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Social-politische Blätter. 2. Jahrgang, 7. Lieferung, Nr. 4. Berlin, 25. Juli 1874.

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Zur Unterhaltung und Belehrung. 174
[Beginn Spaltensatz] cher Beziehung stand er schlimmer, wie vorher da; die Gesetze,
welche ihn gezwungen, für Andere zu arbeiten, hatten Be-
stimmungen auch zu seinem Schutze enthalten; jetzt aber
lag er schutzlos mit seiner Arbeitskraft auf dem Markte,
allen Zufällen preisgegeben, denen die Waare ausgesetzt ist
und die furchtbar empfunden werden können von einer
lebendigen Waare. Freilich, Alles in Allem, hatte er einen
Vortheil: er war wenigstens politisch frei geworden, und
darin lag von vornherein die Gewähr, daß er dereinst auch
social frei sein werde; bis dahin aber hat die sociale Knecht-
schaft nur die Form geändert.

Auf Grund dieses neuen Zustandes nun trat das Ver-
hältniß ein, wonach das Capital vermittelst des Lohnver-
hältnisses Früchte jeder neuen Arbeit an sich zieht und da-
durch in sich selbst beständig zunimmt. Der Tauschwerth,
den das Capital auf diesem Wege gewinnt, gehört aber
eigentlich denen, die ihn geschaffen haben: den Lohnarbei-
tern. Es ist demnach wiederum, heute wie früher, der
Ertrag fremder Arbeit, der sich in den Händen der Be-
sitzenden ansammelt.

Das Capital ist also allerdings "angesammeltes Ar-
beitserzeugniß ", aber es ist nicht angesammeltes Arbeits-
erzeugniß derer, die es haben. Fremde Arbeitserzeugnisse,
nicht eigene, sind im Besitz der Capitalisten. Und an dieser
Thatsache im Großen kann auch nicht der Umstand etwas
ändern, daß in den breiten und tiefen Strom des Capitals
da und dort als kleiner Bach ein Ersparniß aus eigenem
Arbeitsertrag ohne Zweifel eingeflossen ist. Die großen
Flüsse, die dem Strom seine Nahrung zuführen, sie alle
sind fremder Quelle entflossen.

Wenn gesagt wird, dem Arbeiter gebühre von Rechts-
wegen das Erzeugniß seiner Arbeit, so ist dies nicht so ge-
meint, als müsse dem Arbeiter von jeder bestimmten ein-
zelnen Sache, an der er mit gearbeitet, ein entsprechender
Antheil zufallen. Wir haben Theilung der Arbeit und wollen
[Spaltenumbruch] und werden sie weiter haben, wenn auch unter anderen Be-
dingungen. Dies besagt aber: nicht jeglicher bringt jeg-
liches hervor, was er für seine Bedürfnisse braucht; sondern
jede Gruppe producirt einen bestimmten Gegenstand. Heut-
zutage wird in der menschlichen Gesellschaft durch das Geld,
das allgemeine Tauschmittel, der Austausch in der Art be-
wirkt, daß jeder bis zur Höhe des Tauschwerthes des
Geldes, welches er durch seine Theilnahme an der Pro-
duktion nach den heutigen ökonomischen Gesetzen erlangt
hat, über jeglichen andern Tauschwerth verfügen kann.
Jn der Gesellschaftsordnung, die der Socialismus erstrebt,
wird diese Ausgleichung in anderer Weise erfolgen. Aber
unter allen Umständen ist eine Vertheilung der producirten
Werthgegenstände in Gemäßheit der vorhandenen Bedürf-
nisse erforderlich. Wer dieser Ausführung gefolgt ist, wird
erkannt haben, daß, wenn z. B. gesagt wird, "das Capital
der Capitalisten ist nicht durch ihre Arbeit geschaffen", hier-
bei durchaus nicht dies gemeint ist: daß gerade diese Gegen-
stände, die sie genießen oder benutzen, nicht durch ihre Ar-
beit geschaffen sind. Dies ist vielmehr selbstverständlich
und trifft auch bei den Arbeitern zu. Der Schlossergeselle
z. B., der für sein Mitarbeiten an Schlosserwaaren Lohn
bekommt, hat auch nicht den Rock, die Stiefel, die er an-
hat, das Bett, in dem er schläft, selbst gearbeitet. Allein
-- und hierin liegt der Unterschied -- er hat diese Gegen-
stände in seinem Eigenthum oder in seiner Benutzung da-
durch, daß er einen dem entsprechenden Werth geschaffen,
denselben in Form von Geldlohn erhalten und dafür jene
Gegenstände eingekauft oder gemiethet hat, so daß er --
dem Werthe nach -- allerdings das Erzeugniß seiner eige-
nen Arbeit verbraucht. Der Capitalist aber verbraucht
Gegenstände, die er in keiner Weise -- auch nicht dem
Werthe nach -- hervorgebracht hat, sondern deren Werth
durch die Arbeit anderer geschaffen ist.

Man sieht: Die Behauptungen, der Capitalgewinn sei
innerlich berechtigt, erweisen sich als hohl und unhaltbar.

[Ende Spaltensatz]

Reise nach Jkarien
von Cabet.
( Fortsetzung. )
[Beginn Spaltensatz]

Jch war natürlich damit einverstanden, Korilla zu besuchen
und konnte Walmor nur mit einer Umarmung antworten.

-- Halt, mein Herr, noch giebt es Bedingungen, die Korilla
Jhnen stellt.

-- Sprechen Sie! --

-- Korilla will, daß der englische Lord nunmehr abreise und
Freund William allein zurück bleibe. Wollen Sie das?

Jch umarmte ihn wiederum. Und der junge Mann lachte
aus voller Kehle, und rief: Nun, Gottlob, ich habe mich soweit
meiner gefährlichen Aufträge entledigt. Jetzt muß ich eilen,
und meinem gewaltigen Herrn und Meister berichten. Also auf
diesen Abend, um sechs Uhr, William. -- Und er ging hastig
weg. --

Jch hätte die Erdkugel schneller drehen mögen, um die er-
sehnte Stunde etwas früher herbei zu zaubern, und doch wäre
dabei meine Ungeduld noch auf die Probe gestellt worden. Mit
Vergnügen nahm ich daher Eugens Einladung an, inzwischen die
[Spaltenumbruch] Nationaldruckereien zu besuchen. Welch ein Anblick! Die alten
Pyramiden Aegyptens habe ich gesehn, aber ich muß aufrichtig
gestehen, diese Druckerei gefiel mir besser noch.

Die ikarische Republik, und sie allein, hat diese kolossale und
prächtige Anstalt gegründet; die Baumeister konnten folglich
den nöthigen Grund und Boden nehmen; sie wurden durch kei-
nerlei Nebenabsichten dabei behindert. Stelle sich der Leser nun
ein so ungeheures Gebäude vor, daß es an fünftausend Arbei-
tende faßt.

Es hat zwei Stockwerke, auf mehren hundert zierlichen bronze-
nen Säulen. Oben stehen längs der Wände die Lettern in Be-
hältaissen; sie werden durch Maschinerien dort hinaufgebracht.
Jn der Mitte des Saales stehen die Kasten, je zwei gegenüber;
vor jedem arbeitet ein Setzer, der folglich alles Nöthige sogleich
bei der Hand hat. Seitwärs, in einer langen Reihe, Marmor-
tafeln, um den Satz aufzunehmen und die Formen zu stellen.
Neben jedem Tisch ist eine Oeffnung im Fußboden, durch welche
[Ende Spaltensatz]

Zur Unterhaltung und Belehrung. 174
[Beginn Spaltensatz] cher Beziehung stand er schlimmer, wie vorher da; die Gesetze,
welche ihn gezwungen, für Andere zu arbeiten, hatten Be-
stimmungen auch zu seinem Schutze enthalten; jetzt aber
lag er schutzlos mit seiner Arbeitskraft auf dem Markte,
allen Zufällen preisgegeben, denen die Waare ausgesetzt ist
und die furchtbar empfunden werden können von einer
lebendigen Waare. Freilich, Alles in Allem, hatte er einen
Vortheil: er war wenigstens politisch frei geworden, und
darin lag von vornherein die Gewähr, daß er dereinst auch
social frei sein werde; bis dahin aber hat die sociale Knecht-
schaft nur die Form geändert.

Auf Grund dieses neuen Zustandes nun trat das Ver-
hältniß ein, wonach das Capital vermittelst des Lohnver-
hältnisses Früchte jeder neuen Arbeit an sich zieht und da-
durch in sich selbst beständig zunimmt. Der Tauschwerth,
den das Capital auf diesem Wege gewinnt, gehört aber
eigentlich denen, die ihn geschaffen haben: den Lohnarbei-
tern. Es ist demnach wiederum, heute wie früher, der
Ertrag fremder Arbeit, der sich in den Händen der Be-
sitzenden ansammelt.

Das Capital ist also allerdings „angesammeltes Ar-
beitserzeugniß “, aber es ist nicht angesammeltes Arbeits-
erzeugniß derer, die es haben. Fremde Arbeitserzeugnisse,
nicht eigene, sind im Besitz der Capitalisten. Und an dieser
Thatsache im Großen kann auch nicht der Umstand etwas
ändern, daß in den breiten und tiefen Strom des Capitals
da und dort als kleiner Bach ein Ersparniß aus eigenem
Arbeitsertrag ohne Zweifel eingeflossen ist. Die großen
Flüsse, die dem Strom seine Nahrung zuführen, sie alle
sind fremder Quelle entflossen.

Wenn gesagt wird, dem Arbeiter gebühre von Rechts-
wegen das Erzeugniß seiner Arbeit, so ist dies nicht so ge-
meint, als müsse dem Arbeiter von jeder bestimmten ein-
zelnen Sache, an der er mit gearbeitet, ein entsprechender
Antheil zufallen. Wir haben Theilung der Arbeit und wollen
[Spaltenumbruch] und werden sie weiter haben, wenn auch unter anderen Be-
dingungen. Dies besagt aber: nicht jeglicher bringt jeg-
liches hervor, was er für seine Bedürfnisse braucht; sondern
jede Gruppe producirt einen bestimmten Gegenstand. Heut-
zutage wird in der menschlichen Gesellschaft durch das Geld,
das allgemeine Tauschmittel, der Austausch in der Art be-
wirkt, daß jeder bis zur Höhe des Tauschwerthes des
Geldes, welches er durch seine Theilnahme an der Pro-
duktion nach den heutigen ökonomischen Gesetzen erlangt
hat, über jeglichen andern Tauschwerth verfügen kann.
Jn der Gesellschaftsordnung, die der Socialismus erstrebt,
wird diese Ausgleichung in anderer Weise erfolgen. Aber
unter allen Umständen ist eine Vertheilung der producirten
Werthgegenstände in Gemäßheit der vorhandenen Bedürf-
nisse erforderlich. Wer dieser Ausführung gefolgt ist, wird
erkannt haben, daß, wenn z. B. gesagt wird, „das Capital
der Capitalisten ist nicht durch ihre Arbeit geschaffen“, hier-
bei durchaus nicht dies gemeint ist: daß gerade diese Gegen-
stände, die sie genießen oder benutzen, nicht durch ihre Ar-
beit geschaffen sind. Dies ist vielmehr selbstverständlich
und trifft auch bei den Arbeitern zu. Der Schlossergeselle
z. B., der für sein Mitarbeiten an Schlosserwaaren Lohn
bekommt, hat auch nicht den Rock, die Stiefel, die er an-
hat, das Bett, in dem er schläft, selbst gearbeitet. Allein
— und hierin liegt der Unterschied — er hat diese Gegen-
stände in seinem Eigenthum oder in seiner Benutzung da-
durch, daß er einen dem entsprechenden Werth geschaffen,
denselben in Form von Geldlohn erhalten und dafür jene
Gegenstände eingekauft oder gemiethet hat, so daß er —
dem Werthe nach — allerdings das Erzeugniß seiner eige-
nen Arbeit verbraucht. Der Capitalist aber verbraucht
Gegenstände, die er in keiner Weise — auch nicht dem
Werthe nach — hervorgebracht hat, sondern deren Werth
durch die Arbeit anderer geschaffen ist.

Man sieht: Die Behauptungen, der Capitalgewinn sei
innerlich berechtigt, erweisen sich als hohl und unhaltbar.

[Ende Spaltensatz]

Reise nach Jkarien
von Cabet.
( Fortsetzung. )
[Beginn Spaltensatz]

Jch war natürlich damit einverstanden, Korilla zu besuchen
und konnte Walmor nur mit einer Umarmung antworten.

— Halt, mein Herr, noch giebt es Bedingungen, die Korilla
Jhnen stellt.

— Sprechen Sie! —

— Korilla will, daß der englische Lord nunmehr abreise und
Freund William allein zurück bleibe. Wollen Sie das?

Jch umarmte ihn wiederum. Und der junge Mann lachte
aus voller Kehle, und rief: Nun, Gottlob, ich habe mich soweit
meiner gefährlichen Aufträge entledigt. Jetzt muß ich eilen,
und meinem gewaltigen Herrn und Meister berichten. Also auf
diesen Abend, um sechs Uhr, William. — Und er ging hastig
weg. —

Jch hätte die Erdkugel schneller drehen mögen, um die er-
sehnte Stunde etwas früher herbei zu zaubern, und doch wäre
dabei meine Ungeduld noch auf die Probe gestellt worden. Mit
Vergnügen nahm ich daher Eugens Einladung an, inzwischen die
[Spaltenumbruch] Nationaldruckereien zu besuchen. Welch ein Anblick! Die alten
Pyramiden Aegyptens habe ich gesehn, aber ich muß aufrichtig
gestehen, diese Druckerei gefiel mir besser noch.

Die ikarische Republik, und sie allein, hat diese kolossale und
prächtige Anstalt gegründet; die Baumeister konnten folglich
den nöthigen Grund und Boden nehmen; sie wurden durch kei-
nerlei Nebenabsichten dabei behindert. Stelle sich der Leser nun
ein so ungeheures Gebäude vor, daß es an fünftausend Arbei-
tende faßt.

Es hat zwei Stockwerke, auf mehren hundert zierlichen bronze-
nen Säulen. Oben stehen längs der Wände die Lettern in Be-
hältaissen; sie werden durch Maschinerien dort hinaufgebracht.
Jn der Mitte des Saales stehen die Kasten, je zwei gegenüber;
vor jedem arbeitet ein Setzer, der folglich alles Nöthige sogleich
bei der Hand hat. Seitwärs, in einer langen Reihe, Marmor-
tafeln, um den Satz aufzunehmen und die Formen zu stellen.
Neben jedem Tisch ist eine Oeffnung im Fußboden, durch welche
[Ende Spaltensatz]

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Der Tauschwerth, den das Capital auf diesem Wege gewinnt, gehört aber eigentlich denen, die ihn geschaffen haben: den Lohnarbei- tern. Es ist demnach wiederum, heute wie früher, der Ertrag fremder Arbeit, der sich in den Händen der Be- sitzenden ansammelt. Das Capital ist also allerdings „angesammeltes Ar- beitserzeugniß “, aber es ist nicht angesammeltes Arbeits- erzeugniß derer, die es haben. Fremde Arbeitserzeugnisse, nicht eigene, sind im Besitz der Capitalisten. Und an dieser Thatsache im Großen kann auch nicht der Umstand etwas ändern, daß in den breiten und tiefen Strom des Capitals da und dort als kleiner Bach ein Ersparniß aus eigenem Arbeitsertrag ohne Zweifel eingeflossen ist. Die großen Flüsse, die dem Strom seine Nahrung zuführen, sie alle sind fremder Quelle entflossen. 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Zitationshilfe: Social-politische Blätter. 2. Jahrgang, 7. Lieferung, Nr. 4. Berlin, 25. Juli 1874, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_social0704_1874/2>, abgerufen am 21.11.2024.