Einst zum grauen Kuckuk sprach die Schwalbe: "Glücklich bist Du doch, o grauer Kuckuk! Denn Du schläfst nicht im Kamin des Hauses, Mußt nicht Jammer jederweise hören, Wenn einander Schwägerinnen fluchen! Zu der ältern zürnend sprach die jüng're: "Du Verworfne, bist nicht meine Schwäg'rin, Die Du keine Frucht trägst unterm Herzen!" -- Und die Aelt're also ihr entgegnet: O, und Du! so wie Du, meine Schwäg'rin, Einst den Sohn Mijajlo hast erzeuget, So gebäre neun geliebte Töchter! Wahnsinn komm' dann über alle neune, Und Mijajlo, in die Fremd' entlassen, Kehre nimmer heim Dir aus der Fremde! Nieder lieg er, fern, an schlimmen Wunden!"
Wie sie fluchten, so sie sich verfluchten! Die gebar noch neun geliebte Töchter; Wahnsinn kam dann über alle neune; Und Mijajlo, in die Fremd' entlassen,
Der Schwägerin Fluch.
Einst zum grauen Kuckuk sprach die Schwalbe: „Glücklich bist Du doch, o grauer Kuckuk! Denn Du schläfst nicht im Kamin des Hauses, Mußt nicht Jammer jederweise hören, Wenn einander Schwägerinnen fluchen! Zu der ältern zürnend sprach die jüng're: „Du Verworfne, bist nicht meine Schwäg'rin, Die Du keine Frucht trägst unterm Herzen!“ — Und die Aelt're also ihr entgegnet: O, und Du! so wie Du, meine Schwäg'rin, Einst den Sohn Mijajlo hast erzeuget, So gebäre neun geliebte Töchter! Wahnsinn komm' dann über alle neune, Und Mijajlo, in die Fremd' entlassen, Kehre nimmer heim Dir aus der Fremde! Nieder lieg er, fern, an schlimmen Wunden!“
Wie sie fluchten, so sie sich verfluchten! Die gebar noch neun geliebte Töchter; Wahnsinn kam dann über alle neune; Und Mijajlo, in die Fremd' entlassen,
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Der Schwägerin Fluch.
Einst zum grauen Kuckuk sprach die Schwalbe:
„Glücklich bist Du doch, o grauer Kuckuk!
Denn Du schläfst nicht im Kamin des Hauses,
Mußt nicht Jammer jederweise hören,
Wenn einander Schwägerinnen fluchen!
Zu der ältern zürnend sprach die jüng're:
„Du Verworfne, bist nicht meine Schwäg'rin,
Die Du keine Frucht trägst unterm Herzen!“ —
Und die Aelt're also ihr entgegnet:
O, und Du! so wie Du, meine Schwäg'rin,
Einst den Sohn Mijajlo hast erzeuget,
So gebäre neun geliebte Töchter!
Wahnsinn komm' dann über alle neune,
Und Mijajlo, in die Fremd' entlassen,
Kehre nimmer heim Dir aus der Fremde!
Nieder lieg er, fern, an schlimmen Wunden!“
Wie sie fluchten, so sie sich verfluchten!
Die gebar noch neun geliebte Töchter;
Wahnsinn kam dann über alle neune;
Und Mijajlo, in die Fremd' entlassen,
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Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/129>, abgerufen am 17.02.2025.
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