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St. Galler Volksblatt. Nr. 53, Uznach, 02. 07. 1890.

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[Spaltenumbruch] sämmtliche Kühe, Rinder, das Jungvieh, die Schweine unter 25
Kgr. und die Ziegen österreichisch-ungarischer Herkunft, als der
Ansteckung verdächtig, von der Einfuhr in die Schweiz zurückzu-
weisen. Bezüglich der Ochsen, Schweine über 25 Kg. und der
Schafe hat dasselbe verfügt, daß solche zur Einfuhr zugelassen
werden dürfen, wenn sie vollständig unverdächttg erscheinen und
mit genau passenden Gesundheitsscheinen versehen sind.

Seither sind von dem Departement die Grundlagen geprüft
worden, gestützt auf welche die vorgeschriebene Quarantäne am
Bestimmungsorte wirksamer durchgeführt werden könnte. Das
Departement ist dabei zu dem Schlusse gelangt, daß ein Erfolg
in dieser Richtung nur dann zu erzielen sei, wenn einerseits die
Anzahl der für den Viehimport geöffneten Zollstätten reduzirt und
anderseits das eingeführte Vieh derart gekennzeichnet werde, daß
eine anhaltende Kontrole über dasselbe möglich gemacht wird.

Das Departement beabsichtigt nun, auf Zusehen hin mit dem
1. Juli nächsthin im Sinne des Art. 86 der Vollziehungsverord-
nung vom 14. Oktober 1887 über Viehseuchenpolizei die Zulassung
der Vieheinfuhr aus Oesterreich-Ungarn längs der st. gallischen
Grenze auf die Zollstätten St. Margrethen-Bahnhof und -Straße,
Au-Oberfahr, Oberriet, Buchs-Bahnhof und -Brücke und Trübbach
zu beschränken.

Bezüglich der Kennzeichnung der einzuführenden Thiere aus
Oesterreich-Ungarn und der Durchführung der Quarantäne wird
sodann auf Antrag des Landwirthschaftsdepartements beschlossen:

1) Dasselbe ist ermächtigt:

a. für das Rindvieh den Eisenbrand auf die rechte Kopfseite
(Backe) und zwar in Form des Datums (Monat und
Tag), und
b. für die Schweine über 25 Kgr. und die Schafe die Ab-
stempelung mit dem Buchstaben Q (Quarantäne) in
grüner Farbe einzuführen.

2) Mit Rücksicht auf die hieraus den funktionirenden Grenz-
thierärzten erwachsende zeitraubende Mehrarbeit werden denselben
die durch die Schließung einzelner Einfuhrstationen unbeschäftigt
bleibenden Grenzthierärzte im Falle des Bedürfnisses als Gehülfen
beigegeben, und es sind den letztern hiefür ihre gegenwärtigen
Entschädigungen zu belassen und in Dislokationsfällen jeweilen die
Transportkosten zurückzuerstatten.

3) Zur Deckung der aus Ziffer 1 und 2 dem Fiskus entste-
henden Mehrausgaben werden nach Maßgabe des Art. 2 des
Bundesgesetzes vom 1. Juli 1886 betreffend Aenderung desjenigen
vom 8. Februar 1872 über polizeiliche Maßregeln gegen Viehseuchen
und in Abänderung des Art. 12 der bundesräthlichen Instruktion
für die Grenzthierärzte vom 24. Dezember 1886 die für die thier-
ärztliche Untersuchung zu entrichtenden Gebühren in folgender
Weise erhöht:

für Großvich von 65 auf 80 Ct.
für Kälber von 40 auf 50 Ct.
für Schweine über 25 Kgr. von 40 auf 50 Ct.
für Schafe von 15 auf 20 Ct.

4) Zum Zwecke einer gleichmäßigen Durchführung der Qua-
rantäne und um den bestehenden Uebelständen abzuhelfen, soll bei
den Kantonsregierungen darauf gedrungen werden, daß der Begriff
"Quarantäne am Bestimmungsorte" wie folgt einheitlich interpre-
tirt werde:

a. für die mittelst Eisenbahn transportirten Thiere muß als
Bestimmungsort diejenige Ortschaft gelten, wo seit der
Abfahrt von der Grenze die erste Entladung stattfindet.
Findet indessen diese erste Entladung vor Eintritt der
Nacht statt, so wird der Weitertrieb der Thiere gestattet
und es fallen dieselben alsdann unter die Vorschriften
von lit. b.

b. für Klein- und Großvieh, welches zu Fuß transportirt
wird, gilt als Bestimmungsort diejenige Ortschaft, in
welcher dasselbe seit der Abreise von der Grenze zum
ersten Mal übernachten wird."

-- Bundesstadt.

Bezüglich der Differenzen in Bezug
auf das Bundesgesetz betreffend die Arbeitszeit der Eisen-
bahn-, Dampfschiff-, und Postangestellten wurde vom
Ständerath dem Nationalrath zugestimmt, daher 52 freie
Tage, worunter 17 Sonntage, den Arbeitern eingeräumt
werden. Schmid (Uri) hatte beantragt, die Zahl der
Freisonntage von 17 auf 24 zu erhöhen.

-- Bundesstadt.

Der Nationalrath hat betr. Tessiner
Stimmrechts-Rekurse von dem bundesräthlichen Berichte
Vormerkung am Protokoll genommen. -- Ein Rekurs der
Freiburger Wirthe wurde gleich dem Ständerathe als un-
begründet abgewiesen. -- Mit 49 gegen 42 Stimmen
wurde der Antrag der Kommission zum Beschluß erhoben,
wonach von einer stenographischen Aufnahme der Raths-
verhandlungen Umgang zu nehmen, dagegen der Bundes-
rath zur Berichterstattung einzuladen sei über die Frage
betr. Aufnahme eines substantiellen Protokolls.

Arbeiterschutz. Lachenal und Decurtins beantragten,
Vormerk vom Berichte am Protokoll unter Anerkennung
und Verdankung der Thätigkeit des Bundesrathes zu
nehmen. Decurtins wünscht, der Bundesrath möchte in
einer spätern, in der Schweiz abzuhaltenden Konferenz
den schweizerischen Programmen nebst dem Normalarbeits-
tag Annahme verschaffen.

-- Bundesstadt.

Zufolge eingelangter Mittheilung
der schweizerischen Gesandtschaft in Rom hat Italien vom
27. Juni an die Einfuhr von Vieh aus der Schweiz
verboten. -- Trotzdem nimmt der Bundesrath vor-
läufig davon Umgang, gegen Italien eine gänzliche Sperre
zu verhängen.

-- Bundesversammlung.

Beide Räthe haben am
Samstag ihre Sitzungen geschlossen. Der Nationalrath
hat gleich dem Ständerath die Eisenbahnkonzession für
St. Gallen-Zug ohne Gegenantrag ertheilt. Damit ist
die Konzession in Kraft.

Die Nationalräthe Ador, Curti, Dufour, Keel, Lutz-
Müller, Schobinger, Speiser, Staub, Steiger, Tobler und
Zemp unterzeichneten eine Motion, lautend: "Der Bun-
desrath wird eingeladen, die verschiedenen Systeme der
Proportionalvertretungen allseitig zu prüfen und binnen
Jahresfrist über die Möglichkeit ihrer Anwendung auf die
Wahlen in den Nationalrath Bericht zu erstatten."

-- Bern.

Aller Wahrscheinlichkeit nach wird der
Bundesrath die Volksabstimmung über die Verfassungs-
änderung bezüglich der Kranken- und Unfallversicherung
gleichzeitig mit den Nationalrathswahlen ansetzen.

-- Ständerath Wirz ladet durch Motion den Bundes-
rath ein, zu prüfen, wie auf internationalem Wege die
Sonntagsruhe der Arbeiter von Transport-Anstalten
[Spaltenumbruch] durch Einstellung des sonntäglichen Güterdienstes erzielt
werden könnte.

-- Eisenbahn St. Gallen-Zug.

Der Bun-
desrath beantragte den eidgen. Räthen die Konzessions-
ertheilung für eine Eisenbahn St. Gallen-Wattwil-Rap-
perswil-Zug und äußerte sich in seinem Gutachten u. A.
wie folgt: "Wir glauben nicht, daß vom wirthschaftlichen
Standpunkte die Berechtigung des Projektes der Herren
Grauer-Frey und Genossen bestritten werden kann. Es
handelt sich in der That um eine Verbindung, deren
Mangel sich empfindlich geltend macht, sofern der Verkehr
der Ostschweiz, namentlich in der Richtung nach der In-
nerschweiz und dem Gotthard, gegenwärtig zu großen Um-
wegen gezwungen ist. Wir könnten daher auch den Ein-
sprachen gegen das Projekt keine Berechtigung zuerkennen.
Was zunächst diejenige der Toggenburgerbahn betrifft, so
wird dieselbe übrigens nicht mehr als ernstlich betrachtet
werden dürfen, nachdem die Regierung des Kantons St.
Gallen, der im Unternehmen der Toggenburgerbahn finan-
ziell der Hauptbetheiligte ist, die Ertheilung der Konzession
wünscht und erklärt, für die Befriedigung der Interessen
der Toggenburgerbahn auf dem Wege des Vertrages sorgen
zu wollen. Die Eingabe der Appenzellerbahn kann nicht
als Einsprache betrachtet werden; sie hatte offenbar nur
die Verhältnisse im Auge, welche bei der Bauausführung
sich ergeben werden, und wäre im Uebrigen von der Kan-
tonsregierung auch nicht unterstützt. Was die Stellung
der Kantone Zürich und Zug betrifft, so ist die Bundes-
versammlung bereits in der Lage, über das Konzessions-
gesuch Thalweil-Zug sich auszusprechen und glauben wir,
hier nicht weiter darauf eintreten zu sollen. Gleicherweise
ist kein Anlaß vorhanden, mit der Abzweigung nach Uznach
sich zu beschäftigen, da die Regierung von St. Gallen das
darauf gerichtete Gesuch im gegenwärtigen Moment nicht
geltend machen will. Auch die Beziehungen der Südost-
bahn zur Konzession dürfen für jetzt außer Betracht fallen.
Es genügt, daß hier ein Einspruch nicht weiter vorliegt;
die Vereinbarungen, welche bezüglich des künftigen Betriebs
zwischen den beiden Parteien getroffen sind, werden wir,
soweit sie der Kognition des Bundes unterstehen, prüfen
und nöthigenfalls Ihrer Genehmigung unterbreiten."

-- Herr Ständerath Wirz schreibt dem "Obwald.
Volksfreund" u. A.: Gegen das Wahlkreisgesetz wird
das Referendum nicht ergriffen, weil Niemand damit zu-
frieden ist. Diese Ansicht eines konservativen Blattes
theilen wir voll und ganz. Konservativerseits schloß
man jedoch keinen faulen Kompromiß, sondern es war
zumal im Ständerathe der Abgeordnete von Obwalden,
der noch im letzten Momente eine sehr energische Rechts-
verwahrung einlegte, und der sich mit der erhaltenen Ab-
schlagszahlung keineswegs zufrieden stellte. Die Konser-
vativen hatten von zwei Uebeln das kleinere zu wählen,
und das war nicht eine Frage des Prinzips, sondern eine
Frage der Berechnung. Wäre der Jura ungetheilt ge-
blieben, so wäre damit alle Hoffnung einer konservativen
Vertretung für immer ausgeschlossen worden. Jetzt wurde
ein katholischer Zweier-Kreis geschaffen, und da ist es
allerdings traurig, wenn trotz den Erfahrungen des Kul-
turkampfes annähernd die Hälfte radikal ist. Bei einem
ehrlichen Wahlkampfe und bei glücklichen Kandidaturen
hätten die Konservativen fast zweifellos die Mehrheit,
aber das moderne Geßlerthum wird zur Unterdrückung des
Volkswillens mit gewohnten Mitteln kämpfen. Immerhin
dürften jetzt die jurassischen Katholiken, die seiner Zeit die
Reform-Pfaffen so ritterlich zum Lande hinausschickten,
sich einigen und im Volke Boden zu gewinnen suchen! --
Aargau ist für die Katholiken möglichst günstig eingetheilt,
und in St. Gallen verfügen sie nun mit Sicherheit über
mindestens die Hälfte Sitze. -- Wer bei der Wahlkreis-
eintheilung keine Berücksichtigung erhielt, das sind die
gemäßigt Liberalen und die konservativen Protestanten.

-- Der Niederlassungsvertrag zwischen dem deutschen
Reiche und der Schweiz, dessen erste Artikel wir nach dem
Wortlaute vom 31. Mai 1890 jüngst mitgetheilt haben,
wurde sowohl von den eidgenössischen Räthen, als auch
vom deutschen Reichstage genehmigt und soll am 20. Juli
l. J. in Wirksamkeit treten. Seine Gültigkeit ist bis zum
31. Dezember 1900 ausgesprochen.

-- Gotthardbahn.

Für die Familie Näpfli hat die
"N. Zürch. Ztg." 2638 Fr. gesammelt. Der Frau Näpfli
ist aus Petersburg von einer Zürcherin eine Anweisung
von 1000 Fr. zugegangen. Hut ab!

-- Die kathol. Männer- und Arbeitervereine ver-
sammeln sich am 6. Juli in Freiburg. Redaktor Baum-
berger wird hiebei über den Stickereiverband und seine
soziale Bedeutung referiren, Nationalrath Python und
Fürsprech Feigenwinter über die Bodenkreditfrage, Natio-
nalrath Decurtins über den gegenwärtigen Stand der
sozialen Tagesfragen, Abbe Blanchard über die soziale
Bedeutung des Gebetes. Der bekannte französische, katho-
lisch-konservative Sozialpolitiker Graf de Mun wird eine
Ansprache halten.

-- Für verwahrloste Knaben und jugendliche Ver-
brecher
soll eine interkantonale Unterbringungsanstalt ge-
gründet werden. In Bern fand diesbezüglich unter dem
Vorsitz des Staatsraths Dunant von Genf eine von Lu-
zern, Zug, Solothurn, Baselstadt, Schaffhausen, Appenzell
A.-Rh., Wallis, Neuenburg und Genf beschickte Konferenz
für Vorbesprechung statt. Es wurde beschlossen, den neun
Vertretern der Kantonsregierungen eine Anzahl einschlä-
giger Fragen enthaltende Fragebogen zur Beantwortung
zuzustellen. Der Vorort Genf, welcher die Errichtung
gedachter Anstalt in Anregung gebracht hat, wird die ge-
[Spaltenumbruch] nannten Kantone später zu einer weitern Konferenz ein-
laden, in welcher das Projekt nach jeder Richtung einläß-
licher behandelt werden soll. Die Beschäftigung jener 16-
bis 18jährigen Jünglinge soll überwiegend landwirthschaft-
licher Art sein.

-- Ueber das Halten schlechter Zeitungen entnehmen
wir der "Christlichen Familie" folgendes: "Viele, die
schlechte Zeitungen halten, suchen sich damit zu entschuldigen,
daß sie sagen: "Wir müssen sie halten, wegen des Ge-
schäftes, wegen der industriellen Anzeigen, Handelsnotizen
u. dgl. Dies heißt, näher betrachtet, ebensoviel: wir
müssen um eines geringen Vortheiles willen das Böse
wenigstens indirekt befördern helfen. Solche Leute führen
durch die schlechte Zeitung einen vielfach treulosen und
gefährlichen Rathgeber in ihr Haus ein; bezahlen mit
ihrem Gelde einen nimmermüden Prediger der Auflehnung
wider Gott, seine hl. Kirche und ihre Gebote; bezahlen
einen feilen Spötter, der alles, was den Katholiken heilig,
in den Staub zieht, und dies thun sie, um einen zeitlichen
Vortheil zu erhaschen."

-- Die "Ostschweiz" schreibt: Das Aufgreifen der
Heimstätteufrage durch die katholischen und protestantischen
Konservativen des deutschen Reichstages und die Einbrin-
gung eines bezüglichen Antrages ist ein sozialpolitisches
Ereigniß. Da beide zusammen die Mehrheit besitzen,
handelt es sich nicht um eine bloße platonische Demon-
stration, sondern um eine frische That. Mit der Aus-
führung des Postulates werden zwar manche praktische
Schwierigkeiten zu überwinden sein, die aber nicht unüber-
windlich sind. Es würde ein geschichtliches Verdienst der
deutschen konservativen Parteien sein, da sie mit Durch-
bringung ihres Antrages dem Bauern wieder die Scholle
sichern und eine Wehr gegen die Güterüberschuldung bilden.

-- Schwindel und Ausbeuterthum im Eisenbahn-
wesen.
Nationalrath Marti, selbst Eisenbahndirektor,
zeichnete das Spekulantenthum im Eisenbahnwesen folgen-
dermaßen im Nationalrathe: "Kolossale Summen sind im
Eisenbahnwesen zu Grunde gegangen. Ich erinnere an
die Kurse der Nordostbahn, der Zentralbahn und der
Gotthardbahn im Anfange der Siebziger Jahre und im
Jahre 1878. Nicht weniger als 567 Millionen sind
damals verloren gegangen. Wer hat diese Summen ver-
loren? Das Schweizervolk hat sie verloren und die
Spekulanten haben sie gewonnen. Und heute ist der
Schwindel wieder größer als je. Die Aktien der genannten
Bahnen stehen wiederum hoch und noch höher als in den
Zeiten der Siebziger Jahre. Denke man ferner an den
Gründungsschwindel bei den Bergbahnen und Bergbähnlein!
Wiederum wird die Reaktion eintreten, wiederum werden
es die Spekulanten sein, welche sich vergnügt die Hände
reiben und wiederum wird es das Volk sein, das die
Zeche bezahlen muß. Ein Privilegium, wie es sonst in
der ganzen Welt nicht existirt, setzt das Eisenbahn-Rech-
nungsgesetz zu Gunsten der Aktionäre fest. Es gestattet
ihnen, Gewinne zu vertheilen, wo gar keine bestehen! Nach
dem gemeinen Recht (Obligationenrecht) könnten die schwei-
zerischen Eisenbahnen auf Jahre hinaus keinen Rappen
vertheilen ...."

-- Der letzte Sonntag hat dem Oberland, dem
Rheinthal und dem Kanton Graubünden Hochwasser und
in dessen Gefolge zahlreiche größere und kleinere Schädi-
gungen gebracht. Der Südwind vom Samstag brachte
regenschwere Wolkenmassen, die sich unter rollendem Donner
entluden. Der Regen begann Sonntag Morgen 2 Uhr
und dauerte an und unterbrach sich nie bis Abends 6
Uhr, also volle 16 Stunden eines starken geschlossenen
Riederschlags. Die Landquart, die Tamina, die
Saar und die Seez gingen sehr hoch. Der Rhein
stieg von Vormittags bis Abends gegen 2 Meter und
zeigte einen Pegelstand von 6,30 Meter. Die Tamina
griff in Ragaz die Gartenmauer zum "Wilden Mann"
an und weiter unten die Wuhre an drei Orten. Ueber
50 Wuhrleute hatten strenge Arbeit, um auf den bedrohten
Punkten den rasenden, brüllenden Feind abzuwehren. Die
Vättnerstraße hat durch Rufen gelitten, so daß die Post
von Vättis ausblieb. Die Seez zerstörte größere Theil-
stücke der Weißtannerstraße und riß eine steinerne Brücke
fort, die wilden Wasser verursachten in biesem Thale
einen ganz bedeutenden Schaden. Die Saar, durch den
hochgehenden Rhein gestaut, vermochte ihre Wassermassen
nicht in denselben abzugeben und überschwemmte den
Bahnhof von Sargans und gegen Trübbach hin weite
Gebiete. Die Werdenberger Binnengewässer setzten eben-
falls große Strecken Kulturlandes unter Wasser und von
Rüthi bis Rorschach verwandelte das Druckwasser des
Rheines und der Zuflüsse die sommerlich blühende Thal-
breite in einen See. Der Rhein, insbesondere noch ver-
stärkt durch die hochangeschwollene Ill aus Vorarlberg,
stieg in unerhörtem Maße. Sind die Wasser verlaufen,
so werden große Zerstörungen in den Kulturen zu Tage
treten. Dammbrüche sind nicht eingetreten, die Wuhre
haben ihre Pflicht gethan. Aber große Mengen Holzstücke,
Bäume mit Wurzel und Krone und aufgerüstetes Blöcker-
und Scheiterholz in Masse führte der Rhein auf seinem
dickbreiigen Wellenrücken. Auch im Kanton Graubünden
schwollen die Bergbäche stark an. Die Landquart riß
am Ausgange des Fuchslochtunnel zwischen Jenaz und
Schiers den Eisenbahnkörper auf ca. 150 Meter mit sich
fort. Der Verkehr wurde am Montag wieder hergestellt.

-- Der "Ostschweiz" telegraphirte man: Rheineck,
30. Juni, Morgens 5 Uhr. Der Rhein ist seit gestern
Mittag so rasch wie noch nie auf diese Höhe gestiegen.
Seine Fluthen streifen die Rheinbrüche an den beiden

[Spaltenumbruch] ſämmtliche Kühe, Rinder, das Jungvieh, die Schweine unter 25
Kgr. und die Ziegen öſterreichiſch-ungariſcher Herkunft, als der
Anſteckung verdächtig, von der Einfuhr in die Schweiz zurückzu-
weiſen. Bezüglich der Ochſen, Schweine über 25 Kg. und der
Schafe hat dasſelbe verfügt, daß ſolche zur Einfuhr zugelaſſen
werden dürfen, wenn ſie vollſtändig unverdächttg erſcheinen und
mit genau paſſenden Geſundheitsſcheinen verſehen ſind.

Seither ſind von dem Departement die Grundlagen geprüft
worden, geſtützt auf welche die vorgeſchriebene Quarantäne am
Beſtimmungsorte wirkſamer durchgeführt werden könnte. Das
Departement iſt dabei zu dem Schluſſe gelangt, daß ein Erfolg
in dieſer Richtung nur dann zu erzielen ſei, wenn einerſeits die
Anzahl der für den Viehimport geöffneten Zollſtätten reduzirt und
anderſeits das eingeführte Vieh derart gekennzeichnet werde, daß
eine anhaltende Kontrole über dasſelbe möglich gemacht wird.

Das Departement beabſichtigt nun, auf Zuſehen hin mit dem
1. Juli nächſthin im Sinne des Art. 86 der Vollziehungsverord-
nung vom 14. Oktober 1887 über Viehſeuchenpolizei die Zulaſſung
der Vieheinfuhr aus Oeſterreich-Ungarn längs der ſt. galliſchen
Grenze auf die Zollſtätten St. Margrethen-Bahnhof und -Straße,
Au-Oberfahr, Oberriet, Buchs-Bahnhof und -Brücke und Trübbach
zu beſchränken.

Bezüglich der Kennzeichnung der einzuführenden Thiere aus
Oeſterreich-Ungarn und der Durchführung der Quarantäne wird
ſodann auf Antrag des Landwirthſchaftsdepartements beſchloſſen:

1) Dasſelbe iſt ermächtigt:

a. für das Rindvieh den Eiſenbrand auf die rechte Kopfſeite
(Backe) und zwar in Form des Datums (Monat und
Tag), und
b. für die Schweine über 25 Kgr. und die Schafe die Ab-
ſtempelung mit dem Buchſtaben Q (Quarantäne) in
grüner Farbe einzuführen.

2) Mit Rückſicht auf die hieraus den funktionirenden Grenz-
thierärzten erwachſende zeitraubende Mehrarbeit werden denſelben
die durch die Schließung einzelner Einfuhrſtationen unbeſchäftigt
bleibenden Grenzthierärzte im Falle des Bedürfniſſes als Gehülfen
beigegeben, und es ſind den letztern hiefür ihre gegenwärtigen
Entſchädigungen zu belaſſen und in Dislokationsfällen jeweilen die
Transportkoſten zurückzuerſtatten.

3) Zur Deckung der aus Ziffer 1 und 2 dem Fiskus entſte-
henden Mehrausgaben werden nach Maßgabe des Art. 2 des
Bundesgeſetzes vom 1. Juli 1886 betreffend Aenderung desjenigen
vom 8. Februar 1872 über polizeiliche Maßregeln gegen Viehſeuchen
und in Abänderung des Art. 12 der bundesräthlichen Inſtruktion
für die Grenzthierärzte vom 24. Dezember 1886 die für die thier-
ärztliche Unterſuchung zu entrichtenden Gebühren in folgender
Weiſe erhöht:

für Großvich von 65 auf 80 Ct.
für Kälber von 40 auf 50 Ct.
für Schweine über 25 Kgr. von 40 auf 50 Ct.
für Schafe von 15 auf 20 Ct.

4) Zum Zwecke einer gleichmäßigen Durchführung der Qua-
rantäne und um den beſtehenden Uebelſtänden abzuhelfen, ſoll bei
den Kantonsregierungen darauf gedrungen werden, daß der Begriff
„Quarantäne am Beſtimmungsorte“ wie folgt einheitlich interpre-
tirt werde:

a. für die mittelſt Eiſenbahn transportirten Thiere muß als
Beſtimmungsort diejenige Ortſchaft gelten, wo ſeit der
Abfahrt von der Grenze die erſte Entladung ſtattfindet.
Findet indeſſen dieſe erſte Entladung vor Eintritt der
Nacht ſtatt, ſo wird der Weitertrieb der Thiere geſtattet
und es fallen dieſelben alsdann unter die Vorſchriften
von lit. b.

b. für Klein- und Großvieh, welches zu Fuß transportirt
wird, gilt als Beſtimmungsort diejenige Ortſchaft, in
welcher dasſelbe ſeit der Abreiſe von der Grenze zum
erſten Mal übernachten wird.“

Bundesſtadt.

Bezüglich der Differenzen in Bezug
auf das Bundesgeſetz betreffend die Arbeitszeit der Eiſen-
bahn-, Dampfſchiff-, und Poſtangeſtellten wurde vom
Ständerath dem Nationalrath zugeſtimmt, daher 52 freie
Tage, worunter 17 Sonntage, den Arbeitern eingeräumt
werden. Schmid (Uri) hatte beantragt, die Zahl der
Freiſonntage von 17 auf 24 zu erhöhen.

Bundesſtadt.

Der Nationalrath hat betr. Teſſiner
Stimmrechts-Rekurſe von dem bundesräthlichen Berichte
Vormerkung am Protokoll genommen. — Ein Rekurs der
Freiburger Wirthe wurde gleich dem Ständerathe als un-
begründet abgewieſen. — Mit 49 gegen 42 Stimmen
wurde der Antrag der Kommiſſion zum Beſchluß erhoben,
wonach von einer ſtenographiſchen Aufnahme der Raths-
verhandlungen Umgang zu nehmen, dagegen der Bundes-
rath zur Berichterſtattung einzuladen ſei über die Frage
betr. Aufnahme eines ſubſtantiellen Protokolls.

Arbeiterſchutz. Lachenal und Decurtins beantragten,
Vormerk vom Berichte am Protokoll unter Anerkennung
und Verdankung der Thätigkeit des Bundesrathes zu
nehmen. Decurtins wünſcht, der Bundesrath möchte in
einer ſpätern, in der Schweiz abzuhaltenden Konferenz
den ſchweizeriſchen Programmen nebſt dem Normalarbeits-
tag Annahme verſchaffen.

Bundesſtadt.

Zufolge eingelangter Mittheilung
der ſchweizeriſchen Geſandtſchaft in Rom hat Italien vom
27. Juni an die Einfuhr von Vieh aus der Schweiz
verboten. — Trotzdem nimmt der Bundesrath vor-
läufig davon Umgang, gegen Italien eine gänzliche Sperre
zu verhängen.

Bundesverſammlung.

Beide Räthe haben am
Samſtag ihre Sitzungen geſchloſſen. Der Nationalrath
hat gleich dem Ständerath die Eiſenbahnkonzeſſion für
St. Gallen-Zug ohne Gegenantrag ertheilt. Damit iſt
die Konzeſſion in Kraft.

Die Nationalräthe Ador, Curti, Dufour, Keel, Lutz-
Müller, Schobinger, Speiſer, Staub, Steiger, Tobler und
Zemp unterzeichneten eine Motion, lautend: „Der Bun-
desrath wird eingeladen, die verſchiedenen Syſteme der
Proportionalvertretungen allſeitig zu prüfen und binnen
Jahresfriſt über die Möglichkeit ihrer Anwendung auf die
Wahlen in den Nationalrath Bericht zu erſtatten.“

Bern.

Aller Wahrſcheinlichkeit nach wird der
Bundesrath die Volksabſtimmung über die Verfaſſungs-
änderung bezüglich der Kranken- und Unfallverſicherung
gleichzeitig mit den Nationalrathswahlen anſetzen.

— Ständerath Wirz ladet durch Motion den Bundes-
rath ein, zu prüfen, wie auf internationalem Wege die
Sonntagsruhe der Arbeiter von Transport-Anſtalten
[Spaltenumbruch] durch Einſtellung des ſonntäglichen Güterdienſtes erzielt
werden könnte.

Eiſenbahn St. Gallen-Zug.

Der Bun-
desrath beantragte den eidgen. Räthen die Konzeſſions-
ertheilung für eine Eiſenbahn St. Gallen-Wattwil-Rap-
perswil-Zug und äußerte ſich in ſeinem Gutachten u. A.
wie folgt: „Wir glauben nicht, daß vom wirthſchaftlichen
Standpunkte die Berechtigung des Projektes der Herren
Grauer-Frey und Genoſſen beſtritten werden kann. Es
handelt ſich in der That um eine Verbindung, deren
Mangel ſich empfindlich geltend macht, ſofern der Verkehr
der Oſtſchweiz, namentlich in der Richtung nach der In-
nerſchweiz und dem Gotthard, gegenwärtig zu großen Um-
wegen gezwungen iſt. Wir könnten daher auch den Ein-
ſprachen gegen das Projekt keine Berechtigung zuerkennen.
Was zunächſt diejenige der Toggenburgerbahn betrifft, ſo
wird dieſelbe übrigens nicht mehr als ernſtlich betrachtet
werden dürfen, nachdem die Regierung des Kantons St.
Gallen, der im Unternehmen der Toggenburgerbahn finan-
ziell der Hauptbetheiligte iſt, die Ertheilung der Konzeſſion
wünſcht und erklärt, für die Befriedigung der Intereſſen
der Toggenburgerbahn auf dem Wege des Vertrages ſorgen
zu wollen. Die Eingabe der Appenzellerbahn kann nicht
als Einſprache betrachtet werden; ſie hatte offenbar nur
die Verhältniſſe im Auge, welche bei der Bauausführung
ſich ergeben werden, und wäre im Uebrigen von der Kan-
tonsregierung auch nicht unterſtützt. Was die Stellung
der Kantone Zürich und Zug betrifft, ſo iſt die Bundes-
verſammlung bereits in der Lage, über das Konzeſſions-
geſuch Thalweil-Zug ſich auszuſprechen und glauben wir,
hier nicht weiter darauf eintreten zu ſollen. Gleicherweiſe
iſt kein Anlaß vorhanden, mit der Abzweigung nach Uznach
ſich zu beſchäftigen, da die Regierung von St. Gallen das
darauf gerichtete Geſuch im gegenwärtigen Moment nicht
geltend machen will. Auch die Beziehungen der Südoſt-
bahn zur Konzeſſion dürfen für jetzt außer Betracht fallen.
Es genügt, daß hier ein Einſpruch nicht weiter vorliegt;
die Vereinbarungen, welche bezüglich des künftigen Betriebs
zwiſchen den beiden Parteien getroffen ſind, werden wir,
ſoweit ſie der Kognition des Bundes unterſtehen, prüfen
und nöthigenfalls Ihrer Genehmigung unterbreiten.“

— Herr Ständerath Wirz ſchreibt dem „Obwald.
Volksfreund“ u. A.: Gegen das Wahlkreisgeſetz wird
das Referendum nicht ergriffen, weil Niemand damit zu-
frieden iſt. Dieſe Anſicht eines konſervativen Blattes
theilen wir voll und ganz. Konſervativerſeits ſchloß
man jedoch keinen faulen Kompromiß, ſondern es war
zumal im Ständerathe der Abgeordnete von Obwalden,
der noch im letzten Momente eine ſehr energiſche Rechts-
verwahrung einlegte, und der ſich mit der erhaltenen Ab-
ſchlagszahlung keineswegs zufrieden ſtellte. Die Konſer-
vativen hatten von zwei Uebeln das kleinere zu wählen,
und das war nicht eine Frage des Prinzips, ſondern eine
Frage der Berechnung. Wäre der Jura ungetheilt ge-
blieben, ſo wäre damit alle Hoffnung einer konſervativen
Vertretung für immer ausgeſchloſſen worden. Jetzt wurde
ein katholiſcher Zweier-Kreis geſchaffen, und da iſt es
allerdings traurig, wenn trotz den Erfahrungen des Kul-
turkampfes annähernd die Hälfte radikal iſt. Bei einem
ehrlichen Wahlkampfe und bei glücklichen Kandidaturen
hätten die Konſervativen faſt zweifellos die Mehrheit,
aber das moderne Geßlerthum wird zur Unterdrückung des
Volkswillens mit gewohnten Mitteln kämpfen. Immerhin
dürften jetzt die juraſſiſchen Katholiken, die ſeiner Zeit die
Reform-Pfaffen ſo ritterlich zum Lande hinausſchickten,
ſich einigen und im Volke Boden zu gewinnen ſuchen! —
Aargau iſt für die Katholiken möglichſt günſtig eingetheilt,
und in St. Gallen verfügen ſie nun mit Sicherheit über
mindeſtens die Hälfte Sitze. — Wer bei der Wahlkreis-
eintheilung keine Berückſichtigung erhielt, das ſind die
gemäßigt Liberalen und die konſervativen Proteſtanten.

— Der Niederlaſſungsvertrag zwiſchen dem deutſchen
Reiche und der Schweiz, deſſen erſte Artikel wir nach dem
Wortlaute vom 31. Mai 1890 jüngſt mitgetheilt haben,
wurde ſowohl von den eidgenöſſiſchen Räthen, als auch
vom deutſchen Reichstage genehmigt und ſoll am 20. Juli
l. J. in Wirkſamkeit treten. Seine Gültigkeit iſt bis zum
31. Dezember 1900 ausgeſprochen.

— Gotthardbahn.

Für die Familie Näpfli hat die
„N. Zürch. Ztg.“ 2638 Fr. geſammelt. Der Frau Näpfli
iſt aus Petersburg von einer Zürcherin eine Anweiſung
von 1000 Fr. zugegangen. Hut ab!

Die kathol. Männer- und Arbeitervereine ver-
ſammeln ſich am 6. Juli in Freiburg. Redaktor Baum-
berger wird hiebei über den Stickereiverband und ſeine
ſoziale Bedeutung referiren, Nationalrath Python und
Fürſprech Feigenwinter über die Bodenkreditfrage, Natio-
nalrath Decurtins über den gegenwärtigen Stand der
ſozialen Tagesfragen, Abbe Blanchard über die ſoziale
Bedeutung des Gebetes. Der bekannte franzöſiſche, katho-
liſch-konſervative Sozialpolitiker Graf de Mun wird eine
Anſprache halten.

— Für verwahrloste Knaben und jugendliche Ver-
brecher
ſoll eine interkantonale Unterbringungsanſtalt ge-
gründet werden. In Bern fand diesbezüglich unter dem
Vorſitz des Staatsraths Dunant von Genf eine von Lu-
zern, Zug, Solothurn, Baſelſtadt, Schaffhauſen, Appenzell
A.-Rh., Wallis, Neuenburg und Genf beſchickte Konferenz
für Vorbeſprechung ſtatt. Es wurde beſchloſſen, den neun
Vertretern der Kantonsregierungen eine Anzahl einſchlä-
giger Fragen enthaltende Fragebogen zur Beantwortung
zuzuſtellen. Der Vorort Genf, welcher die Errichtung
gedachter Anſtalt in Anregung gebracht hat, wird die ge-
[Spaltenumbruch] nannten Kantone ſpäter zu einer weitern Konferenz ein-
laden, in welcher das Projekt nach jeder Richtung einläß-
licher behandelt werden ſoll. Die Beſchäftigung jener 16-
bis 18jährigen Jünglinge ſoll überwiegend landwirthſchaft-
licher Art ſein.

Ueber das Halten ſchlechter Zeitungen entnehmen
wir der „Chriſtlichen Familie“ folgendes: „Viele, die
ſchlechte Zeitungen halten, ſuchen ſich damit zu entſchuldigen,
daß ſie ſagen: „Wir müſſen ſie halten, wegen des Ge-
ſchäftes, wegen der induſtriellen Anzeigen, Handelsnotizen
u. dgl. Dies heißt, näher betrachtet, ebenſoviel: wir
müſſen um eines geringen Vortheiles willen das Böſe
wenigſtens indirekt befördern helfen. Solche Leute führen
durch die ſchlechte Zeitung einen vielfach treuloſen und
gefährlichen Rathgeber in ihr Haus ein; bezahlen mit
ihrem Gelde einen nimmermüden Prediger der Auflehnung
wider Gott, ſeine hl. Kirche und ihre Gebote; bezahlen
einen feilen Spötter, der alles, was den Katholiken heilig,
in den Staub zieht, und dies thun ſie, um einen zeitlichen
Vortheil zu erhaſchen.“

— Die „Oſtſchweiz“ ſchreibt: Das Aufgreifen der
Heimſtätteufrage durch die katholiſchen und proteſtantiſchen
Konſervativen des deutſchen Reichstages und die Einbrin-
gung eines bezüglichen Antrages iſt ein ſozialpolitiſches
Ereigniß. Da beide zuſammen die Mehrheit beſitzen,
handelt es ſich nicht um eine bloße platoniſche Demon-
ſtration, ſondern um eine friſche That. Mit der Aus-
führung des Poſtulates werden zwar manche praktiſche
Schwierigkeiten zu überwinden ſein, die aber nicht unüber-
windlich ſind. Es würde ein geſchichtliches Verdienſt der
deutſchen konſervativen Parteien ſein, da ſie mit Durch-
bringung ihres Antrages dem Bauern wieder die Scholle
ſichern und eine Wehr gegen die Güterüberſchuldung bilden.

— Schwindel und Ausbeuterthum im Eiſenbahn-
weſen.
Nationalrath Marti, ſelbſt Eiſenbahndirektor,
zeichnete das Spekulantenthum im Eiſenbahnweſen folgen-
dermaßen im Nationalrathe: „Koloſſale Summen ſind im
Eiſenbahnweſen zu Grunde gegangen. Ich erinnere an
die Kurſe der Nordoſtbahn, der Zentralbahn und der
Gotthardbahn im Anfange der Siebziger Jahre und im
Jahre 1878. Nicht weniger als 567 Millionen ſind
damals verloren gegangen. Wer hat dieſe Summen ver-
loren? Das Schweizervolk hat ſie verloren und die
Spekulanten haben ſie gewonnen. Und heute iſt der
Schwindel wieder größer als je. Die Aktien der genannten
Bahnen ſtehen wiederum hoch und noch höher als in den
Zeiten der Siebziger Jahre. Denke man ferner an den
Gründungsſchwindel bei den Bergbahnen und Bergbähnlein!
Wiederum wird die Reaktion eintreten, wiederum werden
es die Spekulanten ſein, welche ſich vergnügt die Hände
reiben und wiederum wird es das Volk ſein, das die
Zeche bezahlen muß. Ein Privilegium, wie es ſonſt in
der ganzen Welt nicht exiſtirt, ſetzt das Eiſenbahn-Rech-
nungsgeſetz zu Gunſten der Aktionäre feſt. Es geſtattet
ihnen, Gewinne zu vertheilen, wo gar keine beſtehen! Nach
dem gemeinen Recht (Obligationenrecht) könnten die ſchwei-
zeriſchen Eiſenbahnen auf Jahre hinaus keinen Rappen
vertheilen ....“

— Der letzte Sonntag hat dem Oberland, dem
Rheinthal und dem Kanton Graubünden Hochwaſſer und
in deſſen Gefolge zahlreiche größere und kleinere Schädi-
gungen gebracht. Der Südwind vom Samſtag brachte
regenſchwere Wolkenmaſſen, die ſich unter rollendem Donner
entluden. Der Regen begann Sonntag Morgen 2 Uhr
und dauerte an und unterbrach ſich nie bis Abends 6
Uhr, alſo volle 16 Stunden eines ſtarken geſchloſſenen
Riederſchlags. Die Landquart, die Tamina, die
Saar und die Seez gingen ſehr hoch. Der Rhein
ſtieg von Vormittags bis Abends gegen 2 Meter und
zeigte einen Pegelſtand von 6,30 Meter. Die Tamina
griff in Ragaz die Gartenmauer zum „Wilden Mann“
an und weiter unten die Wuhre an drei Orten. Ueber
50 Wuhrleute hatten ſtrenge Arbeit, um auf den bedrohten
Punkten den raſenden, brüllenden Feind abzuwehren. Die
Vättnerſtraße hat durch Rufen gelitten, ſo daß die Poſt
von Vättis ausblieb. Die Seez zerſtörte größere Theil-
ſtücke der Weißtannerſtraße und riß eine ſteinerne Brücke
fort, die wilden Waſſer verurſachten in bieſem Thale
einen ganz bedeutenden Schaden. Die Saar, durch den
hochgehenden Rhein geſtaut, vermochte ihre Waſſermaſſen
nicht in denſelben abzugeben und überſchwemmte den
Bahnhof von Sargans und gegen Trübbach hin weite
Gebiete. Die Werdenberger Binnengewäſſer ſetzten eben-
falls große Strecken Kulturlandes unter Waſſer und von
Rüthi bis Rorſchach verwandelte das Druckwaſſer des
Rheines und der Zuflüſſe die ſommerlich blühende Thal-
breite in einen See. Der Rhein, insbeſondere noch ver-
ſtärkt durch die hochangeſchwollene Ill aus Vorarlberg,
ſtieg in unerhörtem Maße. Sind die Waſſer verlaufen,
ſo werden große Zerſtörungen in den Kulturen zu Tage
treten. Dammbrüche ſind nicht eingetreten, die Wuhre
haben ihre Pflicht gethan. Aber große Mengen Holzſtücke,
Bäume mit Wurzel und Krone und aufgerüſtetes Blöcker-
und Scheiterholz in Maſſe führte der Rhein auf ſeinem
dickbreiigen Wellenrücken. Auch im Kanton Graubünden
ſchwollen die Bergbäche ſtark an. Die Landquart riß
am Ausgange des Fuchslochtunnel zwiſchen Jenaz und
Schiers den Eiſenbahnkörper auf ca. 150 Meter mit ſich
fort. Der Verkehr wurde am Montag wieder hergeſtellt.

— Der „Oſtſchweiz“ telegraphirte man: Rheineck,
30. Juni, Morgens 5 Uhr. Der Rhein iſt ſeit geſtern
Mittag ſo raſch wie noch nie auf dieſe Höhe geſtiegen.
Seine Fluthen ſtreifen die Rheinbrüche an den beiden

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[2/0002] ſämmtliche Kühe, Rinder, das Jungvieh, die Schweine unter 25 Kgr. und die Ziegen öſterreichiſch-ungariſcher Herkunft, als der Anſteckung verdächtig, von der Einfuhr in die Schweiz zurückzu- weiſen. Bezüglich der Ochſen, Schweine über 25 Kg. und der Schafe hat dasſelbe verfügt, daß ſolche zur Einfuhr zugelaſſen werden dürfen, wenn ſie vollſtändig unverdächttg erſcheinen und mit genau paſſenden Geſundheitsſcheinen verſehen ſind. Seither ſind von dem Departement die Grundlagen geprüft worden, geſtützt auf welche die vorgeſchriebene Quarantäne am Beſtimmungsorte wirkſamer durchgeführt werden könnte. Das Departement iſt dabei zu dem Schluſſe gelangt, daß ein Erfolg in dieſer Richtung nur dann zu erzielen ſei, wenn einerſeits die Anzahl der für den Viehimport geöffneten Zollſtätten reduzirt und anderſeits das eingeführte Vieh derart gekennzeichnet werde, daß eine anhaltende Kontrole über dasſelbe möglich gemacht wird. Das Departement beabſichtigt nun, auf Zuſehen hin mit dem 1. Juli nächſthin im Sinne des Art. 86 der Vollziehungsverord- nung vom 14. Oktober 1887 über Viehſeuchenpolizei die Zulaſſung der Vieheinfuhr aus Oeſterreich-Ungarn längs der ſt. galliſchen Grenze auf die Zollſtätten St. Margrethen-Bahnhof und -Straße, Au-Oberfahr, Oberriet, Buchs-Bahnhof und -Brücke und Trübbach zu beſchränken. Bezüglich der Kennzeichnung der einzuführenden Thiere aus Oeſterreich-Ungarn und der Durchführung der Quarantäne wird ſodann auf Antrag des Landwirthſchaftsdepartements beſchloſſen: 1) Dasſelbe iſt ermächtigt: a. für das Rindvieh den Eiſenbrand auf die rechte Kopfſeite (Backe) und zwar in Form des Datums (Monat und Tag), und b. für die Schweine über 25 Kgr. und die Schafe die Ab- ſtempelung mit dem Buchſtaben Q (Quarantäne) in grüner Farbe einzuführen. 2) Mit Rückſicht auf die hieraus den funktionirenden Grenz- thierärzten erwachſende zeitraubende Mehrarbeit werden denſelben die durch die Schließung einzelner Einfuhrſtationen unbeſchäftigt bleibenden Grenzthierärzte im Falle des Bedürfniſſes als Gehülfen beigegeben, und es ſind den letztern hiefür ihre gegenwärtigen Entſchädigungen zu belaſſen und in Dislokationsfällen jeweilen die Transportkoſten zurückzuerſtatten. 3) Zur Deckung der aus Ziffer 1 und 2 dem Fiskus entſte- henden Mehrausgaben werden nach Maßgabe des Art. 2 des Bundesgeſetzes vom 1. Juli 1886 betreffend Aenderung desjenigen vom 8. Februar 1872 über polizeiliche Maßregeln gegen Viehſeuchen und in Abänderung des Art. 12 der bundesräthlichen Inſtruktion für die Grenzthierärzte vom 24. Dezember 1886 die für die thier- ärztliche Unterſuchung zu entrichtenden Gebühren in folgender Weiſe erhöht: für Großvich von 65 auf 80 Ct. für Kälber von 40 auf 50 Ct. für Schweine über 25 Kgr. von 40 auf 50 Ct. für Schafe von 15 auf 20 Ct. 4) Zum Zwecke einer gleichmäßigen Durchführung der Qua- rantäne und um den beſtehenden Uebelſtänden abzuhelfen, ſoll bei den Kantonsregierungen darauf gedrungen werden, daß der Begriff „Quarantäne am Beſtimmungsorte“ wie folgt einheitlich interpre- tirt werde: a. für die mittelſt Eiſenbahn transportirten Thiere muß als Beſtimmungsort diejenige Ortſchaft gelten, wo ſeit der Abfahrt von der Grenze die erſte Entladung ſtattfindet. Findet indeſſen dieſe erſte Entladung vor Eintritt der Nacht ſtatt, ſo wird der Weitertrieb der Thiere geſtattet und es fallen dieſelben alsdann unter die Vorſchriften von lit. b. b. für Klein- und Großvieh, welches zu Fuß transportirt wird, gilt als Beſtimmungsort diejenige Ortſchaft, in welcher dasſelbe ſeit der Abreiſe von der Grenze zum erſten Mal übernachten wird.“ — Bundesſtadt. Bezüglich der Differenzen in Bezug auf das Bundesgeſetz betreffend die Arbeitszeit der Eiſen- bahn-, Dampfſchiff-, und Poſtangeſtellten wurde vom Ständerath dem Nationalrath zugeſtimmt, daher 52 freie Tage, worunter 17 Sonntage, den Arbeitern eingeräumt werden. Schmid (Uri) hatte beantragt, die Zahl der Freiſonntage von 17 auf 24 zu erhöhen. — Bundesſtadt. Der Nationalrath hat betr. Teſſiner Stimmrechts-Rekurſe von dem bundesräthlichen Berichte Vormerkung am Protokoll genommen. — Ein Rekurs der Freiburger Wirthe wurde gleich dem Ständerathe als un- begründet abgewieſen. — Mit 49 gegen 42 Stimmen wurde der Antrag der Kommiſſion zum Beſchluß erhoben, wonach von einer ſtenographiſchen Aufnahme der Raths- verhandlungen Umgang zu nehmen, dagegen der Bundes- rath zur Berichterſtattung einzuladen ſei über die Frage betr. Aufnahme eines ſubſtantiellen Protokolls. Arbeiterſchutz. Lachenal und Decurtins beantragten, Vormerk vom Berichte am Protokoll unter Anerkennung und Verdankung der Thätigkeit des Bundesrathes zu nehmen. Decurtins wünſcht, der Bundesrath möchte in einer ſpätern, in der Schweiz abzuhaltenden Konferenz den ſchweizeriſchen Programmen nebſt dem Normalarbeits- tag Annahme verſchaffen. — Bundesſtadt. Zufolge eingelangter Mittheilung der ſchweizeriſchen Geſandtſchaft in Rom hat Italien vom 27. Juni an die Einfuhr von Vieh aus der Schweiz verboten. — Trotzdem nimmt der Bundesrath vor- läufig davon Umgang, gegen Italien eine gänzliche Sperre zu verhängen. — Bundesverſammlung. Beide Räthe haben am Samſtag ihre Sitzungen geſchloſſen. Der Nationalrath hat gleich dem Ständerath die Eiſenbahnkonzeſſion für St. Gallen-Zug ohne Gegenantrag ertheilt. Damit iſt die Konzeſſion in Kraft. Die Nationalräthe Ador, Curti, Dufour, Keel, Lutz- Müller, Schobinger, Speiſer, Staub, Steiger, Tobler und Zemp unterzeichneten eine Motion, lautend: „Der Bun- desrath wird eingeladen, die verſchiedenen Syſteme der Proportionalvertretungen allſeitig zu prüfen und binnen Jahresfriſt über die Möglichkeit ihrer Anwendung auf die Wahlen in den Nationalrath Bericht zu erſtatten.“ — Bern. Aller Wahrſcheinlichkeit nach wird der Bundesrath die Volksabſtimmung über die Verfaſſungs- änderung bezüglich der Kranken- und Unfallverſicherung gleichzeitig mit den Nationalrathswahlen anſetzen. — Ständerath Wirz ladet durch Motion den Bundes- rath ein, zu prüfen, wie auf internationalem Wege die Sonntagsruhe der Arbeiter von Transport-Anſtalten durch Einſtellung des ſonntäglichen Güterdienſtes erzielt werden könnte. — Eiſenbahn St. Gallen-Zug. Der Bun- desrath beantragte den eidgen. Räthen die Konzeſſions- ertheilung für eine Eiſenbahn St. Gallen-Wattwil-Rap- perswil-Zug und äußerte ſich in ſeinem Gutachten u. A. wie folgt: „Wir glauben nicht, daß vom wirthſchaftlichen Standpunkte die Berechtigung des Projektes der Herren Grauer-Frey und Genoſſen beſtritten werden kann. Es handelt ſich in der That um eine Verbindung, deren Mangel ſich empfindlich geltend macht, ſofern der Verkehr der Oſtſchweiz, namentlich in der Richtung nach der In- nerſchweiz und dem Gotthard, gegenwärtig zu großen Um- wegen gezwungen iſt. Wir könnten daher auch den Ein- ſprachen gegen das Projekt keine Berechtigung zuerkennen. Was zunächſt diejenige der Toggenburgerbahn betrifft, ſo wird dieſelbe übrigens nicht mehr als ernſtlich betrachtet werden dürfen, nachdem die Regierung des Kantons St. Gallen, der im Unternehmen der Toggenburgerbahn finan- ziell der Hauptbetheiligte iſt, die Ertheilung der Konzeſſion wünſcht und erklärt, für die Befriedigung der Intereſſen der Toggenburgerbahn auf dem Wege des Vertrages ſorgen zu wollen. Die Eingabe der Appenzellerbahn kann nicht als Einſprache betrachtet werden; ſie hatte offenbar nur die Verhältniſſe im Auge, welche bei der Bauausführung ſich ergeben werden, und wäre im Uebrigen von der Kan- tonsregierung auch nicht unterſtützt. Was die Stellung der Kantone Zürich und Zug betrifft, ſo iſt die Bundes- verſammlung bereits in der Lage, über das Konzeſſions- geſuch Thalweil-Zug ſich auszuſprechen und glauben wir, hier nicht weiter darauf eintreten zu ſollen. Gleicherweiſe iſt kein Anlaß vorhanden, mit der Abzweigung nach Uznach ſich zu beſchäftigen, da die Regierung von St. Gallen das darauf gerichtete Geſuch im gegenwärtigen Moment nicht geltend machen will. Auch die Beziehungen der Südoſt- bahn zur Konzeſſion dürfen für jetzt außer Betracht fallen. Es genügt, daß hier ein Einſpruch nicht weiter vorliegt; die Vereinbarungen, welche bezüglich des künftigen Betriebs zwiſchen den beiden Parteien getroffen ſind, werden wir, ſoweit ſie der Kognition des Bundes unterſtehen, prüfen und nöthigenfalls Ihrer Genehmigung unterbreiten.“ — Herr Ständerath Wirz ſchreibt dem „Obwald. Volksfreund“ u. A.: Gegen das Wahlkreisgeſetz wird das Referendum nicht ergriffen, weil Niemand damit zu- frieden iſt. Dieſe Anſicht eines konſervativen Blattes theilen wir voll und ganz. Konſervativerſeits ſchloß man jedoch keinen faulen Kompromiß, ſondern es war zumal im Ständerathe der Abgeordnete von Obwalden, der noch im letzten Momente eine ſehr energiſche Rechts- verwahrung einlegte, und der ſich mit der erhaltenen Ab- ſchlagszahlung keineswegs zufrieden ſtellte. Die Konſer- vativen hatten von zwei Uebeln das kleinere zu wählen, und das war nicht eine Frage des Prinzips, ſondern eine Frage der Berechnung. Wäre der Jura ungetheilt ge- blieben, ſo wäre damit alle Hoffnung einer konſervativen Vertretung für immer ausgeſchloſſen worden. Jetzt wurde ein katholiſcher Zweier-Kreis geſchaffen, und da iſt es allerdings traurig, wenn trotz den Erfahrungen des Kul- turkampfes annähernd die Hälfte radikal iſt. Bei einem ehrlichen Wahlkampfe und bei glücklichen Kandidaturen hätten die Konſervativen faſt zweifellos die Mehrheit, aber das moderne Geßlerthum wird zur Unterdrückung des Volkswillens mit gewohnten Mitteln kämpfen. Immerhin dürften jetzt die juraſſiſchen Katholiken, die ſeiner Zeit die Reform-Pfaffen ſo ritterlich zum Lande hinausſchickten, ſich einigen und im Volke Boden zu gewinnen ſuchen! — Aargau iſt für die Katholiken möglichſt günſtig eingetheilt, und in St. Gallen verfügen ſie nun mit Sicherheit über mindeſtens die Hälfte Sitze. — Wer bei der Wahlkreis- eintheilung keine Berückſichtigung erhielt, das ſind die gemäßigt Liberalen und die konſervativen Proteſtanten. — Der Niederlaſſungsvertrag zwiſchen dem deutſchen Reiche und der Schweiz, deſſen erſte Artikel wir nach dem Wortlaute vom 31. Mai 1890 jüngſt mitgetheilt haben, wurde ſowohl von den eidgenöſſiſchen Räthen, als auch vom deutſchen Reichstage genehmigt und ſoll am 20. Juli l. J. in Wirkſamkeit treten. Seine Gültigkeit iſt bis zum 31. Dezember 1900 ausgeſprochen. — Gotthardbahn. Für die Familie Näpfli hat die „N. Zürch. Ztg.“ 2638 Fr. geſammelt. Der Frau Näpfli iſt aus Petersburg von einer Zürcherin eine Anweiſung von 1000 Fr. zugegangen. Hut ab! — Die kathol. Männer- und Arbeitervereine ver- ſammeln ſich am 6. Juli in Freiburg. Redaktor Baum- berger wird hiebei über den Stickereiverband und ſeine ſoziale Bedeutung referiren, Nationalrath Python und Fürſprech Feigenwinter über die Bodenkreditfrage, Natio- nalrath Decurtins über den gegenwärtigen Stand der ſozialen Tagesfragen, Abbe Blanchard über die ſoziale Bedeutung des Gebetes. Der bekannte franzöſiſche, katho- liſch-konſervative Sozialpolitiker Graf de Mun wird eine Anſprache halten. — Für verwahrloste Knaben und jugendliche Ver- brecher ſoll eine interkantonale Unterbringungsanſtalt ge- gründet werden. In Bern fand diesbezüglich unter dem Vorſitz des Staatsraths Dunant von Genf eine von Lu- zern, Zug, Solothurn, Baſelſtadt, Schaffhauſen, Appenzell A.-Rh., Wallis, Neuenburg und Genf beſchickte Konferenz für Vorbeſprechung ſtatt. Es wurde beſchloſſen, den neun Vertretern der Kantonsregierungen eine Anzahl einſchlä- giger Fragen enthaltende Fragebogen zur Beantwortung zuzuſtellen. Der Vorort Genf, welcher die Errichtung gedachter Anſtalt in Anregung gebracht hat, wird die ge- nannten Kantone ſpäter zu einer weitern Konferenz ein- laden, in welcher das Projekt nach jeder Richtung einläß- licher behandelt werden ſoll. Die Beſchäftigung jener 16- bis 18jährigen Jünglinge ſoll überwiegend landwirthſchaft- licher Art ſein. („Vaterld.“) — Ueber das Halten ſchlechter Zeitungen entnehmen wir der „Chriſtlichen Familie“ folgendes: „Viele, die ſchlechte Zeitungen halten, ſuchen ſich damit zu entſchuldigen, daß ſie ſagen: „Wir müſſen ſie halten, wegen des Ge- ſchäftes, wegen der induſtriellen Anzeigen, Handelsnotizen u. dgl. Dies heißt, näher betrachtet, ebenſoviel: wir müſſen um eines geringen Vortheiles willen das Böſe wenigſtens indirekt befördern helfen. Solche Leute führen durch die ſchlechte Zeitung einen vielfach treuloſen und gefährlichen Rathgeber in ihr Haus ein; bezahlen mit ihrem Gelde einen nimmermüden Prediger der Auflehnung wider Gott, ſeine hl. Kirche und ihre Gebote; bezahlen einen feilen Spötter, der alles, was den Katholiken heilig, in den Staub zieht, und dies thun ſie, um einen zeitlichen Vortheil zu erhaſchen.“ — Die „Oſtſchweiz“ ſchreibt: Das Aufgreifen der Heimſtätteufrage durch die katholiſchen und proteſtantiſchen Konſervativen des deutſchen Reichstages und die Einbrin- gung eines bezüglichen Antrages iſt ein ſozialpolitiſches Ereigniß. Da beide zuſammen die Mehrheit beſitzen, handelt es ſich nicht um eine bloße platoniſche Demon- ſtration, ſondern um eine friſche That. Mit der Aus- führung des Poſtulates werden zwar manche praktiſche Schwierigkeiten zu überwinden ſein, die aber nicht unüber- windlich ſind. Es würde ein geſchichtliches Verdienſt der deutſchen konſervativen Parteien ſein, da ſie mit Durch- bringung ihres Antrages dem Bauern wieder die Scholle ſichern und eine Wehr gegen die Güterüberſchuldung bilden. — Schwindel und Ausbeuterthum im Eiſenbahn- weſen. Nationalrath Marti, ſelbſt Eiſenbahndirektor, zeichnete das Spekulantenthum im Eiſenbahnweſen folgen- dermaßen im Nationalrathe: „Koloſſale Summen ſind im Eiſenbahnweſen zu Grunde gegangen. Ich erinnere an die Kurſe der Nordoſtbahn, der Zentralbahn und der Gotthardbahn im Anfange der Siebziger Jahre und im Jahre 1878. Nicht weniger als 567 Millionen ſind damals verloren gegangen. Wer hat dieſe Summen ver- loren? Das Schweizervolk hat ſie verloren und die Spekulanten haben ſie gewonnen. Und heute iſt der Schwindel wieder größer als je. Die Aktien der genannten Bahnen ſtehen wiederum hoch und noch höher als in den Zeiten der Siebziger Jahre. Denke man ferner an den Gründungsſchwindel bei den Bergbahnen und Bergbähnlein! Wiederum wird die Reaktion eintreten, wiederum werden es die Spekulanten ſein, welche ſich vergnügt die Hände reiben und wiederum wird es das Volk ſein, das die Zeche bezahlen muß. Ein Privilegium, wie es ſonſt in der ganzen Welt nicht exiſtirt, ſetzt das Eiſenbahn-Rech- nungsgeſetz zu Gunſten der Aktionäre feſt. Es geſtattet ihnen, Gewinne zu vertheilen, wo gar keine beſtehen! Nach dem gemeinen Recht (Obligationenrecht) könnten die ſchwei- zeriſchen Eiſenbahnen auf Jahre hinaus keinen Rappen vertheilen ....“ — Der letzte Sonntag hat dem Oberland, dem Rheinthal und dem Kanton Graubünden Hochwaſſer und in deſſen Gefolge zahlreiche größere und kleinere Schädi- gungen gebracht. Der Südwind vom Samſtag brachte regenſchwere Wolkenmaſſen, die ſich unter rollendem Donner entluden. Der Regen begann Sonntag Morgen 2 Uhr und dauerte an und unterbrach ſich nie bis Abends 6 Uhr, alſo volle 16 Stunden eines ſtarken geſchloſſenen Riederſchlags. Die Landquart, die Tamina, die Saar und die Seez gingen ſehr hoch. Der Rhein ſtieg von Vormittags bis Abends gegen 2 Meter und zeigte einen Pegelſtand von 6,30 Meter. Die Tamina griff in Ragaz die Gartenmauer zum „Wilden Mann“ an und weiter unten die Wuhre an drei Orten. Ueber 50 Wuhrleute hatten ſtrenge Arbeit, um auf den bedrohten Punkten den raſenden, brüllenden Feind abzuwehren. Die Vättnerſtraße hat durch Rufen gelitten, ſo daß die Poſt von Vättis ausblieb. Die Seez zerſtörte größere Theil- ſtücke der Weißtannerſtraße und riß eine ſteinerne Brücke fort, die wilden Waſſer verurſachten in bieſem Thale einen ganz bedeutenden Schaden. Die Saar, durch den hochgehenden Rhein geſtaut, vermochte ihre Waſſermaſſen nicht in denſelben abzugeben und überſchwemmte den Bahnhof von Sargans und gegen Trübbach hin weite Gebiete. Die Werdenberger Binnengewäſſer ſetzten eben- falls große Strecken Kulturlandes unter Waſſer und von Rüthi bis Rorſchach verwandelte das Druckwaſſer des Rheines und der Zuflüſſe die ſommerlich blühende Thal- breite in einen See. Der Rhein, insbeſondere noch ver- ſtärkt durch die hochangeſchwollene Ill aus Vorarlberg, ſtieg in unerhörtem Maße. Sind die Waſſer verlaufen, ſo werden große Zerſtörungen in den Kulturen zu Tage treten. Dammbrüche ſind nicht eingetreten, die Wuhre haben ihre Pflicht gethan. Aber große Mengen Holzſtücke, Bäume mit Wurzel und Krone und aufgerüſtetes Blöcker- und Scheiterholz in Maſſe führte der Rhein auf ſeinem dickbreiigen Wellenrücken. Auch im Kanton Graubünden ſchwollen die Bergbäche ſtark an. Die Landquart riß am Ausgange des Fuchslochtunnel zwiſchen Jenaz und Schiers den Eiſenbahnkörper auf ca. 150 Meter mit ſich fort. Der Verkehr wurde am Montag wieder hergeſtellt. — Der „Oſtſchweiz“ telegraphirte man: Rheineck, 30. Juni, Morgens 5 Uhr. Der Rhein iſt ſeit geſtern Mittag ſo raſch wie noch nie auf dieſe Höhe geſtiegen. Seine Fluthen ſtreifen die Rheinbrüche an den beiden

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Zitationshilfe: St. Galler Volksblatt. Nr. 53, Uznach, 02. 07. 1890, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_stgaller53_1890/2>, abgerufen am 11.12.2024.