[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.Alle Lönigreiche haben/ gleich andern weltlichen Dingen/ ihr bestimmtes Ziel. MAs einen Anfang/ dasselbe hat auch ein Ende. Und dieses siehet man beydes an denen leb- und unlebhafften Creaturen und Gewächsen. Der Mensch wird gebohren / er gehet auch wieder zu Grunde. Die Blume wächst Seneca in Epist. 91. und verdirbt hinwieder. Alles was von sterblichen Menschen herrühret/ das ist vergänglich/ unbeständig und hinfällig. Der Mensch bringet öffters in vielen Jahren die grösste Arbeit vor sich/ und/ wenn man vermeinet / daß sie am langsten stehen sollte/ so wird sie in einem eintzigen Tage vertilget. Was war herrlicher als Troja/ was prächtiger als Carthago/ was besser als Corinth/ und was Majestätischer als das alte Rom? Wo aber findet man dieser letzteren ihre kostbarsten Amphitheatra? wo ihre ungewöhnliche Bäder? wo ihre so überflüssige aufgeführte Wassergänge? wo ihre stattliche Triumph-Bögen? und/ wo ihre andere ansehnliche Gebäude? Die Erfahrung bezeuget es/ daß sich die vormals grössten und gewaltigsten Königreiche heutiges Tages wegen ihres Unterganges kaum einem Fürstenthume oder geringen Herrschafft vergleichen. Denn gleichwie der Mensch in seiner blühenden Jugend/ in seinem männlichen Alter / und erlebten Jahren zuweilen ein Gedächtnus nach sich verlässet/ vielmals auch gar ohne Ruhm dahin stirbet: Also ist es auch mit allen Königreichen / Fürstenthümern/ und Herrschafften beschaffen/ welche ihren gewissen Anfang / Mittel und Ende haben/ also daß derselben anjetzo/ wo nicht gar/ doch wenig mehr gedacht wird. Keyser Ferdinand der Andere hatte öffters in Gewohnheit zu sagen: Es hätten alle weltliche Dinge ihr gestecktes Ziel/ und wäre nichts Neues/ wenn auch das Keyserthum bey dem Hause Oesterreich aufhörete. Niemand wird leugnen/ daß alle Königreich/ Herrschafften und Republiqven natürlicher Weise wieder untergehen. GOtt setzet durch seine unerforschliche Weisheit einem jeden Königreiche seine Zeit/ und bestimmet sie wie lange solches währen solle. Er machet Könige/ und setzet sie auch wieder ab. Alle Gewaltige sind für Jhm nichts. Er bringet den Nierdrigen zum 2. Chron. 13. V. 11. 13. Konigreiche/ und stösset die/ welche darinnen gebohren/ davon. Der Jüdische König Manasse ward von dem Könige in Assyrien mit Fesseln gen Judic. 6. V. 11. Babel geführet. Der Held Gideon wurde aus einem Drescher ein Richter und Fürst in Israel: Saul aus einem Eseltreiber / und David aus einem Schaff-Hirten ein König und Gesalbter. Die alten Römischen Könige Servius Tullius/ Servius Hostilius und Tarquinius Priscus waren alle geringen Standes. Keyser Probus/ Aurelianus und Justinianus Bauern- und Hirten-Söhne. Keyser Vespasianus ein Gefreyeter: Keyser Macrinus ein Leibeigener: Keyser Basilius ein reisiger Knecht: Keyser Leo Isauricus eines Handwercks-Manns: Keyser Mauritius eines Advocaten/ und Maximinus Papienus eines Messerschmids Sohn. Die Könige zu Og/ Basan und Al waren alle aus Königlichem Geblüte/ und wurden nichts desto weniger verstossen. Der König zu Babel Nebucadnezar war gewaltig und mächtig/ seine Gewalt und Hochmuth aber erstreckte sich nicht so wiet/ daß er selbst sein Reich erhalten kunte. Den Macedonischen König Alle Lönigreiche haben/ gleich andern weltlichen Dingen/ ihr bestimmtes Ziel. MAs einen Anfang/ dasselbe hat auch ein Ende. Und dieses siehet man beydes an denen leb- und unlebhafften Creaturen und Gewächsen. Der Mensch wird gebohren / er gehet auch wieder zu Grunde. Die Blume wächst Seneca in Epist. 91. und verdirbt hinwieder. Alles was von sterblichen Menschen herrühret/ das ist vergänglich/ unbeständig und hinfällig. Der Mensch bringet öffters in vielen Jahren die grösste Arbeit vor sich/ und/ wenn man vermeinet / daß sie am langsten stehen sollte/ so wird sie in einem eintzigen Tage vertilget. Was war herrlicher als Troja/ was prächtiger als Carthago/ was besser als Corinth/ und was Majestätischer als das alte Rom? Wo aber findet man dieser letzteren ihre kostbarsten Amphitheatra? wo ihre ungewöhnliche Bäder? wo ihre so überflüssige aufgeführte Wassergänge? wo ihre stattliche Triumph-Bögen? und/ wo ihre andere ansehnliche Gebäude? Die Erfahrung bezeuget es/ daß sich die vormals grössten und gewaltigsten Königreiche heutiges Tages wegen ihres Unterganges kaum einem Fürstenthume oder geringen Herrschafft vergleichen. Denn gleichwie der Mensch in seiner blühenden Jugend/ in seinem männlichen Alter / und erlebten Jahren zuweilen ein Gedächtnus nach sich verlässet/ vielmals auch gar ohne Ruhm dahin stirbet: Also ist es auch mit allen Königreichen / Fürstenthümern/ und Herrschafften beschaffen/ welche ihren gewissen Anfang / Mittel und Ende haben/ also daß derselben anjetzo/ wo nicht gar/ doch wenig mehr gedacht wird. Keyser Ferdinand der Andere hatte öffters in Gewohnheit zu sagen: Es hätten alle weltliche Dinge ihr gestecktes Ziel/ und wäre nichts Neues/ wenn auch das Keyserthum bey dem Hause Oesterreich aufhörete. Niemand wird leugnen/ daß alle Königreich/ Herrschafften und Republiqven natürlicher Weise wieder untergehen. GOtt setzet durch seine unerforschliche Weisheit einem jeden Königreiche seine Zeit/ und bestimmet sie wie lange solches währen solle. Er machet Könige/ und setzet sie auch wieder ab. Alle Gewaltige sind für Jhm nichts. Er bringet den Nierdrigen zum 2. Chron. 13. V. 11. 13. Konigreiche/ und stösset die/ welche darinnen gebohren/ davon. Der Jüdische König Manasse ward von dem Könige in Assyrien mit Fesseln gen Judic. 6. V. 11. Babel geführet. Der Held Gideon wurde aus einem Drescher ein Richter und Fürst in Israel: Saul aus einem Eseltreiber / und David aus einem Schaff-Hirten ein König und Gesalbter. Die alten Römischen Könige Servius Tullius/ Servius Hostilius und Tarquinius Priscus waren alle geringen Standes. Keyser Probus/ Aurelianus und Justinianus Bauern- und Hirten-Söhne. Keyser Vespasianus ein Gefreyeter: Keyser Macrinus ein Leibeigener: Keyser Basilius ein reisiger Knecht: Keyser Leo Isauricus eines Handwercks-Manns: Keyser Mauritius eines Advocaten/ und Maximinus Papienus eines Messerschmids Sohn. Die Könige zu Og/ Basan und Al waren alle aus Königlichem Geblüte/ und wurden nichts desto weniger verstossen. Der König zu Babel Nebucadnezar war gewaltig und mächtig/ seine Gewalt und Hochmuth aber erstreckte sich nicht so wiet/ daß er selbst sein Reich erhalten kunte. Den Macedonischen König <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0297" n="265"/> <p>Alle Lönigreiche haben/ gleich andern weltlichen Dingen/ ihr bestimmtes Ziel.</p> <p>MAs einen Anfang/ dasselbe hat auch ein Ende. Und dieses siehet man beydes an denen leb- und unlebhafften Creaturen und Gewächsen. Der Mensch wird gebohren / er gehet auch wieder zu Grunde. Die Blume wächst <note place="right">Seneca in Epist. 91.</note> und verdirbt hinwieder. Alles was von sterblichen Menschen herrühret/ das ist vergänglich/ unbeständig und hinfällig. Der Mensch bringet öffters in vielen Jahren die grösste Arbeit vor sich/ und/ wenn man vermeinet / daß sie am langsten stehen sollte/ so wird sie in einem eintzigen Tage vertilget. Was war herrlicher als Troja/ was prächtiger als Carthago/ was besser als Corinth/ und was Majestätischer als das alte Rom? Wo aber findet man dieser letzteren ihre kostbarsten Amphitheatra? wo ihre ungewöhnliche Bäder? wo ihre so überflüssige aufgeführte Wassergänge? wo ihre stattliche Triumph-Bögen? und/ wo ihre andere ansehnliche Gebäude? Die Erfahrung bezeuget es/ daß sich die vormals grössten und gewaltigsten Königreiche heutiges Tages wegen ihres Unterganges kaum einem Fürstenthume oder geringen Herrschafft vergleichen. Denn gleichwie der Mensch in seiner blühenden Jugend/ in seinem männlichen Alter / und erlebten Jahren zuweilen ein Gedächtnus nach sich verlässet/ vielmals auch gar ohne Ruhm dahin stirbet: Also ist es auch mit allen Königreichen / Fürstenthümern/ und Herrschafften beschaffen/ welche ihren gewissen Anfang / Mittel und Ende haben/ also daß derselben anjetzo/ wo nicht gar/ doch wenig mehr gedacht wird. Keyser Ferdinand der Andere hatte öffters in Gewohnheit zu sagen: Es hätten alle weltliche Dinge ihr gestecktes Ziel/ und wäre nichts Neues/ wenn auch das Keyserthum bey dem Hause Oesterreich aufhörete. Niemand wird leugnen/ daß alle Königreich/ Herrschafften und Republiqven natürlicher Weise wieder untergehen. GOtt setzet durch seine unerforschliche Weisheit einem jeden Königreiche seine Zeit/ und bestimmet sie wie lange solches währen solle. Er machet Könige/ und setzet sie auch wieder ab. Alle Gewaltige sind für Jhm nichts. Er bringet den Nierdrigen zum <note place="right">2. Chron. 13. V. 11. 13.</note> Konigreiche/ und stösset die/ welche darinnen gebohren/ davon. Der Jüdische König Manasse ward von dem Könige in Assyrien mit Fesseln gen <note place="right">Judic. 6. V. 11.</note> Babel geführet. Der Held Gideon wurde aus einem Drescher ein Richter und Fürst in Israel: Saul aus einem Eseltreiber / und David aus einem Schaff-Hirten ein König und Gesalbter. Die alten Römischen Könige Servius Tullius/ Servius Hostilius und Tarquinius Priscus waren alle geringen Standes. Keyser Probus/ Aurelianus und Justinianus Bauern- und Hirten-Söhne. Keyser Vespasianus ein Gefreyeter: Keyser Macrinus ein Leibeigener: Keyser Basilius ein reisiger Knecht: Keyser Leo Isauricus eines Handwercks-Manns: Keyser Mauritius eines Advocaten/ und Maximinus Papienus eines Messerschmids Sohn. Die Könige zu Og/ Basan und Al waren alle aus Königlichem Geblüte/ und wurden nichts desto weniger verstossen. Der König zu Babel Nebucadnezar war gewaltig und mächtig/ seine Gewalt und Hochmuth aber erstreckte sich nicht so wiet/ daß er selbst sein Reich erhalten kunte. Den Macedonischen König </p> </div> </body> </text> </TEI> [265/0297]
Alle Lönigreiche haben/ gleich andern weltlichen Dingen/ ihr bestimmtes Ziel.
MAs einen Anfang/ dasselbe hat auch ein Ende. Und dieses siehet man beydes an denen leb- und unlebhafften Creaturen und Gewächsen. Der Mensch wird gebohren / er gehet auch wieder zu Grunde. Die Blume wächst und verdirbt hinwieder. Alles was von sterblichen Menschen herrühret/ das ist vergänglich/ unbeständig und hinfällig. Der Mensch bringet öffters in vielen Jahren die grösste Arbeit vor sich/ und/ wenn man vermeinet / daß sie am langsten stehen sollte/ so wird sie in einem eintzigen Tage vertilget. Was war herrlicher als Troja/ was prächtiger als Carthago/ was besser als Corinth/ und was Majestätischer als das alte Rom? Wo aber findet man dieser letzteren ihre kostbarsten Amphitheatra? wo ihre ungewöhnliche Bäder? wo ihre so überflüssige aufgeführte Wassergänge? wo ihre stattliche Triumph-Bögen? und/ wo ihre andere ansehnliche Gebäude? Die Erfahrung bezeuget es/ daß sich die vormals grössten und gewaltigsten Königreiche heutiges Tages wegen ihres Unterganges kaum einem Fürstenthume oder geringen Herrschafft vergleichen. Denn gleichwie der Mensch in seiner blühenden Jugend/ in seinem männlichen Alter / und erlebten Jahren zuweilen ein Gedächtnus nach sich verlässet/ vielmals auch gar ohne Ruhm dahin stirbet: Also ist es auch mit allen Königreichen / Fürstenthümern/ und Herrschafften beschaffen/ welche ihren gewissen Anfang / Mittel und Ende haben/ also daß derselben anjetzo/ wo nicht gar/ doch wenig mehr gedacht wird. Keyser Ferdinand der Andere hatte öffters in Gewohnheit zu sagen: Es hätten alle weltliche Dinge ihr gestecktes Ziel/ und wäre nichts Neues/ wenn auch das Keyserthum bey dem Hause Oesterreich aufhörete. Niemand wird leugnen/ daß alle Königreich/ Herrschafften und Republiqven natürlicher Weise wieder untergehen. GOtt setzet durch seine unerforschliche Weisheit einem jeden Königreiche seine Zeit/ und bestimmet sie wie lange solches währen solle. Er machet Könige/ und setzet sie auch wieder ab. Alle Gewaltige sind für Jhm nichts. Er bringet den Nierdrigen zum Konigreiche/ und stösset die/ welche darinnen gebohren/ davon. Der Jüdische König Manasse ward von dem Könige in Assyrien mit Fesseln gen Babel geführet. Der Held Gideon wurde aus einem Drescher ein Richter und Fürst in Israel: Saul aus einem Eseltreiber / und David aus einem Schaff-Hirten ein König und Gesalbter. Die alten Römischen Könige Servius Tullius/ Servius Hostilius und Tarquinius Priscus waren alle geringen Standes. Keyser Probus/ Aurelianus und Justinianus Bauern- und Hirten-Söhne. Keyser Vespasianus ein Gefreyeter: Keyser Macrinus ein Leibeigener: Keyser Basilius ein reisiger Knecht: Keyser Leo Isauricus eines Handwercks-Manns: Keyser Mauritius eines Advocaten/ und Maximinus Papienus eines Messerschmids Sohn. Die Könige zu Og/ Basan und Al waren alle aus Königlichem Geblüte/ und wurden nichts desto weniger verstossen. Der König zu Babel Nebucadnezar war gewaltig und mächtig/ seine Gewalt und Hochmuth aber erstreckte sich nicht so wiet/ daß er selbst sein Reich erhalten kunte. Den Macedonischen König
Seneca in Epist. 91.
2. Chron. 13. V. 11. 13.
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Zitationshilfe: | [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/297>, abgerufen am 01.07.2024. |