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Reichspost. Nr. 284, Wien, 14.12.1898.

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284 Wien, Mittwoch Reichspost 14. December 1898

[Spaltenumbruch] lands soll der Kaiser gesagt haben: Deutschland
könne die Verfolgung seiner Interessen nunmehr
wahrnehmen, als es durch die Stellungnahme Ruß-
lands sich erleichtert fühle. Im Anschlusse hieran
sprach der Kaiser sehr warmherzig von seinem
Freunde,
dem Czaren, und dessen hohen
idealen Zielen.
Es sei nicht unwahrscheinlich,
daß die Conferenz in Petersburg zu
einem praktischen Ergebnisse führe: sollte dies auch nur
in der Richtung geschehen, daß die Mächte beschließen
würden, mit der Einführung von neuen mörderischen
Erfindungen inne zu halten. Der Kaiser erwähnte
hierbei ausdrücklich der letzten Dum-Dum-Ge-
schosse,
von deren furchtbarer Wirkung er sich selbst
einmal auf einer Jagd überzeugt habe. So berührte
der Kaiser in ansprechendem freundlich-offenem Ge-
dankenaustausch die wichtigsten politischen Fragen. Es
kann nur äußerst sympathisch berühren, den Kaiser so
vertraut mit den Geschäften und so offen mit der Ver-
tretung des Volkes darüber conversiren zu sehen.

Die Rede des Grafen Bülow, des Staats-
secretärs des Aeußern, im deutschen Reichstag bei der
Etatsdebatte, hatte naturgemäß mehr den Zweck, auf-
tauchende Besorgnisie, welche auch die Rede des Kaisers
(ihrem speciellen Zwecke entsprechend) erwecken
mochte, zu verscheuchen und die Volksvertretung objectiv
aufzuklären.

Er berührte zunächst die orientalische
Frage:

Dieselbe befinde sich augenblicklich im Großen und
Ganzen in einer friedlichen Phase. Damit will
ich nicht sagen, daß das orientalische Problem endgiltig ge-
löft sei. Die orientalische Frage gleicht einigermaßen der
Seeschlange, von der ein Stück nach dem andern zum Vor-
schein kommt; die endgiltige Lösung wird
keiner von uns erleben.
Wir müssen unseren
Kindern und Kindeslindern einige Nüsse zum Kna[ck]en
übrig lassen (Große Heiterkeit); aber die Frage erscheint
gegenwärtig für den Weltfrieden weniger
bedrohlich als in früheren Epochen.
An
und für sich ist die Frage vielleicht complicirter geworden,
als sie vor 20 Jahren und vor 4 Jahren war. Die Gegen-
sätze, nicht sowohl zwischen Christen und Mohammedanern,
als zwischen den einzelnen Balkanvölkern haben sich seitdem
zugespitzt. Mit dem Selbstständigkeitstriebe dieser Völker ist
auch ihr Expansionsbedürfniß gestiegen. Auf der
Balkanhalbinsel gibt es Punkte, die
unter Umständen Erisäpfel werden
können.
Die türkischen Sympathien für uns beruhen auf
dortiger Einsicht, daß Deutschland meint, "Völkerrecht bleibe
Völkerrecht auch gegenüber der Türkei", daß wir im Oriente
keinen Unfrieden wollen, sondern wirklichen Frieden.

Er berührte sodann die kretensische Frage,
und bemerkte, daß die Rückberufung der "Oldenburg"
durch die nachfolgenden Ereignisse gerechtfertigt war.
"Wir konnten uns bei der bisherigen Behandlung des
kretensischen Problems der Einsicht nicht ganz ver-
schließen, daß viele Köche nicht immer den Brei ver-
bessern. (Heiterkeit.)"

Sehr sympathisch waren die Ausführungen
Bülow's über die Palästina-Reise des
Kaisers und seine Theilnahme an der Einweihung der
evangelischen Kirche, die ein Act der Pietät des Kaisers
gegen seine Vorfahren, ein Act religiösen Empfindens
"ohne Feindseligkeit gegen andere Con-
fessionen" war (Bravo). Beweis: die Schenkung der
Dormition an die Katholiken. Die Kaiserreise habe den
Sultan nicht nur nicht verletzt, sondern die Beziehungen
zur Türkei noch freundlicher gestaltet. Trotzdem der
deutsche Kaiser das Protectorat über die deutschen
Unterthanen in Palästina sich nicht nehmen lasse, das
schon seit dem 18. Jänner 1871 bestehe, bekämpft
Deutschland nicht die französischen Interessen, weder im
Orient noch anderswo. Er schloß dies Capitel mit den
Worten:

Die Vertretung des Reiches involvirt eben den Schutz
aller Deutschen, mögen dieselben Katholiken oder Prote-
stanten sein. (Beifall im Centrum.) Wir werden uns der
religiösen Interessen unserer katho-
lischen Mitbürger
im Ortente auch fernerhin
gewissenhaft und treu annehmen. (Beifall.)

Von sehr beruhigendem Charakter und von sehr
"versönlichem Geiste" war die Antwort des Staats-
secretärs über die vom Grafen Thun mit sonst bei
diesem "Staatsmann" ungewohnter Schärfe angeregte
Frage der Ausweisung österreichischer
Unterthanen aus Preußen.
Er führte aus:

Auf die Frage amtlich einzugehen hätte ich eigentlich
keine Veranlassung, da dieselben vor das Forum des
preußischen Landtages gehören. Unsere inter-
nationalen Beziehungen können aber durch diese Ausweisungen
nicht alterirt werden, weil letztere ein Act unserer
Souveränetät
sind, welche wir von keiner
Seite an tasten
lassen. (Beifall.) Ueber einzelne Fälle
schweben zwischen den deutschen und österreichisch-ungarischen
diplomatischen Organen vertrauliche Besprechungen,
welche jenen freundschaftlichen Charalter tragen,
welche unsere allgemeinen Beziehungen zu dem österreichisch-
ungarischen Reiche kennzeichnet. Mehr möchte ich nicht sagen;
denn ich glaube, daß es besser ist, (das ist ein Wink für den
Grafen Thun) kleinere Divergenzen mehr freundschaftlicher
Natur zwischen befreundeten und verbündeten Staaten
öffentlich nur im versöhnlichen Geiste, nach reif-
licher Ueberlegung und mit genauer Abmessung der
Tragweite der Worte
zu erörtern. (Lebhafter
Beifall.)

Die Ausführungen von Bülow's über den Drei-
bund,
über dessen "Erschütterung" einzelne Blätter
immer wieder Besorgnisse ausstreuen, sind von be-
sonderer politischer Bedeutung. Sie lauten:

Es ist auch die Besorgniß unbegründet, als ob
der Dreibund irgendwie erschüttert in seiner inneren
Cohäsion oder im äußeren Ansehen wäre. Die Weltlags
[Spaltenumbruch] bringt es mit sich, daß etwa in der Welt vorhandene be-
drohliche Symptome sich nicht gegen den Dreibund richten.
Der Dreibund gleicht einer Festung in Friedenszeiten, auf
deren Glacis die Bäume mit jedem Jahre höher wachsen,
was aber nicht ausschließt, daß im Falle der Noth -- den
ich übrigens weder herbeiwünsche, noch in diesem Augen-
blicke voraussage -- die Festung in kürzester Frist sturmfrei
gemacht werden könnte. Der Dreibund ruht auf
sicherer Basis;
er ist das Ergebniß des geschichtlichen
Werdeganges dreier großer Staatswesen, die seit dem Beginne
der europäischen Staatenbildung immer in lebhaften Be-
ziehungen zu einander gestanden sind und stets in irgend-
einer Art und Weise verbunden waren, jetzt aber die glückliche
Form gefunden haben, bei voller innerer Autonomie
und absoluter Selbständigkeit nach Außen fest zusammen-
zustehen. Der Dreibund ruht auf klaren und einfachen
Interessen. Jeder seiner Theilnehmer hat ein gleiches Inter-
resse an seinem Fortbestehen, jeder würde durch das Auf-
hören des Dreibundes in gleichem Maße verlieren. Und
da der Dreibund weit entfernt ist, agressive Zwecke zu ver-
folgen, und nichts weiter anstrebt, als die Wahrung des
status quo und Erhaltung der bestehenden Ordnung der
Dinge, so kommt derselbe im letzten Ende allen Völkern und
der Sache des europäischen Friedens zu Gute. (Lebhafter
Beifall.) Im Allgemeinen empfiehlt es sich, bestehende, er-
probte und zur Befriedigung aller Participanten
functionirende Bündnisse nicht zu oft zu discutiren. Es
geht mit den Allianzen ähnlich wie mit den Damen; die
besten sind schließlich doch diejenigen, von denen man am
wenigsten redet. (Heiterkeit.)

Das Verhältniß Deutschlands zu den anderen
Mächten
charakterisirte v. Bülow kurz dahin: Mit
England kann und will Deutschland gerne in
allerlei Fragen und Punkten zusammengehen, es
wahrt dabei aber voll und ganz anderweitige
werthvolle Beziehungen. Gemeint ist da offenbar
Frankreich, welches in der Colonialpolitik
sich ebenso wie England um Deutschlands Hilfe
wetteisernd bemuht. Deutschland wartet da offenbar
ab, wer ihm mehr bietet: England oder Frankreich,
denen coloniale Interessen gegensätzliche sind. Gegen-
über Spanien und Amerika habe Deutsch-
land nach beiden Seiten loyale Neutralität beobachtet
und dadurch Vertrauen in die Ehrlichkeit der
deutschen Politik erworben. Die Handels-
differenzen
mit Amerika haben zu neuen
Verhandlungen geführt.

Herr von Bülow erhofft die Fortdauer des
Weltfriedens auf noch lange Zeit. Derselbe
beruht nach ihm "auf der Ausgleichung zwischen
berechtigtem nationalen Egoismus eines jeden Volkes
und den gemeinsamen Culturaufgaben der ganzen
Menschheit." Deutschlands Zukunft be-
ruhe auf seiner Macht, diese Macht aber auf der
Schärfe des Schwertes. Dennoch werde Deutschland
niemals fehlen, wo es sich um die Aufrechterhaltung
des Weltfriedens handle.

Diese klaren, besonnenen und kraftvollen Dar-
legungen hatten sich des reichsten Beifalls des Hauses
zu erfreuen. In uns erwecken sie wehmüthige Gefühle.
Wo ist bei uns in Oesterreich zielbewußte Klarheit und
kräftige Hand? -- Ja, wo!




Die Vorgänge in Ungarn.

Die Majorität beginnt bereits zum Rückzuge zu
blasen. Die Candidatur des Grafen Tisza für die
Präsidentenstelle im Abgeordnetenhause, die von der
Opposition auf das heftigste bekämpft wurde, ist fallen
gelassen worden. Dieser Schritt der liberalen Partei
zeigt, daß sie im entscheidenden Momente doch nicht
gewillt ist, mit Banffy zu leben oder zu sterben oder
gar für Banffy die Kastanien aus dem Feuer zu holen.
Vielleicht ist die liberale Partei durch den Umstand,
daß der Zersetzungsproceß in der Partei Tag für Tag
größere Fortschritte macht, zu einer Aenderung in ihrer
Taktik bewogen worden. Als Candidaten für die Prä-
sidentenstelle werden die Abgeordneten Bela Thalian,
Albert Berzevicky, Bela Lukacs vorge-
schlagen.

Sogar der Minister des Innern v. Perczel
und der Ackerbauminister Dr. Daranyi sollen für
die Präsidentenstelle in manchen Kreisen in Aussicht ge-
nommen worden sein. Im Laufe des heutigen Tages
wird die Regierung in der Präsidentenfrage eine Ent-
scheidung treffen und der am Freitag stattfindenden
Conferenz der liberalen Partei das Ergebniß mit-
theilen.

Die Zahl der Dissidenten wird von Tag zu Tag
größer. Die Abg. Ferliczka und Graf Oscar
Pejacsevich haben im Laufe des gestrigen Tages
ihren Austritt aus der liberalen Partei gemeldet. Die
Zahl der Dissidenten beträgt nun 26. Die Opposition
scheint durch die am Samstag erfolgte Vertagung des
Hauses etwas kleinlauter geworden zu sein. Kossuth
hatte sogar vorgestern erklärt, seine Partei sei ent-
schlossen, den Ausgleich mit Oesterreich passieren zu
lassen und zu den normalen parlamentarischen Ver-
hältnissen zurückzukehren, wenn nur sonst ein
Wandelgeschaffen wäre.
Der Opposition
handelt es sich also nur um den Sturz Banffy's. Ist
dadurch Wandel geschaffen, dann will die Opposition
die gefährliche Waffe der Obstruction bei Seite legen.




Gemeindezeitung.
Der Ball der Stadt Wien

wird, wie in
gemeinderäthlichen Kreisen "verlautet, heuer nicht
abgehalten
werden. Man geht dabei von der
Erwägung aus, daß der Stadtball den Armen nur
[Spaltenumbruch] ein sehr geringes Reinerträgniß liefern würde. Da-
gegen soll, wie die "Deutsche Zeitung" mittheilt, am
1. Februar nächsten Jahres eine große Concert-
akademie
zu Gunsten der Armen der
Stadt Wien in den Festräumen des Rathhauses
veranstaltet werden. Es soll weiter beabsichtigt sein,
die Festbesucher nach Schluß der Akademie zum Be-
suche des Rathhauskellers einzuladen, der an diesem
Abende das erste Mal Gästen geöffnet ist, um am
folgenden Tage dem allgemeinen Verkehr übergeben
zu werden. Der Stadtrath wird heute darüber Be-
schluß fassen.

Duellirende Bezirksausschüsse.

Samstag Abends
fand eine Sitzung des Landstraßer Bezirksausschusses statt,
bei der der Bezirksvorsteher Spitaler einen Brief des
Bezirksausschusses Dr. Kner zur Verlesung brachte, worin
gegen die Verleihung des Bürgerrechtes an den gleichfalls
liberalen Bezirksausfchuß Legat unter den heftigsten Vor-
würfen gegen diesen, protestirt wird. Zugleich erhebt der
Briefschreiber den Vorwurf, daß über diese Bürgerrechts-
verleihung im Bezirksausschuß nicht in öffentlicher Sitzung,
sondern in geheimen Conventikeln abgestimmt wurde. An
die Verlesung dieses Briefes knüpfte sich eine
längere Debatte, in deren Verlauf Bezirksausschuß Legat
erklärte, er werde als Officier wissen, was er dem Dr. Kner
gegenüber zu thun habe. Thatsächlich soll Bezirksausschuß
Legat den Dr. Kner bereits gefordert haben. Das
Duell findet angeblich in der Praterkaserne statt. Wo bleibt
die Polizei? Was sagt der Landesvertheidigungsminister,
der ja zu den streng katholischen Cavalieren gezählt wird,
dazu, daß man die militärischen Gebäude zu Gesetzüber-
tretungsstätten macht? Das Duell verstoßt gegen das Civil-
und das Militärgesetz und gegen die Lehren der katholischen
Kirche.

Demolirung der Schönbrunner Schloßbrücke.

Am Donnerstag, den 15. d., wird in Folge der Wienfluß-
regulirung mit der Abtragung der Schönbrunner Schloß-
brücke begonnen, in Folge dessen der Fuhrwerksverkehr
von diesem Tage ab in die benachbarten Straßen abgeleitet
wird.

Eine Deputation der Pfründner

des Wiener All-
gemeinen Versorgungshauses sprach gestern beim Bürger-
meister Dr. Lueger vor, um ihm den Dank für die Ein-
führung des Frühstückkaffees und die freiheitlichere Behand-
lung zu überbringen.

Zur Fleischversorgung der deutschen Großstädte.

Im Statistischen Jahrbuch deutscher Städte
für 1896 findet sich eine Zusammenstellung der Ziffern aus
22 deutschen Großstädten über den Verkehr
auf den Schlachthöfen, dem zu Folge im beobachteten Jahre
in diesen Städten die Schlachtungen von 550.000 Rinder,
2·3 Millionen Schweinen, 1 Million Kälber und 800.000
Hammel erfolgten. Sehr interessant ist die Zusammenstellung der
Schlachtungen von Pferden, Eseln und Hunden,
die mit den Ziffern des Vorjahres verglichen wird. Danach
wurden in 44 Städten insgesammt 37,680 Pferde ge-
schlachtet, von welchen 36.833 Stück für den menschlichen
Consum bestimmt waren. Das ergibt gegen das Vorjahr
ein Mehr von nicht weniger als 4161 Stück. Am stärksten
ist die Zunahme des Pferdefleischverbrauches in Hamburg,
wo sie 3095 gegen 1778 im Vorjahr betrug; die absolut
höchsten Ziffern wiesen auf Berlin mit 7307 (7338), Breslau
3005 (2739), Bremen 1660 (1240), Halle 1646 (877) und
München 1433 (1444). Ueber 1000 Stück consumirten
außerdem Dresden, Düsseldorf, Hannover, Köln, Leipzig,
Magdeburg. In 30 Städten hat der Consum zugenommen.
nur in 13 war eine zumeist geringfügige Abnahme bemerk-
bar. Esel wurden nur 19 geschlachtet gegen 46 im Vor-
jahre, davon die meisten zu Straßburg 10 (17). Dagegen
ist die Ziffer der Hunde schlachtungen wieder eine steigende,
obwohl die Angaben leider lückenhafte sind. Außerhalb
Sachsens, das diese Specialität pflegt, wurden nur aus
Barmen 4 (1) und Halle 1 derartige Schlachtungen be-
richtet, während sie in Breslau diesmal nicht beziffert
wurden, woselbst in 1895 65 Hundeschlachtungen angegeben
wurden. Aber aus 4 sächsischen Städten wurde über 490
derartiger Schlachtungen berichtet, die fast alle in den
menschlichen Consum übergingen gegen 387 im Vor-
jahre. Die Einzelergebnisse sind Chemnitz 251 (201),
Dresden 183 (89) mit starker Zunahme, Leipzig 11 (24)
und Zwickau 45 (72) mit abnehmenden Ziffern.
Hieran mögen einige die Wiener Schlachthäuser
betreffende Zahlen zum Vergleiche gereiht werden. Im
Jahre 1896 wurden in Wien 21,930 Pferde und
82 Eseln geschlachtet. Hundeschlachtungen
wurden glücklicherweise auf städtischen Schlachthäusern noch
nicht durchgeführt. Im Berichtsjahre wurden weiter in den
städtischen Schlachthäusern 253.259 Rinder und Büffel der
Schlachtung unterzogen. Auf dem Centralviehmarkt wurden
in runden Zahlen zugeführt: 127.500 Schafe, 76.000 Lämmer,
185.000 Kälber, 540.000 Schweine.




Tagesbericht.


* Kalender für Mittwoch, den 14. December

Katholiken: Quat. Spir. +. -- Griechen: (2. De-
cember): Habakuk. -- Sonnenaufgang 7 Uhr 45 Min. Morg.
-- Sonnenuntergang 4 Uhr [5] Minuten Abends. -- Mondes[-]
aufgang 8 Uhr 4[5] Minuten Morgens. -- Mondesuntergang
5 Uhr 10 Minuten Abends. -- Tageslänge 8 Stunden
20 Minuten. -- Nachtläng[e] 15 Stunden 40 Minuten.

* Hof- und Personalnachrichten.

Der Kaiser
hat gestern die neuernannten Geheimräthe in dieser ihrer
Eigenschaft beeidigt. -- Erzherzog Ferdinand hat sich
gestern Nachmittags von hier nach Linz zurückbegeben. --
Der Statthalter in Galizien Dr. Leo Graf Pininski
ist von hier nach Lemberg zurückgekehrt.. -- Der italienische
Militärattache in Petersburg Oberst Xavier N. Rocca ist
aus Rom hier angekommen.

* Auszeichnungen und Ernennungen.

Der Kaiser
hat dem geheimen Rathe und Minister außer Dienst FML.
Emil Ritter v. Guttenberg taxfrei den Freiherrn-
stand, dem mit dem Titel und Charakter eines Oberlandes
gerichtsrathes bekleideten Landesgerichtsrathe des Kreis-
gerichtes in Rovereto Dr. Alexander Salvadori vo[n]
Wiesendorf den Orden der eisernen Krone dritt[r]
Classe, dem Berg-Inspector der Oesterreichisch-Alpine[n]
Montan-Gesellschaft in Köflach Carl Karner den Titel

284 Wien, Mittwoch Reichspoſt 14. December 1898

[Spaltenumbruch] lands ſoll der Kaiſer geſagt haben: Deutſchland
könne die Verfolgung ſeiner Intereſſen nunmehr
wahrnehmen, als es durch die Stellungnahme Ruß-
lands ſich erleichtert fühle. Im Anſchluſſe hieran
ſprach der Kaiſer ſehr warmherzig von ſeinem
Freunde,
dem Czaren, und deſſen hohen
idealen Zielen.
Es ſei nicht unwahrſcheinlich,
daß die Conferenz in Petersburg zu
einem praktiſchen Ergebniſſe führe: ſollte dies auch nur
in der Richtung geſchehen, daß die Mächte beſchließen
würden, mit der Einführung von neuen mörderiſchen
Erfindungen inne zu halten. Der Kaiſer erwähnte
hierbei ausdrücklich der letzten Dum-Dum-Ge-
ſchoſſe,
von deren furchtbarer Wirkung er ſich ſelbſt
einmal auf einer Jagd überzeugt habe. So berührte
der Kaiſer in anſprechendem freundlich-offenem Ge-
dankenaustauſch die wichtigſten politiſchen Fragen. Es
kann nur äußerſt ſympathiſch berühren, den Kaiſer ſo
vertraut mit den Geſchäften und ſo offen mit der Ver-
tretung des Volkes darüber converſiren zu ſehen.

Die Rede des Grafen Bülow, des Staats-
ſecretärs des Aeußern, im deutſchen Reichstag bei der
Etatsdebatte, hatte naturgemäß mehr den Zweck, auf-
tauchende Beſorgniſie, welche auch die Rede des Kaiſers
(ihrem ſpeciellen Zwecke entſprechend) erwecken
mochte, zu verſcheuchen und die Volksvertretung objectiv
aufzuklären.

Er berührte zunächſt die orientaliſche
Frage:

Dieſelbe befinde ſich augenblicklich im Großen und
Ganzen in einer friedlichen Phaſe. Damit will
ich nicht ſagen, daß das orientaliſche Problem endgiltig ge-
löft ſei. Die orientaliſche Frage gleicht einigermaßen der
Seeſchlange, von der ein Stück nach dem andern zum Vor-
ſchein kommt; die endgiltige Löſung wird
keiner von uns erleben.
Wir müſſen unſeren
Kindern und Kindeslindern einige Nüſſe zum Kna[ck]en
übrig laſſen (Große Heiterkeit); aber die Frage erſcheint
gegenwärtig für den Weltfrieden weniger
bedrohlich als in früheren Epochen.
An
und für ſich iſt die Frage vielleicht complicirter geworden,
als ſie vor 20 Jahren und vor 4 Jahren war. Die Gegen-
ſätze, nicht ſowohl zwiſchen Chriſten und Mohammedanern,
als zwiſchen den einzelnen Balkanvölkern haben ſich ſeitdem
zugeſpitzt. Mit dem Selbſtſtändigkeitstriebe dieſer Völker iſt
auch ihr Expanſionsbedürfniß geſtiegen. Auf der
Balkanhalbinſel gibt es Punkte, die
unter Umſtänden Erisäpfel werden
können.
Die türkiſchen Sympathien für uns beruhen auf
dortiger Einſicht, daß Deutſchland meint, „Völkerrecht bleibe
Völkerrecht auch gegenüber der Türkei“, daß wir im Oriente
keinen Unfrieden wollen, ſondern wirklichen Frieden.

Er berührte ſodann die kretenſiſche Frage,
und bemerkte, daß die Rückberufung der „Oldenburg“
durch die nachfolgenden Ereigniſſe gerechtfertigt war.
„Wir konnten uns bei der bisherigen Behandlung des
kretenſiſchen Problems der Einſicht nicht ganz ver-
ſchließen, daß viele Köche nicht immer den Brei ver-
beſſern. (Heiterkeit.)“

Sehr ſympathiſch waren die Ausführungen
Bülow’s über die Paläſtina-Reiſe des
Kaiſers und ſeine Theilnahme an der Einweihung der
evangeliſchen Kirche, die ein Act der Pietät des Kaiſers
gegen ſeine Vorfahren, ein Act religiöſen Empfindens
ohne Feindſeligkeit gegen andere Con-
feſſionen“ war (Bravo). Beweis: die Schenkung der
Dormition an die Katholiken. Die Kaiſerreiſe habe den
Sultan nicht nur nicht verletzt, ſondern die Beziehungen
zur Türkei noch freundlicher geſtaltet. Trotzdem der
deutſche Kaiſer das Protectorat über die deutſchen
Unterthanen in Paläſtina ſich nicht nehmen laſſe, das
ſchon ſeit dem 18. Jänner 1871 beſtehe, bekämpft
Deutſchland nicht die franzöſiſchen Intereſſen, weder im
Orient noch anderswo. Er ſchloß dies Capitel mit den
Worten:

Die Vertretung des Reiches involvirt eben den Schutz
aller Deutſchen, mögen dieſelben Katholiken oder Prote-
ſtanten ſein. (Beifall im Centrum.) Wir werden uns der
religiöſen Intereſſen unſerer katho-
liſchen Mitbürger
im Ortente auch fernerhin
gewiſſenhaft und treu annehmen. (Beifall.)

Von ſehr beruhigendem Charakter und von ſehr
„verſönlichem Geiſte“ war die Antwort des Staats-
ſecretärs über die vom Grafen Thun mit ſonſt bei
dieſem „Staatsmann“ ungewohnter Schärfe angeregte
Frage der Ausweiſung öſterreichiſcher
Unterthanen aus Preußen.
Er führte aus:

Auf die Frage amtlich einzugehen hätte ich eigentlich
keine Veranlaſſung, da dieſelben vor das Forum des
preußiſchen Landtages gehören. Unſere inter-
nationalen Beziehungen können aber durch dieſe Ausweiſungen
nicht alterirt werden, weil letztere ein Act unſerer
Souveränetät
ſind, welche wir von keiner
Seite an taſten
laſſen. (Beifall.) Ueber einzelne Fälle
ſchweben zwiſchen den deutſchen und öſterreichiſch-ungariſchen
diplomatiſchen Organen vertrauliche Beſprechungen,
welche jenen freundſchaftlichen Charalter tragen,
welche unſere allgemeinen Beziehungen zu dem öſterreichiſch-
ungariſchen Reiche kennzeichnet. Mehr möchte ich nicht ſagen;
denn ich glaube, daß es beſſer iſt, (das iſt ein Wink für den
Grafen Thun) kleinere Divergenzen mehr freundſchaftlicher
Natur zwiſchen befreundeten und verbündeten Staaten
öffentlich nur im verſöhnlichen Geiſte, nach reif-
licher Ueberlegung und mit genauer Abmeſſung der
Tragweite der Worte
zu erörtern. (Lebhafter
Beifall.)

Die Ausführungen von Bülow’s über den Drei-
bund,
über deſſen „Erſchütterung“ einzelne Blätter
immer wieder Beſorgniſſe ausſtreuen, ſind von be-
ſonderer politiſcher Bedeutung. Sie lauten:

Es iſt auch die Beſorgniß unbegründet, als ob
der Dreibund irgendwie erſchüttert in ſeiner inneren
Cohäſion oder im äußeren Anſehen wäre. Die Weltlags
[Spaltenumbruch] bringt es mit ſich, daß etwa in der Welt vorhandene be-
drohliche Symptome ſich nicht gegen den Dreibund richten.
Der Dreibund gleicht einer Feſtung in Friedenszeiten, auf
deren Glacis die Bäume mit jedem Jahre höher wachſen,
was aber nicht ausſchließt, daß im Falle der Noth — den
ich übrigens weder herbeiwünſche, noch in dieſem Augen-
blicke vorausſage — die Feſtung in kürzeſter Friſt ſturmfrei
gemacht werden könnte. Der Dreibund ruht auf
ſicherer Baſis;
er iſt das Ergebniß des geſchichtlichen
Werdeganges dreier großer Staatsweſen, die ſeit dem Beginne
der europäiſchen Staatenbildung immer in lebhaften Be-
ziehungen zu einander geſtanden ſind und ſtets in irgend-
einer Art und Weiſe verbunden waren, jetzt aber die glückliche
Form gefunden haben, bei voller innerer Autonomie
und abſoluter Selbſtändigkeit nach Außen feſt zuſammen-
zuſtehen. Der Dreibund ruht auf klaren und einfachen
Intereſſen. Jeder ſeiner Theilnehmer hat ein gleiches Inter-
reſſe an ſeinem Fortbeſtehen, jeder würde durch das Auf-
hören des Dreibundes in gleichem Maße verlieren. Und
da der Dreibund weit entfernt iſt, agreſſive Zwecke zu ver-
folgen, und nichts weiter anſtrebt, als die Wahrung des
status quo und Erhaltung der beſtehenden Ordnung der
Dinge, ſo kommt derſelbe im letzten Ende allen Völkern und
der Sache des europäiſchen Friedens zu Gute. (Lebhafter
Beifall.) Im Allgemeinen empfiehlt es ſich, beſtehende, er-
probte und zur Befriedigung aller Participanten
functionirende Bündniſſe nicht zu oft zu discutiren. Es
geht mit den Allianzen ähnlich wie mit den Damen; die
beſten ſind ſchließlich doch diejenigen, von denen man am
wenigſten redet. (Heiterkeit.)

Das Verhältniß Deutſchlands zu den anderen
Mächten
charakteriſirte v. Bülow kurz dahin: Mit
England kann und will Deutſchland gerne in
allerlei Fragen und Punkten zuſammengehen, es
wahrt dabei aber voll und ganz anderweitige
werthvolle Beziehungen. Gemeint iſt da offenbar
Frankreich, welches in der Colonialpolitik
ſich ebenſo wie England um Deutſchlands Hilfe
wetteiſernd bemuht. Deutſchland wartet da offenbar
ab, wer ihm mehr bietet: England oder Frankreich,
denen coloniale Intereſſen gegenſätzliche ſind. Gegen-
über Spanien und Amerika habe Deutſch-
land nach beiden Seiten loyale Neutralität beobachtet
und dadurch Vertrauen in die Ehrlichkeit der
deutſchen Politik erworben. Die Handels-
differenzen
mit Amerika haben zu neuen
Verhandlungen geführt.

Herr von Bülow erhofft die Fortdauer des
Weltfriedens auf noch lange Zeit. Derſelbe
beruht nach ihm „auf der Ausgleichung zwiſchen
berechtigtem nationalen Egoismus eines jeden Volkes
und den gemeinſamen Culturaufgaben der ganzen
Menſchheit.“ Deutſchlands Zukunft be-
ruhe auf ſeiner Macht, dieſe Macht aber auf der
Schärfe des Schwertes. Dennoch werde Deutſchland
niemals fehlen, wo es ſich um die Aufrechterhaltung
des Weltfriedens handle.

Dieſe klaren, beſonnenen und kraftvollen Dar-
legungen hatten ſich des reichſten Beifalls des Hauſes
zu erfreuen. In uns erwecken ſie wehmüthige Gefühle.
Wo iſt bei uns in Oeſterreich zielbewußte Klarheit und
kräftige Hand? — Ja, wo!




Die Vorgänge in Ungarn.

Die Majorität beginnt bereits zum Rückzuge zu
blaſen. Die Candidatur des Grafen Tisza für die
Präſidentenſtelle im Abgeordnetenhauſe, die von der
Oppoſition auf das heftigſte bekämpft wurde, iſt fallen
gelaſſen worden. Dieſer Schritt der liberalen Partei
zeigt, daß ſie im entſcheidenden Momente doch nicht
gewillt iſt, mit Banffy zu leben oder zu ſterben oder
gar für Banffy die Kaſtanien aus dem Feuer zu holen.
Vielleicht iſt die liberale Partei durch den Umſtand,
daß der Zerſetzungsproceß in der Partei Tag für Tag
größere Fortſchritte macht, zu einer Aenderung in ihrer
Taktik bewogen worden. Als Candidaten für die Prä-
ſidentenſtelle werden die Abgeordneten Bela Thalian,
Albert Berzevicky, Bela Lukacs vorge-
ſchlagen.

Sogar der Miniſter des Innern v. Perczel
und der Ackerbauminiſter Dr. Daranyi ſollen für
die Präſidentenſtelle in manchen Kreiſen in Ausſicht ge-
nommen worden ſein. Im Laufe des heutigen Tages
wird die Regierung in der Präſidentenfrage eine Ent-
ſcheidung treffen und der am Freitag ſtattfindenden
Conferenz der liberalen Partei das Ergebniß mit-
theilen.

Die Zahl der Diſſidenten wird von Tag zu Tag
größer. Die Abg. Ferliczka und Graf Oscar
Pejacſevich haben im Laufe des geſtrigen Tages
ihren Austritt aus der liberalen Partei gemeldet. Die
Zahl der Diſſidenten beträgt nun 26. Die Oppoſition
ſcheint durch die am Samſtag erfolgte Vertagung des
Hauſes etwas kleinlauter geworden zu ſein. Koſſuth
hatte ſogar vorgeſtern erklärt, ſeine Partei ſei ent-
ſchloſſen, den Ausgleich mit Oeſterreich paſſieren zu
laſſen und zu den normalen parlamentariſchen Ver-
hältniſſen zurückzukehren, wenn nur ſonſt ein
Wandelgeſchaffen wäre.
Der Oppoſition
handelt es ſich alſo nur um den Sturz Banffy’s. Iſt
dadurch Wandel geſchaffen, dann will die Oppoſition
die gefährliche Waffe der Obſtruction bei Seite legen.




Gemeindezeitung.
Der Ball der Stadt Wien

wird, wie in
gemeinderäthlichen Kreiſen „verlautet, heuer nicht
abgehalten
werden. Man geht dabei von der
Erwägung aus, daß der Stadtball den Armen nur
[Spaltenumbruch] ein ſehr geringes Reinerträgniß liefern würde. Da-
gegen ſoll, wie die „Deutſche Zeitung“ mittheilt, am
1. Februar nächſten Jahres eine große Concert-
akademie
zu Gunſten der Armen der
Stadt Wien in den Feſträumen des Rathhauſes
veranſtaltet werden. Es ſoll weiter beabſichtigt ſein,
die Feſtbeſucher nach Schluß der Akademie zum Be-
ſuche des Rathhauskellers einzuladen, der an dieſem
Abende das erſte Mal Gäſten geöffnet iſt, um am
folgenden Tage dem allgemeinen Verkehr übergeben
zu werden. Der Stadtrath wird heute darüber Be-
ſchluß faſſen.

Duellirende Bezirksausſchüſſe.

Samſtag Abends
fand eine Sitzung des Landſtraßer Bezirksausſchuſſes ſtatt,
bei der der Bezirksvorſteher Spitaler einen Brief des
Bezirksausſchuſſes Dr. Kner zur Verleſung brachte, worin
gegen die Verleihung des Bürgerrechtes an den gleichfalls
liberalen Bezirksausfchuß Legat unter den heftigſten Vor-
würfen gegen dieſen, proteſtirt wird. Zugleich erhebt der
Briefſchreiber den Vorwurf, daß über dieſe Bürgerrechts-
verleihung im Bezirksausſchuß nicht in öffentlicher Sitzung,
ſondern in geheimen Conventikeln abgeſtimmt wurde. An
die Verleſung dieſes Briefes knüpfte ſich eine
längere Debatte, in deren Verlauf Bezirksausſchuß Legat
erklärte, er werde als Officier wiſſen, was er dem Dr. Kner
gegenüber zu thun habe. Thatſächlich ſoll Bezirksausſchuß
Legat den Dr. Kner bereits gefordert haben. Das
Duell findet angeblich in der Praterkaſerne ſtatt. Wo bleibt
die Polizei? Was ſagt der Landesvertheidigungsminiſter,
der ja zu den ſtreng katholiſchen Cavalieren gezählt wird,
dazu, daß man die militäriſchen Gebäude zu Geſetzüber-
tretungsſtätten macht? Das Duell verſtoßt gegen das Civil-
und das Militärgeſetz und gegen die Lehren der katholiſchen
Kirche.

Demolirung der Schönbrunner Schloßbrücke.

Am Donnerſtag, den 15. d., wird in Folge der Wienfluß-
regulirung mit der Abtragung der Schönbrunner Schloß-
brücke begonnen, in Folge deſſen der Fuhrwerksverkehr
von dieſem Tage ab in die benachbarten Straßen abgeleitet
wird.

Eine Deputation der Pfründner

des Wiener All-
gemeinen Verſorgungshauſes ſprach geſtern beim Bürger-
meiſter Dr. Lueger vor, um ihm den Dank für die Ein-
führung des Frühſtückkaffees und die freiheitlichere Behand-
lung zu überbringen.

Zur Fleiſchverſorgung der deutſchen Großſtädte.

Im Statiſtiſchen Jahrbuch deutſcher Städte
für 1896 findet ſich eine Zuſammenſtellung der Ziffern aus
22 deutſchen Großſtädten über den Verkehr
auf den Schlachthöfen, dem zu Folge im beobachteten Jahre
in dieſen Städten die Schlachtungen von 550.000 Rinder,
2·3 Millionen Schweinen, 1 Million Kälber und 800.000
Hammel erfolgten. Sehr intereſſant iſt die Zuſammenſtellung der
Schlachtungen von Pferden, Eſeln und Hunden,
die mit den Ziffern des Vorjahres verglichen wird. Danach
wurden in 44 Städten insgeſammt 37,680 Pferde ge-
ſchlachtet, von welchen 36.833 Stück für den menſchlichen
Conſum beſtimmt waren. Das ergibt gegen das Vorjahr
ein Mehr von nicht weniger als 4161 Stück. Am ſtärkſten
iſt die Zunahme des Pferdefleiſchverbrauches in Hamburg,
wo ſie 3095 gegen 1778 im Vorjahr betrug; die abſolut
höchſten Ziffern wieſen auf Berlin mit 7307 (7338), Breslau
3005 (2739), Bremen 1660 (1240), Halle 1646 (877) und
München 1433 (1444). Ueber 1000 Stück conſumirten
außerdem Dresden, Düſſeldorf, Hannover, Köln, Leipzig,
Magdeburg. In 30 Städten hat der Conſum zugenommen.
nur in 13 war eine zumeiſt geringfügige Abnahme bemerk-
bar. Eſel wurden nur 19 geſchlachtet gegen 46 im Vor-
jahre, davon die meiſten zu Straßburg 10 (17). Dagegen
iſt die Ziffer der Hunde ſchlachtungen wieder eine ſteigende,
obwohl die Angaben leider lückenhafte ſind. Außerhalb
Sachſens, das dieſe Specialität pflegt, wurden nur aus
Barmen 4 (1) und Halle 1 derartige Schlachtungen be-
richtet, während ſie in Breslau diesmal nicht beziffert
wurden, woſelbſt in 1895 65 Hundeſchlachtungen angegeben
wurden. Aber aus 4 ſächſiſchen Städten wurde über 490
derartiger Schlachtungen berichtet, die faſt alle in den
menſchlichen Conſum übergingen gegen 387 im Vor-
jahre. Die Einzelergebniſſe ſind Chemnitz 251 (201),
Dresden 183 (89) mit ſtarker Zunahme, Leipzig 11 (24)
und Zwickau 45 (72) mit abnehmenden Ziffern.
Hieran mögen einige die Wiener Schlachthäuſer
betreffende Zahlen zum Vergleiche gereiht werden. Im
Jahre 1896 wurden in Wien 21,930 Pferde und
82 Eſeln geſchlachtet. Hundeſchlachtungen
wurden glücklicherweiſe auf ſtädtiſchen Schlachthäuſern noch
nicht durchgeführt. Im Berichtsjahre wurden weiter in den
ſtädtiſchen Schlachthäuſern 253.259 Rinder und Büffel der
Schlachtung unterzogen. Auf dem Centralviehmarkt wurden
in runden Zahlen zugeführt: 127.500 Schafe, 76.000 Lämmer,
185.000 Kälber, 540.000 Schweine.




Tagesbericht.


* Kalender für Mittwoch, den 14. December

Katholiken: Quat. Spir. †. — Griechen: (2. De-
cember): Habakuk. — Sonnenaufgang 7 Uhr 45 Min. Morg.
— Sonnenuntergang 4 Uhr [5] Minuten Abends. — Mondes[-]
aufgang 8 Uhr 4[5] Minuten Morgens. — Mondesuntergang
5 Uhr 10 Minuten Abends. — Tageslänge 8 Stunden
20 Minuten. — Nachtläng[e] 15 Stunden 40 Minuten.

* Hof- und Perſonalnachrichten.

Der Kaiſer
hat geſtern die neuernannten Geheimräthe in dieſer ihrer
Eigenſchaft beeidigt. — Erzherzog Ferdinand hat ſich
geſtern Nachmittags von hier nach Linz zurückbegeben. —
Der Statthalter in Galizien Dr. Leo Graf Pininski
iſt von hier nach Lemberg zurückgekehrt.. — Der italieniſche
Militärattaché in Petersburg Oberſt Xavier N. Rocca iſt
aus Rom hier angekommen.

* Auszeichnungen und Ernennungen.

Der Kaiſer
hat dem geheimen Rathe und Miniſter außer Dienſt FML.
Emil Ritter v. Guttenberg taxfrei den Freiherrn-
ſtand, dem mit dem Titel und Charakter eines Oberlandes
gerichtsrathes bekleideten Landesgerichtsrathe des Kreis-
gerichtes in Rovereto Dr. Alexander Salvadori vo[n]
Wieſendorf den Orden der eiſernen Krone dritt[r]
Claſſe, dem Berg-Inſpector der Oeſterreichiſch-Alpine[n]
Montan-Geſellſchaft in Köflach Carl Karner den Titel

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[3/0003] 284 Wien, Mittwoch Reichspoſt 14. December 1898 lands ſoll der Kaiſer geſagt haben: Deutſchland könne die Verfolgung ſeiner Intereſſen nunmehr wahrnehmen, als es durch die Stellungnahme Ruß- lands ſich erleichtert fühle. Im Anſchluſſe hieran ſprach der Kaiſer ſehr warmherzig von ſeinem Freunde, dem Czaren, und deſſen hohen idealen Zielen. Es ſei nicht unwahrſcheinlich, daß die Conferenz in Petersburg zu einem praktiſchen Ergebniſſe führe: ſollte dies auch nur in der Richtung geſchehen, daß die Mächte beſchließen würden, mit der Einführung von neuen mörderiſchen Erfindungen inne zu halten. Der Kaiſer erwähnte hierbei ausdrücklich der letzten Dum-Dum-Ge- ſchoſſe, von deren furchtbarer Wirkung er ſich ſelbſt einmal auf einer Jagd überzeugt habe. So berührte der Kaiſer in anſprechendem freundlich-offenem Ge- dankenaustauſch die wichtigſten politiſchen Fragen. Es kann nur äußerſt ſympathiſch berühren, den Kaiſer ſo vertraut mit den Geſchäften und ſo offen mit der Ver- tretung des Volkes darüber converſiren zu ſehen. Die Rede des Grafen Bülow, des Staats- ſecretärs des Aeußern, im deutſchen Reichstag bei der Etatsdebatte, hatte naturgemäß mehr den Zweck, auf- tauchende Beſorgniſie, welche auch die Rede des Kaiſers (ihrem ſpeciellen Zwecke entſprechend) erwecken mochte, zu verſcheuchen und die Volksvertretung objectiv aufzuklären. Er berührte zunächſt die orientaliſche Frage: Dieſelbe befinde ſich augenblicklich im Großen und Ganzen in einer friedlichen Phaſe. Damit will ich nicht ſagen, daß das orientaliſche Problem endgiltig ge- löft ſei. Die orientaliſche Frage gleicht einigermaßen der Seeſchlange, von der ein Stück nach dem andern zum Vor- ſchein kommt; die endgiltige Löſung wird keiner von uns erleben. Wir müſſen unſeren Kindern und Kindeslindern einige Nüſſe zum Knacken übrig laſſen (Große Heiterkeit); aber die Frage erſcheint gegenwärtig für den Weltfrieden weniger bedrohlich als in früheren Epochen. An und für ſich iſt die Frage vielleicht complicirter geworden, als ſie vor 20 Jahren und vor 4 Jahren war. Die Gegen- ſätze, nicht ſowohl zwiſchen Chriſten und Mohammedanern, als zwiſchen den einzelnen Balkanvölkern haben ſich ſeitdem zugeſpitzt. Mit dem Selbſtſtändigkeitstriebe dieſer Völker iſt auch ihr Expanſionsbedürfniß geſtiegen. Auf der Balkanhalbinſel gibt es Punkte, die unter Umſtänden Erisäpfel werden können. Die türkiſchen Sympathien für uns beruhen auf dortiger Einſicht, daß Deutſchland meint, „Völkerrecht bleibe Völkerrecht auch gegenüber der Türkei“, daß wir im Oriente keinen Unfrieden wollen, ſondern wirklichen Frieden. Er berührte ſodann die kretenſiſche Frage, und bemerkte, daß die Rückberufung der „Oldenburg“ durch die nachfolgenden Ereigniſſe gerechtfertigt war. „Wir konnten uns bei der bisherigen Behandlung des kretenſiſchen Problems der Einſicht nicht ganz ver- ſchließen, daß viele Köche nicht immer den Brei ver- beſſern. (Heiterkeit.)“ Sehr ſympathiſch waren die Ausführungen Bülow’s über die Paläſtina-Reiſe des Kaiſers und ſeine Theilnahme an der Einweihung der evangeliſchen Kirche, die ein Act der Pietät des Kaiſers gegen ſeine Vorfahren, ein Act religiöſen Empfindens „ohne Feindſeligkeit gegen andere Con- feſſionen“ war (Bravo). Beweis: die Schenkung der Dormition an die Katholiken. Die Kaiſerreiſe habe den Sultan nicht nur nicht verletzt, ſondern die Beziehungen zur Türkei noch freundlicher geſtaltet. Trotzdem der deutſche Kaiſer das Protectorat über die deutſchen Unterthanen in Paläſtina ſich nicht nehmen laſſe, das ſchon ſeit dem 18. Jänner 1871 beſtehe, bekämpft Deutſchland nicht die franzöſiſchen Intereſſen, weder im Orient noch anderswo. Er ſchloß dies Capitel mit den Worten: Die Vertretung des Reiches involvirt eben den Schutz aller Deutſchen, mögen dieſelben Katholiken oder Prote- ſtanten ſein. (Beifall im Centrum.) Wir werden uns der religiöſen Intereſſen unſerer katho- liſchen Mitbürger im Ortente auch fernerhin gewiſſenhaft und treu annehmen. (Beifall.) Von ſehr beruhigendem Charakter und von ſehr „verſönlichem Geiſte“ war die Antwort des Staats- ſecretärs über die vom Grafen Thun mit ſonſt bei dieſem „Staatsmann“ ungewohnter Schärfe angeregte Frage der Ausweiſung öſterreichiſcher Unterthanen aus Preußen. Er führte aus: Auf die Frage amtlich einzugehen hätte ich eigentlich keine Veranlaſſung, da dieſelben vor das Forum des preußiſchen Landtages gehören. Unſere inter- nationalen Beziehungen können aber durch dieſe Ausweiſungen nicht alterirt werden, weil letztere ein Act unſerer Souveränetät ſind, welche wir von keiner Seite an taſten laſſen. (Beifall.) Ueber einzelne Fälle ſchweben zwiſchen den deutſchen und öſterreichiſch-ungariſchen diplomatiſchen Organen vertrauliche Beſprechungen, welche jenen freundſchaftlichen Charalter tragen, welche unſere allgemeinen Beziehungen zu dem öſterreichiſch- ungariſchen Reiche kennzeichnet. Mehr möchte ich nicht ſagen; denn ich glaube, daß es beſſer iſt, (das iſt ein Wink für den Grafen Thun) kleinere Divergenzen mehr freundſchaftlicher Natur zwiſchen befreundeten und verbündeten Staaten öffentlich nur im verſöhnlichen Geiſte, nach reif- licher Ueberlegung und mit genauer Abmeſſung der Tragweite der Worte zu erörtern. (Lebhafter Beifall.) Die Ausführungen von Bülow’s über den Drei- bund, über deſſen „Erſchütterung“ einzelne Blätter immer wieder Beſorgniſſe ausſtreuen, ſind von be- ſonderer politiſcher Bedeutung. Sie lauten: Es iſt auch die Beſorgniß unbegründet, als ob der Dreibund irgendwie erſchüttert in ſeiner inneren Cohäſion oder im äußeren Anſehen wäre. Die Weltlags bringt es mit ſich, daß etwa in der Welt vorhandene be- drohliche Symptome ſich nicht gegen den Dreibund richten. Der Dreibund gleicht einer Feſtung in Friedenszeiten, auf deren Glacis die Bäume mit jedem Jahre höher wachſen, was aber nicht ausſchließt, daß im Falle der Noth — den ich übrigens weder herbeiwünſche, noch in dieſem Augen- blicke vorausſage — die Feſtung in kürzeſter Friſt ſturmfrei gemacht werden könnte. Der Dreibund ruht auf ſicherer Baſis; er iſt das Ergebniß des geſchichtlichen Werdeganges dreier großer Staatsweſen, die ſeit dem Beginne der europäiſchen Staatenbildung immer in lebhaften Be- ziehungen zu einander geſtanden ſind und ſtets in irgend- einer Art und Weiſe verbunden waren, jetzt aber die glückliche Form gefunden haben, bei voller innerer Autonomie und abſoluter Selbſtändigkeit nach Außen feſt zuſammen- zuſtehen. Der Dreibund ruht auf klaren und einfachen Intereſſen. Jeder ſeiner Theilnehmer hat ein gleiches Inter- reſſe an ſeinem Fortbeſtehen, jeder würde durch das Auf- hören des Dreibundes in gleichem Maße verlieren. Und da der Dreibund weit entfernt iſt, agreſſive Zwecke zu ver- folgen, und nichts weiter anſtrebt, als die Wahrung des status quo und Erhaltung der beſtehenden Ordnung der Dinge, ſo kommt derſelbe im letzten Ende allen Völkern und der Sache des europäiſchen Friedens zu Gute. (Lebhafter Beifall.) Im Allgemeinen empfiehlt es ſich, beſtehende, er- probte und zur Befriedigung aller Participanten functionirende Bündniſſe nicht zu oft zu discutiren. Es geht mit den Allianzen ähnlich wie mit den Damen; die beſten ſind ſchließlich doch diejenigen, von denen man am wenigſten redet. (Heiterkeit.) Das Verhältniß Deutſchlands zu den anderen Mächten charakteriſirte v. Bülow kurz dahin: Mit England kann und will Deutſchland gerne in allerlei Fragen und Punkten zuſammengehen, es wahrt dabei aber voll und ganz anderweitige werthvolle Beziehungen. Gemeint iſt da offenbar Frankreich, welches in der Colonialpolitik ſich ebenſo wie England um Deutſchlands Hilfe wetteiſernd bemuht. Deutſchland wartet da offenbar ab, wer ihm mehr bietet: England oder Frankreich, denen coloniale Intereſſen gegenſätzliche ſind. Gegen- über Spanien und Amerika habe Deutſch- land nach beiden Seiten loyale Neutralität beobachtet und dadurch Vertrauen in die Ehrlichkeit der deutſchen Politik erworben. Die Handels- differenzen mit Amerika haben zu neuen Verhandlungen geführt. Herr von Bülow erhofft die Fortdauer des Weltfriedens auf noch lange Zeit. Derſelbe beruht nach ihm „auf der Ausgleichung zwiſchen berechtigtem nationalen Egoismus eines jeden Volkes und den gemeinſamen Culturaufgaben der ganzen Menſchheit.“ Deutſchlands Zukunft be- ruhe auf ſeiner Macht, dieſe Macht aber auf der Schärfe des Schwertes. Dennoch werde Deutſchland niemals fehlen, wo es ſich um die Aufrechterhaltung des Weltfriedens handle. Dieſe klaren, beſonnenen und kraftvollen Dar- legungen hatten ſich des reichſten Beifalls des Hauſes zu erfreuen. In uns erwecken ſie wehmüthige Gefühle. Wo iſt bei uns in Oeſterreich zielbewußte Klarheit und kräftige Hand? — Ja, wo! Die Vorgänge in Ungarn. Die Majorität beginnt bereits zum Rückzuge zu blaſen. Die Candidatur des Grafen Tisza für die Präſidentenſtelle im Abgeordnetenhauſe, die von der Oppoſition auf das heftigſte bekämpft wurde, iſt fallen gelaſſen worden. Dieſer Schritt der liberalen Partei zeigt, daß ſie im entſcheidenden Momente doch nicht gewillt iſt, mit Banffy zu leben oder zu ſterben oder gar für Banffy die Kaſtanien aus dem Feuer zu holen. Vielleicht iſt die liberale Partei durch den Umſtand, daß der Zerſetzungsproceß in der Partei Tag für Tag größere Fortſchritte macht, zu einer Aenderung in ihrer Taktik bewogen worden. Als Candidaten für die Prä- ſidentenſtelle werden die Abgeordneten Bela Thalian, Albert Berzevicky, Bela Lukacs vorge- ſchlagen. Sogar der Miniſter des Innern v. Perczel und der Ackerbauminiſter Dr. Daranyi ſollen für die Präſidentenſtelle in manchen Kreiſen in Ausſicht ge- nommen worden ſein. Im Laufe des heutigen Tages wird die Regierung in der Präſidentenfrage eine Ent- ſcheidung treffen und der am Freitag ſtattfindenden Conferenz der liberalen Partei das Ergebniß mit- theilen. Die Zahl der Diſſidenten wird von Tag zu Tag größer. Die Abg. Ferliczka und Graf Oscar Pejacſevich haben im Laufe des geſtrigen Tages ihren Austritt aus der liberalen Partei gemeldet. Die Zahl der Diſſidenten beträgt nun 26. Die Oppoſition ſcheint durch die am Samſtag erfolgte Vertagung des Hauſes etwas kleinlauter geworden zu ſein. Koſſuth hatte ſogar vorgeſtern erklärt, ſeine Partei ſei ent- ſchloſſen, den Ausgleich mit Oeſterreich paſſieren zu laſſen und zu den normalen parlamentariſchen Ver- hältniſſen zurückzukehren, wenn nur ſonſt ein Wandelgeſchaffen wäre. Der Oppoſition handelt es ſich alſo nur um den Sturz Banffy’s. Iſt dadurch Wandel geſchaffen, dann will die Oppoſition die gefährliche Waffe der Obſtruction bei Seite legen. Gemeindezeitung. Der Ball der Stadt Wien wird, wie in gemeinderäthlichen Kreiſen „verlautet, heuer nicht abgehalten werden. Man geht dabei von der Erwägung aus, daß der Stadtball den Armen nur ein ſehr geringes Reinerträgniß liefern würde. Da- gegen ſoll, wie die „Deutſche Zeitung“ mittheilt, am 1. Februar nächſten Jahres eine große Concert- akademie zu Gunſten der Armen der Stadt Wien in den Feſträumen des Rathhauſes veranſtaltet werden. Es ſoll weiter beabſichtigt ſein, die Feſtbeſucher nach Schluß der Akademie zum Be- ſuche des Rathhauskellers einzuladen, der an dieſem Abende das erſte Mal Gäſten geöffnet iſt, um am folgenden Tage dem allgemeinen Verkehr übergeben zu werden. Der Stadtrath wird heute darüber Be- ſchluß faſſen. Duellirende Bezirksausſchüſſe. Samſtag Abends fand eine Sitzung des Landſtraßer Bezirksausſchuſſes ſtatt, bei der der Bezirksvorſteher Spitaler einen Brief des Bezirksausſchuſſes Dr. Kner zur Verleſung brachte, worin gegen die Verleihung des Bürgerrechtes an den gleichfalls liberalen Bezirksausfchuß Legat unter den heftigſten Vor- würfen gegen dieſen, proteſtirt wird. Zugleich erhebt der Briefſchreiber den Vorwurf, daß über dieſe Bürgerrechts- verleihung im Bezirksausſchuß nicht in öffentlicher Sitzung, ſondern in geheimen Conventikeln abgeſtimmt wurde. An die Verleſung dieſes Briefes knüpfte ſich eine längere Debatte, in deren Verlauf Bezirksausſchuß Legat erklärte, er werde als Officier wiſſen, was er dem Dr. Kner gegenüber zu thun habe. Thatſächlich ſoll Bezirksausſchuß Legat den Dr. Kner bereits gefordert haben. Das Duell findet angeblich in der Praterkaſerne ſtatt. Wo bleibt die Polizei? Was ſagt der Landesvertheidigungsminiſter, der ja zu den ſtreng katholiſchen Cavalieren gezählt wird, dazu, daß man die militäriſchen Gebäude zu Geſetzüber- tretungsſtätten macht? Das Duell verſtoßt gegen das Civil- und das Militärgeſetz und gegen die Lehren der katholiſchen Kirche. Demolirung der Schönbrunner Schloßbrücke. Am Donnerſtag, den 15. d., wird in Folge der Wienfluß- regulirung mit der Abtragung der Schönbrunner Schloß- brücke begonnen, in Folge deſſen der Fuhrwerksverkehr von dieſem Tage ab in die benachbarten Straßen abgeleitet wird. Eine Deputation der Pfründner des Wiener All- gemeinen Verſorgungshauſes ſprach geſtern beim Bürger- meiſter Dr. Lueger vor, um ihm den Dank für die Ein- führung des Frühſtückkaffees und die freiheitlichere Behand- lung zu überbringen. Zur Fleiſchverſorgung der deutſchen Großſtädte. Im Statiſtiſchen Jahrbuch deutſcher Städte für 1896 findet ſich eine Zuſammenſtellung der Ziffern aus 22 deutſchen Großſtädten über den Verkehr auf den Schlachthöfen, dem zu Folge im beobachteten Jahre in dieſen Städten die Schlachtungen von 550.000 Rinder, 2·3 Millionen Schweinen, 1 Million Kälber und 800.000 Hammel erfolgten. Sehr intereſſant iſt die Zuſammenſtellung der Schlachtungen von Pferden, Eſeln und Hunden, die mit den Ziffern des Vorjahres verglichen wird. Danach wurden in 44 Städten insgeſammt 37,680 Pferde ge- ſchlachtet, von welchen 36.833 Stück für den menſchlichen Conſum beſtimmt waren. Das ergibt gegen das Vorjahr ein Mehr von nicht weniger als 4161 Stück. Am ſtärkſten iſt die Zunahme des Pferdefleiſchverbrauches in Hamburg, wo ſie 3095 gegen 1778 im Vorjahr betrug; die abſolut höchſten Ziffern wieſen auf Berlin mit 7307 (7338), Breslau 3005 (2739), Bremen 1660 (1240), Halle 1646 (877) und München 1433 (1444). Ueber 1000 Stück conſumirten außerdem Dresden, Düſſeldorf, Hannover, Köln, Leipzig, Magdeburg. In 30 Städten hat der Conſum zugenommen. nur in 13 war eine zumeiſt geringfügige Abnahme bemerk- bar. Eſel wurden nur 19 geſchlachtet gegen 46 im Vor- jahre, davon die meiſten zu Straßburg 10 (17). Dagegen iſt die Ziffer der Hunde ſchlachtungen wieder eine ſteigende, obwohl die Angaben leider lückenhafte ſind. Außerhalb Sachſens, das dieſe Specialität pflegt, wurden nur aus Barmen 4 (1) und Halle 1 derartige Schlachtungen be- richtet, während ſie in Breslau diesmal nicht beziffert wurden, woſelbſt in 1895 65 Hundeſchlachtungen angegeben wurden. Aber aus 4 ſächſiſchen Städten wurde über 490 derartiger Schlachtungen berichtet, die faſt alle in den menſchlichen Conſum übergingen gegen 387 im Vor- jahre. Die Einzelergebniſſe ſind Chemnitz 251 (201), Dresden 183 (89) mit ſtarker Zunahme, Leipzig 11 (24) und Zwickau 45 (72) mit abnehmenden Ziffern. Hieran mögen einige die Wiener Schlachthäuſer betreffende Zahlen zum Vergleiche gereiht werden. Im Jahre 1896 wurden in Wien 21,930 Pferde und 82 Eſeln geſchlachtet. Hundeſchlachtungen wurden glücklicherweiſe auf ſtädtiſchen Schlachthäuſern noch nicht durchgeführt. Im Berichtsjahre wurden weiter in den ſtädtiſchen Schlachthäuſern 253.259 Rinder und Büffel der Schlachtung unterzogen. Auf dem Centralviehmarkt wurden in runden Zahlen zugeführt: 127.500 Schafe, 76.000 Lämmer, 185.000 Kälber, 540.000 Schweine. Tagesbericht. Wien, 13. December. * Kalender für Mittwoch, den 14. December Katholiken: Quat. Spir. †. — Griechen: (2. De- cember): Habakuk. — Sonnenaufgang 7 Uhr 45 Min. Morg. — Sonnenuntergang 4 Uhr 5 Minuten Abends. — Mondes- aufgang 8 Uhr 45 Minuten Morgens. — Mondesuntergang 5 Uhr 10 Minuten Abends. — Tageslänge 8 Stunden 20 Minuten. — Nachtlänge 15 Stunden 40 Minuten. * Hof- und Perſonalnachrichten. Der Kaiſer hat geſtern die neuernannten Geheimräthe in dieſer ihrer Eigenſchaft beeidigt. — Erzherzog Ferdinand hat ſich geſtern Nachmittags von hier nach Linz zurückbegeben. — Der Statthalter in Galizien Dr. Leo Graf Pininski iſt von hier nach Lemberg zurückgekehrt.. — Der italieniſche Militärattaché in Petersburg Oberſt Xavier N. Rocca iſt aus Rom hier angekommen. * Auszeichnungen und Ernennungen. Der Kaiſer hat dem geheimen Rathe und Miniſter außer Dienſt FML. Emil Ritter v. Guttenberg taxfrei den Freiherrn- ſtand, dem mit dem Titel und Charakter eines Oberlandes gerichtsrathes bekleideten Landesgerichtsrathe des Kreis- gerichtes in Rovereto Dr. Alexander Salvadori von Wieſendorf den Orden der eiſernen Krone drittr Claſſe, dem Berg-Inſpector der Oeſterreichiſch-Alpinen Montan-Geſellſchaft in Köflach Carl Karner den Titel

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Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat). (2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 284, Wien, 14.12.1898, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost284_1898/3>, abgerufen am 25.11.2024.