l><lb/> <l>Und er weiß nicht, wo die Noth am Größten: — <note place="right">1095</note></l><lb/> <l>Hier zerschmettert liegen Roß' und Helden,</l><lb/> <l>Dort, im letzten Röcheln, Todeswunde.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Aber Nun beginnt er, rastlos suchend,</l><lb/> <l>All' die blut'gen Leiber umzuwenden,</l><lb/> <l>All' die todten Häupter zu betrachten, <note place="right">1100</note></l><lb/> <l>Ob vielleicht er seinen Sohn noch fände.</l><lb/> <l>Aber nicht den Knaben kann er finden,</l> </lg><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [111/0177]
Und der Nebel dick das Feld bedeckte,
Rauch und Dampf des mordenden Geschützes!
Drauf im Nebel zogen sie die Schwerdter!
Jammer traf da unglücksel'ge Mutter,
Tief in Trauer hülleten sich Schwestern,
Und als Wittwen weinten liebe Frauen!
Hoch bis an die Knie wogt der Blutstrom,
Sieh! wie wadend dort ein Held hinfchreitet,
Und der Held ist Iwan Zernojewitfch,
Ewig schmerzerfüllt ist ihm die Seele.
Blutumwoget betet er zum Herren:
„Gieb mir einen Wind vom Waldgebirge!
Daß er diesen unglücksel'gen Nebel
Schnell vertreibend, mich gewahren lasse,
Wer da fiel, und wer am Leben blieben!“ —
Und es sandte Gott ihm einen Windstoß,
Der zerstreuend Luft und Feld erhellte;
Iwan blicket hierher, blicket dorthin.
Und er weiß nicht, wo die Noth am Größten: —
Hier zerschmettert liegen Roß' und Helden,
Dort, im letzten Röcheln, Todeswunde.
Aber Nun beginnt er, rastlos suchend,
All' die blut'gen Leiber umzuwenden,
All' die todten Häupter zu betrachten,
Ob vielleicht er seinen Sohn noch fände.
Aber nicht den Knaben kann er finden,
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