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Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 2. Solingen, 1844.

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noch nicht befohlen, daß in diese Schulen die Turn-
übungen einzuführen, wie solches schon seit einem Men-
schenalter in Dänemark geschehen, so wird doch schon
das Leben selbst hier vielfältig vorarbeiten und das
Weitere fordern und zugleich fördern. An den Schulen,
die mit den Seminarien verbunden, und an den Waisen-
häusern wird jetzt schon vielfältig geturnt. Wird erst
einmal an den höhern Schulen geturnt, leider ist die
Ausführung des Königlichen Befehles bis auf Weiteres
vertagt, so werden bald einzelne Dorfschaften durch ver-
nünftige Prediger und Schullehrer Turnanstalten erhalten,
wie es schon 1817 welche gab. Daß es aber von
unendlichem Nutzen für das Leben ist, wenn das Turnen
in dem Maße eingeführt und getrieben wird, kann nur
von Blödsichtigen und Schwachsinnigen in Abrede gestellt
werden. Jeder Handwerker klagt über die Unbeholfen-
heit seiner Lehrjungen, alle Hausherren über die Unan-
stelligkeit der Dienstboten und Taglöhner, darum es denn
auch in England seit 1826 Turnanstalten geben zur
Ausbildung der Dienstboten. Wenn man aber so kurz-
sichtig ist zu meinen, die Landjungen turnten schon genug,
so mährtet man wie jener Bauer: wo Rauch -- ist
Feuer. Jhn heilte Eulenspiegel von seinem Wahnglauben,
indem er ihn mit der Nase in einen dampfenden Mist-
haufen stieß. Man sehe doch nur unsere Rekruten an.
Sie können nicht stehen, nicht gehen. Von dem Finden
des Gleichgewichts ist gar keine Rede, und die Haltung,
daß sich ein Unteroffizier erbarme! Und gerade diese
Haltung ist der Grund jeder kriegerischen Ausbildung.
Unsere Rekruten sind so steif, wie der Pflugstier, die
Füße meist einwärts gekehrt, die Kniee krumm, eine noth-
wendige Folge der einwärts stehenden Füße, der Rücken
rund, die Schultern nach vorn gezogen, die Brust daher
flach und der Kopf vorwärts hängend. Jhre ganze Kraft
ist eine passive, nur auf den Widerstand berechnet und
unbrauchbar zum Angriff. So sind wir Deutsche das

noch nicht befohlen, daß in dieſe Schulen die Turn-
übungen einzuführen, wie ſolches ſchon ſeit einem Men-
ſchenalter in Dänemark geſchehen, ſo wird doch ſchon
das Leben ſelbſt hier vielfältig vorarbeiten und das
Weitere fordern und zugleich fördern. An den Schulen,
die mit den Seminarien verbunden, und an den Waiſen-
häuſern wird jetzt ſchon vielfältig geturnt. Wird erſt
einmal an den höhern Schulen geturnt, leider iſt die
Ausführung des Königlichen Befehles bis auf Weiteres
vertagt, ſo werden bald einzelne Dorfſchaften durch ver-
nünftige Prediger und Schullehrer Turnanſtalten erhalten,
wie es ſchon 1817 welche gab. Daß es aber von
unendlichem Nutzen für das Leben iſt, wenn das Turnen
in dem Maße eingeführt und getrieben wird, kann nur
von Blödſichtigen und Schwachſinnigen in Abrede geſtellt
werden. Jeder Handwerker klagt über die Unbeholfen-
heit ſeiner Lehrjungen, alle Hausherren über die Unan-
ſtelligkeit der Dienſtboten und Taglöhner, darum es denn
auch in England ſeit 1826 Turnanſtalten geben zur
Ausbildung der Dienſtboten. Wenn man aber ſo kurz-
ſichtig iſt zu meinen, die Landjungen turnten ſchon genug,
ſo mährtet man wie jener Bauer: wo Rauch — iſt
Feuer. Jhn heilte Eulenſpiegel von ſeinem Wahnglauben,
indem er ihn mit der Naſe in einen dampfenden Miſt-
haufen ſtieß. Man ſehe doch nur unſere Rekruten an.
Sie können nicht ſtehen, nicht gehen. Von dem Finden
des Gleichgewichts iſt gar keine Rede, und die Haltung,
daß ſich ein Unteroffizier erbarme! Und gerade dieſe
Haltung iſt der Grund jeder kriegeriſchen Ausbildung.
Unſere Rekruten ſind ſo ſteif, wie der Pflugſtier, die
Füße meiſt einwärts gekehrt, die Kniee krumm, eine noth-
wendige Folge der einwärts ſtehenden Füße, der Rücken
rund, die Schultern nach vorn gezogen, die Bruſt daher
flach und der Kopf vorwärts hängend. Jhre ganze Kraft
iſt eine paſſive, nur auf den Widerſtand berechnet und
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[55/0059] noch nicht befohlen, daß in dieſe Schulen die Turn- übungen einzuführen, wie ſolches ſchon ſeit einem Men- ſchenalter in Dänemark geſchehen, ſo wird doch ſchon das Leben ſelbſt hier vielfältig vorarbeiten und das Weitere fordern und zugleich fördern. An den Schulen, die mit den Seminarien verbunden, und an den Waiſen- häuſern wird jetzt ſchon vielfältig geturnt. Wird erſt einmal an den höhern Schulen geturnt, leider iſt die Ausführung des Königlichen Befehles bis auf Weiteres vertagt, ſo werden bald einzelne Dorfſchaften durch ver- nünftige Prediger und Schullehrer Turnanſtalten erhalten, wie es ſchon 1817 welche gab. Daß es aber von unendlichem Nutzen für das Leben iſt, wenn das Turnen in dem Maße eingeführt und getrieben wird, kann nur von Blödſichtigen und Schwachſinnigen in Abrede geſtellt werden. Jeder Handwerker klagt über die Unbeholfen- heit ſeiner Lehrjungen, alle Hausherren über die Unan- ſtelligkeit der Dienſtboten und Taglöhner, darum es denn auch in England ſeit 1826 Turnanſtalten geben zur Ausbildung der Dienſtboten. Wenn man aber ſo kurz- ſichtig iſt zu meinen, die Landjungen turnten ſchon genug, ſo mährtet man wie jener Bauer: wo Rauch — iſt Feuer. Jhn heilte Eulenſpiegel von ſeinem Wahnglauben, indem er ihn mit der Naſe in einen dampfenden Miſt- haufen ſtieß. Man ſehe doch nur unſere Rekruten an. Sie können nicht ſtehen, nicht gehen. Von dem Finden des Gleichgewichts iſt gar keine Rede, und die Haltung, daß ſich ein Unteroffizier erbarme! Und gerade dieſe Haltung iſt der Grund jeder kriegeriſchen Ausbildung. Unſere Rekruten ſind ſo ſteif, wie der Pflugſtier, die Füße meiſt einwärts gekehrt, die Kniee krumm, eine noth- wendige Folge der einwärts ſtehenden Füße, der Rücken rund, die Schultern nach vorn gezogen, die Bruſt daher flach und der Kopf vorwärts hängend. Jhre ganze Kraft iſt eine paſſive, nur auf den Widerſtand berechnet und unbrauchbar zum Angriff. So ſind wir Deutſche das

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Zitationshilfe: Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 2. Solingen, 1844, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_turnkunst02_1844/59>, abgerufen am 27.11.2024.