Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 1. Danzig, 1843.werden können. Derselbe wimmelt so sehr von Wi- werden können. Derſelbe wimmelt ſo ſehr von Wi- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0139" n="135"/> werden können. Derſelbe wimmelt ſo ſehr von Wi-<lb/> derſprüchen, daß es kein angenehmes Geſchäft iſt, dar-<lb/> auf einzugehen. Zuerſt ſoll „die Turnerei für die<lb/> Ausbildung des Körpers eine ſehr gute Sache ſein,<lb/> obgleich ſie <hi rendition="#g">im Grunde</hi> mehr die Plumpheit als die<lb/> Schönheit des Körpers befördert.“ Das heißt am Ende<lb/> doch weiter nichts als: die Turnſache iſt „ſehr gut,“<lb/> aber zu nichts nütze, ja ſogar ſchädlich, ſintemal ihre<lb/> eigentliche Wirkung darin beſteht, die Plumpheit des<lb/> Körpers zu befördern! Wie eine Sache „ſehr gut“<lb/> ſein und bleiben könne, wenn ihre eigenthümliche, nicht<lb/> zufällige, Wirkung eine ſchlechte iſt, ſehe ich nicht ein.<lb/> Dieſe Erſcheinung ſucht er nun zu erklären. „<hi rendition="#g">Alle<lb/> Turner</hi> bilden zunächſt den Arm am ſtärkſten aus.“<lb/> Ob dies wahr iſt, müſſen wir Turnlehrer am beſten<lb/> wiſſen. Jch meiner Seits bezweifele dies nicht nur,<lb/> ſondern kann die Anklage, in dieſem Umfange gemacht,<lb/> thatſächlich als eine Unwahrheit widerlegen. Es iſt offen-<lb/> bar, daß der Verfaſſer niemals auf einem Turnplatze<lb/> geweſen, dem ein Turnlehrer vorgeſtanden. Dies hätte<lb/> er in Frankfurt a. M., in Berlin, ſelbſt in ſeiner<lb/> Nähe in Hannover, wo Hufeland, (jetzt in Hildesheim,)<lb/> eine Zeit lang Turnlehrer war, ſehr bequem haben<lb/> können. Doch er hat vielleicht die Hamburger Tur-<lb/> ner vor Augen. Mögen dieſelben ihre Vertheidigung<lb/> ſelbſt führen. Er fährt fort: „dadurch bekommt der<lb/> Arm eine unverhältnißmäßige Schwere und erzeugt je-<lb/> nes Vorbeugen des Oberkörpers, und jenes Schlenkern<lb/> der Arme, an welchem man die Turner von früher<lb/> ſehr leicht erkannte.“ Hier erfahren wir, was der<lb/> Verfaſſer unter Plumpheit verſteht. Der Arm be-<lb/> kommt eine unverhältnißmäßige Schwere, ſchwer wie<lb/> Blei! Der Verfaſſer ſcheint auf <hi rendition="#aq">plumbum</hi> anzuſpie-<lb/> len, <hi rendition="#aq">plumbeus</hi> iſt ja ein bleierner, d. h. plumper<lb/> Menſch. Er wird alſo nicht allein witzig, ſondern<lb/> zeigt ſich auch als Sprachforſcher, wenn es ihm nicht<lb/> etwa Leonhard Friſch vorgeſagt. Die Plumpheit ſcheint<lb/> ſonach in der unverhältnißmäßigen Schwere der Arme<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [135/0139]
werden können. Derſelbe wimmelt ſo ſehr von Wi-
derſprüchen, daß es kein angenehmes Geſchäft iſt, dar-
auf einzugehen. Zuerſt ſoll „die Turnerei für die
Ausbildung des Körpers eine ſehr gute Sache ſein,
obgleich ſie im Grunde mehr die Plumpheit als die
Schönheit des Körpers befördert.“ Das heißt am Ende
doch weiter nichts als: die Turnſache iſt „ſehr gut,“
aber zu nichts nütze, ja ſogar ſchädlich, ſintemal ihre
eigentliche Wirkung darin beſteht, die Plumpheit des
Körpers zu befördern! Wie eine Sache „ſehr gut“
ſein und bleiben könne, wenn ihre eigenthümliche, nicht
zufällige, Wirkung eine ſchlechte iſt, ſehe ich nicht ein.
Dieſe Erſcheinung ſucht er nun zu erklären. „Alle
Turner bilden zunächſt den Arm am ſtärkſten aus.“
Ob dies wahr iſt, müſſen wir Turnlehrer am beſten
wiſſen. Jch meiner Seits bezweifele dies nicht nur,
ſondern kann die Anklage, in dieſem Umfange gemacht,
thatſächlich als eine Unwahrheit widerlegen. Es iſt offen-
bar, daß der Verfaſſer niemals auf einem Turnplatze
geweſen, dem ein Turnlehrer vorgeſtanden. Dies hätte
er in Frankfurt a. M., in Berlin, ſelbſt in ſeiner
Nähe in Hannover, wo Hufeland, (jetzt in Hildesheim,)
eine Zeit lang Turnlehrer war, ſehr bequem haben
können. Doch er hat vielleicht die Hamburger Tur-
ner vor Augen. Mögen dieſelben ihre Vertheidigung
ſelbſt führen. Er fährt fort: „dadurch bekommt der
Arm eine unverhältnißmäßige Schwere und erzeugt je-
nes Vorbeugen des Oberkörpers, und jenes Schlenkern
der Arme, an welchem man die Turner von früher
ſehr leicht erkannte.“ Hier erfahren wir, was der
Verfaſſer unter Plumpheit verſteht. Der Arm be-
kommt eine unverhältnißmäßige Schwere, ſchwer wie
Blei! Der Verfaſſer ſcheint auf plumbum anzuſpie-
len, plumbeus iſt ja ein bleierner, d. h. plumper
Menſch. Er wird alſo nicht allein witzig, ſondern
zeigt ſich auch als Sprachforſcher, wenn es ihm nicht
etwa Leonhard Friſch vorgeſagt. Die Plumpheit ſcheint
ſonach in der unverhältnißmäßigen Schwere der Arme
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