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Reichspost. Nr. 212, Wien, 18.09.1906.

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212 Wien, Dienstag Reichspost 18. September 1906

[Spaltenumbruch] Schmuck zu geben. Nach der kirchlichen Feier fand
im Pfarrdofe ein kleines Mahl statt, bei welchem
der Herr Pfarrer dem allseits verehrten Herrn
Dechanten seinen Dank aussprach für dessen aner-
kennende Worte, worauf der Herr Dechant es
rühmend hervorhob, daß es bereits die dritte Kirche
sei, welche durch den Herrn Pfarrer renoviert wurde.
Monsignore Eisterer, der als Nachbarpfarrer zur
gro en Freude der Anwesenden erschienen war, bat
besonders die Vertreter der Gemeinden Hennersdorf
und Leopoldsdorf, das Bestreben ihres Herrn Pfarrers
zu unterstützen. Der Patronatsherr der Pfarre
Hennersdorf, Baron Rudolf von Wächter, die Herrn
Verwaltungsräte Josef und Amand Dachler, sowie
Bürgermeister Michael Dachler in Leopoldsdorf,
Herr Dr. Josef Müller in Hennersdorf haben sehr
viel für die Kirchenrenovierung getan.




Verlosungen.

Fürst Palffy-Lose. Bei der gestrigen Ver-
losung fiel der Haupttreffer mit 84.000 Kronen auf
Nr. 40256, der zweite Treffer mit 8400 Kronen
auf Nr. 42737, der dritte Treffer mit 4200 Kronen
auf Nr. 248. Je 840 Kronen gewannen Nr. 50500
und 90621. Je 420 Kronen gewannen Nr. 895
3059 18293 18496 25190 26232 29901 36432
44004 53178 53949 57170 62453 80022 und
92659.

Serbische Staats-Tabaklose. Bei der vor-
gestrigen Prämienziehung siel der Haupttreffer mit
75.000 Franks auf S. 1300 Nr. 98, der zweite
Treffer mit 2000 Franks auf S. 7510 Nr. 57. Je
500 Franks gewannen S. 3393 Nr. 14 und S. 8103
Nr. 96. Je 100 Franks gewannen: S. 1777 Nr. 18,
S. 1938 Nr. 19, S. 2882 Nr. 49, S. 2971 Nr. 50,
S. 4297 Nr. 67, S. 5163 Nr. 96, S. 8155 Nr. 54,
S. 9039 Nr. 97, S. 9387 Nr. 21 und S. 9834
Nr. 92. Je 50 Franks gewannen: S. 1017 Nr. 83,
S. 1665 Nr. 4, S. 2961 Nr. 30, S. 3064 Nr. 73,
S. 3499 Nr. 74, S. 4524 Nr. 99, S. 4657 Nr. 46,
S. 4682 Nr. 40, S. 4868 Nr. 97, S. 4994 Nr. 36,
S. 5[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]40 Nr. 35, S. 5820 Nr. 35, S. 6164 Nr. 62,
S. 6371 Nr. 50, S. 6510 Nr. 76, S. 6581 Nr. 100,
S. 6[8]60 Nr. 91, S. 7231 Nr. 82, S. 7839 Nr. 97
und S. 9528 Nr. 67. In der folgenden Tilgungs-
ziehung wurden die Serien 1356 1714 1895 2546
2735 4023 4781 4811 5273 5863 5969 6256 6555
6648 und 8122 gezogen, welche je die Nummern
1 bis 100 enthalten und mit dem Betrage von je
13 Franks eingelöst werden.




Volkswirtschaftlicher Teil.
Die Preissteigerung der Lebensmittel.

Das fortdauernde und stetige Steigen der
Preise der wichtigsten Lebens- und Genußmittel
gibt berechtigten Anlaß, sich mit den eigentlichen
Gründen dieser Erscheinung zu befassen. Von ver-
schiedenen Seiten wurde der Zwischenhandel in
erster Linie hiefür verantwortlich gemacht. Gewiß
[Spaltenumbruch] trägt die Tatsache, daß das Produkt durch eine
Reihe von Händen geht, bis es zum Konsum
gelangt, dazu bei, den ursprünglichen Preis zu
erhöhen. Das ist aber eine fast unausweichliche Er-
scheinung, welche in den komplizierten Einrichtungen
des modernen Handels ihre Erklärung findet. Da
das Produkt durch die örtliche Trennung einen
Weg durch verschiedene Hände bis zum Kon-
sumenten zurückzulegen hat, so ist es begreiflich,
daß dieser Weg Kosten und damit eine Verteuerung
des Produktes verursacht. Diese Verteuerung ist
indes keine sehr bedeutende, und insbesondere
rechtfertigt diese Ursache der Preissteigerung nicht
deren gleichmäßiges und ununterbrochenes Wachs-
tum. Daß vielmehr die Preissteigerungen auch
dort eintreten, wo sich der Zwischenhandel mit
kleinerem Gewinne gegen früher zufrieden geben
muß, läßt die eigentlichen Ursachen anderswo
suchen. Und da dürfte man nicht fehlgehen, wenn
man als die Hauptsache der unausgesetzten Preis-
steigerungen der Lebensmittel die ebenso konstante
Steigerung der Arbeitslöhne bezeichnet.

Die Steigerung der Arbeitslöhne, die dem
zunehmenden Industrialismus zu verdanken ist,
verteuert naturgemäß auch die landwirtschaftliche
Arbeitskraft. Der landwirtschaftliche Arbeiter steigert
überall dort, wo ihm besser zahlende Industriezentren
erreichbar sind, seine Lohnforderung. Er steigert aber
nicht nur seine Lohnforderung, sondern er ver-
ringert auch seine Arbeitsleistung. Wo eine Fabrik
mit 12-, 11-, 10stündiger Arbeitszeit entsteht,
bewirkt ihr Bestand bald nicht nur das Bestreben
in der landwirtschaftlichen Arbeiterschaft, einen an-
nähernd oder völlig gleichen Arbeitslohn zu er-
langen, sondern auch die Länge ihres Arbeitstages
dem der industriellen Arbeiterschaft anzupassen. So
erklärlich dieses Bestreben nun auch ist, ebensosehr
erschwert es den landwirtschaftlichen Betrieb überall
dort, wo die Industrie auftritt. In welche Lage
kommt da der Landwirt! Zunächst ist er bei den
meisten Produkten nicht sogleich imstande, die Mehr-
erzeugungskosten durch eine entsprechende Preis-
steigerung auf den Konsumenten zu überwälzen.
Das gilt besonders von den Brotfrüchten, deren Preise
nicht von den lokalen Gestehungskosten abhängig
sind, da das leicht transportable Getreide von
überallherr, wo noch billige Arbeitskraft ist, be-
zogen werden kann. Darum ist auch die Steigerung
der Brotpreise, beziehungsweise Mehlpreise nicht
so bedeutend.

Anders bei der Fleischproduktion. Da
ist der lokale Markt maßgebender. Die Fleisch-
zufuhr in der Form des lebenden oder getöteten
Tieres ist nicht leicht durchführbar, wenn es sich
um entfernte Produktionsländer handelt. Darum
wirkt hier die Steigerung der Arbeitslöhne schon
fühlbarer.


[Spaltenumbruch]

Der Steigerung der Arbeitslöhne geht aber
parallel der durch den Industriealismus bewirkte
Arbeitermangel in der Landwirtschaft. Bewirkt
die Lohnsteigerung eine Verteuerung durch die Er-
höhung der Entstehungskosten, so wirkt der Arbeiter-
mangel viel intensiver auf den Preis ein durch die
Verminderung der Produktion und damit des
Angebotes. Dieses bleibt immer mehr hinter der
Nachfrage zurück und dies treibt die Preise leider
immer mehr hinauf. Auf der einen Seite eine stets
wach sende Bevölkerung, auf der anderen Seite
eine keineswegs im gleichen Maße wachsende Pro-
duktion der Lebensmittel! Die Verteuerung der
Lebensmittel führt aber wieder zu Lohnmehrfor-
derungen der konsumierenden Industriearbeiter und
damit auch zu neuen Forderungen des landwirt-
schaftlichen Personals, wodurch neuerlich Stei-
gerung der Produktenpreise und vermehrter Abfluß
der Landbautreibenden zur Industrie erfolgt.

So ist ein Kreislauf hergestellt, dessen Ende
kein erfreuliches sein kann. Alle Bemühungen, zu-
gleich den Industrialismus zu fördern, und die
Landwirtschaft zu stützen, sind eitel, wenn sie neben-
einander aufgestellt werden. Sie vertragen dieses
Nebeneinander nicht. Vorübergehenden Vorteilen
folgt dauernder Nachteil. Die Industrie in den
Ackerbaudistrikten findet schließlich auch nicht jene
Vorteile, welche die Verkehrs- und Industriezentren
bieten; ihr Vorhandensein in diesen Distrikten hat
aber jedenfalls offenbare Nachteile für die Land-
wirtschaft, die wiederum auf die Industrie ihre
Rückwirkung äußern.

Regierungen und Parlamente aber sind be-
schäftigt mit Sprachenzwist, mit Obstruktionsspielen
und dem Fortfretten von einem Tage zum andern;
sie überschen dabei, daß sich auch bei uns eine
Agrarfrage entwickelt, die der russischen nicht un-
ähnlich ist. Dort fehlt dem Bauer der Boden, hier
fehlt dem Boden der Bebauer, und in der sozialen
Wirkung bleibt sich das ziemlich gleich!




Bruch zwischen Zucker- und Spiritus-
industriellen?

Aus Prag wird vom 10. Septem-
ber berichtet: Infolge der Herabsetzung des Melasse-
preises seitens der kartellierten großindustriellen
Spiritusfabrifen von 7 auf 5 Kronen hat unter den
Zuckersabrikanten eine große Bewegung platzgegriffen,
welche nichts weniger als den definitiven Bruch
zwischen der Zucker- und der Spiritusindustrie an-
strebt. Es ist beabsichtigt, auf genossenschaftlicher
Basis neue Spiritusfabriken der Zuckerindustriellen
zu kreieren.




Lottoziehungen vom 15. September.

Linz 65 57 46 55 79
Triest 46 49 75 36 62


[Spaltenumbruch]

63 Nachdruck vebroten.

Bezahlte Schuld.

"Ich sehe es Ihnen an, daß Sie absolut
erst etwas zu sich nehmen müssen," rief Jim
eifrig. "Heute mittags haben Sie nicht soviel
gegessen, daß ein Spatz davon leben könnte. --
In diesem Punkte müssen Sie mir den Willen
tun, Ferrol," fuhr er fort, diesem einen beinahe
drohenden Blick zuwerfend. "Setzen Sie sich und
lassen Sie Ihre Tochter in Ruhe eine Tasse Tee
trinken. Die Frauenzimmer sind alle egal: sie
können nicht ohne ihren Tee leben, ebenso wenig
wie wir ohne unseren Branntwein fertig werden.
-- Schenke ein, Sal!"

Es lag für Marion etwas unaussprechlich
Abstoßendes in der zudringlichen Bewunderung,
mit welcher ihr Gastherr sie betrachtete, doch in
diesem Augenblicke konnte sie nicht anders, als
ihm dankbar sein für die zuvorkommenden Auf-
merksamkeiten, womit er sie umringte. Ihr Kopf-
schmerz halte sich beinahe ganz verloren, und sie
fühlte, daß die Tasse Tee, welche er ihr auf-
drängte, in der Tat jetzt für sie ein dringendes
Bedürfnis war. So nahm sie dieselbe denn mit
einem freundlichen Lächeln aus seiner Hand ent-
gegen, doch dieses Lächeln erstarb unmittelbar
darauf auf ihren Lippen, als ihr bäuerischer
Verehrer sich zu ihr herabbeugte und ihr mit
einem zärtlichen Blick zuflüsterte, daß er mit Ber-
gnügen hundert Meilen weit reiten würde, um eine
solche Belohnung zu verdienen.

"Ein hübscheres Mädchen, als Sie gibt's in
ganz Kanada nicht, daß ist so sicher, als daß zwei
mal zwei vier ist," fuhr er fort, da Marion nicht
antwortete. "Ich gehe jetzt, um "Blitz" zu satteln;
[Spaltenumbruch] das Vergnügen, Sie ein Stück Weges zu begleiten,
muß ich haben."

Mit einem selbstzufriedenen Schmunzeln ver-
ließ er das Zimmer. Sal Peters hatte sich die
kleine Szene mit zornfunkelnden Augen und fest
zusammengepreßten Lippen angesehen und brach
jetzt plötzlich in ein schrilles Gelächter aus, in
welches Ferrol einstimmte.

Das Blut stieg Marion zu Gesicht; sie
wußte, das höhnische Lachen galt ihr, doch ver-
gebens fragte sie sich, wie oder wodurch sie zu
demselben Anlaß gegeben haben könnte. Wieder
tauschten ihr Vater und Jim Murdocks Haus-
hälterin vielsagende Blicke aus, um dann aufs
neue in ein unbändiges Gelächter auszubrechen.
Eine Weile kämpfte Marion tapfer an gegen die
in ihr aufsteigende Empörung, endlich erhob sie
sich und, mit Aufbietung ihrer ganzen Willens-
kraft das Beben ihrer Stimme unterdrückend,
sagte sie scheinbar ruhig:

"Ich glaube, es ist besser, daß ich draußen
vor dem Hause auf das Anspannen des Wagens
warte, Vater. Da ich den Grund dieser Heiterkeit
nicht kenne und dieselbe folglich nicht teilen kann,
so wird meine Gegenwart hier jedenfalls als eine
Störung empfunden."

"Geduld, Miß, Geduld, Sie werden es
schon noch erfahren, worüber wir lachen; nicht
wahr, Ferrol!" rief Sal kichernd. "Wie Ihre
Augen funkeln! Ich bin froh, Miß. Seien Sie
nicht gar zu strenge mit den armen Teufeln, ich
bitte Sie darum! Wenn eine so feine Dame im
Hause das Kommando führt, dann wird alles
ganz von selbst wie am Schnürchen gehen. --
Wo wollen Sie denn hin, Miß? Sie brauchen
nicht so zu rennen: Jim ist noch nicht da."

"Was wollen Sie damit sagen?" fragte
Marion stehen bleibend.


[Spaltenumbruch]

"Fragen Sie nicht so dumm!" kicherte Sal.
"Als ob wir nicht ganz gut wüßten, weshalb Sie
es so eilig haben, hier fortzukommen! Aber es
nützt Ihnen nichts: Jim ist noch im Stall."

"Vater, ich erwarte, daß Du mich gegen die
Frechheit dieser Person beschützest," rief Marion.

Etwas, wie Scham, regte sich in dem ver-
knöcherten Herzen des Mannes, dem ein solches
Gefühl seit Jahren fremd geworden war, und er
schlug die Augen nieder vor dem vorwurfsvollen
Blicke seiner Tochter.

"Es ist Deine eigene Schuld," sagte er,
während er langsam aufstand und, ihren Arm in
den seinigen ziehend, sie aus dem Zimmer und
dem Hause führte. "Die Leute hier lassen sich
nicht von oben herab behandeln und -- Sal hatte
ihr Auge auf Jim Murdock geworfen, mein liebes
Kind, und muß jetzt sehen, daß der Fisch, den
sie schon im Netze zu haben glaubte, ihr ent-
schlüpft."

"Die Privatangelegenheiten dieser Leute
kümmern mich nicht," entgegnete Marion hoch-
mütig.

"Unsinn! -- O, da kommt Jim Murdock!"

Jim saß in stolzer Haltung auf seinem
Lieblingspferde, einem prachtvollen Braunen, und
abgesehen von dem dreisten Blick seiner dunklen
Augen machte er in der Tat keinen üblen Ein-
druck. Bei Marions Anblick sprang er aus dem
Sattel, und die Zügel dem Manne zuwerfend,
welcher vorher mit am Tische gesessen hatte und
der sich jetzt grinsend die Begegnung ansah, trat
er Marion entgegen.

"Kommen Sie, Miß, ich helfe Ihnen auf
den Wagen", rief er eifrig. "Aber erst muß ich
Ihnen zeigen, was ich für Sie getan habe. Ich
denke, ich verdiene eine Belohnung."

(Fortsetzung folgt.)


212 Wien, Dienstag Reichspoſt 18. September 1906

[Spaltenumbruch] Schmuck zu geben. Nach der kirchlichen Feier fand
im Pfarrdofe ein kleines Mahl ſtatt, bei welchem
der Herr Pfarrer dem allſeits verehrten Herrn
Dechanten ſeinen Dank ausſprach für deſſen aner-
kennende Worte, worauf der Herr Dechant es
rühmend hervorhob, daß es bereits die dritte Kirche
ſei, welche durch den Herrn Pfarrer renoviert wurde.
Monſignore Eiſterer, der als Nachbarpfarrer zur
gro en Freude der Anweſenden erſchienen war, bat
beſonders die Vertreter der Gemeinden Hennersdorf
und Leopoldsdorf, das Beſtreben ihres Herrn Pfarrers
zu unterſtützen. Der Patronatsherr der Pfarre
Hennersdorf, Baron Rudolf von Wächter, die Herrn
Verwaltungsräte Joſef und Amand Dachler, ſowie
Bürgermeiſter Michael Dachler in Leopoldsdorf,
Herr Dr. Joſef Müller in Hennersdorf haben ſehr
viel für die Kirchenrenovierung getan.




Verloſungen.

Fürſt Palffy-Loſe. Bei der geſtrigen Ver-
loſung fiel der Haupttreffer mit 84.000 Kronen auf
Nr. 40256, der zweite Treffer mit 8400 Kronen
auf Nr. 42737, der dritte Treffer mit 4200 Kronen
auf Nr. 248. Je 840 Kronen gewannen Nr. 50500
und 90621. Je 420 Kronen gewannen Nr. 895
3059 18293 18496 25190 26232 29901 36432
44004 53178 53949 57170 62453 80022 und
92659.

Serbiſche Staats-Tabakloſe. Bei der vor-
geſtrigen Prämienziehung ſiel der Haupttreffer mit
75.000 Franks auf S. 1300 Nr. 98, der zweite
Treffer mit 2000 Franks auf S. 7510 Nr. 57. Je
500 Franks gewannen S. 3393 Nr. 14 und S. 8103
Nr. 96. Je 100 Franks gewannen: S. 1777 Nr. 18,
S. 1938 Nr. 19, S. 2882 Nr. 49, S. 2971 Nr. 50,
S. 4297 Nr. 67, S. 5163 Nr. 96, S. 8155 Nr. 54,
S. 9039 Nr. 97, S. 9387 Nr. 21 und S. 9834
Nr. 92. Je 50 Franks gewannen: S. 1017 Nr. 83,
S. 1665 Nr. 4, S. 2961 Nr. 30, S. 3064 Nr. 73,
S. 3499 Nr. 74, S. 4524 Nr. 99, S. 4657 Nr. 46,
S. 4682 Nr. 40, S. 4868 Nr. 97, S. 4994 Nr. 36,
S. 5[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]40 Nr. 35, S. 5820 Nr. 35, S. 6164 Nr. 62,
S. 6371 Nr. 50, S. 6510 Nr. 76, S. 6581 Nr. 100,
S. 6[8]60 Nr. 91, S. 7231 Nr. 82, S. 7839 Nr. 97
und S. 9528 Nr. 67. In der folgenden Tilgungs-
ziehung wurden die Serien 1356 1714 1895 2546
2735 4023 4781 4811 5273 5863 5969 6256 6555
6648 und 8122 gezogen, welche je die Nummern
1 bis 100 enthalten und mit dem Betrage von je
13 Franks eingelöſt werden.




Volkswirtſchaftlicher Teil.
Die Preisſteigerung der Lebensmittel.

Das fortdauernde und ſtetige Steigen der
Preiſe der wichtigſten Lebens- und Genußmittel
gibt berechtigten Anlaß, ſich mit den eigentlichen
Gründen dieſer Erſcheinung zu befaſſen. Von ver-
ſchiedenen Seiten wurde der Zwiſchenhandel in
erſter Linie hiefür verantwortlich gemacht. Gewiß
[Spaltenumbruch] trägt die Tatſache, daß das Produkt durch eine
Reihe von Händen geht, bis es zum Konſum
gelangt, dazu bei, den urſprünglichen Preis zu
erhöhen. Das iſt aber eine faſt unausweichliche Er-
ſcheinung, welche in den komplizierten Einrichtungen
des modernen Handels ihre Erklärung findet. Da
das Produkt durch die örtliche Trennung einen
Weg durch verſchiedene Hände bis zum Kon-
ſumenten zurückzulegen hat, ſo iſt es begreiflich,
daß dieſer Weg Koſten und damit eine Verteuerung
des Produktes verurſacht. Dieſe Verteuerung iſt
indes keine ſehr bedeutende, und insbeſondere
rechtfertigt dieſe Urſache der Preisſteigerung nicht
deren gleichmäßiges und ununterbrochenes Wachs-
tum. Daß vielmehr die Preisſteigerungen auch
dort eintreten, wo ſich der Zwiſchenhandel mit
kleinerem Gewinne gegen früher zufrieden geben
muß, läßt die eigentlichen Urſachen anderswo
ſuchen. Und da dürfte man nicht fehlgehen, wenn
man als die Hauptſache der unausgeſetzten Preis-
ſteigerungen der Lebensmittel die ebenſo konſtante
Steigerung der Arbeitslöhne bezeichnet.

Die Steigerung der Arbeitslöhne, die dem
zunehmenden Induſtrialismus zu verdanken iſt,
verteuert naturgemäß auch die landwirtſchaftliche
Arbeitskraft. Der landwirtſchaftliche Arbeiter ſteigert
überall dort, wo ihm beſſer zahlende Induſtriezentren
erreichbar ſind, ſeine Lohnforderung. Er ſteigert aber
nicht nur ſeine Lohnforderung, ſondern er ver-
ringert auch ſeine Arbeitsleiſtung. Wo eine Fabrik
mit 12-, 11-, 10ſtündiger Arbeitszeit entſteht,
bewirkt ihr Beſtand bald nicht nur das Beſtreben
in der landwirtſchaftlichen Arbeiterſchaft, einen an-
nähernd oder völlig gleichen Arbeitslohn zu er-
langen, ſondern auch die Länge ihres Arbeitstages
dem der induſtriellen Arbeiterſchaft anzupaſſen. So
erklärlich dieſes Beſtreben nun auch iſt, ebenſoſehr
erſchwert es den landwirtſchaftlichen Betrieb überall
dort, wo die Induſtrie auftritt. In welche Lage
kommt da der Landwirt! Zunächſt iſt er bei den
meiſten Produkten nicht ſogleich imſtande, die Mehr-
erzeugungskoſten durch eine entſprechende Preis-
ſteigerung auf den Konſumenten zu überwälzen.
Das gilt beſonders von den Brotfrüchten, deren Preiſe
nicht von den lokalen Geſtehungskoſten abhängig
ſind, da das leicht transportable Getreide von
überallherr, wo noch billige Arbeitskraft iſt, be-
zogen werden kann. Darum iſt auch die Steigerung
der Brotpreiſe, beziehungsweiſe Mehlpreiſe nicht
ſo bedeutend.

Anders bei der Fleiſchproduktion. Da
iſt der lokale Markt maßgebender. Die Fleiſch-
zufuhr in der Form des lebenden oder getöteten
Tieres iſt nicht leicht durchführbar, wenn es ſich
um entfernte Produktionsländer handelt. Darum
wirkt hier die Steigerung der Arbeitslöhne ſchon
fühlbarer.


[Spaltenumbruch]

Der Steigerung der Arbeitslöhne geht aber
parallel der durch den Induſtriealismus bewirkte
Arbeitermangel in der Landwirtſchaft. Bewirkt
die Lohnſteigerung eine Verteuerung durch die Er-
höhung der Entſtehungskoſten, ſo wirkt der Arbeiter-
mangel viel intenſiver auf den Preis ein durch die
Verminderung der Produktion und damit des
Angebotes. Dieſes bleibt immer mehr hinter der
Nachfrage zurück und dies treibt die Preiſe leider
immer mehr hinauf. Auf der einen Seite eine ſtets
wach ſende Bevölkerung, auf der anderen Seite
eine keineswegs im gleichen Maße wachſende Pro-
duktion der Lebensmittel! Die Verteuerung der
Lebensmittel führt aber wieder zu Lohnmehrfor-
derungen der konſumierenden Induſtriearbeiter und
damit auch zu neuen Forderungen des landwirt-
ſchaftlichen Perſonals, wodurch neuerlich Stei-
gerung der Produktenpreiſe und vermehrter Abfluß
der Landbautreibenden zur Induſtrie erfolgt.

So iſt ein Kreislauf hergeſtellt, deſſen Ende
kein erfreuliches ſein kann. Alle Bemühungen, zu-
gleich den Induſtrialismus zu fördern, und die
Landwirtſchaft zu ſtützen, ſind eitel, wenn ſie neben-
einander aufgeſtellt werden. Sie vertragen dieſes
Nebeneinander nicht. Vorübergehenden Vorteilen
folgt dauernder Nachteil. Die Induſtrie in den
Ackerbaudiſtrikten findet ſchließlich auch nicht jene
Vorteile, welche die Verkehrs- und Induſtriezentren
bieten; ihr Vorhandenſein in dieſen Diſtrikten hat
aber jedenfalls offenbare Nachteile für die Land-
wirtſchaft, die wiederum auf die Induſtrie ihre
Rückwirkung äußern.

Regierungen und Parlamente aber ſind be-
ſchäftigt mit Sprachenzwiſt, mit Obſtruktionsſpielen
und dem Fortfretten von einem Tage zum andern;
ſie überſchen dabei, daß ſich auch bei uns eine
Agrarfrage entwickelt, die der ruſſiſchen nicht un-
ähnlich iſt. Dort fehlt dem Bauer der Boden, hier
fehlt dem Boden der Bebauer, und in der ſozialen
Wirkung bleibt ſich das ziemlich gleich!




Bruch zwiſchen Zucker- und Spiritus-
induſtriellen?

Aus Prag wird vom 10. Septem-
ber berichtet: Infolge der Herabſetzung des Melaſſe-
preiſes ſeitens der kartellierten großinduſtriellen
Spiritusfabrifen von 7 auf 5 Kronen hat unter den
Zuckerſabrikanten eine große Bewegung platzgegriffen,
welche nichts weniger als den definitiven Bruch
zwiſchen der Zucker- und der Spiritusinduſtrie an-
ſtrebt. Es iſt beabſichtigt, auf genoſſenſchaftlicher
Baſis neue Spiritusfabriken der Zuckerinduſtriellen
zu kreieren.




Lottoziehungen vom 15. September.

Linz 65 57 46 55 79
Trieſt 46 49 75 36 62


[Spaltenumbruch]

63 Nachdruck vebroten.

Bezahlte Schuld.

„Ich ſehe es Ihnen an, daß Sie abſolut
erſt etwas zu ſich nehmen müſſen,“ rief Jim
eifrig. „Heute mittags haben Sie nicht ſoviel
gegeſſen, daß ein Spatz davon leben könnte. —
In dieſem Punkte müſſen Sie mir den Willen
tun, Ferrol,“ fuhr er fort, dieſem einen beinahe
drohenden Blick zuwerfend. „Setzen Sie ſich und
laſſen Sie Ihre Tochter in Ruhe eine Taſſe Tee
trinken. Die Frauenzimmer ſind alle egal: ſie
können nicht ohne ihren Tee leben, ebenſo wenig
wie wir ohne unſeren Branntwein fertig werden.
— Schenke ein, Sal!“

Es lag für Marion etwas unausſprechlich
Abſtoßendes in der zudringlichen Bewunderung,
mit welcher ihr Gaſtherr ſie betrachtete, doch in
dieſem Augenblicke konnte ſie nicht anders, als
ihm dankbar ſein für die zuvorkommenden Auf-
merkſamkeiten, womit er ſie umringte. Ihr Kopf-
ſchmerz halte ſich beinahe ganz verloren, und ſie
fühlte, daß die Taſſe Tee, welche er ihr auf-
drängte, in der Tat jetzt für ſie ein dringendes
Bedürfnis war. So nahm ſie dieſelbe denn mit
einem freundlichen Lächeln aus ſeiner Hand ent-
gegen, doch dieſes Lächeln erſtarb unmittelbar
darauf auf ihren Lippen, als ihr bäueriſcher
Verehrer ſich zu ihr herabbeugte und ihr mit
einem zärtlichen Blick zuflüſterte, daß er mit Ber-
gnügen hundert Meilen weit reiten würde, um eine
ſolche Belohnung zu verdienen.

„Ein hübſcheres Mädchen, als Sie gibt’s in
ganz Kanada nicht, daß iſt ſo ſicher, als daß zwei
mal zwei vier iſt,“ fuhr er fort, da Marion nicht
antwortete. „Ich gehe jetzt, um „Blitz“ zu ſatteln;
[Spaltenumbruch] das Vergnügen, Sie ein Stück Weges zu begleiten,
muß ich haben.“

Mit einem ſelbſtzufriedenen Schmunzeln ver-
ließ er das Zimmer. Sal Peters hatte ſich die
kleine Szene mit zornfunkelnden Augen und feſt
zuſammengepreßten Lippen angeſehen und brach
jetzt plötzlich in ein ſchrilles Gelächter aus, in
welches Ferrol einſtimmte.

Das Blut ſtieg Marion zu Geſicht; ſie
wußte, das höhniſche Lachen galt ihr, doch ver-
gebens fragte ſie ſich, wie oder wodurch ſie zu
demſelben Anlaß gegeben haben könnte. Wieder
tauſchten ihr Vater und Jim Murdocks Haus-
hälterin vielſagende Blicke aus, um dann aufs
neue in ein unbändiges Gelächter auszubrechen.
Eine Weile kämpfte Marion tapfer an gegen die
in ihr aufſteigende Empörung, endlich erhob ſie
ſich und, mit Aufbietung ihrer ganzen Willens-
kraft das Beben ihrer Stimme unterdrückend,
ſagte ſie ſcheinbar ruhig:

„Ich glaube, es iſt beſſer, daß ich draußen
vor dem Hauſe auf das Anſpannen des Wagens
warte, Vater. Da ich den Grund dieſer Heiterkeit
nicht kenne und dieſelbe folglich nicht teilen kann,
ſo wird meine Gegenwart hier jedenfalls als eine
Störung empfunden.“

„Geduld, Miß, Geduld, Sie werden es
ſchon noch erfahren, worüber wir lachen; nicht
wahr, Ferrol!“ rief Sal kichernd. „Wie Ihre
Augen funkeln! Ich bin froh, Miß. Seien Sie
nicht gar zu ſtrenge mit den armen Teufeln, ich
bitte Sie darum! Wenn eine ſo feine Dame im
Hauſe das Kommando führt, dann wird alles
ganz von ſelbſt wie am Schnürchen gehen. —
Wo wollen Sie denn hin, Miß? Sie brauchen
nicht ſo zu rennen: Jim iſt noch nicht da.“

„Was wollen Sie damit ſagen?“ fragte
Marion ſtehen bleibend.


[Spaltenumbruch]

„Fragen Sie nicht ſo dumm!“ kicherte Sal.
„Als ob wir nicht ganz gut wüßten, weshalb Sie
es ſo eilig haben, hier fortzukommen! Aber es
nützt Ihnen nichts: Jim iſt noch im Stall.“

„Vater, ich erwarte, daß Du mich gegen die
Frechheit dieſer Perſon beſchützeſt,“ rief Marion.

Etwas, wie Scham, regte ſich in dem ver-
knöcherten Herzen des Mannes, dem ein ſolches
Gefühl ſeit Jahren fremd geworden war, und er
ſchlug die Augen nieder vor dem vorwurfsvollen
Blicke ſeiner Tochter.

„Es iſt Deine eigene Schuld,“ ſagte er,
während er langſam aufſtand und, ihren Arm in
den ſeinigen ziehend, ſie aus dem Zimmer und
dem Hauſe führte. „Die Leute hier laſſen ſich
nicht von oben herab behandeln und — Sal hatte
ihr Auge auf Jim Murdock geworfen, mein liebes
Kind, und muß jetzt ſehen, daß der Fiſch, den
ſie ſchon im Netze zu haben glaubte, ihr ent-
ſchlüpft.“

„Die Privatangelegenheiten dieſer Leute
kümmern mich nicht,“ entgegnete Marion hoch-
mütig.

„Unſinn! — O, da kommt Jim Murdock!“

Jim ſaß in ſtolzer Haltung auf ſeinem
Lieblingspferde, einem prachtvollen Braunen, und
abgeſehen von dem dreiſten Blick ſeiner dunklen
Augen machte er in der Tat keinen üblen Ein-
druck. Bei Marions Anblick ſprang er aus dem
Sattel, und die Zügel dem Manne zuwerfend,
welcher vorher mit am Tiſche geſeſſen hatte und
der ſich jetzt grinſend die Begegnung anſah, trat
er Marion entgegen.

„Kommen Sie, Miß, ich helfe Ihnen auf
den Wagen“, rief er eifrig. „Aber erſt muß ich
Ihnen zeigen, was ich für Sie getan habe. Ich
denke, ich verdiene eine Belohnung.“

(Fortſetzung folgt.)


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[11/0011] 212 Wien, Dienstag Reichspoſt 18. September 1906 Schmuck zu geben. Nach der kirchlichen Feier fand im Pfarrdofe ein kleines Mahl ſtatt, bei welchem der Herr Pfarrer dem allſeits verehrten Herrn Dechanten ſeinen Dank ausſprach für deſſen aner- kennende Worte, worauf der Herr Dechant es rühmend hervorhob, daß es bereits die dritte Kirche ſei, welche durch den Herrn Pfarrer renoviert wurde. Monſignore Eiſterer, der als Nachbarpfarrer zur gro en Freude der Anweſenden erſchienen war, bat beſonders die Vertreter der Gemeinden Hennersdorf und Leopoldsdorf, das Beſtreben ihres Herrn Pfarrers zu unterſtützen. Der Patronatsherr der Pfarre Hennersdorf, Baron Rudolf von Wächter, die Herrn Verwaltungsräte Joſef und Amand Dachler, ſowie Bürgermeiſter Michael Dachler in Leopoldsdorf, Herr Dr. Joſef Müller in Hennersdorf haben ſehr viel für die Kirchenrenovierung getan. Verloſungen. Fürſt Palffy-Loſe. Bei der geſtrigen Ver- loſung fiel der Haupttreffer mit 84.000 Kronen auf Nr. 40256, der zweite Treffer mit 8400 Kronen auf Nr. 42737, der dritte Treffer mit 4200 Kronen auf Nr. 248. Je 840 Kronen gewannen Nr. 50500 und 90621. Je 420 Kronen gewannen Nr. 895 3059 18293 18496 25190 26232 29901 36432 44004 53178 53949 57170 62453 80022 und 92659. Serbiſche Staats-Tabakloſe. Bei der vor- geſtrigen Prämienziehung ſiel der Haupttreffer mit 75.000 Franks auf S. 1300 Nr. 98, der zweite Treffer mit 2000 Franks auf S. 7510 Nr. 57. Je 500 Franks gewannen S. 3393 Nr. 14 und S. 8103 Nr. 96. Je 100 Franks gewannen: S. 1777 Nr. 18, S. 1938 Nr. 19, S. 2882 Nr. 49, S. 2971 Nr. 50, S. 4297 Nr. 67, S. 5163 Nr. 96, S. 8155 Nr. 54, S. 9039 Nr. 97, S. 9387 Nr. 21 und S. 9834 Nr. 92. Je 50 Franks gewannen: S. 1017 Nr. 83, S. 1665 Nr. 4, S. 2961 Nr. 30, S. 3064 Nr. 73, S. 3499 Nr. 74, S. 4524 Nr. 99, S. 4657 Nr. 46, S. 4682 Nr. 40, S. 4868 Nr. 97, S. 4994 Nr. 36, S. 5_40 Nr. 35, S. 5820 Nr. 35, S. 6164 Nr. 62, S. 6371 Nr. 50, S. 6510 Nr. 76, S. 6581 Nr. 100, S. 6860 Nr. 91, S. 7231 Nr. 82, S. 7839 Nr. 97 und S. 9528 Nr. 67. In der folgenden Tilgungs- ziehung wurden die Serien 1356 1714 1895 2546 2735 4023 4781 4811 5273 5863 5969 6256 6555 6648 und 8122 gezogen, welche je die Nummern 1 bis 100 enthalten und mit dem Betrage von je 13 Franks eingelöſt werden. Volkswirtſchaftlicher Teil. Die Preisſteigerung der Lebensmittel. Das fortdauernde und ſtetige Steigen der Preiſe der wichtigſten Lebens- und Genußmittel gibt berechtigten Anlaß, ſich mit den eigentlichen Gründen dieſer Erſcheinung zu befaſſen. Von ver- ſchiedenen Seiten wurde der Zwiſchenhandel in erſter Linie hiefür verantwortlich gemacht. Gewiß trägt die Tatſache, daß das Produkt durch eine Reihe von Händen geht, bis es zum Konſum gelangt, dazu bei, den urſprünglichen Preis zu erhöhen. Das iſt aber eine faſt unausweichliche Er- ſcheinung, welche in den komplizierten Einrichtungen des modernen Handels ihre Erklärung findet. Da das Produkt durch die örtliche Trennung einen Weg durch verſchiedene Hände bis zum Kon- ſumenten zurückzulegen hat, ſo iſt es begreiflich, daß dieſer Weg Koſten und damit eine Verteuerung des Produktes verurſacht. Dieſe Verteuerung iſt indes keine ſehr bedeutende, und insbeſondere rechtfertigt dieſe Urſache der Preisſteigerung nicht deren gleichmäßiges und ununterbrochenes Wachs- tum. Daß vielmehr die Preisſteigerungen auch dort eintreten, wo ſich der Zwiſchenhandel mit kleinerem Gewinne gegen früher zufrieden geben muß, läßt die eigentlichen Urſachen anderswo ſuchen. Und da dürfte man nicht fehlgehen, wenn man als die Hauptſache der unausgeſetzten Preis- ſteigerungen der Lebensmittel die ebenſo konſtante Steigerung der Arbeitslöhne bezeichnet. Die Steigerung der Arbeitslöhne, die dem zunehmenden Induſtrialismus zu verdanken iſt, verteuert naturgemäß auch die landwirtſchaftliche Arbeitskraft. Der landwirtſchaftliche Arbeiter ſteigert überall dort, wo ihm beſſer zahlende Induſtriezentren erreichbar ſind, ſeine Lohnforderung. Er ſteigert aber nicht nur ſeine Lohnforderung, ſondern er ver- ringert auch ſeine Arbeitsleiſtung. Wo eine Fabrik mit 12-, 11-, 10ſtündiger Arbeitszeit entſteht, bewirkt ihr Beſtand bald nicht nur das Beſtreben in der landwirtſchaftlichen Arbeiterſchaft, einen an- nähernd oder völlig gleichen Arbeitslohn zu er- langen, ſondern auch die Länge ihres Arbeitstages dem der induſtriellen Arbeiterſchaft anzupaſſen. So erklärlich dieſes Beſtreben nun auch iſt, ebenſoſehr erſchwert es den landwirtſchaftlichen Betrieb überall dort, wo die Induſtrie auftritt. In welche Lage kommt da der Landwirt! Zunächſt iſt er bei den meiſten Produkten nicht ſogleich imſtande, die Mehr- erzeugungskoſten durch eine entſprechende Preis- ſteigerung auf den Konſumenten zu überwälzen. Das gilt beſonders von den Brotfrüchten, deren Preiſe nicht von den lokalen Geſtehungskoſten abhängig ſind, da das leicht transportable Getreide von überallherr, wo noch billige Arbeitskraft iſt, be- zogen werden kann. Darum iſt auch die Steigerung der Brotpreiſe, beziehungsweiſe Mehlpreiſe nicht ſo bedeutend. Anders bei der Fleiſchproduktion. Da iſt der lokale Markt maßgebender. Die Fleiſch- zufuhr in der Form des lebenden oder getöteten Tieres iſt nicht leicht durchführbar, wenn es ſich um entfernte Produktionsländer handelt. Darum wirkt hier die Steigerung der Arbeitslöhne ſchon fühlbarer. Der Steigerung der Arbeitslöhne geht aber parallel der durch den Induſtriealismus bewirkte Arbeitermangel in der Landwirtſchaft. Bewirkt die Lohnſteigerung eine Verteuerung durch die Er- höhung der Entſtehungskoſten, ſo wirkt der Arbeiter- mangel viel intenſiver auf den Preis ein durch die Verminderung der Produktion und damit des Angebotes. Dieſes bleibt immer mehr hinter der Nachfrage zurück und dies treibt die Preiſe leider immer mehr hinauf. Auf der einen Seite eine ſtets wach ſende Bevölkerung, auf der anderen Seite eine keineswegs im gleichen Maße wachſende Pro- duktion der Lebensmittel! Die Verteuerung der Lebensmittel führt aber wieder zu Lohnmehrfor- derungen der konſumierenden Induſtriearbeiter und damit auch zu neuen Forderungen des landwirt- ſchaftlichen Perſonals, wodurch neuerlich Stei- gerung der Produktenpreiſe und vermehrter Abfluß der Landbautreibenden zur Induſtrie erfolgt. So iſt ein Kreislauf hergeſtellt, deſſen Ende kein erfreuliches ſein kann. Alle Bemühungen, zu- gleich den Induſtrialismus zu fördern, und die Landwirtſchaft zu ſtützen, ſind eitel, wenn ſie neben- einander aufgeſtellt werden. Sie vertragen dieſes Nebeneinander nicht. Vorübergehenden Vorteilen folgt dauernder Nachteil. Die Induſtrie in den Ackerbaudiſtrikten findet ſchließlich auch nicht jene Vorteile, welche die Verkehrs- und Induſtriezentren bieten; ihr Vorhandenſein in dieſen Diſtrikten hat aber jedenfalls offenbare Nachteile für die Land- wirtſchaft, die wiederum auf die Induſtrie ihre Rückwirkung äußern. Regierungen und Parlamente aber ſind be- ſchäftigt mit Sprachenzwiſt, mit Obſtruktionsſpielen und dem Fortfretten von einem Tage zum andern; ſie überſchen dabei, daß ſich auch bei uns eine Agrarfrage entwickelt, die der ruſſiſchen nicht un- ähnlich iſt. Dort fehlt dem Bauer der Boden, hier fehlt dem Boden der Bebauer, und in der ſozialen Wirkung bleibt ſich das ziemlich gleich! A. W. Bruch zwiſchen Zucker- und Spiritus- induſtriellen? Aus Prag wird vom 10. Septem- ber berichtet: Infolge der Herabſetzung des Melaſſe- preiſes ſeitens der kartellierten großinduſtriellen Spiritusfabrifen von 7 auf 5 Kronen hat unter den Zuckerſabrikanten eine große Bewegung platzgegriffen, welche nichts weniger als den definitiven Bruch zwiſchen der Zucker- und der Spiritusinduſtrie an- ſtrebt. Es iſt beabſichtigt, auf genoſſenſchaftlicher Baſis neue Spiritusfabriken der Zuckerinduſtriellen zu kreieren. Lottoziehungen vom 15. September. Linz 65 57 46 55 79 Trieſt 46 49 75 36 62 63 Nachdruck vebroten. Bezahlte Schuld. Dem Engliſchen nacherzählt von J. Remo. „Ich ſehe es Ihnen an, daß Sie abſolut erſt etwas zu ſich nehmen müſſen,“ rief Jim eifrig. „Heute mittags haben Sie nicht ſoviel gegeſſen, daß ein Spatz davon leben könnte. — In dieſem Punkte müſſen Sie mir den Willen tun, Ferrol,“ fuhr er fort, dieſem einen beinahe drohenden Blick zuwerfend. „Setzen Sie ſich und laſſen Sie Ihre Tochter in Ruhe eine Taſſe Tee trinken. Die Frauenzimmer ſind alle egal: ſie können nicht ohne ihren Tee leben, ebenſo wenig wie wir ohne unſeren Branntwein fertig werden. — Schenke ein, Sal!“ Es lag für Marion etwas unausſprechlich Abſtoßendes in der zudringlichen Bewunderung, mit welcher ihr Gaſtherr ſie betrachtete, doch in dieſem Augenblicke konnte ſie nicht anders, als ihm dankbar ſein für die zuvorkommenden Auf- merkſamkeiten, womit er ſie umringte. Ihr Kopf- ſchmerz halte ſich beinahe ganz verloren, und ſie fühlte, daß die Taſſe Tee, welche er ihr auf- drängte, in der Tat jetzt für ſie ein dringendes Bedürfnis war. So nahm ſie dieſelbe denn mit einem freundlichen Lächeln aus ſeiner Hand ent- gegen, doch dieſes Lächeln erſtarb unmittelbar darauf auf ihren Lippen, als ihr bäueriſcher Verehrer ſich zu ihr herabbeugte und ihr mit einem zärtlichen Blick zuflüſterte, daß er mit Ber- gnügen hundert Meilen weit reiten würde, um eine ſolche Belohnung zu verdienen. „Ein hübſcheres Mädchen, als Sie gibt’s in ganz Kanada nicht, daß iſt ſo ſicher, als daß zwei mal zwei vier iſt,“ fuhr er fort, da Marion nicht antwortete. „Ich gehe jetzt, um „Blitz“ zu ſatteln; das Vergnügen, Sie ein Stück Weges zu begleiten, muß ich haben.“ Mit einem ſelbſtzufriedenen Schmunzeln ver- ließ er das Zimmer. Sal Peters hatte ſich die kleine Szene mit zornfunkelnden Augen und feſt zuſammengepreßten Lippen angeſehen und brach jetzt plötzlich in ein ſchrilles Gelächter aus, in welches Ferrol einſtimmte. Das Blut ſtieg Marion zu Geſicht; ſie wußte, das höhniſche Lachen galt ihr, doch ver- gebens fragte ſie ſich, wie oder wodurch ſie zu demſelben Anlaß gegeben haben könnte. Wieder tauſchten ihr Vater und Jim Murdocks Haus- hälterin vielſagende Blicke aus, um dann aufs neue in ein unbändiges Gelächter auszubrechen. Eine Weile kämpfte Marion tapfer an gegen die in ihr aufſteigende Empörung, endlich erhob ſie ſich und, mit Aufbietung ihrer ganzen Willens- kraft das Beben ihrer Stimme unterdrückend, ſagte ſie ſcheinbar ruhig: „Ich glaube, es iſt beſſer, daß ich draußen vor dem Hauſe auf das Anſpannen des Wagens warte, Vater. Da ich den Grund dieſer Heiterkeit nicht kenne und dieſelbe folglich nicht teilen kann, ſo wird meine Gegenwart hier jedenfalls als eine Störung empfunden.“ „Geduld, Miß, Geduld, Sie werden es ſchon noch erfahren, worüber wir lachen; nicht wahr, Ferrol!“ rief Sal kichernd. „Wie Ihre Augen funkeln! Ich bin froh, Miß. Seien Sie nicht gar zu ſtrenge mit den armen Teufeln, ich bitte Sie darum! Wenn eine ſo feine Dame im Hauſe das Kommando führt, dann wird alles ganz von ſelbſt wie am Schnürchen gehen. — Wo wollen Sie denn hin, Miß? Sie brauchen nicht ſo zu rennen: Jim iſt noch nicht da.“ „Was wollen Sie damit ſagen?“ fragte Marion ſtehen bleibend. „Fragen Sie nicht ſo dumm!“ kicherte Sal. „Als ob wir nicht ganz gut wüßten, weshalb Sie es ſo eilig haben, hier fortzukommen! Aber es nützt Ihnen nichts: Jim iſt noch im Stall.“ „Vater, ich erwarte, daß Du mich gegen die Frechheit dieſer Perſon beſchützeſt,“ rief Marion. Etwas, wie Scham, regte ſich in dem ver- knöcherten Herzen des Mannes, dem ein ſolches Gefühl ſeit Jahren fremd geworden war, und er ſchlug die Augen nieder vor dem vorwurfsvollen Blicke ſeiner Tochter. „Es iſt Deine eigene Schuld,“ ſagte er, während er langſam aufſtand und, ihren Arm in den ſeinigen ziehend, ſie aus dem Zimmer und dem Hauſe führte. „Die Leute hier laſſen ſich nicht von oben herab behandeln und — Sal hatte ihr Auge auf Jim Murdock geworfen, mein liebes Kind, und muß jetzt ſehen, daß der Fiſch, den ſie ſchon im Netze zu haben glaubte, ihr ent- ſchlüpft.“ „Die Privatangelegenheiten dieſer Leute kümmern mich nicht,“ entgegnete Marion hoch- mütig. „Unſinn! — O, da kommt Jim Murdock!“ Jim ſaß in ſtolzer Haltung auf ſeinem Lieblingspferde, einem prachtvollen Braunen, und abgeſehen von dem dreiſten Blick ſeiner dunklen Augen machte er in der Tat keinen üblen Ein- druck. Bei Marions Anblick ſprang er aus dem Sattel, und die Zügel dem Manne zuwerfend, welcher vorher mit am Tiſche geſeſſen hatte und der ſich jetzt grinſend die Begegnung anſah, trat er Marion entgegen. „Kommen Sie, Miß, ich helfe Ihnen auf den Wagen“, rief er eifrig. „Aber erſt muß ich Ihnen zeigen, was ich für Sie getan habe. Ich denke, ich verdiene eine Belohnung.“ (Fortſetzung folgt.)

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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 212, Wien, 18.09.1906, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost212_1906/11>, abgerufen am 21.11.2024.