Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.

Bild:
<< vorherige Seite

tur gesagt. Die Nacht hat zwey Kinder/ nehmlich den Schlaf und den Tod/ das erste ist ein Vorbild des andern / das andere aber ein Durchgang zu einem künfftigen Leben. Wie Keyser Friedrich gefragt wurde/ was dem Menschen am nützlichsten? gab er zur Antwort: Ein seeliges Ende. Ad lectum, ad letum. Vom Bette zum Tode/ sagte Justus Lipsius, und starb darüber. Diejenigen/ welche frey sterben/ sind frey/ nicht aber die / so frey gebohren: procul, & prope: Ferne und nahe. Der Tod lässet sich an keines Menschen Hertz binden. Ein König zeigte einem sein Reichthum/ worüber sich selbiger verwunderte/ und sprach: In Warheit/ dieses Reichthum wäre bey weitem mehr werth/ wenn man darvon nicht sterben dürffte. Der König gab ihm zur Antwort: Du Narr/ wann wir Menschen nicht stürben/ so wäre ich anitzo auch nicht König/ und besässe diesen Schatz nicht. Leben und Sterben ist einerley / viel besser aber der/ welcher wohl verstorben. Ein jeder Mensch/ der einen Auffenthalt seines Lebens suchet/ der ist entweder gottlos/ neidisch/ böse / oder fürchtet sich der Verdammnis: Denn dasjenige Leben/ welches in dem Menschen nichts als Traurigkeit/ Angst und Gewissens-Bangigkeit gebiehret/ ist kein Leben/ sondern nur Qual und Marter zu nennen. Fürst Johann von Nassau-Dillenberg lies in sein Gemach schreiben/ dieses:

Wer da stirbt/ eh' er stirbt/ Der stirbt nicht/ wenn er stirbt.

Wer da stirbet/ der darff vielem Unglücke nicht unterworfen seyn. Seneca sagt: Mors optimum inventum naturae, omnibus finis, multis remedium, quibusdam votum, de nullis melius merita, quam de his, ad quos venit, antequam invocaretur. Als Keyser Maximilianus der Andere starb/ lies man eine Müntze schlagen/ worauf man Cron und Scepter/ und gleichsam eine Taube gen Himmel fliehen sahe/ mit dieser Uberschrifft: dum ad Superos transferor, nihil humana moror. Indem ich mich gen Himmel schwinge/ so achte ich nichts Menschliches. Wer einmahl aus dem Gefängnisse dieser Welt kömmet/ der begehret nicht wieder zurücke. Wohl sterben / ist nichts anders als der Gefahr übel zu leben entfliehen. Jhrer viel empfinden für der Trennung ihres Leibes und der Seele ein Grauen/ wer wollte aber nicht eine böse für eine gute Stunde/ und einen wenigen Schmertz/ für eine ewige Freude ausstehen?

Alle Dinge beruhen darauf/ daß sie wieder zu deme/ was sie gewesen/ zu gelangen trachten. Der Leib und die Seele des Menschen/ wird niemahls vollkommen/ es sey dann/ daß diese/ als ein Geist/ wieder zu GOtt komme / und jener zuvor zur Erden werde/ woraus er gemacht ist. Alles tauret nur eine Weile/ dahero so ist es eine Thorheit/ auf viel Jahr mit vergeblicher Hoffnung bauen/ man frage einen Alten/ der wird einem sagen/ was dieselben seynd. Victoria Limes, der Sieg ist endlich Isidorus. das Ziel/ wornach man strebet. Bey etlichen Keysern war der Gebrauch/ daß/ wann sie auf ihren Königlichen Thron geführet und gecrönt wurden/ denenselben Einer unterschiedene Art Steine/ sich daraus ein Grab machen zu lassen/ mit diesen Worten fürlegte:

tur gesagt. Die Nacht hat zwey Kinder/ nehmlich den Schlaf und den Tod/ das erste ist ein Vorbild des andern / das andere aber ein Durchgang zu einem künfftigen Leben. Wie Keyser Friedrich gefragt wurde/ was dem Menschen am nützlichsten? gab er zur Antwort: Ein seeliges Ende. Ad lectum, ad letum. Vom Bette zum Tode/ sagte Justus Lipsius, und starb darüber. Diejenigen/ welche frey sterben/ sind frey/ nicht aber die / so frey gebohren: procul, & propè: Ferne und nahe. Der Tod lässet sich an keines Menschen Hertz binden. Ein König zeigte einem sein Reichthum/ worüber sich selbiger verwunderte/ und sprach: In Warheit/ dieses Reichthum wäre bey weitem mehr werth/ wenn man darvon nicht sterben dürffte. Der König gab ihm zur Antwort: Du Narr/ wann wir Menschen nicht stürben/ so wäre ich anitzo auch nicht König/ und besässe diesen Schatz nicht. Leben und Sterben ist einerley / viel besser aber der/ welcher wohl verstorben. Ein jeder Mensch/ der einen Auffenthalt seines Lebens suchet/ der ist entweder gottlos/ neidisch/ böse / oder fürchtet sich der Verdammnis: Denn dasjenige Leben/ welches in dem Menschen nichts als Traurigkeit/ Angst und Gewissens-Bangigkeit gebiehret/ ist kein Leben/ sondern nur Qual und Marter zu nennen. Fürst Johann von Nassau-Dillenberg lies in sein Gemach schreiben/ dieses:

Wer da stirbt/ eh' er stirbt/ Der stirbt nicht/ wenn er stirbt.

Wer da stirbet/ der darff vielem Unglücke nicht unterworfen seyn. Seneca sagt: Mors optimum inventum naturae, omnibus finis, multis remedium, quibusdam votum, de nullis melius merita, quàm de his, ad quos venit, antequam invocaretur. Als Keyser Maximilianus der Andere starb/ lies man eine Müntze schlagen/ worauf man Cron und Scepter/ und gleichsam eine Taube gen Himmel fliehen sahe/ mit dieser Uberschrifft: dum ad Superos transferor, nihil humana moror. Indem ich mich gen Himmel schwinge/ so achte ich nichts Menschliches. Wer einmahl aus dem Gefängnisse dieser Welt kömmet/ der begehret nicht wieder zurücke. Wohl sterben / ist nichts anders als der Gefahr übel zu leben entfliehen. Jhrer viel empfinden für der Trennung ihres Leibes und der Seele ein Grauen/ wer wollte aber nicht eine böse für eine gute Stunde/ und einen wenigen Schmertz/ für eine ewige Freude ausstehen?

Alle Dinge beruhen darauf/ daß sie wieder zu deme/ was sie gewesen/ zu gelangen trachten. Der Leib und die Seele des Menschen/ wird niemahls vollkommen/ es sey dann/ daß diese/ als ein Geist/ wieder zu GOtt komme / und jener zuvor zur Erden werde/ woraus er gemacht ist. Alles tauret nur eine Weile/ dahero so ist es eine Thorheit/ auf viel Jahr mit vergeblicher Hoffnung bauen/ man frage einen Alten/ der wird einem sagen/ was dieselben seynd. Victoria Limes, der Sieg ist endlich Isidorus. das Ziel/ wornach man strebet. Bey etlichen Keysern war der Gebrauch/ daß/ wann sie auf ihren Königlichen Thron geführet und gecrönt wurden/ denenselben Einer unterschiedene Art Steine/ sich daraus ein Grab machen zu lassen/ mit diesen Worten fürlegte:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0589" n="561"/>
tur gesagt. Die Nacht hat zwey                      Kinder/ nehmlich den Schlaf und den Tod/ das erste ist ein Vorbild des andern                     / das andere aber ein Durchgang zu einem künfftigen Leben. Wie Keyser Friedrich                      gefragt wurde/ was dem Menschen am nützlichsten? gab er zur Antwort: Ein                      seeliges Ende. Ad lectum, ad letum. Vom Bette zum Tode/ sagte Justus Lipsius,                      und starb darüber. Diejenigen/ welche frey sterben/ sind frey/ nicht aber die                     / so frey gebohren: procul, &amp; propè: Ferne und nahe. Der Tod lässet sich an                      keines Menschen Hertz binden. Ein König zeigte einem sein Reichthum/ worüber                      sich selbiger verwunderte/ und sprach: In Warheit/ dieses Reichthum wäre bey                      weitem mehr werth/ wenn man darvon nicht sterben dürffte. Der König gab ihm zur                      Antwort: Du Narr/ wann wir Menschen nicht stürben/ so wäre ich anitzo auch                      nicht König/ und besässe diesen Schatz nicht. Leben und Sterben ist einerley /                      viel besser aber der/ welcher wohl verstorben. Ein jeder Mensch/ der einen                      Auffenthalt seines Lebens suchet/ der ist entweder gottlos/ neidisch/ böse /                      oder fürchtet sich der Verdammnis: Denn dasjenige Leben/ welches in dem                      Menschen nichts als Traurigkeit/ Angst und Gewissens-Bangigkeit gebiehret/ ist                      kein Leben/ sondern nur Qual und Marter zu nennen. Fürst Johann von                      Nassau-Dillenberg lies in sein Gemach schreiben/ dieses:</p>
        <p>Wer da stirbt/ eh' er stirbt/ Der stirbt nicht/ wenn er stirbt.</p>
        <p>Wer da stirbet/ der darff vielem Unglücke nicht unterworfen seyn. Seneca sagt:                      Mors optimum inventum naturae, omnibus finis, multis remedium, quibusdam votum,                      de nullis melius merita, quàm de his, ad quos venit, antequam invocaretur. Als                      Keyser Maximilianus der Andere starb/ lies man eine Müntze schlagen/ worauf                      man Cron und Scepter/ und gleichsam eine Taube gen Himmel fliehen sahe/ mit                      dieser Uberschrifft: dum ad Superos transferor, nihil humana moror. Indem ich                      mich gen Himmel schwinge/ so achte ich nichts Menschliches. Wer einmahl aus dem                      Gefängnisse dieser Welt kömmet/ der begehret nicht wieder zurücke. Wohl sterben                     / ist nichts anders als der Gefahr übel zu leben entfliehen. Jhrer viel                      empfinden für der Trennung ihres Leibes und der Seele ein Grauen/ wer wollte                      aber nicht eine böse für eine gute Stunde/ und einen wenigen Schmertz/ für                      eine ewige Freude ausstehen?</p>
        <p>Alle Dinge beruhen darauf/ daß sie wieder zu deme/ was sie gewesen/ zu                      gelangen trachten. Der Leib und die Seele des Menschen/ wird niemahls                      vollkommen/ es sey dann/ daß diese/ als ein Geist/ wieder zu GOtt komme /                      und jener zuvor zur Erden werde/ woraus er gemacht ist. Alles tauret nur eine                      Weile/ dahero so ist es eine Thorheit/ auf viel Jahr mit vergeblicher Hoffnung                      bauen/ man frage einen Alten/ der wird einem sagen/ was dieselben seynd.                      Victoria Limes, der Sieg ist endlich <note place="right">Isidorus.</note> das                      Ziel/ wornach man strebet. Bey etlichen Keysern war der Gebrauch/ daß/ wann                      sie auf ihren Königlichen Thron geführet und gecrönt wurden/ denenselben Einer                      unterschiedene Art Steine/ sich daraus ein Grab machen zu lassen/ mit diesen                      Worten fürlegte:</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[561/0589] tur gesagt. Die Nacht hat zwey Kinder/ nehmlich den Schlaf und den Tod/ das erste ist ein Vorbild des andern / das andere aber ein Durchgang zu einem künfftigen Leben. Wie Keyser Friedrich gefragt wurde/ was dem Menschen am nützlichsten? gab er zur Antwort: Ein seeliges Ende. Ad lectum, ad letum. Vom Bette zum Tode/ sagte Justus Lipsius, und starb darüber. Diejenigen/ welche frey sterben/ sind frey/ nicht aber die / so frey gebohren: procul, & propè: Ferne und nahe. Der Tod lässet sich an keines Menschen Hertz binden. Ein König zeigte einem sein Reichthum/ worüber sich selbiger verwunderte/ und sprach: In Warheit/ dieses Reichthum wäre bey weitem mehr werth/ wenn man darvon nicht sterben dürffte. Der König gab ihm zur Antwort: Du Narr/ wann wir Menschen nicht stürben/ so wäre ich anitzo auch nicht König/ und besässe diesen Schatz nicht. Leben und Sterben ist einerley / viel besser aber der/ welcher wohl verstorben. Ein jeder Mensch/ der einen Auffenthalt seines Lebens suchet/ der ist entweder gottlos/ neidisch/ böse / oder fürchtet sich der Verdammnis: Denn dasjenige Leben/ welches in dem Menschen nichts als Traurigkeit/ Angst und Gewissens-Bangigkeit gebiehret/ ist kein Leben/ sondern nur Qual und Marter zu nennen. Fürst Johann von Nassau-Dillenberg lies in sein Gemach schreiben/ dieses: Wer da stirbt/ eh' er stirbt/ Der stirbt nicht/ wenn er stirbt. Wer da stirbet/ der darff vielem Unglücke nicht unterworfen seyn. Seneca sagt: Mors optimum inventum naturae, omnibus finis, multis remedium, quibusdam votum, de nullis melius merita, quàm de his, ad quos venit, antequam invocaretur. Als Keyser Maximilianus der Andere starb/ lies man eine Müntze schlagen/ worauf man Cron und Scepter/ und gleichsam eine Taube gen Himmel fliehen sahe/ mit dieser Uberschrifft: dum ad Superos transferor, nihil humana moror. Indem ich mich gen Himmel schwinge/ so achte ich nichts Menschliches. Wer einmahl aus dem Gefängnisse dieser Welt kömmet/ der begehret nicht wieder zurücke. Wohl sterben / ist nichts anders als der Gefahr übel zu leben entfliehen. Jhrer viel empfinden für der Trennung ihres Leibes und der Seele ein Grauen/ wer wollte aber nicht eine böse für eine gute Stunde/ und einen wenigen Schmertz/ für eine ewige Freude ausstehen? Alle Dinge beruhen darauf/ daß sie wieder zu deme/ was sie gewesen/ zu gelangen trachten. Der Leib und die Seele des Menschen/ wird niemahls vollkommen/ es sey dann/ daß diese/ als ein Geist/ wieder zu GOtt komme / und jener zuvor zur Erden werde/ woraus er gemacht ist. Alles tauret nur eine Weile/ dahero so ist es eine Thorheit/ auf viel Jahr mit vergeblicher Hoffnung bauen/ man frage einen Alten/ der wird einem sagen/ was dieselben seynd. Victoria Limes, der Sieg ist endlich das Ziel/ wornach man strebet. Bey etlichen Keysern war der Gebrauch/ daß/ wann sie auf ihren Königlichen Thron geführet und gecrönt wurden/ denenselben Einer unterschiedene Art Steine/ sich daraus ein Grab machen zu lassen/ mit diesen Worten fürlegte: Isidorus.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/589
Zitationshilfe: [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 561. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/589>, abgerufen am 25.11.2024.