Talvj, Volkslieder der Serben, 1825Kapitulation. Hinterm Berge, hinterm grünen, Tönt ein heller Schrei zu Zeiten. Knabe gehet hin, zu forschen. Ist ein Mädchen angebunden. Fest an einem Seidenfädchen. Und sie fleht zum jungen Knaben: "Bind' mich los, Du Heldenjüngling! Schwesterchen will ich dir seyn!" Aber ihr versetzt der Knabe: "Hab' 'ne Schwester schon zu Hause!" -- "Bind' mich los, Du Heldenjüngling! "Schwägerin will ich Dir seyn!"-- Knabe wiederum entgegnet: "Hab' ne Schwägerin zu Hause." -- "Binde los mich, Heldenjüngling! Liebchen will ich Dir seyn!" -- Und es küßte sie der Knabe, Küßte sie und, sie erlösend, Führt' er sie zum weißen Hofe. Kapitulation. Hinterm Berge, hinterm grünen, Tönt ein heller Schrei zu Zeiten. Knabe gehet hin, zu forschen. Ist ein Mädchen angebunden. Fest an einem Seidenfädchen. Und sie fleht zum jungen Knaben: „Bind' mich los, Du Heldenjüngling! Schwesterchen will ich dir seyn!“ Aber ihr versetzt der Knabe: „Hab' 'ne Schwester schon zu Hause!“ — „Bind' mich los, Du Heldenjüngling! „Schwägerin will ich Dir seyn!“— Knabe wiederum entgegnet: „Hab' ne Schwägerin zu Hause.“ — „Binde los mich, Heldenjüngling! Liebchen will ich Dir seyn!“ — Und es küßte sie der Knabe, Küßte sie und, sie erlösend, Führt' er sie zum weißen Hofe. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0100" n="34"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Kapitulation</hi>.</hi> </hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <lg> <l><hi rendition="#in">H</hi>interm Berge, hinterm grünen,</l><lb/> <l>Tönt ein heller Schrei zu Zeiten.</l><lb/> <l>Knabe gehet hin, zu forschen.</l><lb/> <l>Ist ein Mädchen angebunden.</l><lb/> <l>Fest an einem Seidenfädchen.</l><lb/> <l>Und sie fleht zum jungen Knaben:</l><lb/> <l>„Bind' mich los, Du Heldenjüngling!</l><lb/> <l>Schwesterchen will ich dir seyn!“</l><lb/> <l>Aber ihr versetzt der Knabe:</l><lb/> <l>„Hab' 'ne Schwester schon zu Hause!“ —</l><lb/> <l>„Bind' mich los, Du Heldenjüngling!</l><lb/> <l>„Schwägerin will ich Dir seyn!“—</l><lb/> <l>Knabe wiederum entgegnet:</l><lb/> <l>„Hab' ne Schwägerin zu Hause.“ —</l><lb/> <l>„Binde los mich, Heldenjüngling!</l><lb/> <l>Liebchen will ich Dir seyn!“ —</l><lb/> <l>Und es küßte sie der Knabe,</l><lb/> <l>Küßte sie und, sie erlösend,</l><lb/> <l>Führt' er sie zum weißen Hofe.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [34/0100]
Kapitulation.
Hinterm Berge, hinterm grünen,
Tönt ein heller Schrei zu Zeiten.
Knabe gehet hin, zu forschen.
Ist ein Mädchen angebunden.
Fest an einem Seidenfädchen.
Und sie fleht zum jungen Knaben:
„Bind' mich los, Du Heldenjüngling!
Schwesterchen will ich dir seyn!“
Aber ihr versetzt der Knabe:
„Hab' 'ne Schwester schon zu Hause!“ —
„Bind' mich los, Du Heldenjüngling!
„Schwägerin will ich Dir seyn!“—
Knabe wiederum entgegnet:
„Hab' ne Schwägerin zu Hause.“ —
„Binde los mich, Heldenjüngling!
Liebchen will ich Dir seyn!“ —
Und es küßte sie der Knabe,
Küßte sie und, sie erlösend,
Führt' er sie zum weißen Hofe.
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