Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.

Bild:
<< vorherige Seite

man auch Stadt- und Hauß-Götter; Götter der Tage; Götter der Woche/ Götter der Tugend/ der Gesundheit/ der Kranckheit/ der Geburth/ Die Opfer der Meer-Götter / Ravisius Text. der Glieder/ der Kunst und dergleichen. Die blinden Heyden meinten/ es herrscheten gewisse Geister über das Meer/ und weil dasselbe wegen seiner brausenden und tobenden Wellen starck und mächtig/ so müsten auch die Geister starck/ und dahero diejenigen Cörper/ so man ihren opferte/ von Stärcke und Grösse nicht geringer seyn. Denn gleich wie man denen vermeinten obersten Göttern nur etliche Theile des geschlachteten Viehes vermittelst des Feuers mit Wein opferte/ und darbey einen Geruch von Weyrauch / und dergleichen anzündete: Also opferte man gegentheils dem Neptuno und andern Meer-Göttern an dem Ufer des Meeres einen schwartzen Ochsen/ den man mit der Axt erschlug/ die Gurgel abstach/ und das Blut in einen Eymer sammlete. Wenn er nun/ als ein König des Meeres/ wie sie vorgaben/ besänfftiget/ und seine Wellen gestillet/ schlachtete man ihm ein Lamm/ und wildes Schwein; derjenige aber/ so sich zu Schiffe über Seee begeben wollte/ eine Saue/ goß aus einem Trinck-Geschirr derselben Blut in das Meer/ und that darbey sein Gebet; diejenigen aber/ so allbereit auf dem Schiffe waren/ fungen das Blut oder das Opfer nicht in eine Schale/ sondernliessen es gleich mit ihrem Gebet/ wie hiervon der Poet schreibet/ in das Meer.

Apollonius. Ille preces fundens jugulavit, in aequoris undam mox de puppe jacit.

Virgil. lib. 5. Sobald die Opfer-Thiere erwürget und zerschnitten/ schüttete man die Eingeweide mit dem Gebete/ hernach aber den Wein in das Wasser/ und stund derjenige/ so das Opfer verrichtete/ mit Oliven-Blättern auf dem Haupte an dem Fordertheile des Schiffes/ hatte eine Schale und das Eingeweide nebenst dem Weine bey der Hand/ schüttete es in das gesaltzene Meer/ und that hierauf wieder sein Gebeth. Bey dem Opfer/ so man den Meer-Nymphen thate/ wurde der Wein in das Feuer/ und nicht in das Meer gegossen/ und diese Gewonheit rührete Daher/ weil die Alten durch den Oceanum und das Meer bald den Vater aller Dinge/ bald eine von Gott herrührende Feuchtigkeit/ in alle natürliche Cörper und Materien verstanden. Denn also meldet Virgilius:

Oceano libemus, ait, simul ipse precatur,

Oceanumq[unleserliches Material] Patrem rerum, Nymphasq[unleserliches Material] Sorores,

Centum quae sylvas, centum quae flumina servant,

Ter liquido ardentem perfudit Nectare Vertam,

Ter flamma ad summum tecti subjecta reluxit.

Last uns dem Ocean/ sprach Er/ ein Opfer bringen!

Und betete zugleich den Ocean selbst an /

Wie auch die Nymphen/ (die dort hundert Wälder zwingen

Und hundert Flüsse) die kein Haß nicht trennen kan.

Dreymahl hat Er darauf die Glut mit Wein begossen /

Dreymahl ist bis ans Dach die Flamme auf geschossen.

man auch Stadt- und Hauß-Götter; Götter der Tage; Götter der Woche/ Götter der Tugend/ der Gesundheit/ der Kranckheit/ der Geburth/ Die Opfer der Meer-Götter / Ravisius Text. der Glieder/ der Kunst und dergleichen. Die blinden Heyden meinten/ es herrscheten gewisse Geister über das Meer/ und weil dasselbe wegen seiner brausenden und tobenden Wellen starck und mächtig/ so müsten auch die Geister starck/ und dahero diejenigen Cörper/ so man ihren opferte/ von Stärcke und Grösse nicht geringer seyn. Denn gleich wie man denen vermeinten obersten Göttern nur etliche Theile des geschlachteten Viehes vermittelst des Feuers mit Wein opferte/ und darbey einen Geruch von Weyrauch / und dergleichen anzündete: Also opferte man gegentheils dem Neptuno und andern Meer-Göttern an dem Ufer des Meeres einen schwartzen Ochsen/ den man mit der Axt erschlug/ die Gurgel abstach/ und das Blut in einen Eymer sammlete. Wenn er nun/ als ein König des Meeres/ wie sie vorgaben/ besänfftiget/ und seine Wellen gestillet/ schlachtete man ihm ein Lamm/ und wildes Schwein; derjenige aber/ so sich zu Schiffe über Seee begeben wollte/ eine Saue/ goß aus einem Trinck-Geschirr derselben Blut in das Meer/ und that darbey sein Gebet; diejenigen aber/ so allbereit auf dem Schiffe waren/ fungen das Blut oder das Opfer nicht in eine Schale/ sondernliessen es gleich mit ihrem Gebet/ wie hiervon der Poet schreibet/ in das Meer.

Apollonius. Ille preces fundens jugulavit, in aequoris undam mox de puppe jacit.

Virgil. lib. 5. Sobald die Opfer-Thiere erwürget und zerschnitten/ schüttete man die Eingeweide mit dem Gebete/ hernach aber den Wein in das Wasser/ und stund derjenige/ so das Opfer verrichtete/ mit Oliven-Blättern auf dem Haupte an dem Fordertheile des Schiffes/ hatte eine Schale und das Eingeweide nebenst dem Weine bey der Hand/ schüttete es in das gesaltzene Meer/ und that hierauf wieder sein Gebeth. Bey dem Opfer/ so man den Meer-Nymphen thate/ wurde der Wein in das Feuer/ und nicht in das Meer gegossen/ und diese Gewonheit rührete Daher/ weil die Alten durch den Oceanum und das Meer bald den Vater aller Dinge/ bald eine von Gott herrührende Feuchtigkeit/ in alle natürliche Cörper und Materien verstanden. Denn also meldet Virgilius:

Oceano libemus, ait, simul ipse precatur,

Oceanumq[unleserliches Material] Patrem rerum, Nymphasq[unleserliches Material] Sorores,

Centum quae sylvas, centum quae flumina servant,

Ter liquido ardentem perfudit Nectare Vertam,

Ter flamma ad summum tecti subjecta reluxit.

Last uns dem Ocean/ sprach Er/ ein Opfer bringen!

Und betete zugleich den Ocean selbst an /

Wie auch die Nymphen/ (die dort hundert Wälder zwingen

Und hundert Flüsse) die kein Haß nicht trennen kan.

Dreymahl hat Er darauf die Glut mit Wein begossen /

Dreymahl ist bis ans Dach die Flamme auf geschossen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0445" n="411"/>
man auch Stadt- und Hauß-Götter;                      Götter der Tage; Götter der Woche/ Götter der Tugend/ der Gesundheit/ der                      Kranckheit/ der Geburth/ <note place="right">Die Opfer der Meer-Götter /                          Ravisius Text.</note> der Glieder/ der Kunst und dergleichen. Die blinden                      Heyden meinten/ es herrscheten gewisse Geister über das Meer/ und weil                      dasselbe wegen seiner brausenden und tobenden Wellen starck und mächtig/ so                      müsten auch die Geister starck/ und dahero diejenigen Cörper/ so man ihren                      opferte/ von Stärcke und Grösse nicht geringer seyn. Denn gleich wie man denen                      vermeinten obersten Göttern nur etliche Theile des geschlachteten Viehes                      vermittelst des Feuers mit Wein opferte/ und darbey einen Geruch von Weyrauch /                      und dergleichen anzündete: Also opferte man gegentheils dem Neptuno und andern                      Meer-Göttern an dem Ufer des Meeres einen schwartzen Ochsen/ den man mit der                      Axt erschlug/ die Gurgel abstach/ und das Blut in einen Eymer sammlete. Wenn                      er nun/ als ein König des Meeres/ wie sie vorgaben/ besänfftiget/ und seine                      Wellen gestillet/ schlachtete man ihm ein Lamm/ und wildes Schwein; derjenige                      aber/ so sich zu Schiffe über Seee begeben wollte/ eine Saue/ goß aus einem                      Trinck-Geschirr derselben Blut in das Meer/ und that darbey sein Gebet;                      diejenigen aber/ so allbereit auf dem Schiffe waren/ fungen das Blut oder das                      Opfer nicht in eine Schale/ sondernliessen es gleich mit ihrem Gebet/ wie                      hiervon der Poet schreibet/ in das Meer.</p>
        <p><note place="right">Apollonius.</note> Ille preces fundens jugulavit, in aequoris                      undam mox de puppe jacit.</p>
        <p><note place="right">Virgil. lib. 5.</note> Sobald die Opfer-Thiere erwürget und                      zerschnitten/ schüttete man die Eingeweide mit dem Gebete/ hernach aber den                      Wein in das Wasser/ und stund derjenige/ so das Opfer verrichtete/ mit                      Oliven-Blättern auf dem Haupte an dem Fordertheile des Schiffes/ hatte eine                      Schale und das Eingeweide nebenst dem Weine bey der Hand/ schüttete es in das                      gesaltzene Meer/ und that hierauf wieder sein Gebeth. Bey dem Opfer/ so man                      den Meer-Nymphen thate/ wurde der Wein in das Feuer/ und nicht in das Meer                      gegossen/ und diese Gewonheit rührete Daher/ weil die Alten durch den Oceanum                      und das Meer bald den Vater aller Dinge/ bald eine von Gott herrührende                      Feuchtigkeit/ in alle natürliche Cörper und Materien verstanden. Denn also                      meldet Virgilius:</p>
        <p>Oceano libemus, ait, simul ipse precatur,</p>
        <p>Oceanumq<gap reason="illegible"/> Patrem rerum, Nymphasq<gap reason="illegible"/> Sorores,</p>
        <p>Centum quae sylvas, centum quae flumina servant,</p>
        <p>Ter liquido ardentem perfudit Nectare Vertam,</p>
        <p>Ter flamma ad summum tecti subjecta reluxit.</p>
        <p>Last uns dem Ocean/ sprach Er/ ein Opfer bringen!</p>
        <p>Und betete zugleich den Ocean selbst an /</p>
        <p>Wie auch die Nymphen/ (die dort hundert Wälder zwingen</p>
        <p>Und hundert Flüsse) die kein Haß nicht trennen kan.</p>
        <p>Dreymahl hat Er darauf die Glut mit Wein begossen /</p>
        <p>Dreymahl ist bis ans Dach die Flamme auf geschossen.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[411/0445] man auch Stadt- und Hauß-Götter; Götter der Tage; Götter der Woche/ Götter der Tugend/ der Gesundheit/ der Kranckheit/ der Geburth/ der Glieder/ der Kunst und dergleichen. Die blinden Heyden meinten/ es herrscheten gewisse Geister über das Meer/ und weil dasselbe wegen seiner brausenden und tobenden Wellen starck und mächtig/ so müsten auch die Geister starck/ und dahero diejenigen Cörper/ so man ihren opferte/ von Stärcke und Grösse nicht geringer seyn. Denn gleich wie man denen vermeinten obersten Göttern nur etliche Theile des geschlachteten Viehes vermittelst des Feuers mit Wein opferte/ und darbey einen Geruch von Weyrauch / und dergleichen anzündete: Also opferte man gegentheils dem Neptuno und andern Meer-Göttern an dem Ufer des Meeres einen schwartzen Ochsen/ den man mit der Axt erschlug/ die Gurgel abstach/ und das Blut in einen Eymer sammlete. Wenn er nun/ als ein König des Meeres/ wie sie vorgaben/ besänfftiget/ und seine Wellen gestillet/ schlachtete man ihm ein Lamm/ und wildes Schwein; derjenige aber/ so sich zu Schiffe über Seee begeben wollte/ eine Saue/ goß aus einem Trinck-Geschirr derselben Blut in das Meer/ und that darbey sein Gebet; diejenigen aber/ so allbereit auf dem Schiffe waren/ fungen das Blut oder das Opfer nicht in eine Schale/ sondernliessen es gleich mit ihrem Gebet/ wie hiervon der Poet schreibet/ in das Meer. Die Opfer der Meer-Götter / Ravisius Text. Ille preces fundens jugulavit, in aequoris undam mox de puppe jacit. Apollonius. Sobald die Opfer-Thiere erwürget und zerschnitten/ schüttete man die Eingeweide mit dem Gebete/ hernach aber den Wein in das Wasser/ und stund derjenige/ so das Opfer verrichtete/ mit Oliven-Blättern auf dem Haupte an dem Fordertheile des Schiffes/ hatte eine Schale und das Eingeweide nebenst dem Weine bey der Hand/ schüttete es in das gesaltzene Meer/ und that hierauf wieder sein Gebeth. Bey dem Opfer/ so man den Meer-Nymphen thate/ wurde der Wein in das Feuer/ und nicht in das Meer gegossen/ und diese Gewonheit rührete Daher/ weil die Alten durch den Oceanum und das Meer bald den Vater aller Dinge/ bald eine von Gott herrührende Feuchtigkeit/ in alle natürliche Cörper und Materien verstanden. Denn also meldet Virgilius: Virgil. lib. 5. Oceano libemus, ait, simul ipse precatur, Oceanumq_ Patrem rerum, Nymphasq_ Sorores, Centum quae sylvas, centum quae flumina servant, Ter liquido ardentem perfudit Nectare Vertam, Ter flamma ad summum tecti subjecta reluxit. Last uns dem Ocean/ sprach Er/ ein Opfer bringen! Und betete zugleich den Ocean selbst an / Wie auch die Nymphen/ (die dort hundert Wälder zwingen Und hundert Flüsse) die kein Haß nicht trennen kan. Dreymahl hat Er darauf die Glut mit Wein begossen / Dreymahl ist bis ans Dach die Flamme auf geschossen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/445
Zitationshilfe: [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/445>, abgerufen am 22.11.2024.