[N. N.]: Verbesserungen und Zusätze des Lustspieles Die Geistlichen auf dem Lande in zweien Handlungen. Frankfurt (Main) u. a., 1744.anständig ist sich durch eine ungeadelte ob gleich ede- le Artigkeit, reitzen zu lassen: sie müssen dabei, wo nicht verächtlich doch wenigstens unempfindlich seyn; wiewohl sich ersteres am besten verbergen lässet und ihnen gemeiniglich natürlich ist. v. Kohlstengel. Da fällt mir eben was Denk- würdiges bei ein: ich habe es einmahl in meiner Jugend gehöret oder gelesen, daß alle Artigkeit an denen, so nicht unseres Geblütes sind, dem Adel eigentlich gehöre, und solcher es demnach mit Recht sich könne zu eignen. Duldeviel. Und wo bleibt das kriechende und unedele? nun lässet es sich begreiffen, warum sie so thun können. Sie sind sehr zu loben, daß sie al- so nach ihrem Vermögen, für die Verbesserung ihres Geblütes bedacht sind: gewiß eine nöthige Sorgfalt, da das stoltze von in so grosser Verach- tung gerathen ist, daß doch nie geschehen würde, wenn es der ersten Stiftung nach, Vorzügen nicht aber Personen und Geburten eigen bliebe. Nun aber bin ich sehr wohl zu frieden, keinen Theil dar- an zu haben, denn ich und meines gleichen bemü- hen sich auch ohne Adel edel und vernünftig zu seyn. v. Kohlstengel. Ei nun denn, Frau Amt- mannin, sie reden mir zu hoch, was wollen wir uns darum bekümmern? genug ich liebe sie. Duldeviel. Mich? sie wollen sich doch so nicht vergessen. v. Kohlstengel. Sie ist eine eigene Frau, und weiß nicht zu leben. Schade, daß sie keine Fran- zösinnen gehabt hat. Dulde- C 4
anſtaͤndig iſt ſich durch eine ungeadelte ob gleich ede- le Artigkeit, reitzen zu laſſen: ſie muͤſſen dabei, wo nicht veraͤchtlich doch wenigſtens unempfindlich ſeyn; wiewohl ſich erſteres am beſten verbergen laͤſſet und ihnen gemeiniglich natuͤrlich iſt. v. Kohlſtengel. Da faͤllt mir eben was Denk- wuͤrdiges bei ein: ich habe es einmahl in meiner Jugend gehoͤret oder geleſen, daß alle Artigkeit an denen, ſo nicht unſeres Gebluͤtes ſind, dem Adel eigentlich gehoͤre, und ſolcher es demnach mit Recht ſich koͤnne zu eignen. Duldeviel. Und wo bleibt das kriechende und unedele? nun laͤſſet es ſich begreiffen, warum ſie ſo thun koͤnnen. Sie ſind ſehr zu loben, daß ſie al- ſo nach ihrem Vermoͤgen, fuͤr die Verbeſſerung ihres Gebluͤtes bedacht ſind: gewiß eine noͤthige Sorgfalt, da das ſtoltze von in ſo groſſer Verach- tung gerathen iſt, daß doch nie geſchehen wuͤrde, wenn es der erſten Stiftung nach, Vorzuͤgen nicht aber Perſonen und Geburten eigen bliebe. Nun aber bin ich ſehr wohl zu frieden, keinen Theil dar- an zu haben, denn ich und meines gleichen bemuͤ- hen ſich auch ohne Adel edel und vernuͤnftig zu ſeyn. v. Kohlſtengel. Ei nun denn, Frau Amt- mannin, ſie reden mir zu hoch, was wollen wir uns darum bekuͤmmern? genug ich liebe ſie. Duldeviel. Mich? ſie wollen ſich doch ſo nicht vergeſſen. v. Kohlſtengel. Sie iſt eine eigene Frau, und weiß nicht zu leben. Schade, daß ſie keine Fran- zoͤſinnen gehabt hat. Dulde- C 4
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v. Kohlſtengel. Da faͤllt mir eben was Denk-
wuͤrdiges bei ein: ich habe es einmahl in meiner
Jugend gehoͤret oder geleſen, daß alle Artigkeit an
denen, ſo nicht unſeres Gebluͤtes ſind, dem Adel
eigentlich gehoͤre, und ſolcher es demnach mit Recht
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unedele? nun laͤſſet es ſich begreiffen, warum ſie
ſo thun koͤnnen. Sie ſind ſehr zu loben, daß ſie al-
ſo nach ihrem Vermoͤgen, fuͤr die Verbeſſerung
ihres Gebluͤtes bedacht ſind: gewiß eine noͤthige
Sorgfalt, da das ſtoltze von in ſo groſſer Verach-
tung gerathen iſt, daß doch nie geſchehen wuͤrde,
wenn es der erſten Stiftung nach, Vorzuͤgen nicht
aber Perſonen und Geburten eigen bliebe. Nun
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v. Kohlſtengel. Ei nun denn, Frau Amt-
mannin, ſie reden mir zu hoch, was wollen wir
uns darum bekuͤmmern? genug ich liebe ſie.
Duldeviel. Mich? ſie wollen ſich doch ſo
nicht vergeſſen.
v. Kohlſtengel. Sie iſt eine eigene Frau, und
weiß nicht zu leben. Schade, daß ſie keine Fran-
zoͤſinnen gehabt hat.
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