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Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 2. Solingen, 1844.

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minder beachten und hinter anderen Städten zurückbleiben
werde; vielmehr ist zu erwarten, daß einem verschiedent-
lich laut gewordenen Wunsche gemäß bei der Einrichtung
von Turn-Anstalten nicht blos die Schüler der höheren
Lehr-Anstalten, sondern auch die große Zahl derjenigen
jungen Leute in's Auge gefaßt werde, die, durch ihre
Bestimmung zu Handel und Gewerbe den Schulen ent-
zogen und dadurch zu manchem Mißbrauch ihrer früheren
Selbstständigkeit verleitet, gewiß in eben so hohem Grade,
wie jene, eines Jmpulses bedürfen zur würdigen Ver-
wendung ihrer freien Stunden und einer Vereinignng,
wie sie durch die gemeinschaftlichen Uebungen bedingt ist."

Während dieser Zeit wurden die Turnübungen auch
in der Taubstummen-Anstalt durch die Bemühungen des
Arztes der Anstalt, des Dr. Stucke, eingeführt, welchem
der Vorsteher dieser Anstalt, Stadtrath von Wittgenstein
und der Direktor derselben, Grunewald, sehr bereitwillig
entgegenkamen. Die Knaben und Mädchen turnen mit
außerordentlicher Lust, und entwickeln sich sehr gut. Sel-
ten haben aber auch Kinder eine solche Bewegung nöthiger,
als gerade sie, da sie in außerordentlichem Grade sammt
und sonders mit den Scrofeln behaftet sind.

Auch in dem nahen Mülheim am Rhein übernahm
ich den Turnunterricht an der höhern Bürgerschule, wo
der Oberlehrer Krieckhaus unter den Turnern eine muster-
hafte Zucht und Ordnung eingeführt hatte, und mich in
allen Turnstunden in der Handhabung derselben auf das
Treulichste unterstützte, wogegen die andern Lehrer sich
in unnahbarer Ferne vom Turnplatze hielten. Daß der
Landrath Schnabel sich der Sache auf das Herzlichste
annahm, gibt seine Rede am Allerdeutschen-Fest hinrei-
chend kund. Hier in Mulheim auch den Winter hindurch
die Uebungen fortzusetzen, fehlte es an dem Raum und
den Mitteln, einen solchen zu beschaffen.

Mit denselben Schwierigkeiten hatte ich auch in
Köln zu kämpfen, da zur Fortsetzung des Turnwesen[s]
in dem Winter ein Turnsaal zu beschaffen war, welche[n]

minder beachten und hinter anderen Städten zurückbleiben
werde; vielmehr iſt zu erwarten, daß einem verſchiedent-
lich laut gewordenen Wunſche gemäß bei der Einrichtung
von Turn-Anſtalten nicht blos die Schüler der höheren
Lehr-Anſtalten, ſondern auch die große Zahl derjenigen
jungen Leute in’s Auge gefaßt werde, die, durch ihre
Beſtimmung zu Handel und Gewerbe den Schulen ent-
zogen und dadurch zu manchem Mißbrauch ihrer früheren
Selbſtſtändigkeit verleitet, gewiß in eben ſo hohem Grade,
wie jene, eines Jmpulſes bedürfen zur würdigen Ver-
wendung ihrer freien Stunden und einer Vereinignng,
wie ſie durch die gemeinſchaftlichen Uebungen bedingt iſt.“

Während dieſer Zeit wurden die Turnübungen auch
in der Taubſtummen-Anſtalt durch die Bemühungen des
Arztes der Anſtalt, des Dr. Stucke, eingeführt, welchem
der Vorſteher dieſer Anſtalt, Stadtrath von Wittgenſtein
und der Direktor derſelben, Grunewald, ſehr bereitwillig
entgegenkamen. Die Knaben und Mädchen turnen mit
außerordentlicher Luſt, und entwickeln ſich ſehr gut. Sel-
ten haben aber auch Kinder eine ſolche Bewegung nöthiger,
als gerade ſie, da ſie in außerordentlichem Grade ſammt
und ſonders mit den Scrofeln behaftet ſind.

Auch in dem nahen Mülheim am Rhein übernahm
ich den Turnunterricht an der höhern Bürgerſchule, wo
der Oberlehrer Krieckhaus unter den Turnern eine muſter-
hafte Zucht und Ordnung eingeführt hatte, und mich in
allen Turnſtunden in der Handhabung derſelben auf das
Treulichſte unterſtützte, wogegen die andern Lehrer ſich
in unnahbarer Ferne vom Turnplatze hielten. Daß der
Landrath Schnabel ſich der Sache auf das Herzlichſte
annahm, gibt ſeine Rede am Allerdeutſchen-Feſt hinrei-
chend kund. Hier in Mulheim auch den Winter hindurch
die Uebungen fortzuſetzen, fehlte es an dem Raum und
den Mitteln, einen ſolchen zu beſchaffen.

Mit denſelben Schwierigkeiten hatte ich auch in
Köln zu kämpfen, da zur Fortſetzung des Turnweſen[ſ]
in dem Winter ein Turnſaal zu beſchaffen war, welche[n]

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[130/0134] minder beachten und hinter anderen Städten zurückbleiben werde; vielmehr iſt zu erwarten, daß einem verſchiedent- lich laut gewordenen Wunſche gemäß bei der Einrichtung von Turn-Anſtalten nicht blos die Schüler der höheren Lehr-Anſtalten, ſondern auch die große Zahl derjenigen jungen Leute in’s Auge gefaßt werde, die, durch ihre Beſtimmung zu Handel und Gewerbe den Schulen ent- zogen und dadurch zu manchem Mißbrauch ihrer früheren Selbſtſtändigkeit verleitet, gewiß in eben ſo hohem Grade, wie jene, eines Jmpulſes bedürfen zur würdigen Ver- wendung ihrer freien Stunden und einer Vereinignng, wie ſie durch die gemeinſchaftlichen Uebungen bedingt iſt.“ Während dieſer Zeit wurden die Turnübungen auch in der Taubſtummen-Anſtalt durch die Bemühungen des Arztes der Anſtalt, des Dr. Stucke, eingeführt, welchem der Vorſteher dieſer Anſtalt, Stadtrath von Wittgenſtein und der Direktor derſelben, Grunewald, ſehr bereitwillig entgegenkamen. Die Knaben und Mädchen turnen mit außerordentlicher Luſt, und entwickeln ſich ſehr gut. Sel- ten haben aber auch Kinder eine ſolche Bewegung nöthiger, als gerade ſie, da ſie in außerordentlichem Grade ſammt und ſonders mit den Scrofeln behaftet ſind. Auch in dem nahen Mülheim am Rhein übernahm ich den Turnunterricht an der höhern Bürgerſchule, wo der Oberlehrer Krieckhaus unter den Turnern eine muſter- hafte Zucht und Ordnung eingeführt hatte, und mich in allen Turnſtunden in der Handhabung derſelben auf das Treulichſte unterſtützte, wogegen die andern Lehrer ſich in unnahbarer Ferne vom Turnplatze hielten. Daß der Landrath Schnabel ſich der Sache auf das Herzlichſte annahm, gibt ſeine Rede am Allerdeutſchen-Feſt hinrei- chend kund. Hier in Mulheim auch den Winter hindurch die Uebungen fortzuſetzen, fehlte es an dem Raum und den Mitteln, einen ſolchen zu beſchaffen. Mit denſelben Schwierigkeiten hatte ich auch in Köln zu kämpfen, da zur Fortſetzung des Turnweſenſ in dem Winter ein Turnſaal zu beſchaffen war, welchen

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Zitationshilfe: Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 2. Solingen, 1844, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_turnkunst02_1844/134>, abgerufen am 25.11.2024.