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[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.

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den Unterthanen hefftig zu Hertzen gieng/ trat Er mitten auf den Marckt/ und fieng überlaut zu weinen an. Da dieses die Andern höreten/ lieffen sie gleichfalls hinzu/ und beweineten mit Thränen ihre unbeschreibliche Dienstbarkeit. So bald solches der Tyrann inne ward/ eilete Er mit seiner Leib-Guardia dahin/ wolte Ihnen das Weinen verbiethen/ und sie mit harten Schlägen wieder nach Hause schicken. Die Unterthanen aber setzten sich Männiglichen zur Gegenwehre/ riessen denen Soldaten das Gewehre aus den Händen/ schlugen den Tyrannen zu todte/ und setzten sich wieder in ihre nätürliche Freyheit. Der Tyrann und König Dionysius in Sicilien/ theilete allein nur denen jenigen die grösten Gnaden aus/ welche allerhand neue Laster erfanden. König Antigonus schätzte des Alexandri Magni erworbene Herrlichkeit sehr gering/ trug an statt einer güldenen Crone eine von Epheu geflochtene auf dem Haubte/ und an statt eines Königlichen Scepters Nesseln in der Hand. Dem jetztbesagten Alexander folgeten in seiner Regierung Alexander Antiochus/ Seleucus/ Ptolomeus. Gleichwie nun Alexander Magnus wegen seiner Tugend der grosse Beherrscher über Griechenland genennet ward: Also bekamen diese wegen ihrer Laster den Nahmen/ daß sie für die grösten Tyrannen in gantz Asien geachtet wurden. Denn alles/ was Alexander mit so herrlichen Triumphen gewonnen/ das haben diese durch ihre schändliche Laster wieder verlohren. Keyser Tiberius war ein angenommener Sohn Keysers Augusti. Diesen Tiberium nennete man auch um des willen Augustum/ weil Er das Reich vermehren sollte. Er aber verminderte es vielmehr. Nachdem Er aber von den Römern umgebracht/ hielten dieselben gewisse Processiones, und opfferten/ ihrem Bedüncken nach/ denen Göttern um keiner andern Ursach Willen die kostbarsten Dinge/ nur damit Sie nicht dieses Tyrannen Seele zu sich nehmen/ sondern dieselbe zu den höllischen Furien verstossen möchten. Keyser Nero eroberte das Römische Reich/ da Er noch jung war/ und/ weil Er seine eigene Mutter umgebracht/ die Ihn gebohren/ die Brüste eröffnete/ welche Er gesogen/ das Blut vergossen/ davon Er entsprossen/ das Eingeweide gesehen/ darinnen Er gelegen/ und viel andere fast unzehlbare Schandthaten mehr begienge/ so muste Er auch als ein Tyranne sein Leben wieder lassen.

Die allzuschwere Auflagen der Fürsten und Herren gebähren öffters die grösten Mißgeburten. Ihrer viel leben in den Gedancken/ wenn Sie ihre Unterthanen nicht mit Schatzungen und allerhand Diensten und Beschwerungen belegeten/ sie könten dieselbe nicht recht regieren/ und geben vor/ daß gleichwie die Weiden in drey Jahren einmahl musten behauet und beköpfet werden/ also solte man auch denen Unterthanen die Nahrung beschneiden/ und den Beutel vergeringern/ damit Sie nicht denen Obern zum Ha[unleserliches Material]ten wüchsen. Weit besser aber wuste es König Tyrus / welcher seinen Unterthanen weder Contributiones noch Schatzungen auflegete / sondern ein Jeder verehrete Ihm/ seinem Vermögen nach/ was Er wollte; Darum nenneten Ihn auch die Unterthanen einen Vater des Vaterlandes/ seinen Sohn den Cambysem/ weil Er Ihnen allzustrenge war/ einen Tyrannen/ den Darium/ weil Ihm alles um das Geld zu thun war/ einen Handelsmann. König Carln dem Siebenden in Franckreich muste man jährlich zwölffhundert tausend Francken erlegen: So bald aber sein Sohn Ludowig in die Regierung kam/ wurde dieselbe Anlage jährlich auf viertzig mahl hundert tausend Cronen gesteigert/ ausser was man zu Auferbauung der Königlichen Gebäude herschiessen müssen. Heutiges Tages hat man mehr Capitel der Einnahme/ als Wochen im Jahre sind/ und kan man öffters die

den Unterthanen hefftig zu Hertzen gieng/ trat Er mitten auf den Marckt/ und fieng überlaut zu weinen an. Da dieses die Andern höreten/ lieffen sie gleichfalls hinzu/ und beweineten mit Thränen ihre unbeschreibliche Dienstbarkeit. So bald solches der Tyrann inne ward/ eilete Er mit seiner Leib-Guardia dahin/ wolte Ihnen das Weinen verbiethen/ und sie mit harten Schlägen wieder nach Hause schicken. Die Unterthanen aber setzten sich Männiglichen zur Gegenwehre/ riessen denen Soldaten das Gewehre aus den Händen/ schlugen den Tyrannen zu todte/ und setzten sich wieder in ihre nätürliche Freyheit. Der Tyrann und König Dionysius in Sicilien/ theilete allein nur denen jenigen die grösten Gnaden aus/ welche allerhand neue Laster erfanden. König Antigonus schätzte des Alexandri Magni erworbene Herrlichkeit sehr gering/ trug an statt einer güldenen Crone eine von Epheu geflochtene auf dem Haubte/ und an statt eines Königlichen Scepters Nesseln in der Hand. Dem jetztbesagten Alexander folgeten in seiner Regierung Alexander Antiochus/ Seleucus/ Ptolomeus. Gleichwie nun Alexander Magnus wegen seiner Tugend der grosse Beherrscher über Griechenland genennet ward: Also bekamen diese wegen ihrer Laster den Nahmen/ daß sie für die grösten Tyrannen in gantz Asien geachtet wurden. Denn alles/ was Alexander mit so herrlichen Triumphen gewonnen/ das haben diese durch ihre schändliche Laster wieder verlohren. Keyser Tiberius war ein angenommener Sohn Keysers Augusti. Diesen Tiberium nennete man auch um des willen Augustum/ weil Er das Reich vermehren sollte. Er aber verminderte es vielmehr. Nachdem Er aber von den Römern umgebracht/ hielten dieselben gewisse Processiones, und opfferten/ ihrem Bedüncken nach/ denen Göttern um keiner andern Ursach Willen die kostbarsten Dinge/ nur damit Sie nicht dieses Tyrannen Seele zu sich nehmen/ sondern dieselbe zu den höllischen Furien verstossen möchten. Keyser Nero eroberte das Römische Reich/ da Er noch jung war/ und/ weil Er seine eigene Mutter umgebracht/ die Ihn gebohren/ die Brüste eröffnete/ welche Er gesogen/ das Blut vergossen/ davon Er entsprossen/ das Eingeweide gesehen/ darinnen Er gelegen/ und viel andere fast unzehlbare Schandthaten mehr begienge/ so muste Er auch als ein Tyranne sein Leben wieder lassen.

Die allzuschwere Auflagen der Fürsten und Herren gebähren öffters die grösten Mißgeburten. Ihrer viel leben in den Gedancken/ wenn Sie ihre Unterthanen nicht mit Schatzungen und allerhand Diensten und Beschwerungen belegeten/ sie könten dieselbe nicht recht regieren/ und geben vor/ daß gleichwie die Weiden in drey Jahren einmahl musten behauet und beköpfet werden/ also solte man auch denen Unterthanen die Nahrung beschneiden/ und den Beutel vergeringern/ damit Sie nicht denen Obern zum Ha[unleserliches Material]ten wüchsen. Weit besser aber wuste es König Tyrus / welcher seinen Unterthanen weder Contributiones noch Schatzungen auflegete / sondern ein Jeder verehrete Ihm/ seinem Vermögen nach/ was Er wollte; Darum nenneten Ihn auch die Unterthanen einen Vater des Vaterlandes/ seinen Sohn den Cambysem/ weil Er Ihnen allzustrenge war/ einen Tyrannen/ den Darium/ weil Ihm alles um das Geld zu thun war/ einen Handelsmann. König Carln dem Siebenden in Franckreich muste man jährlich zwölffhundert tausend Francken erlegen: So bald aber sein Sohn Ludowig in die Regierung kam/ wurde dieselbe Anlage jährlich auf viertzig mahl hundert tausend Cronen gesteigert/ ausser was man zu Auferbauung der Königlichen Gebäude herschiessen müssen. Heutiges Tages hat man mehr Capitel der Einnahme/ als Wochen im Jahre sind/ und kan man öffters die

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[352/0384] den Unterthanen hefftig zu Hertzen gieng/ trat Er mitten auf den Marckt/ und fieng überlaut zu weinen an. Da dieses die Andern höreten/ lieffen sie gleichfalls hinzu/ und beweineten mit Thränen ihre unbeschreibliche Dienstbarkeit. So bald solches der Tyrann inne ward/ eilete Er mit seiner Leib-Guardia dahin/ wolte Ihnen das Weinen verbiethen/ und sie mit harten Schlägen wieder nach Hause schicken. Die Unterthanen aber setzten sich Männiglichen zur Gegenwehre/ riessen denen Soldaten das Gewehre aus den Händen/ schlugen den Tyrannen zu todte/ und setzten sich wieder in ihre nätürliche Freyheit. Der Tyrann und König Dionysius in Sicilien/ theilete allein nur denen jenigen die grösten Gnaden aus/ welche allerhand neue Laster erfanden. König Antigonus schätzte des Alexandri Magni erworbene Herrlichkeit sehr gering/ trug an statt einer güldenen Crone eine von Epheu geflochtene auf dem Haubte/ und an statt eines Königlichen Scepters Nesseln in der Hand. Dem jetztbesagten Alexander folgeten in seiner Regierung Alexander Antiochus/ Seleucus/ Ptolomeus. Gleichwie nun Alexander Magnus wegen seiner Tugend der grosse Beherrscher über Griechenland genennet ward: Also bekamen diese wegen ihrer Laster den Nahmen/ daß sie für die grösten Tyrannen in gantz Asien geachtet wurden. Denn alles/ was Alexander mit so herrlichen Triumphen gewonnen/ das haben diese durch ihre schändliche Laster wieder verlohren. Keyser Tiberius war ein angenommener Sohn Keysers Augusti. Diesen Tiberium nennete man auch um des willen Augustum/ weil Er das Reich vermehren sollte. Er aber verminderte es vielmehr. Nachdem Er aber von den Römern umgebracht/ hielten dieselben gewisse Processiones, und opfferten/ ihrem Bedüncken nach/ denen Göttern um keiner andern Ursach Willen die kostbarsten Dinge/ nur damit Sie nicht dieses Tyrannen Seele zu sich nehmen/ sondern dieselbe zu den höllischen Furien verstossen möchten. Keyser Nero eroberte das Römische Reich/ da Er noch jung war/ und/ weil Er seine eigene Mutter umgebracht/ die Ihn gebohren/ die Brüste eröffnete/ welche Er gesogen/ das Blut vergossen/ davon Er entsprossen/ das Eingeweide gesehen/ darinnen Er gelegen/ und viel andere fast unzehlbare Schandthaten mehr begienge/ so muste Er auch als ein Tyranne sein Leben wieder lassen. Die allzuschwere Auflagen der Fürsten und Herren gebähren öffters die grösten Mißgeburten. Ihrer viel leben in den Gedancken/ wenn Sie ihre Unterthanen nicht mit Schatzungen und allerhand Diensten und Beschwerungen belegeten/ sie könten dieselbe nicht recht regieren/ und geben vor/ daß gleichwie die Weiden in drey Jahren einmahl musten behauet und beköpfet werden/ also solte man auch denen Unterthanen die Nahrung beschneiden/ und den Beutel vergeringern/ damit Sie nicht denen Obern zum Ha_ ten wüchsen. Weit besser aber wuste es König Tyrus / welcher seinen Unterthanen weder Contributiones noch Schatzungen auflegete / sondern ein Jeder verehrete Ihm/ seinem Vermögen nach/ was Er wollte; Darum nenneten Ihn auch die Unterthanen einen Vater des Vaterlandes/ seinen Sohn den Cambysem/ weil Er Ihnen allzustrenge war/ einen Tyrannen/ den Darium/ weil Ihm alles um das Geld zu thun war/ einen Handelsmann. König Carln dem Siebenden in Franckreich muste man jährlich zwölffhundert tausend Francken erlegen: So bald aber sein Sohn Ludowig in die Regierung kam/ wurde dieselbe Anlage jährlich auf viertzig mahl hundert tausend Cronen gesteigert/ ausser was man zu Auferbauung der Königlichen Gebäude herschiessen müssen. Heutiges Tages hat man mehr Capitel der Einnahme/ als Wochen im Jahre sind/ und kan man öffters die

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Zitationshilfe: [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/384>, abgerufen am 23.11.2024.