[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.Der Tod verschafft die Ruh zur Hand/ worauf erfolgt das Vaterland/ wodurch man kommt zur Herrlichkeit/ Da Ehr und Wonne ist bereit. Wann wir der Welt-Freude am besten verhoffen/ so stürtzet sie uns am meisten in des Teuffels Netze. König Philippus des Alexandri Magni Vater/ als er auf einen Tag drey ansehnliche Schlachten erhielte/ hub seine Hände gen Himmel und sagte: Oihr barmhertzigen Götter/ Euch bitte ich/ daß ihr mir diesen Sieg und diese Ehre nicht wollet in eine Strasse verwandeln. Der grosse Pompejus pflegte offters zu sagen/ daß er das Römische Reich ohne Hoffnung überkommen/ und da er es erlanget/ hinwieder verlohren/ ehe er sich dessen am wenigsten versehen. Niemahls ist der menschliche Stand so sicher/ daß er nicht täglich der Gefahr unterworffen. Keyser Constantinus ließ dem Hortensio umb einer übel-geschnittenen Feder willen den Kopf vor die Füsse legen. Keyser Commodus dem Cleander, um daß er geharnischt in das Keyserliche Zimmer getreten/ tödten. Keyser Alcamenes den Pannonium über dem Ballschlagen enthaupten. Alexander Magnus den Craterum, Diocletianus den Patricium, Domitianus den Rufinum, und Pyrrhus den Fabatum hinrichten. Der Poet und Welt-weise Euripides gab dem Könige Demetrio, als er von der menschlichen Schwachheit und Kürtze des Lebens gefraget wurde/ dieses zur Antwort: Es ist in diesem gantzen Leben nichts sicheres/ nichts Beständiges / noch Vollkommenes/ alldieweiln alle Dinge der Veränderung unterworffen. Niemand soll sich veracht halten/ als der zuvorn berühmt gewesen/ und niemand unglückselig/ als der/ welcher zuvor in grossen Ehren geschwebet: Keiner ist kräncker/ als der stets gesund ist: Keiner steckt in grösserer Gefahr/ als der sich niemahls darinne befunden: Keiner ist ärmer/ als deme niemahls nichts gemangelt. Denn wenn er vermeinet/ er ist am sichersten/ so geräth er am ersten in Unglück. In diesem Leben ist nichts gewissers/ als daß alles ungewiß: Viel Leute findet man an Fürstlichen Höfen/ die in ihren Lastern eher veralten / als daß sie dieselben sollten ablegen. Es ist auf dem gantzen Erdboden kein Alter/ keine Zeit/ kein Stand/ kein Königreich/ kein Volck und kein Mensch/ der nicht erfahre/ was Widerwille oder Unglücke sey. Denn erweget man bey sich den Verlust der Seinigen/ die Beraubung seiner Güter/ die Undanckbarkeit des Nechsten/ die Aufsätzligkeit seiner Feinde/ das Absterben der Freunde/ und andere vorlauffende Widerwärtigkeiten/ so wird man das armselige Leben mehr betauren/ als desselbigen sich lange wündschen. Alle Dinge unter dem Himmel sind wandelbar. Und ob schon die Gerechtigkeit und GOTTES-Furcht zwey Grund-Seulen/ worauf sich das Gebäude der Politica lehnet: So ist doch nichts desto weniger dasselbige zu erhalten/ eine übernatürliche That. Eine Zerrüttung zeiget der andern den Weg. Ein Königreich kömmt auf/ das Andere fällt dahin: Einer herrschet/ der Andere stirbet: Einer wächset/ der Andere grauet. Also gehet alles dahin/ woher es seinen Anfang genommen. Keiner wird glauben / daß der niedrige Stand dem jenigen um deßwegen seine Ehre und Tugend bemackele / weil ihn die Natur Der Tod verschafft die Ruh zur Hand/ worauf erfolgt das Vaterland/ wodurch man kommt zur Herrlichkeit/ Da Ehr und Wonne ist bereit. Wann wir der Welt-Freude am besten verhoffen/ so stürtzet sie uns am meisten in des Teuffels Netze. König Philippus des Alexandri Magni Vater/ als er auf einen Tag drey ansehnliche Schlachten erhielte/ hub seine Hände gen Himmel und sagte: Oihr barmhertzigen Götter/ Euch bitte ich/ daß ihr mir diesen Sieg und diese Ehre nicht wollet in eine Strasse verwandeln. Der grosse Pompejus pflegte offters zu sagen/ daß er das Römische Reich ohne Hoffnung überkommen/ und da er es erlanget/ hinwieder verlohren/ ehe er sich dessen am wenigsten versehen. Niemahls ist der menschliche Stand so sicher/ daß er nicht täglich der Gefahr unterworffen. Keyser Constantinus ließ dem Hortensio umb einer übel-geschnittenen Feder willen den Kopf vor die Füsse legen. Keyser Commodus dem Cleander, um daß er geharnischt in das Keyserliche Zimmer getreten/ tödten. Keyser Alcamenes den Pannonium über dem Ballschlagen enthaupten. Alexander Magnus den Craterum, Diocletianus den Patricium, Domitianus den Rufinum, und Pyrrhus den Fabatum hinrichten. Der Poet und Welt-weise Euripides gab dem Könige Demetrio, als er von der menschlichen Schwachheit und Kürtze des Lebens gefraget wurde/ dieses zur Antwort: Es ist in diesem gantzen Leben nichts sicheres/ nichts Beständiges / noch Vollkommenes/ alldieweiln alle Dinge der Veränderung unterworffen. Niemand soll sich veracht halten/ als der zuvorn berühmt gewesen/ und niemand unglückselig/ als der/ welcher zuvor in grossen Ehren geschwebet: Keiner ist kräncker/ als der stets gesund ist: Keiner steckt in grösserer Gefahr/ als der sich niemahls darinne befunden: Keiner ist ärmer/ als deme niemahls nichts gemangelt. Denn wenn er vermeinet/ er ist am sichersten/ so geräth er am ersten in Unglück. In diesem Leben ist nichts gewissers/ als daß alles ungewiß: Viel Leute findet man an Fürstlichen Höfen/ die in ihren Lastern eher veralten / als daß sie dieselben sollten ablegen. Es ist auf dem gantzen Erdboden kein Alter/ keine Zeit/ kein Stand/ kein Königreich/ kein Volck und kein Mensch/ der nicht erfahre/ was Widerwille oder Unglücke sey. Denn erweget man bey sich den Verlust der Seinigen/ die Beraubung seiner Güter/ die Undanckbarkeit des Nechsten/ die Aufsätzligkeit seiner Feinde/ das Absterben der Freunde/ und andere vorlauffende Widerwärtigkeiten/ so wird man das armselige Leben mehr betauren/ als desselbigen sich lange wündschen. Alle Dinge unter dem Himmel sind wandelbar. Und ob schon die Gerechtigkeit und GOTTES-Furcht zwey Grund-Seulen/ worauf sich das Gebäude der Politica lehnet: So ist doch nichts desto weniger dasselbige zu erhalten/ eine übernatürliche That. Eine Zerrüttung zeiget der andern den Weg. Ein Königreich kömmt auf/ das Andere fällt dahin: Einer herrschet/ der Andere stirbet: Einer wächset/ der Andere grauet. Also gehet alles dahin/ woher es seinen Anfang genommen. Keiner wird glauben / daß der niedrige Stand dem jenigen um deßwegen seine Ehre und Tugend bemackele / weil ihn die Natur <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0219" n="193"/> <p>Der Tod verschafft die Ruh zur Hand/ worauf erfolgt das Vaterland/ wodurch man kommt zur Herrlichkeit/ Da Ehr und Wonne ist bereit.</p> <p>Wann wir der Welt-Freude am besten verhoffen/ so stürtzet sie uns am meisten in des Teuffels Netze. König Philippus des Alexandri Magni Vater/ als er auf einen Tag drey ansehnliche Schlachten erhielte/ hub seine Hände gen Himmel und sagte: Oihr barmhertzigen Götter/ Euch bitte ich/ daß ihr mir diesen Sieg und diese Ehre nicht wollet in eine Strasse verwandeln. Der grosse Pompejus pflegte offters zu sagen/ daß er das Römische Reich ohne Hoffnung überkommen/ und da er es erlanget/ hinwieder verlohren/ ehe er sich dessen am wenigsten versehen. Niemahls ist der menschliche Stand so sicher/ daß er nicht täglich der Gefahr unterworffen. Keyser Constantinus ließ dem Hortensio umb einer übel-geschnittenen Feder willen den Kopf vor die Füsse legen. Keyser Commodus dem Cleander, um daß er geharnischt in das Keyserliche Zimmer getreten/ tödten. Keyser Alcamenes den Pannonium über dem Ballschlagen enthaupten. Alexander Magnus den Craterum, Diocletianus den Patricium, Domitianus den Rufinum, und Pyrrhus den Fabatum hinrichten.</p> <p>Der Poet und Welt-weise Euripides gab dem Könige Demetrio, als er von der menschlichen Schwachheit und Kürtze des Lebens gefraget wurde/ dieses zur Antwort: Es ist in diesem gantzen Leben nichts sicheres/ nichts Beständiges / noch Vollkommenes/ alldieweiln alle Dinge der Veränderung unterworffen. Niemand soll sich veracht halten/ als der zuvorn berühmt gewesen/ und niemand unglückselig/ als der/ welcher zuvor in grossen Ehren geschwebet: Keiner ist kräncker/ als der stets gesund ist: Keiner steckt in grösserer Gefahr/ als der sich niemahls darinne befunden: Keiner ist ärmer/ als deme niemahls nichts gemangelt. Denn wenn er vermeinet/ er ist am sichersten/ so geräth er am ersten in Unglück. In diesem Leben ist nichts gewissers/ als daß alles ungewiß: Viel Leute findet man an Fürstlichen Höfen/ die in ihren Lastern eher veralten / als daß sie dieselben sollten ablegen.</p> <p>Es ist auf dem gantzen Erdboden kein Alter/ keine Zeit/ kein Stand/ kein Königreich/ kein Volck und kein Mensch/ der nicht erfahre/ was Widerwille oder Unglücke sey. Denn erweget man bey sich den Verlust der Seinigen/ die Beraubung seiner Güter/ die Undanckbarkeit des Nechsten/ die Aufsätzligkeit seiner Feinde/ das Absterben der Freunde/ und andere vorlauffende Widerwärtigkeiten/ so wird man das armselige Leben mehr betauren/ als desselbigen sich lange wündschen. Alle Dinge unter dem Himmel sind wandelbar. Und ob schon die Gerechtigkeit und GOTTES-Furcht zwey Grund-Seulen/ worauf sich das Gebäude der Politica lehnet: So ist doch nichts desto weniger dasselbige zu erhalten/ eine übernatürliche That. Eine Zerrüttung zeiget der andern den Weg. Ein Königreich kömmt auf/ das Andere fällt dahin: Einer herrschet/ der Andere stirbet: Einer wächset/ der Andere grauet.</p> <p>Also gehet alles dahin/ woher es seinen Anfang genommen. Keiner wird glauben / daß der niedrige Stand dem jenigen um deßwegen seine Ehre und Tugend bemackele / weil ihn die Natur </p> </div> </body> </text> </TEI> [193/0219]
Der Tod verschafft die Ruh zur Hand/ worauf erfolgt das Vaterland/ wodurch man kommt zur Herrlichkeit/ Da Ehr und Wonne ist bereit.
Wann wir der Welt-Freude am besten verhoffen/ so stürtzet sie uns am meisten in des Teuffels Netze. König Philippus des Alexandri Magni Vater/ als er auf einen Tag drey ansehnliche Schlachten erhielte/ hub seine Hände gen Himmel und sagte: Oihr barmhertzigen Götter/ Euch bitte ich/ daß ihr mir diesen Sieg und diese Ehre nicht wollet in eine Strasse verwandeln. Der grosse Pompejus pflegte offters zu sagen/ daß er das Römische Reich ohne Hoffnung überkommen/ und da er es erlanget/ hinwieder verlohren/ ehe er sich dessen am wenigsten versehen. Niemahls ist der menschliche Stand so sicher/ daß er nicht täglich der Gefahr unterworffen. Keyser Constantinus ließ dem Hortensio umb einer übel-geschnittenen Feder willen den Kopf vor die Füsse legen. Keyser Commodus dem Cleander, um daß er geharnischt in das Keyserliche Zimmer getreten/ tödten. Keyser Alcamenes den Pannonium über dem Ballschlagen enthaupten. Alexander Magnus den Craterum, Diocletianus den Patricium, Domitianus den Rufinum, und Pyrrhus den Fabatum hinrichten.
Der Poet und Welt-weise Euripides gab dem Könige Demetrio, als er von der menschlichen Schwachheit und Kürtze des Lebens gefraget wurde/ dieses zur Antwort: Es ist in diesem gantzen Leben nichts sicheres/ nichts Beständiges / noch Vollkommenes/ alldieweiln alle Dinge der Veränderung unterworffen. Niemand soll sich veracht halten/ als der zuvorn berühmt gewesen/ und niemand unglückselig/ als der/ welcher zuvor in grossen Ehren geschwebet: Keiner ist kräncker/ als der stets gesund ist: Keiner steckt in grösserer Gefahr/ als der sich niemahls darinne befunden: Keiner ist ärmer/ als deme niemahls nichts gemangelt. Denn wenn er vermeinet/ er ist am sichersten/ so geräth er am ersten in Unglück. In diesem Leben ist nichts gewissers/ als daß alles ungewiß: Viel Leute findet man an Fürstlichen Höfen/ die in ihren Lastern eher veralten / als daß sie dieselben sollten ablegen.
Es ist auf dem gantzen Erdboden kein Alter/ keine Zeit/ kein Stand/ kein Königreich/ kein Volck und kein Mensch/ der nicht erfahre/ was Widerwille oder Unglücke sey. Denn erweget man bey sich den Verlust der Seinigen/ die Beraubung seiner Güter/ die Undanckbarkeit des Nechsten/ die Aufsätzligkeit seiner Feinde/ das Absterben der Freunde/ und andere vorlauffende Widerwärtigkeiten/ so wird man das armselige Leben mehr betauren/ als desselbigen sich lange wündschen. Alle Dinge unter dem Himmel sind wandelbar. Und ob schon die Gerechtigkeit und GOTTES-Furcht zwey Grund-Seulen/ worauf sich das Gebäude der Politica lehnet: So ist doch nichts desto weniger dasselbige zu erhalten/ eine übernatürliche That. Eine Zerrüttung zeiget der andern den Weg. Ein Königreich kömmt auf/ das Andere fällt dahin: Einer herrschet/ der Andere stirbet: Einer wächset/ der Andere grauet.
Also gehet alles dahin/ woher es seinen Anfang genommen. Keiner wird glauben / daß der niedrige Stand dem jenigen um deßwegen seine Ehre und Tugend bemackele / weil ihn die Natur
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Zitationshilfe: | [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/219>, abgerufen am 16.02.2025. |