Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 2. Solingen, 1844.Kunst (und da nur wahrhaft schön, was wahrhaft nützlich "Eine nach Maßgabe der individuellen Anlage mehr "Deßhalb muß die Erhaltung eines nach Maßgabe Kunſt (und da nur wahrhaft ſchön, was wahrhaft nützlich „Eine nach Maßgabe der individuellen Anlage mehr „Deßhalb muß die Erhaltung eines nach Maßgabe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0075" n="71"/> Kunſt (und da nur wahrhaft ſchön, was wahrhaft nützlich<lb/> iſt) und der Heilkunde geregelt ſind. Jede Uebung, jede<lb/> körperliche Bewegung geordnet und geregelt nach den<lb/> Geſetzen der Kunſt und der Arzeneikunde gehört demnach<lb/> in die Turnkunſt. Wir wollen nun denjenigen ſehen,<lb/> der den Mädchen im Jntereſſe des weiblichen Charakters<lb/> ſolche Bewegungen und Uebungen verbieten will. Zum<lb/> Ueberfluß wollen wir noch einen Arzt ſprechen laſſen:<lb/> „Entwickelung ſchöner Körperformen ſoll dem phyſiſchen<lb/> Erzieher als Zweck vorſchweben, wie dem Bildhauer,<lb/> indem er das Modell einer Grazie entwirft, und wie<lb/> dieſer die Geſtalt formt, während die Maſſe noch weich<lb/> und bildbar iſt, muß jener die von innen her nach Voll-<lb/> endung ſtrebende Kraft zu leiten, auf der richtigen Bahn<lb/> zu erhalten bemüht ſein, während die zarte Snbſtanz<lb/> des Körpers noch weſentliche Formänderungen geſtattet;<lb/> von früheſter Kindheit bis zum Ende des Knaben- und<lb/> Mädchenalters.“</p><lb/> <p>„Eine nach Maßgabe der individuellen Anlage mehr<lb/> oder minder zum Jdeal anſtrebende Entwickelung der<lb/> Form kann ohne gleichmäßiges Fortſchreiten der formen-<lb/> den Kraft nicht wohl gedacht werden. Dieſe aber ſetzt<lb/> wiederum einen ungeſtörten Geſundheitszuſtand voraus,<lb/> indem jede Kränklichkeit, ſelbſt leichte Unpäßlichkeit die<lb/> organiſchen Kräfte ſo in Beſchlag nimmt, daß auch die<lb/> zur Ausbildung der Geſtalt wirkende Aeußerung derſelben<lb/> in ihrer Energie merklich geſchwächt wird.“</p><lb/> <p>„Deßhalb muß die Erhaltung eines nach Maßgabe<lb/> der Anlage möglichſt gleichmäßigen und guten Geſund-<lb/> heitszuſtandes als eigentliche Baſis aller der Uebungen<lb/> betrachtet werden, welche die Vollendung der Körper-<lb/> formen herbeiführen ſollen, und die modernen Romanen-<lb/> Darſtellungen <hi rendition="#g">ſtets leidender</hi> weiblicher Schönheits-<lb/> Jdeale dürften der klaſſiſchen bildenden Kunſt wohl immer<lb/> fremd bleiben.“ A. Meckel, Prof. der Anatomie in<lb/> Bern, in ſeinem Vorwort zur „Kaliſthenie von Clias,<lb/> Bern 1829 bei Jenni.“</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [71/0075]
Kunſt (und da nur wahrhaft ſchön, was wahrhaft nützlich
iſt) und der Heilkunde geregelt ſind. Jede Uebung, jede
körperliche Bewegung geordnet und geregelt nach den
Geſetzen der Kunſt und der Arzeneikunde gehört demnach
in die Turnkunſt. Wir wollen nun denjenigen ſehen,
der den Mädchen im Jntereſſe des weiblichen Charakters
ſolche Bewegungen und Uebungen verbieten will. Zum
Ueberfluß wollen wir noch einen Arzt ſprechen laſſen:
„Entwickelung ſchöner Körperformen ſoll dem phyſiſchen
Erzieher als Zweck vorſchweben, wie dem Bildhauer,
indem er das Modell einer Grazie entwirft, und wie
dieſer die Geſtalt formt, während die Maſſe noch weich
und bildbar iſt, muß jener die von innen her nach Voll-
endung ſtrebende Kraft zu leiten, auf der richtigen Bahn
zu erhalten bemüht ſein, während die zarte Snbſtanz
des Körpers noch weſentliche Formänderungen geſtattet;
von früheſter Kindheit bis zum Ende des Knaben- und
Mädchenalters.“
„Eine nach Maßgabe der individuellen Anlage mehr
oder minder zum Jdeal anſtrebende Entwickelung der
Form kann ohne gleichmäßiges Fortſchreiten der formen-
den Kraft nicht wohl gedacht werden. Dieſe aber ſetzt
wiederum einen ungeſtörten Geſundheitszuſtand voraus,
indem jede Kränklichkeit, ſelbſt leichte Unpäßlichkeit die
organiſchen Kräfte ſo in Beſchlag nimmt, daß auch die
zur Ausbildung der Geſtalt wirkende Aeußerung derſelben
in ihrer Energie merklich geſchwächt wird.“
„Deßhalb muß die Erhaltung eines nach Maßgabe
der Anlage möglichſt gleichmäßigen und guten Geſund-
heitszuſtandes als eigentliche Baſis aller der Uebungen
betrachtet werden, welche die Vollendung der Körper-
formen herbeiführen ſollen, und die modernen Romanen-
Darſtellungen ſtets leidender weiblicher Schönheits-
Jdeale dürften der klaſſiſchen bildenden Kunſt wohl immer
fremd bleiben.“ A. Meckel, Prof. der Anatomie in
Bern, in ſeinem Vorwort zur „Kaliſthenie von Clias,
Bern 1829 bei Jenni.“
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