Reichspost. Nr. 130, Wien, 11.05.1908.Wien, Montag Reichspost 11. Mai 1908 Nr. 130 [Spaltenumbruch] * Trauung. Am 19. d., vormittags um 1/211 Uhr, * Goldene Hochzeit des Grafen Hans Wilczek. Samstag den 16. d. feiert Geheimrat Graf Hans Wilczek * Lebensrettung eines flüchtenden Handwerks- burschen. Aus Perg wird uns berichtet: Am 8. d M. * Todesfälle. Der Inspektor des Jokeyklubs für * Der Jahrestag vom Frankfurter Frieden. Man * Anarchisten auf Reisen. Aus Catania wird * Verfolgung eines Flüchtlings im Donaukanal. Ein höchst aufregender Vorfall erregte Sonntag früh am * Die fliegende Brücke bei Klosterneuburg. Man * Selbstmordversuch im Eisenbahnwagen. In * Räuberischer Ueberfall. Aus Klosterneu- * Große Papst- und Kaiserfeier. Man schreibt uns * Erdbeben auf Sizilien. Man meldet aus Ca- * Theaterdirektor Karl Rosenheim gestorben. Am * Einbruch bei einem Juwelier. Im Uhrmacher- * Schwere Ausschreitung eines Soldaten. Aus Eine Joh. Nep. Vogl-Feier. Enthüllung einer Gedenktafel. Am Sonntag vormittags wurde an dem Neubau des Die Feier wurde mit dem Vortrage von Beethovens Mord in der Leopoldstadt. In der Nacht von Samstag auf Sonntag wurde in Innerhalb weniger Monate sind also in Wien zwei Ueber die Tat wird berichtet: Der Schauplatz des Mordes ist das Haus der Tandel- Die Entdeckung der Tat. Die Lampe auf dem hölzernen Gang war verlöscht Man glaubte zuerst, daß die Goldstein von Ohnmacht Die Mädchen des Hauses eilten zum nahegelegenen Die behördliche Kommission am Tatorte. Indessen hatten sich vom Polizeikommissariat Die Selbststellung des Mörders. Während die Suche nach dem Mörder in vollem Gange Wien, Montag Reichspoſt 11. Mai 1908 Nr. 130 [Spaltenumbruch] * Trauung. Am 19. d., vormittags um ½11 Uhr, * Goldene Hochzeit des Grafen Hans Wilczek. Samstag den 16. d. feiert Geheimrat Graf Hans Wilczek * Lebensrettung eines flüchtenden Handwerks- burſchen. Aus Perg wird uns berichtet: Am 8. d M. * Todesfälle. Der Inſpektor des Jokeyklubs für * Der Jahrestag vom Frankfurter Frieden. Man * Anarchiſten auf Reiſen. Aus Catania wird * Verfolgung eines Flüchtlings im Donaukanal. Ein höchſt aufregender Vorfall erregte Sonntag früh am * Die fliegende Brücke bei Kloſterneuburg. Man * Selbſtmordverſuch im Eiſenbahnwagen. In * Räuberiſcher Ueberfall. Aus Kloſterneu- * Große Papſt- und Kaiſerfeier. Man ſchreibt uns * Erdbeben auf Sizilien. Man meldet aus Ca- * Theaterdirektor Karl Roſenheim geſtorben. Am * Einbruch bei einem Juwelier. Im Uhrmacher- * Schwere Ausſchreitung eines Soldaten. Aus Eine Joh. Nep. Vogl-Feier. Enthüllung einer Gedenktafel. Am Sonntag vormittags wurde an dem Neubau des Die Feier wurde mit dem Vortrage von Beethovens Mord in der Leopoldſtadt. In der Nacht von Samstag auf Sonntag wurde in Innerhalb weniger Monate ſind alſo in Wien zwei Ueber die Tat wird berichtet: Der Schauplatz des Mordes iſt das Haus der Tandel- Die Entdeckung der Tat. Die Lampe auf dem hölzernen Gang war verlöſcht Man glaubte zuerſt, daß die Goldſtein von Ohnmacht Die Mädchen des Hauſes eilten zum nahegelegenen Die behördliche Kommiſſion am Tatorte. Indeſſen hatten ſich vom Polizeikommiſſariat Die Selbſtſtellung des Mörders. Während die Suche nach dem Mörder in vollem Gange <TEI> <text> <body> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <pb facs="#f0004" n="4"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Wien, Montag <hi rendition="#g">Reichspoſt</hi> 11. Mai 1908 Nr. 130</hi> </fw><lb/> <cb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Trauung.</hi> </head> <p>Am 19. d., vormittags um ½11 Uhr,<lb/> findet zu Wien bei St. Stephan die Vermählung der<lb/> Gräfin Maria Pauline <hi rendition="#g">Bellegarde</hi> mit dem Reichs-<lb/> grafen Franz <hi rendition="#g">Kinsky</hi> von Wchinitz und Tettau,<lb/> k. und k. Kämmerer und Leutnant i. d. R. des Dragoner-<lb/> regiments Fürſt zu Windiſchgrätz Nr. 14, ſtatt. Die Braut<lb/> iſt die Tochter des Oberſtküchenmeiſters Auguſt Grafen<lb/> Bellegarde und weiland Henriette Gräfin Bellegarde, gebornen<lb/> Gräfin zu <hi rendition="#g">Lariſch-Moennich.</hi> Der Bräutigam iſt<lb/> ein Sohn weiland des Reichsgrafen Friedrich Karl<lb/><hi rendition="#g">Kinsky</hi> und der Reichsgräfin Sofie Kinsky, gebornen<lb/> Gräfin <hi rendition="#g">Mensdorff-Pouilly.</hi> </p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Goldene Hochzeit des Grafen Hans Wilczek.</hi> </head><lb/> <p>Samstag den 16. d. feiert Geheimrat Graf Hans <hi rendition="#g">Wilczek</hi><lb/> mit ſeiner Gemahlin Gräfin Anna <hi rendition="#g">Wilczek</hi> auf ſeiner<lb/> Beſitzung in Seebarn das Feſt der goldenen Hochzeit.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Lebensrettung eines flüchtenden Handwerks-<lb/> burſchen.</hi> </head> <p>Aus <hi rendition="#g">Perg</hi> wird uns berichtet: Am 8. d M.<lb/> ſah der Nauführer Joſef Sommer in Au eine Zille auf<lb/> der hochgehenden Donau abwärts treiben. Darin ſaß ein<lb/> Mann, der gegen die anſtürmenden Wellen verzweifelt<lb/> kämpfte und im Waſſerfahren vollkommen ungeübt war.<lb/> Die Gefahr erkennend, in der der Ruderer ſchwebte, ſprang<lb/> Sommer in ein am Ufer verankertes Floß und wartete<lb/> hier auf das Vorbeikommen des gefährdeten Fahrzeuges.<lb/> Zum Glück gelang der Rettungsverſuch. Der Nauführer<lb/> warf ſich platt auf das Floß nieder, zog beim Vorüber-<lb/> kommen die Zille mit dem waghalſigen Ruderer in das<lb/> Floß und rettete ſo dem Unbekannten das Leben. Der<lb/> Gerettete gab an, Matthias Mayer zu heißen und aus Linz<lb/> zu ſtammen. Zwei geſprengte Schlöſſer an der Zille zeigten,<lb/> daß das Fahrzeug von ſeinem Verankerungsplatz gewaltſam<lb/> entfernt worden war. Der Zweck der Fahrt war ein<lb/> raſches Vorwärtskommen aus Furcht vor der Arretierung<lb/> bei einer Fußreiſe. Dem herbeigeholten Gendarm gegenüber<lb/> legitimierte ſich Mayer als Matthias Marx aus Feteny in<lb/> Ungarn gebürtig, Bäckergehilfe. Er wurde dem hieſigen<lb/> Bezirksgericht eingeliefert.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Todesfälle.</hi> </head> <p>Der Inſpektor des Jokeyklubs für<lb/> Oſterreich Adolf <hi rendition="#g">Limlay,</hi> Gemahl der Hofopernſängerin<lb/> Frau Eliſe Elizza iſt heute früh in ſeiner Wohnung,<lb/><hi rendition="#aq">III.</hi> Hintere Zollamtsſtraße 3, plötzlich geſtorben. — In<lb/> Abbazia, wo er mit mehreren Freunden zur Erholung<lb/> weilte, iſt geſtern abends der Herausgeber und Chefredakteur<lb/> der Brauer- und Hopfenzeitung „Gambrinus“, kaiſerlicher<lb/> Rat Adolf <hi rendition="#g">Lichtblau,</hi> kurz vor Vollendung ſeines<lb/> 64. Lebensjahres einem Schlaganfall erlegen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Der Jahrestag vom Frankfurter Frieden.</hi> </head> <p>Man<lb/> meldet aus <hi rendition="#g">Frankfurt</hi> a. M. vom 10. d.: Heute, am<lb/> Jahrestage der Unterzeichnung des Frankfurter Friedens,<lb/> fand die feierliche Enthüllung <hi rendition="#g">des Bismarck-Denk-<lb/> mals</hi> an der Promenade gegenüber dem Schauſpiel-<lb/> hauſe ſtatt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Anarchiſten auf Reiſen.</hi> </head> <p>Aus <hi rendition="#g">Catania</hi> wird<lb/> gemeldet: Hier iſt der Dampfer „Helvetia“ aus Genua auf<lb/> der Fahrt nach dem Piräus eingetroffen. An Bord befanden<lb/> ſich zehn deutſche und engliſche Anarchiſten, welche von der<lb/> Genueſer Polizei ausgewieſen worden waren. Da der<lb/> Dampfer in Catania drei Tage Aufenthalt nehmen mußte<lb/> und Fluchtgefahr beſtand, wurden die Anarchiſten trotz ihres<lb/> energiſchen Proteſtes von der Polizei in Haft ge-<lb/> nommen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Verfolgung eines Flüchtlings im Donaukanal.</hi> </head><lb/> <p>Ein höchſt aufregender Vorfall erregte Sonntag früh am<lb/> Ufer des Donaukanals rieſiges Aufſehen. Um 7 Uhr ver-<lb/> urſachte der Hilfsarbeiter Karl Foitl anf der Landſtraße,<lb/> Schlachthausgaſſe, einen argen Exzeß. Er ſollte deshalb<lb/> arretiert werden, verſetzte jedoch dem Sicherheitswachmann<lb/> einen Stoß und benützte ſeine Wirkung, um ſich loszu-<lb/> reißen, zum Ufer des Donaukanals zu eilen und ins Waſſer<lb/> zu ſpringen. Foitl ſchwamm dem gegenüberliegenden Ufer<lb/> zu. Zwei Wachmänner, die vom Praterufer her die Szene<lb/> mitangeſehen, machten ſofort eine Zille los und rudertem<lb/> dem Schwimmer entgegen. Als Foitl die Wachmänner<lb/> ſah, änderte er ſofort ſeine Fluchtrichtung und ſchwamm<lb/> den Donaukanal hinab. Die Wachen ruderten ihm nach,<lb/> erreichten ihn und brachten ins ans Land. Der von Näſſe<lb/> Triefende begann nun mit den Wachleuten<lb/> wieder zu raufen. Er zerrte die Wachleute an den Uniform-<lb/> röcken gegen das Ufer hin, ſo daß ſie in Gefahr waren,<lb/> ins Waſſer zu fallen. Mit Mühe konnte Foitl überwältigt<lb/> und gefeſſelt werden. Er wurde aufs Polizeikommiſſariat<lb/> gebracht. Während dieſer Amtshandlung iſt der Hilfs-<lb/> arbeiter Leopold Poſpiſchil arretiert worden, weil er die<lb/> Menſchenmenge, die ſich angeſammelt hatte, aufgefordert<lb/> hatte, den Foitl nicht arretieren zu laſſen. Foitl wurde dem<lb/> Landesgericht eingeliefert.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Die fliegende Brücke bei Kloſterneuburg.</hi> </head> <p>Man<lb/> meldet uns aus <hi rendition="#g">Kloſterneuburg:</hi> Geſtern nach-<lb/> mittags iſt das Seil bei der fliegenden Brücke zwiſchen<lb/> Kloſterneuburg und Korneuburg geriſſen und die Brücke<lb/> ſelbſt ſtromabwärts bis zum Pionierdepot getrieben worden,<lb/> wo die Anker Grund faßten. Verletzt wurde bei dieſem<lb/> Unfall niemand.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Selbſtmordverſuch im Eiſenbahnwagen.</hi> </head> <p>In<lb/> einem Nichtrauchercoupé 3. Klaſſe wurde am 10. d. M.<lb/> früh um 5 Uhr 40 Minuten beim Eintreffen des Trieſter<lb/> Zuges ein Burſche bewußtlos auf der Bank liegend aufge-<lb/> funden. Er hatte ſich aus einem ſechsläufigen Revolver eine<lb/> Kugel in die Herzgegend gejagt, wodurch er ſich lebens-<lb/> gefährlich verletzte. Auf Grund einer Zeitkarte der Ver-<lb/> bindungsbahn, die der junge Mann bei ſich hatte, wurde<lb/> ſeine Identität mit dem Schloſſergehilfen Wenzel J. feſt-<lb/> geſtellt. J., welcher den Selbſtmordverſuch wegen unglück-<lb/> licher Liebe verübt haben ſoll, wurde auswaggoniert und in<lb/> das Wiedener Krankenhaus gebracht.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Räuberiſcher Ueberfall.</hi> </head> <p>Aus <hi rendition="#g">Kloſterneu-<lb/> burg</hi> wird unter dem 9. d. gemeldet: Samstag nach-<lb/> mittags gegen 3 Uhr fand der in der Martinſtraße wohn-<lb/> hafte Fleiſchermeiſter Theodor Brunner, von St. Andrä-<lb/> Wördern kommend, außerhalb der Irrenanſtalt Kierling-<lb/> Gugging, im Straßengraben liegend, einen Mann, der nur<lb/> mit den Unterkleidern bekleidet war und um den ſich bereits<lb/> zwei Aerzte, die auch zufällig des Weges gekommen waren,<lb/> bemühten, da er von ſchweren <hi rendition="#g">Herzkrampf-<lb/> anfällen</hi> befallen wurde. Ueber Erſuchen der beiden<lb/> Doktoren nahm Brunner den unbekannten Mann, der der<lb/> deutſchen Sprache nicht mächtig war und anſcheinend bosnia-<lb/> kiſcher Abſtammung iſt, mit nach Kloſterneuburg und führte<lb/><cb/> ihn ins allgemeine Krankenhaus. Daſelbſt gab der Un-<lb/> bekannte einem herbeigerufenen Dolmetſch an, Jakob<lb/> Ragetto zu heißen und von Hamburg zu kommen.<lb/> Ueber weiteres Befragen erzählte er, er habe ſich<lb/> auf dem Platze, wo er gefunden wurde, ſtark ermüdet ge-<lb/> fühlt und ſich ſeitwärts der Straße niedergelegt, um aus-<lb/> zuruhen, wobei er eingeſchlafen ſei. Plötzlich ſei er von<lb/> drei Burſchen überfallen worden, die ihn mit Steinen ſo<lb/> lange auf den Kopf ſchlugen, bis er ohnmächtig wurde. Als<lb/> er wieder zu ſich kam, war er ſeines Oberrockes, Hutes,<lb/> ſeiner bei ſich gehabten Dokumente und eines Betrages von<lb/> 130 Mark Bargeld, welche er angibt in Hamburg vom<lb/> Konſulate erhalten zu haben, beraubt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Große Papſt- und Kaiſerfeier.</hi> </head> <p>Man ſchreibt uns<lb/> aus <hi rendition="#g">Littau:</hi> Am 17. d. M. wird in Chudwein bei<lb/> Littau, Mähren, eine impoſante Jubiläumsfeier gehalten,<lb/> bei welcher Weihbiſchof Dr. <hi rendition="#g">Wisnar</hi> pontifizieren, Abg.<lb/> Dr. Stojan predigen, nachmittags in der Feſtverſammlung<lb/> die Abgeordneten <hi rendition="#g">Schramek,</hi> Dr. <hi rendition="#g">Hruban,<lb/> Kadlcak, Sillinger</hi> ſprechen werden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Erdbeben auf Sizilien.</hi> </head> <p>Man meldet aus <hi rendition="#g">Ca-<lb/> tania</hi> vom 10. d.: In den Ortſchaften Malati, Guzzi,<lb/> Mortaro und Scilichente des Diſtriktes Acireale wurden<lb/> geſtern <hi rendition="#g">mehrere Häuſer</hi> durch <hi rendition="#g">einen ſehr<lb/> ſtarken Erdſtoß ſchwer beſchädigt.</hi> Einige<lb/> Mauern ſtürzten ein. Menſchenleben ſind nicht zu be-<lb/> klagen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Theaterdirektor Karl Roſenheim geſtorben.</hi> </head> <p>Am<lb/> Samstag den 9. d., abends kurz vor 11 Uhr, iſt in einem<lb/> Sanatorium in Hietzing der Direktor des Raimundtheaters<lb/> Karl <hi rendition="#g">Roſenheim</hi> im 51. Lebensjahre verſchieden.<lb/> Direktor Roſenheim war vor zwei Wochen an einem Darm-<lb/> leiden erkrankt und befand ſich ſeit etwa Wochenfriſt in dem<lb/> Sanatorium, wo er ſich vor mehreren Tagen einer ſchwie-<lb/> rigen Operation unterziehen mußte. Die Operation ſchien<lb/> bereits glücklich überſtanden, doch Samstag abends ſtellte<lb/> ſich Herzſchwäche ein, der der Kranke erlag. Die Leiche<lb/> wurde nach dem Zentralfriedhofe überführt und heute<lb/> (Montag) mittags dort beſtattet werden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Einbruch bei einem Juwelier.</hi> </head> <p>Im Uhrmacher-<lb/> geſchäfte des Heinrich Stock, Taborſtraße Nr. 55, iſt in der<lb/> Nacht auf Montag ein verwegener Einbruchsdiebſtahl ver-<lb/> übt worden, bei dem Pretioſen um etwa 20.000 Kronen<lb/> geſtohlen wurden. Die Gauner ſind von einem Keller aus<lb/> in das benachbarte Pfaidlergeſchäft eingebrochen und ge-<lb/> langten dann, nachdem ſie die gemeinſchaftliche Mauer<lb/> durchbrochen, in das Juwelengeſchäft. Einen an die Wand<lb/> genagelter Kaſten, der minderwertige Sachen enthielt,<lb/> warfen ſie um. Die Schaukaſten ſperrten ſie auf und<lb/> nahmen drei Tabletten herab. Von dieſen ſtahlen ſie den<lb/> geſamten Schmuck. Die leeren Tabletten legten ſie auf dem<lb/> Verkaufspult übereinander. Dann ſtahlen ſie die Pretioſen,<lb/> die zur Reparatur gegeben waren. Nach dem Diebſtahl<lb/> zogen ſich die Gauner durch den Pfaidlerladen wieder in<lb/> den Keller zurück, gingen dann über die Stiege in die<lb/> Einfahrt, öffneten das Haustor mit Nachſchlüſſel und er-<lb/> griffen die Flucht.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">* Schwere Ausſchreitung eines Soldaten.</hi> </head> <p>Aus<lb/> Trieſt, 10. d., wird uns gemeldet: Ein aufſehenerregender<lb/> Vorfall ſpielte ſich geſtern abends, wie dem „Piccolo“ ge-<lb/> meldet wird, in der <hi rendition="#g">Marinekaſerne in Pola</hi><lb/> ab. Beim Rapport ließ ſich der Marineoffizier <hi rendition="#g">Dietrich<lb/> von Sachſenfels</hi> den Marineſoldaten (Profeſſioniſten)<lb/> Franz Janke von der 15. Kompagnie vorführen, den der<lb/> taghabende Korporal zum Rapport gemeldet hatte, weil<lb/> Janke ſich geweigert hatte, ſeinem Befehl gemäß die<lb/> Montur zu putzen. Janke, ein gewalttätiges Individuum,<lb/> benahm ſich dem Offizier gegenüber höchſt diſziplinwidrig<lb/> und weigerte ſich unter anderem, die vorgeſchriebene Habt-<lb/> Acht-Stellung einzunehmen. Als der Offizier ihm ſieben<lb/> Tage ſtrengen Arreſt diktierte, ſtieß Janke wüſte Schimpf-<lb/> worte aus und ſtürzte ſchließlich mit geballten Fäuſten auf<lb/> den Offizier los. Dieſer zog ſeinen Säbel und verſetzte dem<lb/> Soldaten einen Hieb über den Kopf, ſodaß Janke zu Boden<lb/> ſtürzte. Janke wurde ins Marineſpital gebracht. Seine Ver-<lb/> letzung iſt nicht ſchwer. Nach ſeiner Geneſung wird er ins<lb/> Marinegefängnis gebracht.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Eine Joh. Nep. Vogl-Feier.</hi><lb/> <hi rendition="#g">Enthüllung einer Gedenktafel.</hi> </head><lb/> <p>Am Sonntag vormittags wurde an dem Neubau des<lb/> Hauſes Alſerſtraße, Ecke Skodagaſſe, eine Gedenktafel für<lb/> den Dichter Joh. Nep. <hi rendition="#g">Vogl</hi> enthüllt, der in dem früher<lb/> dort befindlichen Hauſe am 16. November 1866 geſtorben<lb/> iſt. Zur Feierlichkeit fanden ſich ein: Sektionschef v. <hi rendition="#g">Heſch,</hi><lb/> Polizeipräſident <hi rendition="#g">Brzeſowski,</hi> Statthaltereivizepräſtdent<lb/><hi rendition="#g">Tils,</hi> Präſident des Abgeordnetenhauſes Dr. <hi rendition="#g">Weis-<lb/> kirchner,</hi> Landesſanitätsreferent Statthaltereirat <hi rendition="#g">Neto-<lb/> litzky,</hi> Reichsratsabgeordneter Dr. <hi rendition="#g">Heilinger,</hi> die Vize-<lb/> bürgermeiſter Dr. <hi rendition="#g">Neumayer</hi> und <hi rendition="#g">Hierhammer,</hi><lb/> Stadtrat <hi rendition="#g">Gſottbauer,</hi> Landesſchulinſpektor Doktor<lb/><hi rendition="#g">Rieger,</hi> Bezirksvorſteher <hi rendition="#g">Antenſteiner</hi> mit ſeinem<lb/> Stellvertreter <hi rendition="#g">Schneeweiß,</hi> Statthaltereirat Baron<lb/><hi rendition="#g">Winkler,</hi> der Vorſtand des Wiener Männergeſangvereines<lb/> Dr. <hi rendition="#g">Krückl,</hi> Geſangsdirektor <hi rendition="#g">Weltner,</hi> Schulrat<lb/> Profeſſor <hi rendition="#g">Haßlwander,</hi> Rechnungsrat <hi rendition="#g">Fetzmann,</hi><lb/> die Bezirksräte Oskar <hi rendition="#g">Appel,</hi> Oberrechnungsrat<lb/><hi rendition="#g">Walter, Kaller, Bart</hi> und <hi rendition="#g">Partch,</hi> der Obmann<lb/> des Armeninſtitutes Joſefſtadt Hermann <hi rendition="#g">Reſch,</hi> Uni-<lb/> verſitätsprofeſſor Johann Wilibald <hi rendition="#g">Nagl</hi> und Profeſſor<lb/> Dr. <hi rendition="#g">Caſtle,</hi> Schottenprofeſſor Meinrad <hi rendition="#g">Sadil,</hi><lb/> Bezirksamtsleiter Magiſtratsrat Dr. <hi rendition="#g">Stibitz,</hi> Gemeinde-<lb/> rat <hi rendition="#g">Stangelberger</hi> u. ſ. w. Von der Familie<lb/> Vogls war ſeine Stieftochter Frl. <hi rendition="#g">Oeſterlein</hi> erſchienen.</p><lb/> <p>Die Feier wurde mit dem Vortrage von Beethovens<lb/> „Ehre Gottes“ eingeleitet. Dann beſtieg der Vorſtand des<lb/> Wiener Sängerbundes Magiſtratsrat <hi rendition="#g">Haniſch</hi> die<lb/> Rednerbühne und hielt die Gedenkrede, in der er Vogls<lb/> Lebenslauf ſchilderte und einen Appell an die ſtädtiſchen<lb/> und Schulbehörden richtete, die volkstümliche Geſamtaus-<lb/> gabe der Voglſchen Werke, die demnächſt erſcheinen werden,<lb/> anzukaufen. Magiſtratsrat Haniſch bat dann den Vizebürger-<lb/> meiſter Dr. Neumayer, das Zeichen zur Enthüllung zu geben.<lb/> Dr. <hi rendition="#g">Neumayer</hi> entſchuldigte die Abweſenheit des Bür-<lb/> germeiſters Dr. Lueger und hielt dann eine Anſprache, in der er<lb/> die längſte Zeit ſeines Lebens zugebracht hat. Er verdiene<lb/> den Dank der Stadt Wien im vollſten Maße. Dr. Neu-<lb/> mayer gab dann das Zeichen zum Fallen der Hülle. Im<lb/><cb/> zweiten Stockwerke ſenkte ſich ein Vorhang und die Marmor-<lb/> tafel mit der Goldſchrift: „An dieſer Stelle ſtand das<lb/> Wohnhaus des Dichters Dr. Johann Nep. Vogl. Er<lb/> ſtarb hier am 15. November 1866.“ wurde ſichtbar. Die<lb/> Sänger ſtimmten Vogls „Letzte Treue“, vertont von<lb/> A. M. Storch, an und ſangen dann noch, begleitet vom<lb/> Waldhornquartett Lehner, Vogls „Grün“, gleichfalls vertont<lb/> von A. M. Storch. Dann ſprach noch BV. <hi rendition="#g">Anten-<lb/> ſteiner</hi> einige Worte des Dankes, und um ¾12 Uhr<lb/> ſchloß die ſchlichte Feier.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Mord in der Leopoldſtadt.</hi> </head><lb/> <div n="3"> <p>In der Nacht von Samstag auf Sonntag wurde in<lb/> der Tandelmarktgaſſe, wenige Schritte vom Polizeikommiſſa-<lb/> riate Leopoldſtadt, eine grauenhafte Mordtat verübt, de<supplied>r</supplied><lb/> eine unter ſittenpolizeilicher Kontrolle ſtehende Frauens-<lb/> perſon zum Opfer fiel. Der Täter iſt ein achtzehnjähriger<lb/> Burſche, der ſich am Morgen nach dem Morde ſelbſt der<lb/> Polizei ſtellte.</p><lb/> <p>Innerhalb weniger Monate ſind alſo in Wien zwei<lb/> Attentate unter ganz gleichen Umſtänden verübt worden<lb/> von denen das erſtere bekanntlich nicht mit dem Tode des<lb/> Opfers endete; dieſe raſche Aufeinanderfolge und di<supplied>e</supplied><lb/> Gleichartigkeit der Bluttaten wirft ein grelles Licht auf<lb/> die Sittlichkeitsverhältniſſe Wiens. In beiden Fällen waren<lb/> die Täter junge Burſche, die erſt kurze Zeit der Schule<lb/> entwachſen ſind und von ihrem Verdienſte kaum ihren Lebens-<lb/> unterhalt decken konnten, dabei aber ſchon einen erſchrecken-<lb/> Tiefpunkt moraliſcher Verkommenheit und Verlotterung er-<lb/> reicht hatten; und bei jedem der Attentate erſcheinen als<lb/> die Opfer verworfene käufliche Frauensperſonen der niedrig-<lb/> ſten Sorte, Angehörige des Schandgewerbes, in deſſen<lb/> Sumpfe die Moral und auch die bürgerliche Exiſtenz ſo<lb/> vieler junger Leute aus den unteren Ständen zu-<lb/> grunde geht.</p><lb/> <p>Ueber die Tat wird berichtet:</p><lb/> <p>Der Schauplatz des Mordes iſt das Haus der Tandel-<lb/> marktgaſſe Nr. 20. Außer dem Hausherrn und der<lb/> Hausmeiſterin wohnen dort bloß Mädchen, die unter<lb/> Kontrolle der Sittenpolizei ſtehen. Charakteriſtiſch für<lb/> das Haus iſt der Umſtand, daß nicht einmal die Gas-<lb/> beleuchtung eingeführt iſt und daß die Mädchen zur Be-<lb/> leuchtung des hölzernen Ganges noch wie in der Vorzeit<lb/> Laternen verwenden. Im zweiten Stocke des Hauſes wohnte<lb/> die 24jährige Roſa <hi rendition="#g">Goldſtein.</hi> Sie hatte ein armſeliges<lb/> Quartier mit dürftiger Einrichtung und gehörte zu jener<lb/> Sorte von Mädchen, die ſich des Nachts in der Tabor-<lb/> ſtraße und ihrer Umgebung herumtreiben und ſich Beſucher<lb/> mitbringen. Ihr gegenüber wohnte eine Freundin Joſefine<lb/> Schwarz. Durch dieſe wurde das Verbrechen eigentlich<lb/> entdeckt.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Die Entdeckung der Tat.</hi> </head><lb/> <p>Die Lampe auf dem hölzernen Gang war verlöſcht<lb/> und die Schwarz, die das bemerkte, wollte ſie wieder an-<lb/> zünden. Sie hatte keine Zündhölzchen in der Wohnung und<lb/> wollte daher die Goldſtein um Zündhölzchen bitten. Als ſie<lb/> zu ihrer Wohnung kam — es war 1 Uhr morgens — be-<lb/> merkte ſie die Türe einen Fingerbreit offen ſtehen. Sie ver-<lb/> ſuchte zu öffnen, glaubte jedoch, einen Widerſtand von innen<lb/> zu ſpüren, als ob jemand die Türe von innen zuhielte. Sie<lb/> kehrte ſich weiter nicht daran und ging in ihre Wohnung<lb/> zurück. Gegen ½3 Uhr früh machte ſie zum zweiten Male<lb/> den Verſuch, von der Goldſtein Zündhölzchen zu bekommen.<lb/> Diesmal konnte ſie die Türe öffnen. Sie ſah ins Zimmer<lb/> und bemerkte, daß die Lampe brenne und daß Kleidungs-<lb/> ſtücke der Goldſtein auf dem Tiſche liegen. Das rief<lb/> Bedenken wach und ſie alarmierte die vor dem Hauſe<lb/> patrouillierenden Mädchen, die im Vereine mit einem<lb/> Mann in die Wohnung drangen und auf dem Divan den<lb/> lebloſen Körper der Goldſtein fanden.</p><lb/> <p>Man glaubte zuerſt, daß die Goldſtein von Ohnmacht<lb/> befallen worden ſei. Man rief ſie an, doch kein Zeichen<lb/> von Leben war zu bemerken. Als eines der Mädchen ſie<lb/> berührte, zeigte es ſich, daß der Körper bereits kalt war,<lb/> und nun gab es keinen Zweifel mehr, daß ſie tot ſei.</p><lb/> <p>Die Mädchen des Hauſes eilten zum nahegelegenen<lb/> Polizeikommiſſariate Leopoldſtadt, und zuerſt begaben ſich<lb/> Sicherheitswachinſpektor <hi rendition="#g">Erler</hi> und Sicherheitswachmann<lb/><hi rendition="#g">Jokſch</hi> in das Haus. Sie entdeckten bei näherer Beſich-<lb/> tigung der Toten, daß Roſa Goldſtein um den Hals ein<lb/> ziemlich feſt geknotetes Bändchen geſchlungen hatte. Obwohl<lb/> Wiederbelebungsverſuche ausſichtslos erſchienen, wurde doch<lb/> ärztliche Hilfe requiriert, der Inſpektionsarzt konnte jedoch<lb/> nur mehr feſtſtellen, daß der Tod ſchon nach 1 Uhr nachts<lb/> eingetreten ſein dürfte. Am Halſe der Leiche fanden ſich<lb/> zahlreiche Kratzwunden.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Die behördliche Kommiſſion am Tatorte.</hi> </head><lb/> <p>Indeſſen hatten ſich vom Polizeikommiſſariat<lb/> Leopoldſtadt Bezirksleiter Regierungsrat <hi rendition="#g">Kenda</hi><lb/> und ein Polizeikommiſſär mit dem Polizeiarzt und eine<lb/> Anzahl Polizeiagenten eingefunden und auch Re-<lb/> gierungsrat <hi rendition="#g">Stukart</hi> fand ſich alsbald ein und leitete<lb/> die Erhebungen, während die Polizeiagenten die Mäd-<lb/> chen einvernahmen. Schon der erſte Augenſchein hatte<lb/> einen Mord als nahezu feſtſtehend erſcheinen laſſen, und<lb/> als Mörder konnte nur ein junger Mann mit blondem<lb/> Haar in Betracht kommen, der zuletzt in Geſellſchaft der<lb/> Goldſtein geſehen worden iſt. Durch verſchiedene Ein-<lb/> vernahmen konnte eine annähernde Perſonsbeſchreibung feſt-<lb/> geſtellt werden, die unverzüglich allen Wachorganen zuging.<lb/> Auch die Staatsanwaltſchaft wurde verſtändigt und ſchon<lb/> in den frühen Morgenſtunden fand ſich eine Gerichts-<lb/> kommiſſion, beſtehend aus dem Gerichtsadjunkten Dr.<lb/> Schaupp, Staatsanwaltsſubſtitut Dr. Langer und Pro-<lb/> feſſor Habrda, mit einem Schriftführer auf dem Tatorte<lb/> ein. Der Lokalaugenſchein ergab, daß die Unglückliche<lb/><hi rendition="#g">von rückwärts mit den bloßen Händen<lb/> erwürgt worden war.</hi> Die Abdrücke der Nägel<lb/> waren auf dem Halſe wahrzunehmen. Den Tod der Gold-<lb/> ſtein dürfte lediglich das Würgen verurſacht haben. Erſt<lb/> als ſie ſchon tot war, mußte der Mörder das Band um den<lb/> Hals geſchlungen haben.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Die Selbſtſtellung des Mörders.</hi> </head><lb/> <p>Während die Suche nach dem Mörder in vollem Gange<lb/> war, hat ſich dieſer der Polizeidirektion <hi rendition="#g">ſelbſt ge-<lb/> ſtellt.</hi> Gegen 5 Uhr früh trat nämlich ein Burſche, der<lb/> auffallend blaß ausſah und an allen Gliedern zu zittern<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [4/0004]
Wien, Montag Reichspoſt 11. Mai 1908 Nr. 130
* Trauung. Am 19. d., vormittags um ½11 Uhr,
findet zu Wien bei St. Stephan die Vermählung der
Gräfin Maria Pauline Bellegarde mit dem Reichs-
grafen Franz Kinsky von Wchinitz und Tettau,
k. und k. Kämmerer und Leutnant i. d. R. des Dragoner-
regiments Fürſt zu Windiſchgrätz Nr. 14, ſtatt. Die Braut
iſt die Tochter des Oberſtküchenmeiſters Auguſt Grafen
Bellegarde und weiland Henriette Gräfin Bellegarde, gebornen
Gräfin zu Lariſch-Moennich. Der Bräutigam iſt
ein Sohn weiland des Reichsgrafen Friedrich Karl
Kinsky und der Reichsgräfin Sofie Kinsky, gebornen
Gräfin Mensdorff-Pouilly.
* Goldene Hochzeit des Grafen Hans Wilczek.
Samstag den 16. d. feiert Geheimrat Graf Hans Wilczek
mit ſeiner Gemahlin Gräfin Anna Wilczek auf ſeiner
Beſitzung in Seebarn das Feſt der goldenen Hochzeit.
* Lebensrettung eines flüchtenden Handwerks-
burſchen. Aus Perg wird uns berichtet: Am 8. d M.
ſah der Nauführer Joſef Sommer in Au eine Zille auf
der hochgehenden Donau abwärts treiben. Darin ſaß ein
Mann, der gegen die anſtürmenden Wellen verzweifelt
kämpfte und im Waſſerfahren vollkommen ungeübt war.
Die Gefahr erkennend, in der der Ruderer ſchwebte, ſprang
Sommer in ein am Ufer verankertes Floß und wartete
hier auf das Vorbeikommen des gefährdeten Fahrzeuges.
Zum Glück gelang der Rettungsverſuch. Der Nauführer
warf ſich platt auf das Floß nieder, zog beim Vorüber-
kommen die Zille mit dem waghalſigen Ruderer in das
Floß und rettete ſo dem Unbekannten das Leben. Der
Gerettete gab an, Matthias Mayer zu heißen und aus Linz
zu ſtammen. Zwei geſprengte Schlöſſer an der Zille zeigten,
daß das Fahrzeug von ſeinem Verankerungsplatz gewaltſam
entfernt worden war. Der Zweck der Fahrt war ein
raſches Vorwärtskommen aus Furcht vor der Arretierung
bei einer Fußreiſe. Dem herbeigeholten Gendarm gegenüber
legitimierte ſich Mayer als Matthias Marx aus Feteny in
Ungarn gebürtig, Bäckergehilfe. Er wurde dem hieſigen
Bezirksgericht eingeliefert.
* Todesfälle. Der Inſpektor des Jokeyklubs für
Oſterreich Adolf Limlay, Gemahl der Hofopernſängerin
Frau Eliſe Elizza iſt heute früh in ſeiner Wohnung,
III. Hintere Zollamtsſtraße 3, plötzlich geſtorben. — In
Abbazia, wo er mit mehreren Freunden zur Erholung
weilte, iſt geſtern abends der Herausgeber und Chefredakteur
der Brauer- und Hopfenzeitung „Gambrinus“, kaiſerlicher
Rat Adolf Lichtblau, kurz vor Vollendung ſeines
64. Lebensjahres einem Schlaganfall erlegen.
* Der Jahrestag vom Frankfurter Frieden. Man
meldet aus Frankfurt a. M. vom 10. d.: Heute, am
Jahrestage der Unterzeichnung des Frankfurter Friedens,
fand die feierliche Enthüllung des Bismarck-Denk-
mals an der Promenade gegenüber dem Schauſpiel-
hauſe ſtatt.
* Anarchiſten auf Reiſen. Aus Catania wird
gemeldet: Hier iſt der Dampfer „Helvetia“ aus Genua auf
der Fahrt nach dem Piräus eingetroffen. An Bord befanden
ſich zehn deutſche und engliſche Anarchiſten, welche von der
Genueſer Polizei ausgewieſen worden waren. Da der
Dampfer in Catania drei Tage Aufenthalt nehmen mußte
und Fluchtgefahr beſtand, wurden die Anarchiſten trotz ihres
energiſchen Proteſtes von der Polizei in Haft ge-
nommen.
* Verfolgung eines Flüchtlings im Donaukanal.
Ein höchſt aufregender Vorfall erregte Sonntag früh am
Ufer des Donaukanals rieſiges Aufſehen. Um 7 Uhr ver-
urſachte der Hilfsarbeiter Karl Foitl anf der Landſtraße,
Schlachthausgaſſe, einen argen Exzeß. Er ſollte deshalb
arretiert werden, verſetzte jedoch dem Sicherheitswachmann
einen Stoß und benützte ſeine Wirkung, um ſich loszu-
reißen, zum Ufer des Donaukanals zu eilen und ins Waſſer
zu ſpringen. Foitl ſchwamm dem gegenüberliegenden Ufer
zu. Zwei Wachmänner, die vom Praterufer her die Szene
mitangeſehen, machten ſofort eine Zille los und rudertem
dem Schwimmer entgegen. Als Foitl die Wachmänner
ſah, änderte er ſofort ſeine Fluchtrichtung und ſchwamm
den Donaukanal hinab. Die Wachen ruderten ihm nach,
erreichten ihn und brachten ins ans Land. Der von Näſſe
Triefende begann nun mit den Wachleuten
wieder zu raufen. Er zerrte die Wachleute an den Uniform-
röcken gegen das Ufer hin, ſo daß ſie in Gefahr waren,
ins Waſſer zu fallen. Mit Mühe konnte Foitl überwältigt
und gefeſſelt werden. Er wurde aufs Polizeikommiſſariat
gebracht. Während dieſer Amtshandlung iſt der Hilfs-
arbeiter Leopold Poſpiſchil arretiert worden, weil er die
Menſchenmenge, die ſich angeſammelt hatte, aufgefordert
hatte, den Foitl nicht arretieren zu laſſen. Foitl wurde dem
Landesgericht eingeliefert.
* Die fliegende Brücke bei Kloſterneuburg. Man
meldet uns aus Kloſterneuburg: Geſtern nach-
mittags iſt das Seil bei der fliegenden Brücke zwiſchen
Kloſterneuburg und Korneuburg geriſſen und die Brücke
ſelbſt ſtromabwärts bis zum Pionierdepot getrieben worden,
wo die Anker Grund faßten. Verletzt wurde bei dieſem
Unfall niemand.
* Selbſtmordverſuch im Eiſenbahnwagen. In
einem Nichtrauchercoupé 3. Klaſſe wurde am 10. d. M.
früh um 5 Uhr 40 Minuten beim Eintreffen des Trieſter
Zuges ein Burſche bewußtlos auf der Bank liegend aufge-
funden. Er hatte ſich aus einem ſechsläufigen Revolver eine
Kugel in die Herzgegend gejagt, wodurch er ſich lebens-
gefährlich verletzte. Auf Grund einer Zeitkarte der Ver-
bindungsbahn, die der junge Mann bei ſich hatte, wurde
ſeine Identität mit dem Schloſſergehilfen Wenzel J. feſt-
geſtellt. J., welcher den Selbſtmordverſuch wegen unglück-
licher Liebe verübt haben ſoll, wurde auswaggoniert und in
das Wiedener Krankenhaus gebracht.
* Räuberiſcher Ueberfall. Aus Kloſterneu-
burg wird unter dem 9. d. gemeldet: Samstag nach-
mittags gegen 3 Uhr fand der in der Martinſtraße wohn-
hafte Fleiſchermeiſter Theodor Brunner, von St. Andrä-
Wördern kommend, außerhalb der Irrenanſtalt Kierling-
Gugging, im Straßengraben liegend, einen Mann, der nur
mit den Unterkleidern bekleidet war und um den ſich bereits
zwei Aerzte, die auch zufällig des Weges gekommen waren,
bemühten, da er von ſchweren Herzkrampf-
anfällen befallen wurde. Ueber Erſuchen der beiden
Doktoren nahm Brunner den unbekannten Mann, der der
deutſchen Sprache nicht mächtig war und anſcheinend bosnia-
kiſcher Abſtammung iſt, mit nach Kloſterneuburg und führte
ihn ins allgemeine Krankenhaus. Daſelbſt gab der Un-
bekannte einem herbeigerufenen Dolmetſch an, Jakob
Ragetto zu heißen und von Hamburg zu kommen.
Ueber weiteres Befragen erzählte er, er habe ſich
auf dem Platze, wo er gefunden wurde, ſtark ermüdet ge-
fühlt und ſich ſeitwärts der Straße niedergelegt, um aus-
zuruhen, wobei er eingeſchlafen ſei. Plötzlich ſei er von
drei Burſchen überfallen worden, die ihn mit Steinen ſo
lange auf den Kopf ſchlugen, bis er ohnmächtig wurde. Als
er wieder zu ſich kam, war er ſeines Oberrockes, Hutes,
ſeiner bei ſich gehabten Dokumente und eines Betrages von
130 Mark Bargeld, welche er angibt in Hamburg vom
Konſulate erhalten zu haben, beraubt.
* Große Papſt- und Kaiſerfeier. Man ſchreibt uns
aus Littau: Am 17. d. M. wird in Chudwein bei
Littau, Mähren, eine impoſante Jubiläumsfeier gehalten,
bei welcher Weihbiſchof Dr. Wisnar pontifizieren, Abg.
Dr. Stojan predigen, nachmittags in der Feſtverſammlung
die Abgeordneten Schramek, Dr. Hruban,
Kadlcak, Sillinger ſprechen werden.
* Erdbeben auf Sizilien. Man meldet aus Ca-
tania vom 10. d.: In den Ortſchaften Malati, Guzzi,
Mortaro und Scilichente des Diſtriktes Acireale wurden
geſtern mehrere Häuſer durch einen ſehr
ſtarken Erdſtoß ſchwer beſchädigt. Einige
Mauern ſtürzten ein. Menſchenleben ſind nicht zu be-
klagen.
* Theaterdirektor Karl Roſenheim geſtorben. Am
Samstag den 9. d., abends kurz vor 11 Uhr, iſt in einem
Sanatorium in Hietzing der Direktor des Raimundtheaters
Karl Roſenheim im 51. Lebensjahre verſchieden.
Direktor Roſenheim war vor zwei Wochen an einem Darm-
leiden erkrankt und befand ſich ſeit etwa Wochenfriſt in dem
Sanatorium, wo er ſich vor mehreren Tagen einer ſchwie-
rigen Operation unterziehen mußte. Die Operation ſchien
bereits glücklich überſtanden, doch Samstag abends ſtellte
ſich Herzſchwäche ein, der der Kranke erlag. Die Leiche
wurde nach dem Zentralfriedhofe überführt und heute
(Montag) mittags dort beſtattet werden.
* Einbruch bei einem Juwelier. Im Uhrmacher-
geſchäfte des Heinrich Stock, Taborſtraße Nr. 55, iſt in der
Nacht auf Montag ein verwegener Einbruchsdiebſtahl ver-
übt worden, bei dem Pretioſen um etwa 20.000 Kronen
geſtohlen wurden. Die Gauner ſind von einem Keller aus
in das benachbarte Pfaidlergeſchäft eingebrochen und ge-
langten dann, nachdem ſie die gemeinſchaftliche Mauer
durchbrochen, in das Juwelengeſchäft. Einen an die Wand
genagelter Kaſten, der minderwertige Sachen enthielt,
warfen ſie um. Die Schaukaſten ſperrten ſie auf und
nahmen drei Tabletten herab. Von dieſen ſtahlen ſie den
geſamten Schmuck. Die leeren Tabletten legten ſie auf dem
Verkaufspult übereinander. Dann ſtahlen ſie die Pretioſen,
die zur Reparatur gegeben waren. Nach dem Diebſtahl
zogen ſich die Gauner durch den Pfaidlerladen wieder in
den Keller zurück, gingen dann über die Stiege in die
Einfahrt, öffneten das Haustor mit Nachſchlüſſel und er-
griffen die Flucht.
* Schwere Ausſchreitung eines Soldaten. Aus
Trieſt, 10. d., wird uns gemeldet: Ein aufſehenerregender
Vorfall ſpielte ſich geſtern abends, wie dem „Piccolo“ ge-
meldet wird, in der Marinekaſerne in Pola
ab. Beim Rapport ließ ſich der Marineoffizier Dietrich
von Sachſenfels den Marineſoldaten (Profeſſioniſten)
Franz Janke von der 15. Kompagnie vorführen, den der
taghabende Korporal zum Rapport gemeldet hatte, weil
Janke ſich geweigert hatte, ſeinem Befehl gemäß die
Montur zu putzen. Janke, ein gewalttätiges Individuum,
benahm ſich dem Offizier gegenüber höchſt diſziplinwidrig
und weigerte ſich unter anderem, die vorgeſchriebene Habt-
Acht-Stellung einzunehmen. Als der Offizier ihm ſieben
Tage ſtrengen Arreſt diktierte, ſtieß Janke wüſte Schimpf-
worte aus und ſtürzte ſchließlich mit geballten Fäuſten auf
den Offizier los. Dieſer zog ſeinen Säbel und verſetzte dem
Soldaten einen Hieb über den Kopf, ſodaß Janke zu Boden
ſtürzte. Janke wurde ins Marineſpital gebracht. Seine Ver-
letzung iſt nicht ſchwer. Nach ſeiner Geneſung wird er ins
Marinegefängnis gebracht.
Eine Joh. Nep. Vogl-Feier.
Enthüllung einer Gedenktafel.
Am Sonntag vormittags wurde an dem Neubau des
Hauſes Alſerſtraße, Ecke Skodagaſſe, eine Gedenktafel für
den Dichter Joh. Nep. Vogl enthüllt, der in dem früher
dort befindlichen Hauſe am 16. November 1866 geſtorben
iſt. Zur Feierlichkeit fanden ſich ein: Sektionschef v. Heſch,
Polizeipräſident Brzeſowski, Statthaltereivizepräſtdent
Tils, Präſident des Abgeordnetenhauſes Dr. Weis-
kirchner, Landesſanitätsreferent Statthaltereirat Neto-
litzky, Reichsratsabgeordneter Dr. Heilinger, die Vize-
bürgermeiſter Dr. Neumayer und Hierhammer,
Stadtrat Gſottbauer, Landesſchulinſpektor Doktor
Rieger, Bezirksvorſteher Antenſteiner mit ſeinem
Stellvertreter Schneeweiß, Statthaltereirat Baron
Winkler, der Vorſtand des Wiener Männergeſangvereines
Dr. Krückl, Geſangsdirektor Weltner, Schulrat
Profeſſor Haßlwander, Rechnungsrat Fetzmann,
die Bezirksräte Oskar Appel, Oberrechnungsrat
Walter, Kaller, Bart und Partch, der Obmann
des Armeninſtitutes Joſefſtadt Hermann Reſch, Uni-
verſitätsprofeſſor Johann Wilibald Nagl und Profeſſor
Dr. Caſtle, Schottenprofeſſor Meinrad Sadil,
Bezirksamtsleiter Magiſtratsrat Dr. Stibitz, Gemeinde-
rat Stangelberger u. ſ. w. Von der Familie
Vogls war ſeine Stieftochter Frl. Oeſterlein erſchienen.
Die Feier wurde mit dem Vortrage von Beethovens
„Ehre Gottes“ eingeleitet. Dann beſtieg der Vorſtand des
Wiener Sängerbundes Magiſtratsrat Haniſch die
Rednerbühne und hielt die Gedenkrede, in der er Vogls
Lebenslauf ſchilderte und einen Appell an die ſtädtiſchen
und Schulbehörden richtete, die volkstümliche Geſamtaus-
gabe der Voglſchen Werke, die demnächſt erſcheinen werden,
anzukaufen. Magiſtratsrat Haniſch bat dann den Vizebürger-
meiſter Dr. Neumayer, das Zeichen zur Enthüllung zu geben.
Dr. Neumayer entſchuldigte die Abweſenheit des Bür-
germeiſters Dr. Lueger und hielt dann eine Anſprache, in der er
die längſte Zeit ſeines Lebens zugebracht hat. Er verdiene
den Dank der Stadt Wien im vollſten Maße. Dr. Neu-
mayer gab dann das Zeichen zum Fallen der Hülle. Im
zweiten Stockwerke ſenkte ſich ein Vorhang und die Marmor-
tafel mit der Goldſchrift: „An dieſer Stelle ſtand das
Wohnhaus des Dichters Dr. Johann Nep. Vogl. Er
ſtarb hier am 15. November 1866.“ wurde ſichtbar. Die
Sänger ſtimmten Vogls „Letzte Treue“, vertont von
A. M. Storch, an und ſangen dann noch, begleitet vom
Waldhornquartett Lehner, Vogls „Grün“, gleichfalls vertont
von A. M. Storch. Dann ſprach noch BV. Anten-
ſteiner einige Worte des Dankes, und um ¾12 Uhr
ſchloß die ſchlichte Feier.
Mord in der Leopoldſtadt.
In der Nacht von Samstag auf Sonntag wurde in
der Tandelmarktgaſſe, wenige Schritte vom Polizeikommiſſa-
riate Leopoldſtadt, eine grauenhafte Mordtat verübt, der
eine unter ſittenpolizeilicher Kontrolle ſtehende Frauens-
perſon zum Opfer fiel. Der Täter iſt ein achtzehnjähriger
Burſche, der ſich am Morgen nach dem Morde ſelbſt der
Polizei ſtellte.
Innerhalb weniger Monate ſind alſo in Wien zwei
Attentate unter ganz gleichen Umſtänden verübt worden
von denen das erſtere bekanntlich nicht mit dem Tode des
Opfers endete; dieſe raſche Aufeinanderfolge und die
Gleichartigkeit der Bluttaten wirft ein grelles Licht auf
die Sittlichkeitsverhältniſſe Wiens. In beiden Fällen waren
die Täter junge Burſche, die erſt kurze Zeit der Schule
entwachſen ſind und von ihrem Verdienſte kaum ihren Lebens-
unterhalt decken konnten, dabei aber ſchon einen erſchrecken-
Tiefpunkt moraliſcher Verkommenheit und Verlotterung er-
reicht hatten; und bei jedem der Attentate erſcheinen als
die Opfer verworfene käufliche Frauensperſonen der niedrig-
ſten Sorte, Angehörige des Schandgewerbes, in deſſen
Sumpfe die Moral und auch die bürgerliche Exiſtenz ſo
vieler junger Leute aus den unteren Ständen zu-
grunde geht.
Ueber die Tat wird berichtet:
Der Schauplatz des Mordes iſt das Haus der Tandel-
marktgaſſe Nr. 20. Außer dem Hausherrn und der
Hausmeiſterin wohnen dort bloß Mädchen, die unter
Kontrolle der Sittenpolizei ſtehen. Charakteriſtiſch für
das Haus iſt der Umſtand, daß nicht einmal die Gas-
beleuchtung eingeführt iſt und daß die Mädchen zur Be-
leuchtung des hölzernen Ganges noch wie in der Vorzeit
Laternen verwenden. Im zweiten Stocke des Hauſes wohnte
die 24jährige Roſa Goldſtein. Sie hatte ein armſeliges
Quartier mit dürftiger Einrichtung und gehörte zu jener
Sorte von Mädchen, die ſich des Nachts in der Tabor-
ſtraße und ihrer Umgebung herumtreiben und ſich Beſucher
mitbringen. Ihr gegenüber wohnte eine Freundin Joſefine
Schwarz. Durch dieſe wurde das Verbrechen eigentlich
entdeckt.
Die Entdeckung der Tat.
Die Lampe auf dem hölzernen Gang war verlöſcht
und die Schwarz, die das bemerkte, wollte ſie wieder an-
zünden. Sie hatte keine Zündhölzchen in der Wohnung und
wollte daher die Goldſtein um Zündhölzchen bitten. Als ſie
zu ihrer Wohnung kam — es war 1 Uhr morgens — be-
merkte ſie die Türe einen Fingerbreit offen ſtehen. Sie ver-
ſuchte zu öffnen, glaubte jedoch, einen Widerſtand von innen
zu ſpüren, als ob jemand die Türe von innen zuhielte. Sie
kehrte ſich weiter nicht daran und ging in ihre Wohnung
zurück. Gegen ½3 Uhr früh machte ſie zum zweiten Male
den Verſuch, von der Goldſtein Zündhölzchen zu bekommen.
Diesmal konnte ſie die Türe öffnen. Sie ſah ins Zimmer
und bemerkte, daß die Lampe brenne und daß Kleidungs-
ſtücke der Goldſtein auf dem Tiſche liegen. Das rief
Bedenken wach und ſie alarmierte die vor dem Hauſe
patrouillierenden Mädchen, die im Vereine mit einem
Mann in die Wohnung drangen und auf dem Divan den
lebloſen Körper der Goldſtein fanden.
Man glaubte zuerſt, daß die Goldſtein von Ohnmacht
befallen worden ſei. Man rief ſie an, doch kein Zeichen
von Leben war zu bemerken. Als eines der Mädchen ſie
berührte, zeigte es ſich, daß der Körper bereits kalt war,
und nun gab es keinen Zweifel mehr, daß ſie tot ſei.
Die Mädchen des Hauſes eilten zum nahegelegenen
Polizeikommiſſariate Leopoldſtadt, und zuerſt begaben ſich
Sicherheitswachinſpektor Erler und Sicherheitswachmann
Jokſch in das Haus. Sie entdeckten bei näherer Beſich-
tigung der Toten, daß Roſa Goldſtein um den Hals ein
ziemlich feſt geknotetes Bändchen geſchlungen hatte. Obwohl
Wiederbelebungsverſuche ausſichtslos erſchienen, wurde doch
ärztliche Hilfe requiriert, der Inſpektionsarzt konnte jedoch
nur mehr feſtſtellen, daß der Tod ſchon nach 1 Uhr nachts
eingetreten ſein dürfte. Am Halſe der Leiche fanden ſich
zahlreiche Kratzwunden.
Die behördliche Kommiſſion am Tatorte.
Indeſſen hatten ſich vom Polizeikommiſſariat
Leopoldſtadt Bezirksleiter Regierungsrat Kenda
und ein Polizeikommiſſär mit dem Polizeiarzt und eine
Anzahl Polizeiagenten eingefunden und auch Re-
gierungsrat Stukart fand ſich alsbald ein und leitete
die Erhebungen, während die Polizeiagenten die Mäd-
chen einvernahmen. Schon der erſte Augenſchein hatte
einen Mord als nahezu feſtſtehend erſcheinen laſſen, und
als Mörder konnte nur ein junger Mann mit blondem
Haar in Betracht kommen, der zuletzt in Geſellſchaft der
Goldſtein geſehen worden iſt. Durch verſchiedene Ein-
vernahmen konnte eine annähernde Perſonsbeſchreibung feſt-
geſtellt werden, die unverzüglich allen Wachorganen zuging.
Auch die Staatsanwaltſchaft wurde verſtändigt und ſchon
in den frühen Morgenſtunden fand ſich eine Gerichts-
kommiſſion, beſtehend aus dem Gerichtsadjunkten Dr.
Schaupp, Staatsanwaltsſubſtitut Dr. Langer und Pro-
feſſor Habrda, mit einem Schriftführer auf dem Tatorte
ein. Der Lokalaugenſchein ergab, daß die Unglückliche
von rückwärts mit den bloßen Händen
erwürgt worden war. Die Abdrücke der Nägel
waren auf dem Halſe wahrzunehmen. Den Tod der Gold-
ſtein dürfte lediglich das Würgen verurſacht haben. Erſt
als ſie ſchon tot war, mußte der Mörder das Band um den
Hals geſchlungen haben.
Die Selbſtſtellung des Mörders.
Während die Suche nach dem Mörder in vollem Gange
war, hat ſich dieſer der Polizeidirektion ſelbſt ge-
ſtellt. Gegen 5 Uhr früh trat nämlich ein Burſche, der
auffallend blaß ausſah und an allen Gliedern zu zittern
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