Social-politische Blätter. 2. Jahrgang, 12. Lieferung, Nr. 4. Berlin, 26. Dezember 1874.Zur Unterhaltung und Belehrung. 356 [Beginn Spaltensatz]
Bürger, so wenig Verbrechen, so viel Bruderthum, so vielWohlsein und Tugenden, und solche ehrwürdige Religions- kundige? Jn welchem Lande sahen Sie dem Menschen einen so guten Gebrauch von jener erhabnen Gabe, der Vernunft, die ihm Natur mitgegeben, machen? Die Vernunft wahrlich ist ein Göttliches, wenn schon einmal von Göttlichkeit die Rede sein soll; sie ist dem Menschen ein bodenloser, unversiegbarer Bronnen von Glück und Segen, von Vervollkommnung. Unter keiner andern Religion sehen Sie ein so glückliches Volk, so weit auf der Bahn der Menschheit vorgeschritten; nennen Sie [Spaltenumbruch] mir eine einzige Nation die so gut wie die hiesige alle Schätze und Pracht der Welt zu bewundern und zu benutzen weiß; eine Nation, die so gut es versteht, die Haupteigenschaften des Gottes der Gläubigen, die Gerechtigkeit und die Güte, zu erkennen und zu üben; eine Nation, die so gut Bruderschaft zu ver- wirklichen wußte, und hiermit dem Befehl des Gottes der Re- ligösen: "Liebt Euch als Brüder, als Kinder Eines Vaters" besser nachkommt, Sie werden nicht umhin können, zu gestehen, die ikarische Republik habe auch die beste Religion. ( Fortsetzung folgt ). [Beginn Spaltensatz] Allerlei. Die neueste Art Annonce veröffentlicht ein pariser Album der Poesie. Einer Gefall'nen. Da Dir die Erde und des Himmels Dom, Nichts als ein Sarg ist und ein Sargesdeckel, Der Mensch Nichts als ein täuschendes Phantom, Das Leben Nichts, als Oede und als Ekel; -- Da Dir das Unglück Alles, Alles nahm, Ja selbst die Thränen, die um Mitleid werben, Und Du nur Einen Bruder hast: den Gram -- So wünsch' ich Dir, mein Kind, recht bald zu sterben. Du warst so schön! Der alte Künstlerheld, Der einem Steine Götterreiz gegeben, Er hätte sein Cytherenbild zerschellt, -- Hätt' er, wie ich, Dich einst geseh'n im Leben! Du warst so rein! Jm Buch des Engels, der Die Rechnung hielt von Deinen Thaten allen, [Spaltenumbruch] War stets das schwarze Blatt der Schulden leer -- Und doch -- -- ein Weib, bist du als Weib gefallen! Und nun, verstoßen von der Eltern Dach, Geschmäht von aller Welt, Du bleiche Rose, Verhöhnt von Dem, der Dir die Treue brach -- So stehst Du da und hältst Dein Kind im Schooße. Dein todtes Kind! O drück' es an Dein Herz, Und such' die Spuren des entschwund'nen Lebens; Du weißt ja doch in Deinem heil'gen Schmerz, Es sei die Bürgschaft göttlichen Vergebens. Jch aber spreche: Stirb, du müder Leib, Und leicht und schön mag Dir das Sterben werden -- Die Mutterschaft tilgt alle Schuld am Weib, Die Mütter nur sind Heilige auf Erden. Doch Du, verklärtes Weib, bist erdensatt; So magst Du schwinden gleich dem Abendstrahle, Wie eine Perle Thau's am Rosenblatt, Wie Hörnerklang im tiefen Föhrenthale. Da Dir die Erde und des Himmels Dom, Nichts als ein Sarg ist und ein Sargesdeckel, Der Mensch Nichts als ein täuschendes Phantom, Das Leben Nichts, als Moder und als Ekel; -- Da Dir das Unglück Alles, Alles nahm, Ja selbst die Thränen, die um Mitleid werben, Und Du nur Einen Bruder hast: den Gram -- So wünsch' ich Dir, mein Kind, recht bald zu sterben. An unsere Abonnenten. Wir stehen wiederum am Ende eines Quartals. Zwei Jahre haben nunmehr die "Social=politischen Darum also, Parteigenossen, frisch auf zum regen Abonnement, daß die "Social=politischen Blätter" Mit social=demokratischem Gruß Die Redaction und Expedition. Jnhalt der 12. Lieferung. Nr. 4. 1. Weihnachten bei unseren Vorfahren -- 2. Die Reise nach Jkarien. ( Roman von Cabet. ) -- Druck und Verlag von C. Jhring's Nfgr. in Berlin, Dresdenerstraße 84. -- Verantwortlich für die Redaction: A. Küster in Berlin. Zur Unterhaltung und Belehrung. 356 [Beginn Spaltensatz]
Bürger, so wenig Verbrechen, so viel Bruderthum, so vielWohlsein und Tugenden, und solche ehrwürdige Religions- kundige? Jn welchem Lande sahen Sie dem Menschen einen so guten Gebrauch von jener erhabnen Gabe, der Vernunft, die ihm Natur mitgegeben, machen? Die Vernunft wahrlich ist ein Göttliches, wenn schon einmal von Göttlichkeit die Rede sein soll; sie ist dem Menschen ein bodenloser, unversiegbarer Bronnen von Glück und Segen, von Vervollkommnung. Unter keiner andern Religion sehen Sie ein so glückliches Volk, so weit auf der Bahn der Menschheit vorgeschritten; nennen Sie [Spaltenumbruch] mir eine einzige Nation die so gut wie die hiesige alle Schätze und Pracht der Welt zu bewundern und zu benutzen weiß; eine Nation, die so gut es versteht, die Haupteigenschaften des Gottes der Gläubigen, die Gerechtigkeit und die Güte, zu erkennen und zu üben; eine Nation, die so gut Bruderschaft zu ver- wirklichen wußte, und hiermit dem Befehl des Gottes der Re- ligösen: „Liebt Euch als Brüder, als Kinder Eines Vaters“ besser nachkommt, Sie werden nicht umhin können, zu gestehen, die ikarische Republik habe auch die beste Religion. ( Fortsetzung folgt ). [Beginn Spaltensatz] Allerlei. Die neueste Art Annonce veröffentlicht ein pariser Album der Poesie. Einer Gefall'nen. Da Dir die Erde und des Himmels Dom, Nichts als ein Sarg ist und ein Sargesdeckel, Der Mensch Nichts als ein täuschendes Phantom, Das Leben Nichts, als Oede und als Ekel; — Da Dir das Unglück Alles, Alles nahm, Ja selbst die Thränen, die um Mitleid werben, Und Du nur Einen Bruder hast: den Gram — So wünsch' ich Dir, mein Kind, recht bald zu sterben. Du warst so schön! Der alte Künstlerheld, Der einem Steine Götterreiz gegeben, Er hätte sein Cytherenbild zerschellt, — Hätt' er, wie ich, Dich einst geseh'n im Leben! Du warst so rein! Jm Buch des Engels, der Die Rechnung hielt von Deinen Thaten allen, [Spaltenumbruch] War stets das schwarze Blatt der Schulden leer — Und doch — — ein Weib, bist du als Weib gefallen! Und nun, verstoßen von der Eltern Dach, Geschmäht von aller Welt, Du bleiche Rose, Verhöhnt von Dem, der Dir die Treue brach — So stehst Du da und hältst Dein Kind im Schooße. Dein todtes Kind! O drück' es an Dein Herz, Und such' die Spuren des entschwund'nen Lebens; Du weißt ja doch in Deinem heil'gen Schmerz, Es sei die Bürgschaft göttlichen Vergebens. Jch aber spreche: Stirb, du müder Leib, Und leicht und schön mag Dir das Sterben werden — Die Mutterschaft tilgt alle Schuld am Weib, Die Mütter nur sind Heilige auf Erden. Doch Du, verklärtes Weib, bist erdensatt; So magst Du schwinden gleich dem Abendstrahle, Wie eine Perle Thau's am Rosenblatt, Wie Hörnerklang im tiefen Föhrenthale. Da Dir die Erde und des Himmels Dom, Nichts als ein Sarg ist und ein Sargesdeckel, Der Mensch Nichts als ein täuschendes Phantom, Das Leben Nichts, als Moder und als Ekel; — Da Dir das Unglück Alles, Alles nahm, Ja selbst die Thränen, die um Mitleid werben, Und Du nur Einen Bruder hast: den Gram — So wünsch' ich Dir, mein Kind, recht bald zu sterben. An unsere Abonnenten. Wir stehen wiederum am Ende eines Quartals. Zwei Jahre haben nunmehr die „Social=politischen Darum also, Parteigenossen, frisch auf zum regen Abonnement, daß die „Social=politischen Blätter“ Mit social=demokratischem Gruß Die Redaction und Expedition. Jnhalt der 12. Lieferung. Nr. 4. 1. Weihnachten bei unseren Vorfahren — 2. Die Reise nach Jkarien. ( Roman von Cabet. ) — Druck und Verlag von C. Jhring's Nfgr. in Berlin, Dresdenerstraße 84. — Verantwortlich für die Redaction: A. Küster in Berlin. <TEI> <text> <body> <div xml:id="Reise14" type="jArticle" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0008" n="356"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#g">Zur Unterhaltung und Belehrung.</hi> 356</fw><cb type="start"/> Bürger, so wenig Verbrechen, so viel Bruderthum, so viel<lb/> Wohlsein und Tugenden, und solche ehrwürdige Religions-<lb/> kundige? Jn welchem Lande sahen Sie dem Menschen einen<lb/> so guten Gebrauch von jener erhabnen Gabe, der Vernunft,<lb/> die ihm Natur mitgegeben, machen? 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Zur Unterhaltung und Belehrung. 356
Bürger, so wenig Verbrechen, so viel Bruderthum, so viel
Wohlsein und Tugenden, und solche ehrwürdige Religions-
kundige? Jn welchem Lande sahen Sie dem Menschen einen
so guten Gebrauch von jener erhabnen Gabe, der Vernunft,
die ihm Natur mitgegeben, machen? Die Vernunft wahrlich
ist ein Göttliches, wenn schon einmal von Göttlichkeit die Rede
sein soll; sie ist dem Menschen ein bodenloser, unversiegbarer
Bronnen von Glück und Segen, von Vervollkommnung. Unter
keiner andern Religion sehen Sie ein so glückliches Volk, so
weit auf der Bahn der Menschheit vorgeschritten; nennen Sie
mir eine einzige Nation die so gut wie die hiesige alle Schätze
und Pracht der Welt zu bewundern und zu benutzen weiß; eine
Nation, die so gut es versteht, die Haupteigenschaften des Gottes
der Gläubigen, die Gerechtigkeit und die Güte, zu erkennen
und zu üben; eine Nation, die so gut Bruderschaft zu ver-
wirklichen wußte, und hiermit dem Befehl des Gottes der Re-
ligösen: „Liebt Euch als Brüder, als Kinder Eines Vaters“
besser nachkommt, Sie werden nicht umhin können, zu gestehen,
die ikarische Republik habe auch die beste Religion.
( Fortsetzung folgt ).
Allerlei.
Die neueste Art Annonce veröffentlicht ein pariser
Gewehrfabrikant wie folgt: „Zum Liebesgram! Große Aus-
wahl von privilegirten Revolvern. Dieselben liegen in eleganten
Kistchen, welche zugleich die nöthigen Apparate zum Heraus-
ziehen der Kugel und zum Anlegen eines Nothverbandes ent-
halten.“ — Unglücklich Liebenden, welche sich zu erschießen oder
zu duelliren gedenken, sei das Geschäft „Zum Liebesgram“
bestens empfohlen.
Album der Poesie.
Einer Gefall'nen.
Da Dir die Erde und des Himmels Dom,
Nichts als ein Sarg ist und ein Sargesdeckel,
Der Mensch Nichts als ein täuschendes Phantom,
Das Leben Nichts, als Oede und als Ekel; —
Da Dir das Unglück Alles, Alles nahm,
Ja selbst die Thränen, die um Mitleid werben,
Und Du nur Einen Bruder hast: den Gram —
So wünsch' ich Dir, mein Kind, recht bald zu sterben.
Du warst so schön! Der alte Künstlerheld,
Der einem Steine Götterreiz gegeben,
Er hätte sein Cytherenbild zerschellt, —
Hätt' er, wie ich, Dich einst geseh'n im Leben!
Du warst so rein! Jm Buch des Engels, der
Die Rechnung hielt von Deinen Thaten allen,
War stets das schwarze Blatt der Schulden leer —
Und doch — — ein Weib, bist du als Weib gefallen!
Und nun, verstoßen von der Eltern Dach,
Geschmäht von aller Welt, Du bleiche Rose,
Verhöhnt von Dem, der Dir die Treue brach —
So stehst Du da und hältst Dein Kind im Schooße.
Dein todtes Kind! O drück' es an Dein Herz,
Und such' die Spuren des entschwund'nen Lebens;
Du weißt ja doch in Deinem heil'gen Schmerz,
Es sei die Bürgschaft göttlichen Vergebens.
Jch aber spreche: Stirb, du müder Leib,
Und leicht und schön mag Dir das Sterben werden —
Die Mutterschaft tilgt alle Schuld am Weib,
Die Mütter nur sind Heilige auf Erden.
Doch Du, verklärtes Weib, bist erdensatt;
So magst Du schwinden gleich dem Abendstrahle,
Wie eine Perle Thau's am Rosenblatt,
Wie Hörnerklang im tiefen Föhrenthale.
Da Dir die Erde und des Himmels Dom,
Nichts als ein Sarg ist und ein Sargesdeckel,
Der Mensch Nichts als ein täuschendes Phantom,
Das Leben Nichts, als Moder und als Ekel; —
Da Dir das Unglück Alles, Alles nahm,
Ja selbst die Thränen, die um Mitleid werben,
Und Du nur Einen Bruder hast: den Gram —
So wünsch' ich Dir, mein Kind, recht bald zu sterben.
An unsere Abonnenten.
Wir stehen wiederum am Ende eines Quartals. Zwei Jahre haben nunmehr die „Social=politischen
Blätter“ gegen Reaction und Kapitalmacht neben dem „Neuen Social=Demokrat“ den Kampf für das arbei-
tende Volk geführt. Daß auch im nächsten Jahre die „Social=politischen Blätter“ in diesem Kampfe nicht
erlahmen werden, bedarf wohl kaum einer Versicherung. Seit Mitte dieses Jahres haben die „ Social=politi-
schen Blätter“ eine bedeutende Erweiterung und Verbesserung erfahren; seit dem letzten Monat sind dieselben
noch außerdem mit Jllustrationen versehen worden. Es ist also in jeder Beziehung seitens der Redaction
und Expedition Sorge getragen worden, den Lesern für einen geringen Abonnementspreis des Guten und
Tüchtigen so viel als möglich zu bieten.
Darum also, Parteigenossen, frisch auf zum regen Abonnement, daß die „Social=politischen Blätter“
am Schluß des nächsten Jahres in keiner social=demokratischen Arbeiterfamilie mehr fehlen.
Mit social=demokratischem Gruß
Die Redaction und Expedition.
Jnhalt der 12. Lieferung. Nr. 4. 1. Weihnachten bei unseren Vorfahren — 2. Die Reise nach Jkarien. ( Roman von Cabet. ) —
3. Allerlei. — 4. Album der Poesie. — 5. ( Jllustration. )
Druck und Verlag von C. Jhring's Nfgr. in Berlin, Dresdenerstraße 84. — Verantwortlich für die Redaction: A. Küster in Berlin.
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