Reichspost. Nr. 212, Wien, 18.09.1906.Wien, Dienstag Reichspost 18. September 1906 212 [Spaltenumbruch] tarier-Jubiläum nicht mehr fern. Inzwischen beging er am 13. Juli 1904 bereits den Jubiläumstag, an welchem er 30 Jahre hindurch den rheinischen Wahlkreis Düren-Jülich ununterbrochen im deutschen Reichstage vertreten hat. In rühmlicher Weise trat schon während der ersten Kulturkampfdebatten sein parlamentarischer Name an die Oeffentlichkeit, als er dem Ministerpräsidenten Grafen v. Roon, der von "Uebergriffen der römischen Kirche" gesprochen hatte, kurz und bündig die Erklärung gegenüber- hielt: "Wir Katholiken kennen nur eine katholische Kirche, die ihr Oberhaupt in Rom hat." * Die Aerzteorganisation. Am 28. Sep- * Friedenskongreß in Mailand. Vom * Kaiserlicher Rat Blazincic gestorben. Gestern ist in seiner Wohnung, Neubau, Stiftgasse * Selbstmord eines Bankbeamten. Der Be- * Von einem Zuge überfahren. In der * Ein Gattenmord. Anton Bedrai hat am * Unfall bei den deutschen Manövern. Eine Privatdepesche meldet uns aus Berlin vom * Ermordung eines Oesterreichers in China. Aus Tientsin wird berichtet: Der Sekretär des * Ein sozialdemokratischer Defrandant. In Altrohlau bei Karlsbad ist der Lagerhalter des * Das drahtlose Telephon. Wie aus Paris * Ein fast unglaublicher Schulskandal. An der Schule in Willisan im Kanton Genf, an * Aus der Gastwirtegenossenschaft. Der * Der heurige Hummerfang in der Nordsee. Die heftigen Weststürme, welche der Juli brachte, * Aus der Unfallschronik. Die Köchin Therese * Blausäure in den Mandeln. Es ist wohl * Eine amtliche Unterstützung der Sozial- demokratie. Die kaiserlich deutsche Post- und Tele- * Unbegründete Angst. Beim Leuchtbrunnen * Bestialische Roheit. Das Opfer eines Aktes * Bilder auf Paketen und Adressen. Zu- Wetter. Wetterprognose. Veränderlich. Mäßige Winde. Wetterbericht vom 17. September. Eine ausgedehnte Depression mit Zentrum über der Morgens 7 Uhr melden: Prag 9·7°, Krakau In Dalmatien herrscht Schirokko, die Adria ist Aus dem Gebiete der k. k. österreichischen Niederösterreich. Römerfund. Vor kurzem Eine agnoszierte Selbstmörderin. Aus Emmersdorf bei Krems wird uns ge- Tirol. Eine zerstörte Schutzhütte. Aus Böhmen. Der Bergarbeiterstreik -- Der Geburtstag Dr. Pazaks. Bei dem Ungarn. Enthüllung des Washington- Denkmals. Aus Ofen-Pest, 17. September, Wien, Dienstag Reichspoſt 18. September 1906 212 [Spaltenumbruch] tarier-Jubiläum nicht mehr fern. Inzwiſchen beging er am 13. Juli 1904 bereits den Jubiläumstag, an welchem er 30 Jahre hindurch den rheiniſchen Wahlkreis Düren-Jülich ununterbrochen im deutſchen Reichstage vertreten hat. In rühmlicher Weiſe trat ſchon während der erſten Kulturkampfdebatten ſein parlamentariſcher Name an die Oeffentlichkeit, als er dem Miniſterpräſidenten Grafen v. Roon, der von „Uebergriffen der römiſchen Kirche“ geſprochen hatte, kurz und bündig die Erklärung gegenüber- hielt: „Wir Katholiken kennen nur eine katholiſche Kirche, die ihr Oberhaupt in Rom hat.“ * Die Aerzteorganiſation. Am 28. Sep- * Friedenskongreß in Mailand. Vom * Kaiſerlicher Rat Blazincic geſtorben. Geſtern iſt in ſeiner Wohnung, Neubau, Stiftgaſſe * Selbſtmord eines Bankbeamten. Der Be- * Von einem Zuge überfahren. In der * Ein Gattenmord. Anton Bedrai hat am * Unfall bei den deutſchen Manövern. Eine Privatdepeſche meldet uns aus Berlin vom * Ermordung eines Oeſterreichers in China. Aus Tientſin wird berichtet: Der Sekretär des * Ein ſozialdemokratiſcher Defrandant. In Altrohlau bei Karlsbad iſt der Lagerhalter des * Das drahtloſe Telephon. Wie aus Paris * Ein faſt unglaublicher Schulſkandal. An der Schule in Williſan im Kanton Genf, an * Aus der Gaſtwirtegenoſſenſchaft. Der * Der heurige Hummerfang in der Nordſee. Die heftigen Weſtſtürme, welche der Juli brachte, * Aus der Unfallschronik. Die Köchin Thereſe * Blauſäure in den Mandeln. Es iſt wohl * Eine amtliche Unterſtützung der Sozial- demokratie. Die kaiſerlich deutſche Poſt- und Tele- * Unbegründete Angſt. Beim Leuchtbrunnen * Beſtialiſche Roheit. Das Opfer eines Aktes * Bilder auf Paketen und Adreſſen. Zu- Wetter. Wetterprognoſe. Veränderlich. Mäßige Winde. Wetterbericht vom 17. September. Eine ausgedehnte Depreſſion mit Zentrum über der Morgens 7 Uhr melden: Prag 9·7°, Krakau In Dalmatien herrſcht Schirokko, die Adria iſt Aus dem Gebiete der k. k. öſterreichiſchen Niederöſterreich. Römerfund. Vor kurzem Eine agnoszierte Selbſtmörderin. Aus Emmersdorf bei Krems wird uns ge- Tirol. Eine zerſtörte Schutzhütte. Aus Böhmen. Der Bergarbeiterſtreik — Der Geburtstag Dr. Pazaks. Bei dem Ungarn. Enthüllung des Waſhington- Denkmals. Aus Ofen-Peſt, 17. September, <TEI> <text> <body> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0004" n="4"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Wien, Dienstag Reichspoſt 18. September 1906 212</hi></fw><lb/><cb/> tarier-Jubiläum nicht mehr fern. Inzwiſchen beging<lb/> er am 13. Juli 1904 bereits den Jubiläumstag, an<lb/> welchem er 30 Jahre hindurch den rheiniſchen<lb/> Wahlkreis Düren-Jülich ununterbrochen im deutſchen<lb/> Reichstage vertreten hat. In rühmlicher Weiſe trat<lb/> ſchon während der erſten Kulturkampfdebatten ſein<lb/> parlamentariſcher Name an die Oeffentlichkeit, als<lb/> er dem Miniſterpräſidenten Grafen v. Roon, der<lb/> von „Uebergriffen der römiſchen Kirche“ geſprochen<lb/> hatte, kurz und bündig die Erklärung gegenüber-<lb/> hielt: „Wir Katholiken kennen nur eine katholiſche<lb/> Kirche, die ihr Oberhaupt in Rom hat.“</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Die Aerzteorganiſation.</hi> </head> <p>Am 28. Sep-<lb/> tember wird in Wien die konſtituierende Verſammlung<lb/> des Reichsverbandes öſterreichiſcher Aerzteorgani-<lb/> ſationen ſtattfinden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Friedenskongreß in Mailand.</hi> </head> <p>Vom<lb/> Samstag meldet man aus Mailand: Heute nachmittag<lb/> wurde in Gegenwart der Vertreter des Miniſters des<lb/> Aeußern, der Behörden und der Stadt ſowie zahl-<lb/> reicher Delegierter aller Länder, darunter Freiin von<lb/> Suttner für Oeſterreich und General Türr für Ungarn,<lb/> der Allgemeine Friedenskongreß eröffnet. Im Namen<lb/> Tittonis begrüßte Bollati den Kongreß, zu dem der<lb/> Miniſter leider nicht verſönlich habe erſcheinen können.<lb/> Er erinnerte an die Worte Tittonis in der Kammer,<lb/> womit er ſich der edlen Initiative Englands im Sinne<lb/> der Abrüſtung anſchloß.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Kaiſerlicher Rat Blazincic geſtorben.</hi> </head><lb/> <p>Geſtern iſt in ſeiner Wohnung, Neubau, Stiftgaſſe<lb/> Nr. 81, kaiſerlicher Rat und Kommerzialrat Joſef<lb/><hi rendition="#g">Blazincic</hi> im 61. Lebensjahre geſtorben. Er fun-<lb/> gierte auch als Inventur- und Schätzungskommiſſär<lb/> und als beeideter Schätzmeiſter. Der Verblichene war<lb/> Ritter des Franz Joſef-Ordens und Beſitzer des<lb/> goldenen Verdienſtkreuzes mit der Krone und der<lb/> großen Salvatormedaille. Das Leichenbegängnis<lb/> findet morgen ſtatt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Selbſtmord eines Bankbeamten.</hi> </head> <p>Der Be-<lb/> amte eines hieſigen Bankinſtitutes, Johann Urpani,<lb/> hat ſich heute nachts aus einem Fenſter des fünften<lb/> Stockwerkes ſeiner Wohnung, Landſtraße, Haupt-<lb/> ſtraße Nr. 86, auf das Pflaſter geſtürzt und iſt<lb/> mit zerſchmetterten Knochen ſofort tot geblieben.<lb/> Die Motive des Selbſtmordes ſind noch nicht be-<lb/> kannt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Von einem Zuge überfahren.</hi> </head> <p>In der<lb/> Station Floridsdorf der Nordbahn wurde heute der<lb/> Hilfsarbeiter Richard <hi rendition="#g">Bartſch</hi> beim Ueberſchreiten<lb/> des Gleiſes von der Lokomotive eines Laſtzuges<lb/> erfaßt und überfahren. Bartſch, welcher eine voll-<lb/> ſtändige Zermalmung des linken Oberarmes und des<lb/> linken Schulterblattes, ſowie Rißwunden im Geſichte,<lb/> an beiden Händen und am Kopfe erlitten hat, wurde<lb/> von der Freiwilligen Rettungsgeſellſchaft in das<lb/> Spital der Barmherzigen Brüder gebracht.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Ein Gattenmord.</hi> </head> <p>Anton <hi rendition="#g">Bedrai</hi> hat am<lb/> Samstag in Lanzendorf bei Pettau in Steiermark<lb/> ſeine Gattin ermordet und iſt dann flüchtig geworden.<lb/> Bedrai iſt von großer, magerer Statur, hat tief-<lb/> liegende Augen, ſchütteren Backenbart, dunklen Schnurr-<lb/> bart und große Naſe. Beim Sprechen ſtottert er<lb/> ein wenig.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Unfall bei den deutſchen Manövern.</hi> </head><lb/> <p>Eine Privatdepeſche meldet uns aus <hi rendition="#g">Berlin</hi> vom<lb/> 16. September: Der Kommandeur der 7. Diviſion<lb/> Generalleutnant Bernholdi ſtürzte während einer<lb/> Uebung bei Salzwedel vom Pferde und wurde von<lb/> dem nachreitenden 16. Ulanenregiment überritten.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Ermordung eines Oeſterreichers in China.</hi> </head><lb/> <p>Aus Tientſin wird berichtet: Der <hi rendition="#g">Sekretär</hi> des<lb/> öſterreichiſchen <hi rendition="#g">Konſulats, Emil Thiele,</hi> der im<lb/> Begriffe war, die Heimreiſe nach Europa anzutreten,<lb/> iſt von Eingebornen getötet und einer Summe von<lb/> 5000 Kronen beraubt worden. Einzelheiten fehlen<lb/> noch. Thiele war ein geborner Hamburger.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Ein ſozialdemokratiſcher Defrandant.</hi> </head><lb/> <p>In Altrohlau bei Karlsbad iſt der Lagerhalter des<lb/> ſozialdemokratiſchen Konſumvereines „Vorwärts“,<lb/> Anton Weſp, mit nicht weniger als 3093 K. 72 H.<lb/> durchgegangen. Er wird vom Kreisgerichte Eger<lb/> ſteckbrieflich verfolgt. Es geht ja ganz ſchön<lb/> „vorwärts“ in dieſem Verein!</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Das drahtloſe Telephon.</hi> </head> <p>Wie aus Paris<lb/> gemeldet wird, ſind alle Verſuche, die der Ingenieur<lb/> Maiche mit ſeinem Apparat für drahtloſe Telephonie<lb/> bisher anſtellte, gelungen. Der berühmte engliſche<lb/> Phyſiker William Crookes kam jüngſt eigens nach<lb/> Saint-Germain, um die Verbeſſerungen zu erproben,<lb/> die Maiche vorgenommen hatte. Der neue Maiche-<lb/> Apparat, der ohne Zwiſchenſtellen bis zu 600 Meter<lb/> Entfernung über allerlei Hinderniſſe und Hügel hin-<lb/> weg funktioniert, beſteht aus zwei Eiſendrähte ent-<lb/> haltenden Holzrahmen mittlerer Größe, dem Geber-<lb/> rahmen und dem Empfängerrahmen. Durch einen<lb/> Transformator eigener Erfindung erfolgt die Strom-<lb/> vermittlung von Rahmen zu Rahmen. Ein gewöhn-<lb/> liches Mikrophon vervollſtändigt den Apparat. Man<lb/> hört zwar noch immer ſchwach, aber genügend<lb/> deutlich.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Ein faſt unglaublicher Schulſkandal.</hi> </head><lb/> <p>An der Schule in Williſan im Kanton Genf, an<lb/> welcher Knaben und Mädchen gemeinſchaftlich erzogen<lb/> werden, iſt ein großer Skandal zu Tage getreten.<lb/> Ein Profeſſor bemerkte ſeit einiger Zeit, daß einige<lb/> Schüler und Schülerinnen ſich eine allzu große<lb/> Aufmerkſamkeit widmeten. Es wurde der Argwohn<lb/> in ihm wach und er begann ein ſcharfes Verhör,<lb/><cb/> deſſen Ergebnis ein niederſchmetterndes war. Bei<lb/> 50 Knaben und Mädchen unterhielten ein unerlaubtes<lb/> Verhältnis mit einander, welches bei ſieben Mädchen<lb/> nicht ohne Folgen blieb. Der Profeſſor meldete ſeine<lb/> Erhebungen ſofort der Anſtaltsleitung; aber noch<lb/> bevor dieſe einſchreiten konnte, erfuhren es die<lb/> Mütter der Betroffenen. Natürlich gab es da einen<lb/> großen Aufruhr und die Sache wird vor Gericht ein<lb/> Nachſpiel haben.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Aus der Gaſtwirtegenoſſenſchaft.</hi> </head> <p>Der<lb/> Vorſteher-Stellvertreter der Wiener Gaſtwirte-<lb/> genoſſenſchaft fordert in einem offenen Schreiben<lb/> alle Gaſtwirte Wiens auf, zu der am 21. d. ſtatt-<lb/> findenden Wahl eines Vorſtehers zu erſcheinen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Der heurige Hummerfang in der Nordſee.</hi> </head><lb/> <p>Die heftigen Weſtſtürme, welche der Juli brachte,<lb/> gaben der Hummerfiſcherei einen Schlag, da viel<lb/> Gerätſchaften verloren gingen; es iſt kaum zu hoffen,<lb/> daß die Ausbeute dieſen Verluſt decken wird. Wohl<lb/> hat man im Auguſt ſo große Silberſtreifen von<lb/> Makrelen und Heringen geſehen, wie kaum zuvor,<lb/> aber ſelten waren die betreffenden Fiſcher im Beſitz<lb/> der nötigen Gerätſchaften, während anderſeits die<lb/> Hummerfiſcher oft vergeblich warten mußten. Der<lb/> Preis, welcher zu Beginn des Monats 105 Oere<lb/> betrug, iſt jetzt auf 130 Oere pro Pfund geſtiegen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Aus der Unfallschronik.</hi> </head> <p>Die Köchin Thereſe<lb/> Leder wurde am Sonntag nachmittags, als ſie an<lb/> der Halteſtelle der ſtädtiſchen Straßenbahnen in der<lb/> Gentzgaſſe einen Motorwagen beſteigen wollte, von<lb/> dem Automobil <hi rendition="#aq">A.</hi> 860 niedergeſtoßen. Thereſe Leder<lb/> erlitt außer einer Blutbeule am Hinterhaupt keine<lb/> äußeren Verletzungen, klagte jedoch über Unwohlſein.<lb/> Sie wurde von Paſſanten in ihren Dienſtort ge-<lb/> führt. Gegen den Chauffeur wurde die Strafamts-<lb/> handlung eingeleitet, weil er links, mithin auf der<lb/> vorſchriftswidrigen Seite am Straßenbahnenzug<lb/> vorbeigefahren iſt. — Der Kutſcher Joſef Lahody,<lb/> Wolfganggaſſe Nr. 33 wohnhaft, fuhr geſtern mit<lb/> einem Streifwagen von Vöslau nach Wien. Auf der<lb/> Altmannsdorferſtraße riß ihm Abend ein Windſtoß<lb/> den <hi rendition="#g">Hut vom Kopf.</hi> Lahody bückte ſich nach ihm,<lb/> fiel vom Wagen und wurde überfahren. Er erlitt<lb/> einen offenen Bruch des rechten Unterſchenkels und<lb/> wurde von der Filiale Mariahilf der Freiwilligen<lb/> Rettungsgeſellſchaft verbunden und ins Eliſabeth-<lb/> ſpital gebracht.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Blauſäure in den Mandeln.</hi> </head> <p>Es iſt wohl<lb/> allgemein bekannt, daß bittere oder nicht ſüße<lb/> Mandeln ziemlich bedeutende Mengen eines <hi rendition="#g">Giftes,</hi><lb/> nämlich <hi rendition="#g">Blauſäure,</hi> enthalten. Auch den Haus-<lb/> frauen iſt das im allgemeinen nicht unbekannt und<lb/> dennoch verwenden ſie die gefährlichen Früchte bei<lb/> vielen Speiſen, beſonders bei Kuchenteig. Vermut-<lb/> lich befinden ſie ſich dabei in dem Glauben, daß in<lb/> der Hitze, der die Speiſen oder der Teig beim<lb/> Kochen oder Backen ausgeſetzt ſind, die giftige Sub-<lb/> ſtanz zerſtört und in unſchädliche Beſtandteile auf-<lb/> gelöſt wird. Das iſt aber nicht richtig. Sorgfältige<lb/> Unterſuchungen haben ergeben, daß, wenn bittere<lb/> Mandeln nicht bis auf 103 Grad erhitzt ſind, gar<lb/> keine Blauſäure zerſtört wird, und die letzte Spur<lb/> des Giftes wird erſt dann beſeitigt, wenn die Er-<lb/> hitzung bis auf 170 Grad getrieben wird. Im haus-<lb/> wirtſchaftlichen Betriebe werden aber ſolche<lb/> Temperaturen niemals erreicht, man muß alſo ſtets<lb/> bedenken, daß wir mit den bitteren Mandeln auch in<lb/> den gekochten Speiſen ſtets die gefährliche Blauſäure<lb/> uns zuführen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Eine amtliche Unterſtützung der Sozial-<lb/> demokratie.</hi> </head> <p>Die kaiſerlich deutſche Poſt- und Tele-<lb/> graphenverwaltung hat in <hi rendition="#g">Mannheim</hi> für die Zeit der<lb/> Tagung des ſozialdemokratiſchen Parteitages eine<lb/> eigene Poſt-, Telegraphen- und Telephonſtelle für<lb/> die ſozialdemokratiſche Tagung errichtet. So ſorgt<lb/> demnach das kaiſerliche Amt dafür, daß die Worte<lb/> der ſozialdemokratiſchen Redner möglichſt ſchnell ver-<lb/> breitet werden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Unbegründete Angſt.</hi> </head> <p>Beim Leuchtbrunnen<lb/> am Schwarzenbergplatz: Die Frau fagt zu ihrer<lb/> Tochter: „Minnerl, geh’ aus dem Weg; wenn ein<lb/> Wind kommt, ſpritzt er Dir’s Waſſer aufs Kleid<lb/> und Du weißt ja, wie ſchwer die Farben aus dem<lb/> Stoff herausgehen.“</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Beſtialiſche Roheit.</hi> </head> <p>Das Opfer eines Aktes<lb/> unglaublicher Roheit wurde am Samstag der<lb/> Straßenarbeiter Max Walliſch. Er war in Meidling<lb/> mit einem Cabskutſcher in Streit geraten und wurde<lb/> von dieſem in unflätiger Weiſe beſchimpft. Walliſch<lb/> wollte, um gegen ihn vorgehen zu können, ſein<lb/> Nationale feſtſtellen. Er ſuchte die Nummer des<lb/> Wagens, um ſie zu notieren. Das brachte den<lb/> Cabskutſcher in derartige Wut, daß er wie ein<lb/> Raſender auf Walliſch losſtürzte, ihn beim Kragen<lb/> packte und ihn mit dem Kopfe in das Wagenrad<lb/> ſtoßen wollte. Walliſch hielt in ſeiner Todesangſt<lb/> den rechten Arm vor und ergriff die Speichen des<lb/> ſich umdrehenden Rades und ſtemmte ſich feſt, um<lb/> nicht mit dem Kopfe hineinzugeraten. Bei ihrer Um-<lb/> drehung erfaßten die Speichen Walliſch’ Unterarm<lb/> und riſſen ihn mit. Der arme Burſche erlitt einen<lb/> Armbruch und eine ſchwere Rißwunde in der rechten<lb/> Hohlhand. Der Cabskutſcher wurde zum Polizei-<lb/> kommiſſariate geſtellt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Bilder auf Paketen und Adreſſen.</hi> </head> <p>Zu-<lb/> folge Handelsminiſterial-Erlaſſes iſt im inländiſchen<lb/> Verkehre geſtattet, auf <hi rendition="#g">Paketen</hi> (mit Ausnahme<lb/> ſolcher, die Geld, Wertpapiere oder Pretioſen ent-<lb/><cb/> halten), ferner <hi rendition="#g">auf Poſtbegleitadreſſen<lb/> und Poſtanweiſungen</hi> Aufklebungen bild-<lb/> licher Darſtellungen anzubringen. Sie müſſen ſich<lb/> wie die Aufklebungen auf Briefſendungen von den<lb/> Brief- und Stempelmarken in Form, Farbe und<lb/> ſonſtiger Ausſtattung auffällig unterſcheiden und mit<lb/> der ganzen Fläche befeſtigt ſein. Auf Paketen iſt die<lb/> Anbringung nur inſoweit geſtattet, als dadurch die<lb/> Deutlichkeit der Adreſſe nicht leidet und die An-<lb/> bringung der poſtamtlichen Klebezettel und Vormerke<lb/> keinen Eintrag erfährt. Bei Poſtbegleitadreſſen und<lb/> Poſtanweiſungen ſind ſolche Aufklebungen nur auf<lb/> dem für die ſchriftlichen Mitteilungen beſtimmten<lb/> Raume in einer Größe zuläſſig, die über dieſen<lb/> Raum nicht hinausreicht; wenn ſie auf der Vorder-<lb/> ſeite angebracht werden, muß Platz für die Adreſſe<lb/> des Abſenders bleiben.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jWeatherReports" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Wetter.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Wetterprognoſe.</hi> </head> <p>Veränderlich. Mäßige Winde.<lb/> Schön. Heiteres aber nicht beſtändiges Wetter.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Wetterbericht vom 17. September.</hi> </head><lb/> <p>Eine ausgedehnte Depreſſion mit Zentrum über der<lb/> Adria und an der Nordſee beherrſcht Zentraleuropa;<lb/> hoher Druck hat ſich von Finnland her über Ruß-<lb/> land ausgebreitet, ebenſo liegt hoher Druck im<lb/> Weſten über dem Atlantiſchen Ozean. In Oeſterreich<lb/> herrſcht vorwiegend trübes, regneriſches und kühles<lb/> Wetter. Im Süden ſind zahlreiche Gewitterregen<lb/> gefallen.</p><lb/> <p>Morgens 7 Uhr melden: Prag 9·7°, Krakau<lb/> 12·0°, Lemberg 11·4°, Feldkirch 7·6°, Iſchl 8·2°,<lb/> Wien 9·4°, Graz 8·9°, Klagenfurt 7·0°, Ofen-<lb/> Peſt 11·4°, Szegedin 13·4°, Hermannſtadt 9·8°,<lb/> Sarajevo 17·9°, Trieſt 14·0°, Leſina 22·0°, Riva 13·3°,<lb/> Görz 13·6°, Schmittenhöhe —1·8°, Glocknerhaus —·—°,<lb/> Obir —3·2°, Schneeberg 5·—°, Semmering 5·0°,<lb/> Sonnblick —·—° Celfius.</p><lb/> <p>In Dalmatien herrſcht Schirokko, die Adria iſt<lb/> bewegt.</p><lb/> <p>Aus dem Gebiete der k. k. öſterreichiſchen<lb/> Staatsbahnen: Eger 8·8°, SW 2, Regen, Czernowitz<lb/> 11·0³, — 0, trüb; Jaroslau 11·6°, SE 5, halb be-<lb/> wölkt; Mähriſch-Schönberg 8·0°, — 0, Regen;<lb/> Budweis 8·7°, S 2, dreiviertel bewölkt, Tabor 7·6°,<lb/> S 1, trüb; Neumarkt 4·4°, — 0, trüb; Scheibbs<lb/> 9·0°, W 1, trüb.</p> </div> </div><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Niederöſterreich.</hi> </head> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#g">Römerfund.</hi> </head> <p>Vor kurzem<lb/> wurde in der Schottergrube des Baumeiſters Ignaz<lb/> Schrems in <hi rendition="#g">Kremsdorf</hi> ein Skelett aufgefunden,<lb/> an dem ſich Spangen, Ketten und Ringe befanden.<lb/> Man vermutet, daß das Gerippe aus der Römerzeit<lb/> ſtamme. Es iſt dies bereits das vierte Skelett,<lb/> welches an dieſer Stelle ausgegraben wurde. Die<lb/> ſeinerzeit dort ebenfalls ausgegrabenen Münzen<lb/> ſtammen aus dem Jahre 265 nach Chriſti Geburt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#g">Eine agnoszierte Selbſtmörderin.</hi> </head><lb/> <p>Aus <hi rendition="#g">Emmersdorf</hi> bei Krems wird uns ge-<lb/> ſchrieben: Am linken Donauufer bei Emmersdorf<lb/> wurde bekanntlich vorige Woche eine unbekannte<lb/> Frauensperſon aus der Donau gezogen. Die Er-<lb/> hebungen ergaben, daß die Ertrunkene mit der ab-<lb/> gängigen Kaſſierin Fanny Leber aus Neunkirchen<lb/> identiſch ſei. Ihr letzter Wohnort war Kalksburg<lb/> bei Wien. Am 30. v. M. kam ſie nach Klein-<lb/> Pöchlarn, ging in ein Gaſthaus, frühſtückte, dort und<lb/> ſchrieb zwei Briefe, wovon einer an ihre Mutter<lb/> nach Neunkirchen adreſſiert war. Sie äußerte ſich,<lb/> daß ſie nach Maria-Taferl wallfahren gehen möchte<lb/> und ging von Klein-Pöchlarn fort, gegen Krumm-<lb/> nußbaum zu. Das Motiv der Tat war eine Liebes-<lb/> geſchichte.</p> </div> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Tirol.</hi> </head> <head> <hi rendition="#g">Eine zerſtörte Schutzhütte.</hi> </head> <p>Aus<lb/><hi rendition="#g">Trient,</hi> 17. d., wird uns telegraphiert: Die auf<lb/> der Paganella neu errichtete Schutzhütte, welche am<lb/> 23. d. feierlich eröffnet werden ſollte, wurde geſtern<lb/> durch einen gewaltigen Sturmwind zum größtenteile<lb/> zerſtört. Die zu dieſer Zeit in der Schutzhütte<lb/> weilenden Touriſten und Arbeiter mußten die Hütte<lb/> ſchleunigſt verlaſſen, da das einſtürzende Dach ihr<lb/> Leben bedrohte.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Böhmen.</hi> </head> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#g">Der Bergarbeiterſtreik</hi> </head> <p>—<lb/><hi rendition="#g">aufgegeben.</hi> Aus <hi rendition="#g">Prag,</hi> 16. September, wird<lb/> telegrahiert: Heute wurden in Brüx, Dux und Bruch<lb/> große <hi rendition="#g">Meetings</hi> der Bergarbeiter abgehalten, in<lb/> welchen nach längeren Auseinanderſetzungen der Be-<lb/> ſchluß gefaßt wurde, die <hi rendition="#g">Arbeit wieder auf-<lb/> zunehmen.</hi> Tatſächlich wurde Montag früh, wie<lb/> telegraphirt wird, in allen Schichten des nordweſt-<lb/> böhmiſchen Kohlenbeckens normal eingefahren. Der<lb/> Streik ſcheint ſomit beendet.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#g">Der Geburtstag Dr. Pazaks.</hi> </head> <p>Bei dem<lb/> Miniſter Dr. Pazak erſchien Samstag, bald nach<lb/> ſeiner Ankunft in Kuttenberg der neugewählte Stadt-<lb/> rat, um den Miniſter zu ſeinem 60. Geburtstag zu<lb/> beglückwünſchen. Abends brachte der Kuttenberger<lb/> Geſangsverein „Tyl“ ein Serenade dar. Sonntag<lb/> erſchienen als Gratulanten der Bezirksausſchuß und<lb/> der Ausſchuß des hieſigen Sokolvereines, deſſen Ob-<lb/> mann Dr. Pazak durch lange Jahre war. Den<lb/> Abend verbrachte der Miniſter in Geſellſchaft ſeiner<lb/> Freunde.</p> </div> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Ungarn.</hi> </head> <head> <hi rendition="#g">Enthüllung des Waſhington-<lb/> Denkmals.</hi> </head> <p>Aus <hi rendition="#g">Ofen-Peſt,</hi> 17. September,<lb/> wird offiziell gemeldet: Bei der geſtrigen Feier der<lb/> Enthüllung des Waſhington-Denkmals hielt<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [4/0004]
Wien, Dienstag Reichspoſt 18. September 1906 212
tarier-Jubiläum nicht mehr fern. Inzwiſchen beging
er am 13. Juli 1904 bereits den Jubiläumstag, an
welchem er 30 Jahre hindurch den rheiniſchen
Wahlkreis Düren-Jülich ununterbrochen im deutſchen
Reichstage vertreten hat. In rühmlicher Weiſe trat
ſchon während der erſten Kulturkampfdebatten ſein
parlamentariſcher Name an die Oeffentlichkeit, als
er dem Miniſterpräſidenten Grafen v. Roon, der
von „Uebergriffen der römiſchen Kirche“ geſprochen
hatte, kurz und bündig die Erklärung gegenüber-
hielt: „Wir Katholiken kennen nur eine katholiſche
Kirche, die ihr Oberhaupt in Rom hat.“
* Die Aerzteorganiſation. Am 28. Sep-
tember wird in Wien die konſtituierende Verſammlung
des Reichsverbandes öſterreichiſcher Aerzteorgani-
ſationen ſtattfinden.
* Friedenskongreß in Mailand. Vom
Samstag meldet man aus Mailand: Heute nachmittag
wurde in Gegenwart der Vertreter des Miniſters des
Aeußern, der Behörden und der Stadt ſowie zahl-
reicher Delegierter aller Länder, darunter Freiin von
Suttner für Oeſterreich und General Türr für Ungarn,
der Allgemeine Friedenskongreß eröffnet. Im Namen
Tittonis begrüßte Bollati den Kongreß, zu dem der
Miniſter leider nicht verſönlich habe erſcheinen können.
Er erinnerte an die Worte Tittonis in der Kammer,
womit er ſich der edlen Initiative Englands im Sinne
der Abrüſtung anſchloß.
* Kaiſerlicher Rat Blazincic geſtorben.
Geſtern iſt in ſeiner Wohnung, Neubau, Stiftgaſſe
Nr. 81, kaiſerlicher Rat und Kommerzialrat Joſef
Blazincic im 61. Lebensjahre geſtorben. Er fun-
gierte auch als Inventur- und Schätzungskommiſſär
und als beeideter Schätzmeiſter. Der Verblichene war
Ritter des Franz Joſef-Ordens und Beſitzer des
goldenen Verdienſtkreuzes mit der Krone und der
großen Salvatormedaille. Das Leichenbegängnis
findet morgen ſtatt.
* Selbſtmord eines Bankbeamten. Der Be-
amte eines hieſigen Bankinſtitutes, Johann Urpani,
hat ſich heute nachts aus einem Fenſter des fünften
Stockwerkes ſeiner Wohnung, Landſtraße, Haupt-
ſtraße Nr. 86, auf das Pflaſter geſtürzt und iſt
mit zerſchmetterten Knochen ſofort tot geblieben.
Die Motive des Selbſtmordes ſind noch nicht be-
kannt.
* Von einem Zuge überfahren. In der
Station Floridsdorf der Nordbahn wurde heute der
Hilfsarbeiter Richard Bartſch beim Ueberſchreiten
des Gleiſes von der Lokomotive eines Laſtzuges
erfaßt und überfahren. Bartſch, welcher eine voll-
ſtändige Zermalmung des linken Oberarmes und des
linken Schulterblattes, ſowie Rißwunden im Geſichte,
an beiden Händen und am Kopfe erlitten hat, wurde
von der Freiwilligen Rettungsgeſellſchaft in das
Spital der Barmherzigen Brüder gebracht.
* Ein Gattenmord. Anton Bedrai hat am
Samstag in Lanzendorf bei Pettau in Steiermark
ſeine Gattin ermordet und iſt dann flüchtig geworden.
Bedrai iſt von großer, magerer Statur, hat tief-
liegende Augen, ſchütteren Backenbart, dunklen Schnurr-
bart und große Naſe. Beim Sprechen ſtottert er
ein wenig.
* Unfall bei den deutſchen Manövern.
Eine Privatdepeſche meldet uns aus Berlin vom
16. September: Der Kommandeur der 7. Diviſion
Generalleutnant Bernholdi ſtürzte während einer
Uebung bei Salzwedel vom Pferde und wurde von
dem nachreitenden 16. Ulanenregiment überritten.
* Ermordung eines Oeſterreichers in China.
Aus Tientſin wird berichtet: Der Sekretär des
öſterreichiſchen Konſulats, Emil Thiele, der im
Begriffe war, die Heimreiſe nach Europa anzutreten,
iſt von Eingebornen getötet und einer Summe von
5000 Kronen beraubt worden. Einzelheiten fehlen
noch. Thiele war ein geborner Hamburger.
* Ein ſozialdemokratiſcher Defrandant.
In Altrohlau bei Karlsbad iſt der Lagerhalter des
ſozialdemokratiſchen Konſumvereines „Vorwärts“,
Anton Weſp, mit nicht weniger als 3093 K. 72 H.
durchgegangen. Er wird vom Kreisgerichte Eger
ſteckbrieflich verfolgt. Es geht ja ganz ſchön
„vorwärts“ in dieſem Verein!
* Das drahtloſe Telephon. Wie aus Paris
gemeldet wird, ſind alle Verſuche, die der Ingenieur
Maiche mit ſeinem Apparat für drahtloſe Telephonie
bisher anſtellte, gelungen. Der berühmte engliſche
Phyſiker William Crookes kam jüngſt eigens nach
Saint-Germain, um die Verbeſſerungen zu erproben,
die Maiche vorgenommen hatte. Der neue Maiche-
Apparat, der ohne Zwiſchenſtellen bis zu 600 Meter
Entfernung über allerlei Hinderniſſe und Hügel hin-
weg funktioniert, beſteht aus zwei Eiſendrähte ent-
haltenden Holzrahmen mittlerer Größe, dem Geber-
rahmen und dem Empfängerrahmen. Durch einen
Transformator eigener Erfindung erfolgt die Strom-
vermittlung von Rahmen zu Rahmen. Ein gewöhn-
liches Mikrophon vervollſtändigt den Apparat. Man
hört zwar noch immer ſchwach, aber genügend
deutlich.
* Ein faſt unglaublicher Schulſkandal.
An der Schule in Williſan im Kanton Genf, an
welcher Knaben und Mädchen gemeinſchaftlich erzogen
werden, iſt ein großer Skandal zu Tage getreten.
Ein Profeſſor bemerkte ſeit einiger Zeit, daß einige
Schüler und Schülerinnen ſich eine allzu große
Aufmerkſamkeit widmeten. Es wurde der Argwohn
in ihm wach und er begann ein ſcharfes Verhör,
deſſen Ergebnis ein niederſchmetterndes war. Bei
50 Knaben und Mädchen unterhielten ein unerlaubtes
Verhältnis mit einander, welches bei ſieben Mädchen
nicht ohne Folgen blieb. Der Profeſſor meldete ſeine
Erhebungen ſofort der Anſtaltsleitung; aber noch
bevor dieſe einſchreiten konnte, erfuhren es die
Mütter der Betroffenen. Natürlich gab es da einen
großen Aufruhr und die Sache wird vor Gericht ein
Nachſpiel haben.
* Aus der Gaſtwirtegenoſſenſchaft. Der
Vorſteher-Stellvertreter der Wiener Gaſtwirte-
genoſſenſchaft fordert in einem offenen Schreiben
alle Gaſtwirte Wiens auf, zu der am 21. d. ſtatt-
findenden Wahl eines Vorſtehers zu erſcheinen.
* Der heurige Hummerfang in der Nordſee.
Die heftigen Weſtſtürme, welche der Juli brachte,
gaben der Hummerfiſcherei einen Schlag, da viel
Gerätſchaften verloren gingen; es iſt kaum zu hoffen,
daß die Ausbeute dieſen Verluſt decken wird. Wohl
hat man im Auguſt ſo große Silberſtreifen von
Makrelen und Heringen geſehen, wie kaum zuvor,
aber ſelten waren die betreffenden Fiſcher im Beſitz
der nötigen Gerätſchaften, während anderſeits die
Hummerfiſcher oft vergeblich warten mußten. Der
Preis, welcher zu Beginn des Monats 105 Oere
betrug, iſt jetzt auf 130 Oere pro Pfund geſtiegen.
* Aus der Unfallschronik. Die Köchin Thereſe
Leder wurde am Sonntag nachmittags, als ſie an
der Halteſtelle der ſtädtiſchen Straßenbahnen in der
Gentzgaſſe einen Motorwagen beſteigen wollte, von
dem Automobil A. 860 niedergeſtoßen. Thereſe Leder
erlitt außer einer Blutbeule am Hinterhaupt keine
äußeren Verletzungen, klagte jedoch über Unwohlſein.
Sie wurde von Paſſanten in ihren Dienſtort ge-
führt. Gegen den Chauffeur wurde die Strafamts-
handlung eingeleitet, weil er links, mithin auf der
vorſchriftswidrigen Seite am Straßenbahnenzug
vorbeigefahren iſt. — Der Kutſcher Joſef Lahody,
Wolfganggaſſe Nr. 33 wohnhaft, fuhr geſtern mit
einem Streifwagen von Vöslau nach Wien. Auf der
Altmannsdorferſtraße riß ihm Abend ein Windſtoß
den Hut vom Kopf. Lahody bückte ſich nach ihm,
fiel vom Wagen und wurde überfahren. Er erlitt
einen offenen Bruch des rechten Unterſchenkels und
wurde von der Filiale Mariahilf der Freiwilligen
Rettungsgeſellſchaft verbunden und ins Eliſabeth-
ſpital gebracht.
* Blauſäure in den Mandeln. Es iſt wohl
allgemein bekannt, daß bittere oder nicht ſüße
Mandeln ziemlich bedeutende Mengen eines Giftes,
nämlich Blauſäure, enthalten. Auch den Haus-
frauen iſt das im allgemeinen nicht unbekannt und
dennoch verwenden ſie die gefährlichen Früchte bei
vielen Speiſen, beſonders bei Kuchenteig. Vermut-
lich befinden ſie ſich dabei in dem Glauben, daß in
der Hitze, der die Speiſen oder der Teig beim
Kochen oder Backen ausgeſetzt ſind, die giftige Sub-
ſtanz zerſtört und in unſchädliche Beſtandteile auf-
gelöſt wird. Das iſt aber nicht richtig. Sorgfältige
Unterſuchungen haben ergeben, daß, wenn bittere
Mandeln nicht bis auf 103 Grad erhitzt ſind, gar
keine Blauſäure zerſtört wird, und die letzte Spur
des Giftes wird erſt dann beſeitigt, wenn die Er-
hitzung bis auf 170 Grad getrieben wird. Im haus-
wirtſchaftlichen Betriebe werden aber ſolche
Temperaturen niemals erreicht, man muß alſo ſtets
bedenken, daß wir mit den bitteren Mandeln auch in
den gekochten Speiſen ſtets die gefährliche Blauſäure
uns zuführen.
* Eine amtliche Unterſtützung der Sozial-
demokratie. Die kaiſerlich deutſche Poſt- und Tele-
graphenverwaltung hat in Mannheim für die Zeit der
Tagung des ſozialdemokratiſchen Parteitages eine
eigene Poſt-, Telegraphen- und Telephonſtelle für
die ſozialdemokratiſche Tagung errichtet. So ſorgt
demnach das kaiſerliche Amt dafür, daß die Worte
der ſozialdemokratiſchen Redner möglichſt ſchnell ver-
breitet werden.
* Unbegründete Angſt. Beim Leuchtbrunnen
am Schwarzenbergplatz: Die Frau fagt zu ihrer
Tochter: „Minnerl, geh’ aus dem Weg; wenn ein
Wind kommt, ſpritzt er Dir’s Waſſer aufs Kleid
und Du weißt ja, wie ſchwer die Farben aus dem
Stoff herausgehen.“
* Beſtialiſche Roheit. Das Opfer eines Aktes
unglaublicher Roheit wurde am Samstag der
Straßenarbeiter Max Walliſch. Er war in Meidling
mit einem Cabskutſcher in Streit geraten und wurde
von dieſem in unflätiger Weiſe beſchimpft. Walliſch
wollte, um gegen ihn vorgehen zu können, ſein
Nationale feſtſtellen. Er ſuchte die Nummer des
Wagens, um ſie zu notieren. Das brachte den
Cabskutſcher in derartige Wut, daß er wie ein
Raſender auf Walliſch losſtürzte, ihn beim Kragen
packte und ihn mit dem Kopfe in das Wagenrad
ſtoßen wollte. Walliſch hielt in ſeiner Todesangſt
den rechten Arm vor und ergriff die Speichen des
ſich umdrehenden Rades und ſtemmte ſich feſt, um
nicht mit dem Kopfe hineinzugeraten. Bei ihrer Um-
drehung erfaßten die Speichen Walliſch’ Unterarm
und riſſen ihn mit. Der arme Burſche erlitt einen
Armbruch und eine ſchwere Rißwunde in der rechten
Hohlhand. Der Cabskutſcher wurde zum Polizei-
kommiſſariate geſtellt.
* Bilder auf Paketen und Adreſſen. Zu-
folge Handelsminiſterial-Erlaſſes iſt im inländiſchen
Verkehre geſtattet, auf Paketen (mit Ausnahme
ſolcher, die Geld, Wertpapiere oder Pretioſen ent-
halten), ferner auf Poſtbegleitadreſſen
und Poſtanweiſungen Aufklebungen bild-
licher Darſtellungen anzubringen. Sie müſſen ſich
wie die Aufklebungen auf Briefſendungen von den
Brief- und Stempelmarken in Form, Farbe und
ſonſtiger Ausſtattung auffällig unterſcheiden und mit
der ganzen Fläche befeſtigt ſein. Auf Paketen iſt die
Anbringung nur inſoweit geſtattet, als dadurch die
Deutlichkeit der Adreſſe nicht leidet und die An-
bringung der poſtamtlichen Klebezettel und Vormerke
keinen Eintrag erfährt. Bei Poſtbegleitadreſſen und
Poſtanweiſungen ſind ſolche Aufklebungen nur auf
dem für die ſchriftlichen Mitteilungen beſtimmten
Raume in einer Größe zuläſſig, die über dieſen
Raum nicht hinausreicht; wenn ſie auf der Vorder-
ſeite angebracht werden, muß Platz für die Adreſſe
des Abſenders bleiben.
Wetter.
Wetterprognoſe. Veränderlich. Mäßige Winde.
Schön. Heiteres aber nicht beſtändiges Wetter.
Wetterbericht vom 17. September.
Eine ausgedehnte Depreſſion mit Zentrum über der
Adria und an der Nordſee beherrſcht Zentraleuropa;
hoher Druck hat ſich von Finnland her über Ruß-
land ausgebreitet, ebenſo liegt hoher Druck im
Weſten über dem Atlantiſchen Ozean. In Oeſterreich
herrſcht vorwiegend trübes, regneriſches und kühles
Wetter. Im Süden ſind zahlreiche Gewitterregen
gefallen.
Morgens 7 Uhr melden: Prag 9·7°, Krakau
12·0°, Lemberg 11·4°, Feldkirch 7·6°, Iſchl 8·2°,
Wien 9·4°, Graz 8·9°, Klagenfurt 7·0°, Ofen-
Peſt 11·4°, Szegedin 13·4°, Hermannſtadt 9·8°,
Sarajevo 17·9°, Trieſt 14·0°, Leſina 22·0°, Riva 13·3°,
Görz 13·6°, Schmittenhöhe —1·8°, Glocknerhaus —·—°,
Obir —3·2°, Schneeberg 5·—°, Semmering 5·0°,
Sonnblick —·—° Celfius.
In Dalmatien herrſcht Schirokko, die Adria iſt
bewegt.
Aus dem Gebiete der k. k. öſterreichiſchen
Staatsbahnen: Eger 8·8°, SW 2, Regen, Czernowitz
11·0³, — 0, trüb; Jaroslau 11·6°, SE 5, halb be-
wölkt; Mähriſch-Schönberg 8·0°, — 0, Regen;
Budweis 8·7°, S 2, dreiviertel bewölkt, Tabor 7·6°,
S 1, trüb; Neumarkt 4·4°, — 0, trüb; Scheibbs
9·0°, W 1, trüb.
Niederöſterreich. Römerfund. Vor kurzem
wurde in der Schottergrube des Baumeiſters Ignaz
Schrems in Kremsdorf ein Skelett aufgefunden,
an dem ſich Spangen, Ketten und Ringe befanden.
Man vermutet, daß das Gerippe aus der Römerzeit
ſtamme. Es iſt dies bereits das vierte Skelett,
welches an dieſer Stelle ausgegraben wurde. Die
ſeinerzeit dort ebenfalls ausgegrabenen Münzen
ſtammen aus dem Jahre 265 nach Chriſti Geburt.
Eine agnoszierte Selbſtmörderin.
Aus Emmersdorf bei Krems wird uns ge-
ſchrieben: Am linken Donauufer bei Emmersdorf
wurde bekanntlich vorige Woche eine unbekannte
Frauensperſon aus der Donau gezogen. Die Er-
hebungen ergaben, daß die Ertrunkene mit der ab-
gängigen Kaſſierin Fanny Leber aus Neunkirchen
identiſch ſei. Ihr letzter Wohnort war Kalksburg
bei Wien. Am 30. v. M. kam ſie nach Klein-
Pöchlarn, ging in ein Gaſthaus, frühſtückte, dort und
ſchrieb zwei Briefe, wovon einer an ihre Mutter
nach Neunkirchen adreſſiert war. Sie äußerte ſich,
daß ſie nach Maria-Taferl wallfahren gehen möchte
und ging von Klein-Pöchlarn fort, gegen Krumm-
nußbaum zu. Das Motiv der Tat war eine Liebes-
geſchichte.
Tirol. Eine zerſtörte Schutzhütte. Aus
Trient, 17. d., wird uns telegraphiert: Die auf
der Paganella neu errichtete Schutzhütte, welche am
23. d. feierlich eröffnet werden ſollte, wurde geſtern
durch einen gewaltigen Sturmwind zum größtenteile
zerſtört. Die zu dieſer Zeit in der Schutzhütte
weilenden Touriſten und Arbeiter mußten die Hütte
ſchleunigſt verlaſſen, da das einſtürzende Dach ihr
Leben bedrohte.
Böhmen. Der Bergarbeiterſtreik —
aufgegeben. Aus Prag, 16. September, wird
telegrahiert: Heute wurden in Brüx, Dux und Bruch
große Meetings der Bergarbeiter abgehalten, in
welchen nach längeren Auseinanderſetzungen der Be-
ſchluß gefaßt wurde, die Arbeit wieder auf-
zunehmen. Tatſächlich wurde Montag früh, wie
telegraphirt wird, in allen Schichten des nordweſt-
böhmiſchen Kohlenbeckens normal eingefahren. Der
Streik ſcheint ſomit beendet.
Der Geburtstag Dr. Pazaks. Bei dem
Miniſter Dr. Pazak erſchien Samstag, bald nach
ſeiner Ankunft in Kuttenberg der neugewählte Stadt-
rat, um den Miniſter zu ſeinem 60. Geburtstag zu
beglückwünſchen. Abends brachte der Kuttenberger
Geſangsverein „Tyl“ ein Serenade dar. Sonntag
erſchienen als Gratulanten der Bezirksausſchuß und
der Ausſchuß des hieſigen Sokolvereines, deſſen Ob-
mann Dr. Pazak durch lange Jahre war. Den
Abend verbrachte der Miniſter in Geſellſchaft ſeiner
Freunde.
Ungarn. Enthüllung des Waſhington-
Denkmals. Aus Ofen-Peſt, 17. September,
wird offiziell gemeldet: Bei der geſtrigen Feier der
Enthüllung des Waſhington-Denkmals hielt
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(2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T13:38:42Z)
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Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.
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