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[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.

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und weiset uns eines Theils den Weg zum Himmel/ und des andern Theils zur Hölle.

Und der Tod beyderseits Ausgang Auf die Sünde und das Gesetze folget der Tod/ durch welchen man entweder zum ewigen oder verdammlichen Leben gehet. Wer wohl schlaffen will/ der muß die Kleider ablegen: Wer wohl sterben will/ der thue bey Zeiten Busse/ und lege das Irrdische von sich. Wann ein Schau-Spiel aus/ so schicket man das/ was man geborget zurück. Der jenige/ welcher sich bis in den Tod täglich seines Endes erinnert/ und seine Laster abstellet/ dessen Leben kan sich nicht unchristlich endigen.

Es ist hier unter einem Herrn und Knechte/ unter einem Bettelmann und Keyser kein Unterscheid: alle müssen unter des Todes Joch. Will man es nicht glauben / so gehe man zu dem Todten-Heere/ und zu denen/ deren Leiber und Köpfe ohne Unterscheid versammlet: das Beste aber/ so wir in diesem Leben ergreiffen/ ist / daß wir wohl sterben lernen. Als König Ferdinand der Erste in Castilien wahrnahm/ daß sich die Stunde seines Todes herbey nahete/ begab er sich mit Scepter und Crone in die Kirche/ legte daselbst allen seinen Königlichen Ornat für dem Altar nieder/ und sagte: Nun übergebe ich dir O GOTT! das Reich/ so du mir zugewandt/ hinwieder/ und nimm mich dargegen in dein Reich der Herrlichkeit mit Gnaden auf. Nichts besser ist in Trübsal und Wiederwärtigkeit als der Tod. Denn ob man gleich stirbet/ so stecket doch hinter dem Sterblichen ein Unsterbliches. Die Königin Isabella in Arragonien erkiesete ihr zu einem Sinnen-Bilde die Sonnen-Blume mit dieser Uberschrifft:

Sequor & aeternum specto.

Ich folge/ und sehe nach dem Ewigen.

Als ein frommer Mönch Hilarion einesmahls unter die Mörder fiel/ und sie ihn zu tödten bedroheten/ sagte er: Wer nichts hat/ der kan auch nichts verliehren / und ob ihr mich schon umbringet/ so scheue ich mich doch für dem Tode nicht / alldieweil ihr mir vielmehr die Thür zum Leben eröffnet. Wer die Sterblichkeit / und das/ was ihr anhänget/ betrachtet/ der wird leichtlich das Weltliche verachten. Der Tod ist nicht so erschrecklich/ als man sich von ihme einbildet. Denn wer sich darfür fürchtet/ der soll wissen/ daß der Natur nichts anständigers/ und nichts eigenthümlichers als die Veränderung ist. Niemand kan sich wärmen/ es brenne dann das Holtz und Niemand gereichet die Speise zur Nahrung/ es sey dann dieselbe zu einem Saffte verwandelt: Also muß auch der Leib durch den Tod verkläret/ und zum Nutzen gebracht werden/ und gleichwie gebohren werden/ Pflantzen/ Weinen/ Lachen/ Reden/ Schweigen/ Lieben / Hassen/ Streit und Freude seine Zeit hat; ebener Gestalt verhält es sich auch mit dem Sterben. Hertzog Johannes zu Cleve hatte in seinem Sinnen-Bilde eine Lilie worüber dieses:

Hodie aliquid, cras nihil.

Heute etwas/ morgen nichts.

Da man den weisen Anaxagoras abwesend zum Tode verurtheilete/ und er solches erfuhr/ sprach er: das hat vorlängsten mir schon meine Na-

und weiset uns eines Theils den Weg zum Himmel/ und des andern Theils zur Hölle.

Und der Tod beyderseits Ausgang Auf die Sünde und das Gesetze folget der Tod/ durch welchen man entweder zum ewigen oder verdammlichen Leben gehet. Wer wohl schlaffen will/ der muß die Kleider ablegen: Wer wohl sterben will/ der thue bey Zeiten Busse/ und lege das Irrdische von sich. Wann ein Schau-Spiel aus/ so schicket man das/ was man geborget zurück. Der jenige/ welcher sich bis in den Tod täglich seines Endes erinnert/ und seine Laster abstellet/ dessen Leben kan sich nicht unchristlich endigen.

Es ist hier unter einem Herrn und Knechte/ unter einem Bettelmann und Keyser kein Unterscheid: alle müssen unter des Todes Joch. Will man es nicht glauben / so gehe man zu dem Todten-Heere/ und zu denen/ deren Leiber und Köpfe ohne Unterscheid versammlet: das Beste aber/ so wir in diesem Leben ergreiffen/ ist / daß wir wohl sterben lernen. Als König Ferdinand der Erste in Castilien wahrnahm/ daß sich die Stunde seines Todes herbey nahete/ begab er sich mit Scepter und Crone in die Kirche/ legte daselbst allen seinen Königlichen Ornat für dem Altar nieder/ und sagte: Nun übergebe ich dir O GOTT! das Reich/ so du mir zugewandt/ hinwieder/ und nimm mich dargegen in dein Reich der Herrlichkeit mit Gnaden auf. Nichts besser ist in Trübsal und Wiederwärtigkeit als der Tod. Denn ob man gleich stirbet/ so stecket doch hinter dem Sterblichen ein Unsterbliches. Die Königin Isabella in Arragonien erkiesete ihr zu einem Sinnen-Bilde die Sonnen-Blume mit dieser Uberschrifft:

Sequor & aeternum specto.

Ich folge/ und sehe nach dem Ewigen.

Als ein frommer Mönch Hilarion einesmahls unter die Mörder fiel/ und sie ihn zu tödten bedroheten/ sagte er: Wer nichts hat/ der kan auch nichts verliehren / und ob ihr mich schon umbringet/ so scheue ich mich doch für dem Tode nicht / alldieweil ihr mir vielmehr die Thür zum Leben eröffnet. Wer die Sterblichkeit / und das/ was ihr anhänget/ betrachtet/ der wird leichtlich das Weltliche verachten. Der Tod ist nicht so erschrecklich/ als man sich von ihme einbildet. Denn wer sich darfür fürchtet/ der soll wissen/ daß der Natur nichts anständigers/ und nichts eigenthümlichers als die Veränderung ist. Niemand kan sich wärmen/ es brenne dann das Holtz und Niemand gereichet die Speise zur Nahrung/ es sey dann dieselbe zu einem Saffte verwandelt: Also muß auch der Leib durch den Tod verkläret/ und zum Nutzen gebracht werden/ und gleichwie gebohren werden/ Pflantzen/ Weinen/ Lachen/ Reden/ Schweigen/ Lieben / Hassen/ Streit und Freude seine Zeit hat; ebener Gestalt verhält es sich auch mit dem Sterben. Hertzog Johannes zu Cleve hatte in seinem Sinnen-Bilde eine Lilie worüber dieses:

Hodiè aliquid, cras nihil.

Heute etwas/ morgen nichts.

Da man den weisen Anaxagoras abwesend zum Tode verurtheilete/ und er solches erfuhr/ sprach er: das hat vorlängsten mir schon meine Na-

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[560/0588] und weiset uns eines Theils den Weg zum Himmel/ und des andern Theils zur Hölle. Auf die Sünde und das Gesetze folget der Tod/ durch welchen man entweder zum ewigen oder verdammlichen Leben gehet. Wer wohl schlaffen will/ der muß die Kleider ablegen: Wer wohl sterben will/ der thue bey Zeiten Busse/ und lege das Irrdische von sich. Wann ein Schau-Spiel aus/ so schicket man das/ was man geborget zurück. Der jenige/ welcher sich bis in den Tod täglich seines Endes erinnert/ und seine Laster abstellet/ dessen Leben kan sich nicht unchristlich endigen. Und der Tod beyderseits Ausgang Es ist hier unter einem Herrn und Knechte/ unter einem Bettelmann und Keyser kein Unterscheid: alle müssen unter des Todes Joch. Will man es nicht glauben / so gehe man zu dem Todten-Heere/ und zu denen/ deren Leiber und Köpfe ohne Unterscheid versammlet: das Beste aber/ so wir in diesem Leben ergreiffen/ ist / daß wir wohl sterben lernen. Als König Ferdinand der Erste in Castilien wahrnahm/ daß sich die Stunde seines Todes herbey nahete/ begab er sich mit Scepter und Crone in die Kirche/ legte daselbst allen seinen Königlichen Ornat für dem Altar nieder/ und sagte: Nun übergebe ich dir O GOTT! das Reich/ so du mir zugewandt/ hinwieder/ und nimm mich dargegen in dein Reich der Herrlichkeit mit Gnaden auf. Nichts besser ist in Trübsal und Wiederwärtigkeit als der Tod. Denn ob man gleich stirbet/ so stecket doch hinter dem Sterblichen ein Unsterbliches. Die Königin Isabella in Arragonien erkiesete ihr zu einem Sinnen-Bilde die Sonnen-Blume mit dieser Uberschrifft: Sequor & aeternum specto. Ich folge/ und sehe nach dem Ewigen. Als ein frommer Mönch Hilarion einesmahls unter die Mörder fiel/ und sie ihn zu tödten bedroheten/ sagte er: Wer nichts hat/ der kan auch nichts verliehren / und ob ihr mich schon umbringet/ so scheue ich mich doch für dem Tode nicht / alldieweil ihr mir vielmehr die Thür zum Leben eröffnet. Wer die Sterblichkeit / und das/ was ihr anhänget/ betrachtet/ der wird leichtlich das Weltliche verachten. Der Tod ist nicht so erschrecklich/ als man sich von ihme einbildet. Denn wer sich darfür fürchtet/ der soll wissen/ daß der Natur nichts anständigers/ und nichts eigenthümlichers als die Veränderung ist. Niemand kan sich wärmen/ es brenne dann das Holtz und Niemand gereichet die Speise zur Nahrung/ es sey dann dieselbe zu einem Saffte verwandelt: Also muß auch der Leib durch den Tod verkläret/ und zum Nutzen gebracht werden/ und gleichwie gebohren werden/ Pflantzen/ Weinen/ Lachen/ Reden/ Schweigen/ Lieben / Hassen/ Streit und Freude seine Zeit hat; ebener Gestalt verhält es sich auch mit dem Sterben. Hertzog Johannes zu Cleve hatte in seinem Sinnen-Bilde eine Lilie worüber dieses: Hodiè aliquid, cras nihil. Heute etwas/ morgen nichts. Da man den weisen Anaxagoras abwesend zum Tode verurtheilete/ und er solches erfuhr/ sprach er: das hat vorlängsten mir schon meine Na-

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Zitationshilfe: [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 560. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/588>, abgerufen am 22.11.2024.