Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 1. Danzig, 1843.zu bestehen. Aber weiter. Das Vorbeugen des Ober- zu beſtehen. Aber weiter. Das Vorbeugen des Ober- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0140" n="136"/> zu beſtehen. Aber weiter. Das Vorbeugen des Ober-<lb/> körpers beruht in der Schwere der Arme! Es ver-<lb/> ſuche doch einmal der Verfaſſer, ſeine Arme durch Ge-<lb/> wichte oder ſonſt was, ſchwerer zu machen, ob dies<lb/> nicht umgekehrt eine Urſache mehr iſt, gerade zu gehen?<lb/> Er betrachte unſere Dienſtboten, die viel Waſſer u. ſ. w.<lb/> tragen müſſen, ob dieſelben wirklich ſich vorwärts über-<lb/> biegen. Da hat er die Geſetze der Natur ſchlecht er-<lb/> lauſcht. Zu ſeiner Beruhigung und Belehrung in<lb/> ſolchen Dingen empfehlen wir ihm: „John Thaw,<lb/> über die Verkrümmungen. Aus dem Engliſchen.<lb/> Weimar. 1825.“ Dieſe ſchlechte Haltung bei Gang<lb/> und Stand liegt tiefer. Es giebt eine gewiſſe geiſtige<lb/> und körperliche Nachläſſigkeit, ein Sichgehenlaſſen,<lb/> eine Plumpheit des Körpers, die ein Ausfluß geiſti-<lb/> ger Plumpheit ſein kann, oder auch davon herrührt,<lb/> daß der Geiſt nicht Herr des Körpers iſt. Das Vor-<lb/> beugen des Körpers rührt aber meiſtens daher, daß<lb/> in der häuslichen und Schulerziehung auf die Haltung<lb/> des Körpers viel zu wenig geachtet wird. Ein junger<lb/> Baum will gezogen ſein. Und wäre die häusliche und<lb/> die Schulaufſicht gut, zwei wöchentliche Turnſtunden,<lb/> noch ſo einſeitig gegeben, könnten darauf wenig oder<lb/> gar nicht einwirken. Es iſt vom Verfaſſer ſehr we-<lb/> nig redlich gehandelt, der Turnkunſt zum Vorwurf zu<lb/> machen, was im allernachtheiligſten Fall nur dem Leh-<lb/> rer zur Laſt gelegt werden könnte, und was — aufrich-<lb/> tig geſagt — eigentlich außer der Turnzeit verſchuldet<lb/> iſt. Wie ſchwer es iſt, auf die Haltung der Jugend<lb/> zu wirken, das weiß nur ein Turnlehrer. Er müht<lb/> ſich Jahr aus, Jahr ein, und doch ſieht er ſelten et-<lb/> was, was Erfolgen ſeiner Mühen ähnlich ſieht. Nur<lb/> wenn der Geiſt der geſammten Erziehung darauf hin-<lb/> wirkt, oder wenn wir endlich dahin gekommen ſein<lb/> werden, die Turnkunſt als eine <hi rendition="#g">Erziehung</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Bildung des Körpers in Beziehung auf<lb/> ſein Verhältniß</hi> zum Geiſt zu betrachten, und ſie<lb/> zu fordern und zu fördern, erſt dann wird der Turn-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [136/0140]
zu beſtehen. Aber weiter. Das Vorbeugen des Ober-
körpers beruht in der Schwere der Arme! Es ver-
ſuche doch einmal der Verfaſſer, ſeine Arme durch Ge-
wichte oder ſonſt was, ſchwerer zu machen, ob dies
nicht umgekehrt eine Urſache mehr iſt, gerade zu gehen?
Er betrachte unſere Dienſtboten, die viel Waſſer u. ſ. w.
tragen müſſen, ob dieſelben wirklich ſich vorwärts über-
biegen. Da hat er die Geſetze der Natur ſchlecht er-
lauſcht. Zu ſeiner Beruhigung und Belehrung in
ſolchen Dingen empfehlen wir ihm: „John Thaw,
über die Verkrümmungen. Aus dem Engliſchen.
Weimar. 1825.“ Dieſe ſchlechte Haltung bei Gang
und Stand liegt tiefer. Es giebt eine gewiſſe geiſtige
und körperliche Nachläſſigkeit, ein Sichgehenlaſſen,
eine Plumpheit des Körpers, die ein Ausfluß geiſti-
ger Plumpheit ſein kann, oder auch davon herrührt,
daß der Geiſt nicht Herr des Körpers iſt. Das Vor-
beugen des Körpers rührt aber meiſtens daher, daß
in der häuslichen und Schulerziehung auf die Haltung
des Körpers viel zu wenig geachtet wird. Ein junger
Baum will gezogen ſein. Und wäre die häusliche und
die Schulaufſicht gut, zwei wöchentliche Turnſtunden,
noch ſo einſeitig gegeben, könnten darauf wenig oder
gar nicht einwirken. Es iſt vom Verfaſſer ſehr we-
nig redlich gehandelt, der Turnkunſt zum Vorwurf zu
machen, was im allernachtheiligſten Fall nur dem Leh-
rer zur Laſt gelegt werden könnte, und was — aufrich-
tig geſagt — eigentlich außer der Turnzeit verſchuldet
iſt. Wie ſchwer es iſt, auf die Haltung der Jugend
zu wirken, das weiß nur ein Turnlehrer. Er müht
ſich Jahr aus, Jahr ein, und doch ſieht er ſelten et-
was, was Erfolgen ſeiner Mühen ähnlich ſieht. Nur
wenn der Geiſt der geſammten Erziehung darauf hin-
wirkt, oder wenn wir endlich dahin gekommen ſein
werden, die Turnkunſt als eine Erziehung und
Bildung des Körpers in Beziehung auf
ſein Verhältniß zum Geiſt zu betrachten, und ſie
zu fordern und zu fördern, erſt dann wird der Turn-
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