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Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 1. Danzig, 1843.

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durch die bekannten Schriften von Jahn und Guts-
Muths unterstützt, die Leitung dieses Unterrichts,
zu welchem alle Zöglinge unentgeltlich hin-
zugezogen, *) jedoch auch, soweit es nur irgend ihr Ge-
sundheitszustand gestattete, alle dazu verpflichtet
wurden.

Weil man auf einem bald hart gefrorenen, bald
mit Schneemassen überdeckten oder durchweichten Boden
die meisten Uebungen gar nicht, andere auch nur sehr
unvollkommen ausführen kann, so wurde besonders für
die Winterzeit eine zwar gedeckte, nach einer Seite aber
ganz offene, ziemlich geräumige Remise auf dem an-
staltlichen Hofe zum "Turnschauer". (Turnscho-
ber)
eingerichtet. Einige Recke und Barren gruben
wir hier in den ungedielten Boden ein, befestigten am
Dachstuhl, ohne daß es eines kostbaren Gerüstes bedurfte,
ein Klettertau und einige dünne Kletterstangen und
fügten später noch eine in eisernen Ankern hangende
wagerechte Leiter hinzu. Die Anwendung eines dicken
Kletterbaumes aber vermieden wir absichtlich, da Je-
mand an ihm nur langsam hinaufklimmen lernt, bis
dahin aber der Anfänger sehr leicht seiner Brust durch
einen unvorsichtigen Druck nachhaltigen Schaden zu-
fügt, überdies Jeder, der mit Gewandtheit an einer
dünnen glatten Stange emporfteigt, auch in der freien
Natur jeden Baum zu erklettern befähigt sein wird. --
Daß wir unter oben geschilderten Verhältnissen auf die
Uebungen am Schwebebaum und Springel im Win-

*) Es ist wohl immer das Kennzeichen einer mangel-
haften Schulverfassung, wenn den Eltern zugemuthet
wird, für einen Unterricht, der zur allgemeinen
Bildung
wesentlich gehört, besonders zu bezahlen.
So mußten sie's z. B. zur Zeit des Mittelalters,
wenn sie ihre Kinder im Rechnen unterwiesen ha-
ben wollten! -- Jetzt muß für dergleichen nothwen-
dige Dinge jedenfalls das Patronat der Schule Sorge
tragen. Sollte dasselbe nicht aber auch vom Tur-
nen gelten?

durch die bekannten Schriften von Jahn und Guts-
Muths unterſtützt, die Leitung dieſes Unterrichts,
zu welchem alle Zöglinge unentgeltlich hin-
zugezogen, *) jedoch auch, ſoweit es nur irgend ihr Ge-
ſundheitszuſtand geſtattete, alle dazu verpflichtet
wurden.

Weil man auf einem bald hart gefrorenen, bald
mit Schneemaſſen überdeckten oder durchweichten Boden
die meiſten Uebungen gar nicht, andere auch nur ſehr
unvollkommen ausführen kann, ſo wurde beſonders für
die Winterzeit eine zwar gedeckte, nach einer Seite aber
ganz offene, ziemlich geräumige Remiſe auf dem an-
ſtaltlichen Hofe zum „Turnſchauer“. (Turnſcho-
ber)
eingerichtet. Einige Recke und Barren gruben
wir hier in den ungedielten Boden ein, befeſtigten am
Dachſtuhl, ohne daß es eines koſtbaren Gerüſtes bedurfte,
ein Klettertau und einige dünne Kletterſtangen und
fügten ſpäter noch eine in eiſernen Ankern hangende
wagerechte Leiter hinzu. Die Anwendung eines dicken
Kletterbaumes aber vermieden wir abſichtlich, da Je-
mand an ihm nur langſam hinaufklimmen lernt, bis
dahin aber der Anfänger ſehr leicht ſeiner Bruſt durch
einen unvorſichtigen Druck nachhaltigen Schaden zu-
fügt, überdies Jeder, der mit Gewandtheit an einer
dünnen glatten Stange emporfteigt, auch in der freien
Natur jeden Baum zu erklettern befähigt ſein wird. —
Daß wir unter oben geſchilderten Verhältniſſen auf die
Uebungen am Schwebebaum und Springel im Win-

*) Es iſt wohl immer das Kennzeichen einer mangel-
haften Schulverfaſſung, wenn den Eltern zugemuthet
wird, fuͤr einen Unterricht, der zur allgemeinen
Bildung
weſentlich gehoͤrt, beſonders zu bezahlen.
So mußten ſie’s z. B. zur Zeit des Mittelalters,
wenn ſie ihre Kinder im Rechnen unterwieſen ha-
ben wollten! — Jetzt muß fuͤr dergleichen nothwen-
dige Dinge jedenfalls das Patronat der Schule Sorge
tragen. Sollte daſſelbe nicht aber auch vom Tur-
nen gelten?
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[72/0076] durch die bekannten Schriften von Jahn und Guts- Muths unterſtützt, die Leitung dieſes Unterrichts, zu welchem alle Zöglinge unentgeltlich hin- zugezogen, *) jedoch auch, ſoweit es nur irgend ihr Ge- ſundheitszuſtand geſtattete, alle dazu verpflichtet wurden. Weil man auf einem bald hart gefrorenen, bald mit Schneemaſſen überdeckten oder durchweichten Boden die meiſten Uebungen gar nicht, andere auch nur ſehr unvollkommen ausführen kann, ſo wurde beſonders für die Winterzeit eine zwar gedeckte, nach einer Seite aber ganz offene, ziemlich geräumige Remiſe auf dem an- ſtaltlichen Hofe zum „Turnſchauer“. (Turnſcho- ber) eingerichtet. Einige Recke und Barren gruben wir hier in den ungedielten Boden ein, befeſtigten am Dachſtuhl, ohne daß es eines koſtbaren Gerüſtes bedurfte, ein Klettertau und einige dünne Kletterſtangen und fügten ſpäter noch eine in eiſernen Ankern hangende wagerechte Leiter hinzu. Die Anwendung eines dicken Kletterbaumes aber vermieden wir abſichtlich, da Je- mand an ihm nur langſam hinaufklimmen lernt, bis dahin aber der Anfänger ſehr leicht ſeiner Bruſt durch einen unvorſichtigen Druck nachhaltigen Schaden zu- fügt, überdies Jeder, der mit Gewandtheit an einer dünnen glatten Stange emporfteigt, auch in der freien Natur jeden Baum zu erklettern befähigt ſein wird. — Daß wir unter oben geſchilderten Verhältniſſen auf die Uebungen am Schwebebaum und Springel im Win- *) Es iſt wohl immer das Kennzeichen einer mangel- haften Schulverfaſſung, wenn den Eltern zugemuthet wird, fuͤr einen Unterricht, der zur allgemeinen Bildung weſentlich gehoͤrt, beſonders zu bezahlen. So mußten ſie’s z. B. zur Zeit des Mittelalters, wenn ſie ihre Kinder im Rechnen unterwieſen ha- ben wollten! — Jetzt muß fuͤr dergleichen nothwen- dige Dinge jedenfalls das Patronat der Schule Sorge tragen. Sollte daſſelbe nicht aber auch vom Tur- nen gelten?

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Zitationshilfe: Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 1. Danzig, 1843, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_turnkunst01_1843/76>, abgerufen am 29.11.2024.