Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 2. Solingen, 1844.Luft. Denn sie waren es ja auch gewöhnt, von der Man tadelte daher den heutigen Lehrplan, und Diese Sünde an unserm Körper rächt sich von Luft. Denn ſie waren es ja auch gewöhnt, von der Man tadelte daher den heutigen Lehrplan, und Dieſe Sünde an unſerm Körper rächt ſich von <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0011" n="7"/> Luft. Denn ſie waren es ja auch gewöhnt, von der<lb/> Schulbank an den Brodſchrank und auf die Lodderbank<lb/> zu gehen. So kommen viele Kinder ſchon als Siech-<lb/> linge in die Schule, und werden durch unſinnige, häus-<lb/> liche Verhätſchelung und Verweichlichung immer elender.<lb/> Dieſe Püppchen ſollen nun geiſtig friſch bleiben bei kör-<lb/> perlichem Kränkeln!</p><lb/> <p>Man tadelte daher den heutigen Lehrplan, und<lb/> meinte, die geiſtigen Anforderungen an die Jugend wä-<lb/> ren zu groß, der Schul- und häuslichen Arbeitsſtunden<lb/> wären zu viel. Abgeſehen davon, daß im Gebiete des<lb/> Geiſtes „Vorwärts!“ die Loſung heißt, fragt es ſich,<lb/> ob wirklich ſo übermäßig viel in der Schule und zu<lb/> Hauſe gearbeitet wird. Wenn ein Knabe bei 6 Schul-<lb/> ſtunden nicht binnen 2 — 4 Stunden mit ſeinen häus-<lb/> lichen Arbeiten fertig wird, ſo iſt er ein Dummkopf,<lb/> der in 6 Stunden noch mehr verdutzt und zuletzt ohne<lb/> alle geiſtige Thätigkeit halbſchlafend in’s Buch ſtiert.<lb/> Dazu kommt denn noch in den obern Klaſſen das liebe<lb/> Tabakrauchen, was dem gedankenloſen Dämmern durch<lb/> die ruhige Behaglichkeit, welche es mit ſich führt, vor-<lb/> trefflichen Vorſchub leiſtet; auch beginnen dann oft ſchon<lb/> die Bier-, ja leider bisweilen die Schnappsſtudien, an-<lb/> derer Genüſſe gar nicht zu gedenken. Viele Aeltern ſind<lb/> darin ihren Kindern ſogar noch förderlich, indem ſie die-<lb/> ſelben zu allen Feſten und Bällen mitnehmen, wonach<lb/> denn natürlich die jungen Nachtſchwärmer nicht rege zur<lb/> häuslichen oder Schularbeit bleiben können. Nicht genug<lb/> alſo, daß man den Körper vernachläſſigt, man mißhan-<lb/> delt ihn auch. Da ſoll er friſch, der Geiſt rege bleiben,<lb/> die Schule zu große Anforderungen machen!</p><lb/> <p>Dieſe Sünde an unſerm Körper rächt ſich von<lb/> ſelbſt, weil wir trotz alles geiſtigen Strebens mit ihm<lb/> doch an der Erde haften bleiben. Anfänglich ertrug er<lb/> geduldig dieſe Zurückſetzung und Nichtachtung, ſcheint<lb/> ſich daran zu gewöhnen, aber nur, um früher oder ſpäter<lb/> ſeine Herrſchaft über den Geiſt rege zu machen und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [7/0011]
Luft. Denn ſie waren es ja auch gewöhnt, von der
Schulbank an den Brodſchrank und auf die Lodderbank
zu gehen. So kommen viele Kinder ſchon als Siech-
linge in die Schule, und werden durch unſinnige, häus-
liche Verhätſchelung und Verweichlichung immer elender.
Dieſe Püppchen ſollen nun geiſtig friſch bleiben bei kör-
perlichem Kränkeln!
Man tadelte daher den heutigen Lehrplan, und
meinte, die geiſtigen Anforderungen an die Jugend wä-
ren zu groß, der Schul- und häuslichen Arbeitsſtunden
wären zu viel. Abgeſehen davon, daß im Gebiete des
Geiſtes „Vorwärts!“ die Loſung heißt, fragt es ſich,
ob wirklich ſo übermäßig viel in der Schule und zu
Hauſe gearbeitet wird. Wenn ein Knabe bei 6 Schul-
ſtunden nicht binnen 2 — 4 Stunden mit ſeinen häus-
lichen Arbeiten fertig wird, ſo iſt er ein Dummkopf,
der in 6 Stunden noch mehr verdutzt und zuletzt ohne
alle geiſtige Thätigkeit halbſchlafend in’s Buch ſtiert.
Dazu kommt denn noch in den obern Klaſſen das liebe
Tabakrauchen, was dem gedankenloſen Dämmern durch
die ruhige Behaglichkeit, welche es mit ſich führt, vor-
trefflichen Vorſchub leiſtet; auch beginnen dann oft ſchon
die Bier-, ja leider bisweilen die Schnappsſtudien, an-
derer Genüſſe gar nicht zu gedenken. Viele Aeltern ſind
darin ihren Kindern ſogar noch förderlich, indem ſie die-
ſelben zu allen Feſten und Bällen mitnehmen, wonach
denn natürlich die jungen Nachtſchwärmer nicht rege zur
häuslichen oder Schularbeit bleiben können. Nicht genug
alſo, daß man den Körper vernachläſſigt, man mißhan-
delt ihn auch. Da ſoll er friſch, der Geiſt rege bleiben,
die Schule zu große Anforderungen machen!
Dieſe Sünde an unſerm Körper rächt ſich von
ſelbſt, weil wir trotz alles geiſtigen Strebens mit ihm
doch an der Erde haften bleiben. Anfänglich ertrug er
geduldig dieſe Zurückſetzung und Nichtachtung, ſcheint
ſich daran zu gewöhnen, aber nur, um früher oder ſpäter
ſeine Herrſchaft über den Geiſt rege zu machen und
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