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Reichspost. Nr. 72, Wien, 13.02.1911.

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Nr. 72 Wien, Montag Reichspost 13. Februar 1911

[Spaltenumbruch] 50 Minuten abends mit dem Orientexpreßzug nach
Belgrad weiter gereist. -- Er will eben zu Hause sein,
während König Peter in Italien weilt, da sein Bruder
Georg noch immer nicht "verläßlicher" geworden
sein soll.

* Die Aegyptenreise des Königs von
Sachsen.

Aus Kartum, 12. d., wird uns tele-
graphiert: König Friedrich August von Sachsen hat in
Begleitung des Generalinspektors Freiherrn v. Slatin
den Ort Omdurman besucht. Abends wird der König
einen Jagdausflug antreten, der ihn den Weißen Nil
aufwärts führen und fünf Wochen dauern wird.

* Das Befinden Kaiser Wilhelms

ist auch
heute zufriedenstellend. Der Monarch konnte das Bett
bereits verlassen, muß sich aber noch einige Tage
Schonung auferlegen, weshalb der auf Mittwoch den
15. d. angesetzt gewesene kleine Hofball nicht stattfinden
wird. -- Der für heute angesetzte Ball bei der
österreichisch-ungarischen Botschaft,
an dem der Kaiser hätte teilnehmen sollen, ist ebenfalls
abgesagt worden.

* Die Schwester König Humberts erkrankt.

Aus Moncalieri, 12. d. wird uns gemeldet: Prinzessin
Clotilde, die Schwester des verblichenen Königs Humbert,
ist an Influenza erkrankt, zu der eine Lungenentzündung
hinzutrat. Das heute früh ausgegebene Bulletin besagt,
daß die Kranke die letzte Nacht gut verbracht hat. Die
Temperatur beträgt 37·8 Grad.

* Jubiläum.

Am Samstag den 18. d. M. feiert
Herr Martin Eck sein 50jähriges Jubiläum als In-
haber der k. k. Lottokollektur, welche er seit 18. Februar
1861 in ein und demselben Hause, I. Habsburgergasse
Nr. 7, führt. Der Jubilar steht im 80. Lebensjahre.

* Die Bestattung der Frau Mathilde Sieghart.

Gestern
vormittag wurde Frau Mathilde Sieghart, die Gattin des
Gouverneurs der Bodenkreditanstalt Geheimer Rat Dr. Rudolf
Sieghart zu Grabe getragen. Um 1/211 Uhr setzte sich
der Zug vom Trauerhause in der Berggasse in Bewegung.
Eine genaue Aufzählung der Persönlichkeiten, die erschienen
waren, um der Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen, ist
infolge der ungewöhnlichen Beteiligung nicht möglich. Unter
anderen waren zu sehen: Ministerpräsident Freiherr v. Bienerth
mit Gemahlin, Ministerpräsident a. D. Dr. Freiherr v. Beck
mit Gemahlin und Stiftsdame Freifrau v. Beck. die Minister
Graf Stürgkh, Dr. Weiskirchner und Graf Wickenburg,
Kabinettsdirektor Dr. Freiherr v. Schießl, der bayrische Ge-
sandte Freiherr v. Tucher, der deutsche Botschaftsrat Graf
Waldburg, die Minister a. D. Dr. Ritter v. Wittek, Freiherr
v. Glanz, Dr. Franz Klein und Dr. Ebenhoch, der Präsident
des Oesterreichischen Lloyd Dr. v. Derschatta, die Gemahlin
des Präsidenten des Reichsgerichtes Frau Dr. Josef Unger,
Freiherr v. Plener und Gemahlin, Gouverneur v. Popovits mit
dem Geueralsekretär Hofrat Pranger, die Geheimen Räte: Dr.
Freiherr v. Ruber, Sektionschef Dr. Ritter v. Roza, Stabsarzt
Dr. Moritz Graf Vetter, Präsident Dr. Wilhelm Exner,
Sektionschef Dr. Ewiklinski, Generalprokurotor a. D. Ritter
v. Cramer, Generalprokurator Dr. R. v. Schrott und Sektions-
chef Ritter v. Horowitz, dann Prinz Croy, die Reichsrats-
abgeordneten Ritter v. Wassilko und Professor Redlich, der
Präsident des Oberlandesgerichtes Dr. v. Vittorelli, Sektions-
chef Dr. v. Globocnik, der Direktor der Nordbahn Sektionschef
Dr. Freiherr v. Banhans, Sektionschef Freiherr v. Forster,
Sektionschef Dr. Freiherr v. Fries, der Präsident der D. D. G.
Sektionschef Dr. R. v. Schonka, Polizeipräsident Brzesowsky,
Senatspräsident Baron Schenk, der Landmarschallstellvertreter
in Böhmen Dr. Urban. -- Auf dem Döblinger Friedhofe wurde
der Sarg in der Familiengruft bestattet. -- Erzherzogin
Marie Therese hat dem Gatten der Verstorbenen durch
den Obersthofmeister Grafen Cavriani ihre wärmste Teil-
nahme ausdrücken lassen, ebenso Erzherzog Leopold Sal-
vator
durch den Kammervorsteher Prinzen Lobkowitz
und Herzog Ernst August v. Cumberland.

* Das 25 jährige Jubiläum des Vereines
"Niederwald".

Der Verein "Niederwald", die Reprä-
sentanz der hiesigen reichsdeutschen Kolonie, feierte
gestern das Fest seines 25 jährigen Bestehens. Der
Verein war Gegenstand herzlicher Ovationen und das
Jubiläum bot den erwünschten Anlaß, um dem in
Wien hochangesehenen Verein die Sympathie zu bezeugen.
Die Feier wurde durch ein glänzend verlaufenes Fest-
mahl, das Mittag im Hotel Metropole stattfand, be-
gangen. Zur Feier war in Vertretung des durch ein
Unwohlsein verhinderten deutschen Botschafters von
Tschirschky und Boegendorff der Botschaftsrat Prinz
Hatzfeld erschienen. Außerdem waren anwesend:
Bürgermeister Dr. Neumayer, der bayerische Ge-
sandte Freiherr von Tucher, der deutsche
Militärattache Major Graf Kageneck, Botschaftsrat
Graf Waldburg, der sächsische Geheime Legationsrat
v. Leipzig, der sächsische Attache Schimpff, Geheimer
Hofrat Pieszczek, der deutsche Generalkonsul Freiherr
v. Liebig, der deutsche Konsul Dr. v. Vivenot, dann
als Ehrengäste der Direktor der Volksoper Rainer
Simons, Geheimsekretär Bruchhans, Geheimer Kanzlei-
sekretär Schmidt, der Obmann des Vereines der
Bayern Bockhorni, der Präsident der Vereinigung
deutscher Offiziere des Beurlaubtenstandes General-
direktor Schade, Oberregisseur Gerboth u. v. a. Beim
Mahle wurde eine Reihe von Trinksprüchen gehalten.
Vorstandsmitglied Emil Friedl brachte einen mit
stürmischem Beifalle aufgenommenen Toast auf die
Stadt Wien -- "das Wahrzeichen deutscher Treue"
-- aus.

* Der letzte einer gefährlichen Diebsbande
verhaftet.

Am 19. v. M. wurde vom Sicherheitsbureau
ein unter der Führung des Leopold Hugl stehendes
Diebskonsortium dem Landesgerichte eingeliefert. Die
Mitglieder der Bande hatten eine sehr ansehnliche Zahl
von Auslageeinbrüchen besonders im 1. und 2. Bezirke
verübt. Am. 9. d. M. wurde nun der wiederholt ab-
gestrafte und von Wien abgeschaffte 28jährige Kutscher
Josef Soukal, welcher dieser Diebsbande angehört hatte,
in der Leopoldstadt verhaftet. Soukal hatte nach der
Festnahme seiner Komplizen auf eigene Faust die Dieb-
stähle fortgesetzt. Ihm fällt auch der Auslageeinbruch
[Spaltenumbruch] bei einem Kürschner in der Praterstraße zur Last, bei
dem er Pelzwaren im Wirte von 2000 Kronen er-
beutete. Soukal, der unter dem falschen Namen "Albin
Hoffner" in der Brigittenau wohnte, wurde dem Landes-
gerichte eingeliefert.

* Ein Milchdieb verhaftet.

In der letzten Zeit
wurden in den Morgenstunden in einer großen Anzahl
von Häusern auf der Wieden volle Milchflaschen, die
auf den Gängen von der "Milchfrau" hingestellt worden
waren, gestohlen. Am 11. d. M. früh hielt ein Sicher-
heitswachmann auf der Wieden einen Mann wegen Be-
denklichkeit an. Man fand in seinem Besitze zehn Milch-
flaschen, die er kurz zuvor in zwei Häusern entwendet
hatte. Er ist der wegen Diebstahles wiederholt ab-
gestrafte Hilfsarbeiter Josef Stubenvoll und wurde dem
Landesgerichte eingeliefert.

* Die Italienreise König Peters.

Mittwoch
nachmittags trifft König Peter in Rom zum Besuche
des Königspaares ein. Bis an die österreichische Grenze
wird ihm eine Spezialmission entgegenfahren, in der
sich u. a. ein Generaladjutant sowie ein Ordonnanz-
offizier König Viktor Emanuels, ein Zeremonienmeister
des italienischen Hofes sowie der Korpskommandant von
Verona befinden.

* Konzert im Militärkasino.

Von den drei letzten Kon-
zerten in den alten Räumen des Militärkasinos fand am
Samstag das erste statt, dem fast das gesamte Wiener Offiziers-
korps und viele Generale mit ihren Damen beiwohnten. Die
erste Vortragsnummer des reichen Programmes bestritt das
"Orpheusquartett" mit ernsten und heiteren Dar-
bietungen, die beifällig aufgenommen wurden. Das aus den
Chormitgliedern der Hofoper Schmatzer, Wagner und
Stejskal
und dem Konzertsänger Martinek gebildete
Quartett erfreute durch den schönen Zusammenklang der
Nummern in seinen Vorträgen. Großes Aufsehen erregte
das Auftreten einer vielversprechenden Kunstnovize Signorina
Maria Gelcich, die sich zur Koloraturtänzerin für die Oper
ausbildet. Die schmiegsame und wohlgebildete Stimme und die
Verinnerlichung des Ausdrucks, die die junge Künstlerin in
einer Arie aus "Manon Lescaut" und einer aus "Madame
Butterfly" entfaltete, fanden so großen Beifall, daß Signorina
Geleich noch eine Arie aus "La Traviata" zugeben mußte.
Hierauf spielte der Pianist Oskar Dachs drei Klavier-
stücke: "Au printemps" von Grieg und "Feuerzauber" aus
der "Walküre" in der Bearbeitung von Brassin. Der Solo-
sänger an der Hofoper Paul Kittel, ein vielversprechender
junger Heldentenor, erfreute durch seinen Vortrag dreier Arien
-- aus "Toska", der "Afrikanerin" und "Manon". Ein Riesen-
erfolg ersang sich Frau Hofrat Frieda von Vukovic, deren
hohe Künstlerschaft schon lange anerkannt und kritisch gewürdigt
wurde. Von Ary von Leuwen auf der Flöte begleitet, trug sie
die beiden Lieder "Die Spröde" und "Die Bekehrte" von Brüll
vor, dann das Lied "Der Gärtner" von Grädener und Arditus
"L'Elasi"". Der Jubel, mit dem ihr Gesang vom Auditorium
aufgenommen wurde, zwang Frau von Vukovic zu immer
neuen Zugaben. Humoristische Vorträge des Herrn Amon
vom Deutschen Volkstheater bildeten den Schluß der Vortrags-
ordnung. Die Klavierbegleitungen führte Professor Foll in
seiner bekannten Meisterhaftigkeit aus.

* Ein Taubst[u]mmenkongreß in Wien.

Am 18. und
19. April wird in Wien der Vierte allgemeine öster-
reichische Taubstummenlehrertag stattfinden. Für den
Kongreß sind bisher nachstehende Vorträge angemeldet
worden: "Die Erziehung schwerhöriger Kinder in den
ersten Lebensjahren." Referent Dr. Richard Im-
hofer,
Ohrenarzt in Prag. "Die Anatomie des Ge-
hörorgans." Referent Dr. Gustav Alexander,
Universitätsprofessor in Wien. "Die Pastorierung der
Taubstummen mit besonderer Berücksichtigung der
Großstadt." Referent Msgre. Alois Oberhummer,
Wien. "Die Stellung des Sprachformenunterrichtes
im künstlichen Lautsprachunterrichte." Referent Direk-
tor Karl Baldrian, Wiener-Neustadt. "Gewerbliche
Fortbildungsschulen für Taubstumme." Referent
Th. Perschke, Wien. "Die Fürsorge der Taub-
stummenanstalten für die aus der Schule entlassenen
Zöglinge." Referent Josef Friedl, Wien. "Die
Taubstummenunterrichtsmethode in den Lehrer- und
Lehrerinnen-Bildungsanstalten." Referent Anton
Druschba, Wien.

* Betrug an Auswanderern.

Die niederösterreichische
Statthalterei erläßt folgende Bekanntmachung: "Es
soll ein gewisser Stanislaus Mankowski, früher in
Seattle, Staat Washington (Vereinigte Staaten von
Nordamerika), ansässig gewesen und angeblich Agent der
"Paterson Land Company", die Absicht haben,
in nächster Zeit behufs Werbung von Kolonisten
für amerikanische Landgesellschaften,

Europa, wahrscheinlich auch Oesterreich, zu be-
suchen. Dem Manne wird vorgeworfen, einen gewissen
Simon Dudek veranlaßt zu haben, sein Grundstück in
Dabrowice, Bezirk Dabrowa, Galizien, zu veräußern,
nach Amerika auszuwandern und dort mit dem Erlöse
aus seinem Grundstücke ein, wie sich später herausstellte,
zur Landwirtschaft ungeeignetes Stück Land anzukaufen,
wodurch Dudek bedeutenden Schaden erlitten habe. In
ähnlicher Weise soll Mankowski auch in anderen Fällen
vorgegangen sein. Vor dem genannten Mankowski
wird gewarnt."

* Der Assekuranzverein der Zuckerindustrie

hielt Sonntag in Prag seine Generalversammlung ab,
in der u. a. Julius v. Kniep und Dr. Richard von
Skene in den Verwaltungsrat berufen wurden. Der
Ueberschuß aus der letzten Jahresgebarung beträgt
995.782 Kronen.

* Errichtung einer tschechischen Agrarbank.

Das Projekt der tschechischen Agrarbank wird nunmehr
realisiert. Der "Venkov" veröffentlicht eine von den Ab-
geordneten Svehla, Zazworka, Udrzal und
Dvorak gefertigte Aufforderung zur Zeichnung eines
Aktienkapitales per zwei Millionen Kronen, das statu-
tarisch auf vier Millionen Kronen erhöht werden kann.

* Eine Kunstmühle nidergebrannt.

Aus
Bruck a. d. L., 12. d. M., wird uns gemeldet: Vor-
gestern gegen 3 Uhr früh brach aus bisher unbekannter
[Spaltenumbruch] Ursache in der hiesigen Kunstmühle des Armeelieferanten
und österreichischen Herrenhausmitgliedes Wetzler ein
Feuer aus, welches die Mühle in kurzer Zeit voll-
ständig einäscherte. Der Schaden ist beträchtlich, aber
durch Versicherung gedeckt.

* Der Kurs der Katholischen Frauenorganisation für
Niederösterreich.

Unter überaus zahlreicher Beteiligung aus
den Kreisen der Aristokratie sowie der Lehrenden und Lernenden
fand vom 9 bis 11. Februar der von Msgre. Prof. Dr. Waitz
aus Brixen geleitete Kurs über "Das vierte Gebot" statt.
Der Redner sprach am ersten Abend über die Erhabenheit der
Einrichtung der Famile, wie sie durch das vierte Gebot dar-
gestellt wird und über das Familienleben in seiner religiösen,
sittlichen und wirtschaftlichen Bedeutung. Am zweiten Abend
rollte er als Einleitung seines Vortrages die Frage auf, ob
man Liebe befehlen könne, gab dann eine glänzende Recht-
fertigung der verschiedenen Gebote der Liebe und ging schließ-
lich zu den wichtigsten Detailfragen über die Pflichten der
Eltern und der Kinder über, dabei mancherlei soziale Probleme
unserer Zeit in geistvoller Weise behandelnd. Das
Thema des letzten Vortrages bildete das gegen-
seitige Verhältnis des Uebernatürlichen und Natürlichen oder
des Menschlichen und Christlichen in der Familie. In be-
geisterten Worten zeigte der Redner die Verklärung des vierten
Gebotes durch das Christentum, die Religion des Ueber-
natürlichen. Nach Schluß der Vorträge dankte Frau Brentano
im Namen der Präsidentin der niederösterreichischen katholischen
Frauenorganisation Gräfin Walterskirchen, die am Kranken-
lager ihres schwer leidenden Vaters im Süden weilt, dem
Redner für seine glänzenden Ausführungen sowie insbesondere
dafür, daß er trotz des Trauerfalles in seiner Familie zur Ab-
haltung des Kurses nach Wien gekommen war. Der nächste
Kurs findet am 22. und 23. März statt. Es wird Universitäts-
professor Dr. Pilcz über "Hygiene des weiblichen Nerven-
lebens" sprechen.

* Kundgebungen für die Errichtung einer
zweiten tschechischen Universität.

Gestern, Sonn-
tag, fanden in mehr als 20 Städten in Böhmen,
Mähren und Schlesien tschechische Versammlungen zu-
gunsten der Errichtung einer tschechischen Universität in
Mähren statt. In der Prager Versammlung sprachen
Bürgermeister Dr. Gros, der Rektor der tschechischen
Universität Professor Janosik und der Prorektor der
tschechischen Technik Prohaska, sowie namens der
tschechischen Reichsratsabgeordneten Hofrat Celakowsky.
In allen Versammlungen wurde eine gleichlautende
Resolution angenommen. In Brünn sprachen in der
Versammlung Landeshauptmannstellvertreter Doktor
Kaudela, der Rektor der tschechischen technischen Hoch-
schule Dr. Vladimir Novak sowie die Vertreter der
tschechischen Mittelschulprofessoren, Hochschüler und
Lehrer.

* Herr Eldersch, der Aemterkumulierer.

Das Brünner
sozialdemokratische Tagblatt "Rovnost" vom 4. Februar 1911
hat auf der Suche nach Aemterkumlierern einen vielgeplagten
Mann entdeckt. Es ist dies Herr Matthias Eldersch, sozial-
demokratischer Reichsratsabgeordneter, Landtagsabgeordneter,
Gemeinderat der Stadt Brünn, Sekretär der Brünner Bezirks-
krankenkasse, Mitglied des permanenten Sozialversicherungs-
ausschusses, Mitglied der Staatsschulden-Kontrollkommission
und Sekretär des Reichsverbandes der Krankenkassen. Das
Blatt klagt, Herr Eldersch komme gar nicht dazu, seinen Ob-
liegenheiten als Sekretär der Brünner Bezirkskrankenkasse nach-
zukommen, beziehe aber trotz dem den Jahresgehalt
von 5000 Kronen
außer seinen sonstigen ziemlich be-
deutenden Einnahmen. Jetzt hat das Wiener sozialdemokratische
Zentralorgan Gelegenheit, einen richtigen Aemterkumulierer
aus der Nähe zu betrachten.

* Die Zustände auf der Stadtbahn.

Aus Leserkreisen
schreibt man uns: Der Monatsbeginn hat einen
wieder der Stadtbahn ganzen Jammer fühlen lassen.
Der soeben den Beamten dieses Ministeriums an-
empfohlene kaufmännische Geist sieht bei der Stadtbahn
schön aus! Zwei Millionen Kronen Defizit sind vorher-
gesehen, und was tut die Stadtbahn dagegen? Sie setzt
den Preis hinauf und die Qualität herunter, die Mo-
natskarten wurden um vier Kronen im Preise erhöht
und die Strecke ihrer Gültigkeit ganz bedeutend redu-
ziert, so daß zum Beispiel eine Karte, die früher von
Hütteldorf bis Heiligenstadt gegolten hat, jetzt nur mehr
von Hütteldorf bis zur Ferdinandsbrücke gilt. Wenn
ein Kaufmann in seinem Geschäft solche Praktiken übt,
so leidet er Schiffbruch. Die neueste Errungenschaft der
Stadtbahn ist, daß schon seit einigen Wochen die Tafeln
zur Anzeige der Fahrtrichtung nicht mehr funktionieren;
das ist um so ärgerlicher, als seit vorigem Jahr die
Beleuchtung der Perrons wesentlich verschlechtert wurde.
Aber da heißt es: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht ...

* Aeroplanbesuch im belgischen Königspark.

Aus Brüssel, 12. d., wird uns gemeldet: Gestern
erschien über dem königlichen Schlosse Laeken der
Aviatiker Lanser in Begleitung eines Passagiers, um-
kreiste wiederholt den Schloßpark und landete dann im
Parke. Der Aviatiker überreichte der Königin einen
Blumenstrauß. Der König, welcher dem Flieger seine
Freude über den Besuch aussprach, leerte mit Lanser
ein Glas Champagner. Kurz darauf stieg Lanser mit
seinem Passagier wieder auf und flog nach dem Flug-
platze zurück.

* Die Wintereskader in Triest.

Aus Triest,
12. d., wird gemeldet: Heute vormittag ist die aus den
Schlachtschiffen "Erzherzog Franz Ferdinand", "Kaiser
Karl" und "Erzherzog Ferdinand Max", dem Kreuzer
"Admiral Spaun" und vier Hochseetorpedoboote be-
stehende Wintereskader hier eingetroffen. Statthalter
Prinz von Hohenlohe stattete nachmittag an Bord
des Admiralschiffes einen Besuch ab.

* Erhöhung der Garnison von Meran.

Die
Nachbargemeinde von Meran Untermais erhält im
Laufe des heurigen Herbstes eine aus zwei Batail-
lonen Kaiserjägern
mit Stab bestehende
Garnison, wodurch der Kurort Meran eine ständige
Regimentsmusik bekommt.

* Ein Vaterlandsverräter.

Aus Paris,
12. d., wird uns gemeldet: Das Kriegsgericht in Nancy

Nr. 72 Wien, Montag Reichspoſt 13. Februar 1911

[Spaltenumbruch] 50 Minuten abends mit dem Orientexpreßzug nach
Belgrad weiter gereiſt. — Er will eben zu Hauſe ſein,
während König Peter in Italien weilt, da ſein Bruder
Georg noch immer nicht „verläßlicher“ geworden
ſein ſoll.

* Die Aegyptenreiſe des Königs von
Sachſen.

Aus Kartum, 12. d., wird uns tele-
graphiert: König Friedrich Auguſt von Sachſen hat in
Begleitung des Generalinſpektors Freiherrn v. Slatin
den Ort Omdurman beſucht. Abends wird der König
einen Jagdausflug antreten, der ihn den Weißen Nil
aufwärts führen und fünf Wochen dauern wird.

* Das Befinden Kaiſer Wilhelms

iſt auch
heute zufriedenſtellend. Der Monarch konnte das Bett
bereits verlaſſen, muß ſich aber noch einige Tage
Schonung auferlegen, weshalb der auf Mittwoch den
15. d. angeſetzt geweſene kleine Hofball nicht ſtattfinden
wird. — Der für heute angeſetzte Ball bei der
öſterreichiſch-ungariſchen Botſchaft,
an dem der Kaiſer hätte teilnehmen ſollen, iſt ebenfalls
abgeſagt worden.

* Die Schweſter König Humberts erkrankt.

Aus Moncalieri, 12. d. wird uns gemeldet: Prinzeſſin
Clotilde, die Schweſter des verblichenen Königs Humbert,
iſt an Influenza erkrankt, zu der eine Lungenentzündung
hinzutrat. Das heute früh ausgegebene Bulletin beſagt,
daß die Kranke die letzte Nacht gut verbracht hat. Die
Temperatur beträgt 37·8 Grad.

* Jubiläum.

Am Samstag den 18. d. M. feiert
Herr Martin Eck ſein 50jähriges Jubiläum als In-
haber der k. k. Lottokollektur, welche er ſeit 18. Februar
1861 in ein und demſelben Hauſe, I. Habsburgergaſſe
Nr. 7, führt. Der Jubilar ſteht im 80. Lebensjahre.

* Die Beſtattung der Frau Mathilde Sieghart.

Geſtern
vormittag wurde Frau Mathilde Sieghart, die Gattin des
Gouverneurs der Bodenkreditanſtalt Geheimer Rat Dr. Rudolf
Sieghart zu Grabe getragen. Um ½11 Uhr ſetzte ſich
der Zug vom Trauerhauſe in der Berggaſſe in Bewegung.
Eine genaue Aufzählung der Perſönlichkeiten, die erſchienen
waren, um der Verſtorbenen die letzte Ehre zu erweiſen, iſt
infolge der ungewöhnlichen Beteiligung nicht möglich. Unter
anderen waren zu ſehen: Miniſterpräſident Freiherr v. Bienerth
mit Gemahlin, Miniſterpräſident a. D. Dr. Freiherr v. Beck
mit Gemahlin und Stiftsdame Freifrau v. Beck. die Miniſter
Graf Stürgkh, Dr. Weiskirchner und Graf Wickenburg,
Kabinettsdirektor Dr. Freiherr v. Schießl, der bayriſche Ge-
ſandte Freiherr v. Tucher, der deutſche Botſchaftsrat Graf
Waldburg, die Miniſter a. D. Dr. Ritter v. Wittek, Freiherr
v. Glanz, Dr. Franz Klein und Dr. Ebenhoch, der Präſident
des Oeſterreichiſchen Lloyd Dr. v. Derſchatta, die Gemahlin
des Präſidenten des Reichsgerichtes Frau Dr. Joſef Unger,
Freiherr v. Plener und Gemahlin, Gouverneur v. Popovits mit
dem Geueralſekretär Hofrat Pranger, die Geheimen Räte: Dr.
Freiherr v. Ruber, Sektionschef Dr. Ritter v. Roza, Stabsarzt
Dr. Moritz Graf Vetter, Präſident Dr. Wilhelm Exner,
Sektionschef Dr. Ewiklinski, Generalprokurotor a. D. Ritter
v. Cramer, Generalprokurator Dr. R. v. Schrott und Sektions-
chef Ritter v. Horowitz, dann Prinz Croy, die Reichsrats-
abgeordneten Ritter v. Waſſilko und Profeſſor Redlich, der
Präſident des Oberlandesgerichtes Dr. v. Vittorelli, Sektions-
chef Dr. v. Globocnik, der Direktor der Nordbahn Sektionschef
Dr. Freiherr v. Banhans, Sektionschef Freiherr v. Forſter,
Sektionschef Dr. Freiherr v. Fries, der Präſident der D. D. G.
Sektionschef Dr. R. v. Schonka, Polizeipräſident Brzeſowsky,
Senatspräſident Baron Schenk, der Landmarſchallſtellvertreter
in Böhmen Dr. Urban. — Auf dem Döblinger Friedhofe wurde
der Sarg in der Familiengruft beſtattet. — Erzherzogin
Marie Thereſe hat dem Gatten der Verſtorbenen durch
den Oberſthofmeiſter Grafen Cavriani ihre wärmſte Teil-
nahme ausdrücken laſſen, ebenſo Erzherzog Leopold Sal-
vator
durch den Kammervorſteher Prinzen Lobkowitz
und Herzog Ernſt Auguſt v. Cumberland.

* Das 25 jährige Jubiläum des Vereines
„Niederwald“.

Der Verein „Niederwald“, die Reprä-
ſentanz der hieſigen reichsdeutſchen Kolonie, feierte
geſtern das Feſt ſeines 25 jährigen Beſtehens. Der
Verein war Gegenſtand herzlicher Ovationen und das
Jubiläum bot den erwünſchten Anlaß, um dem in
Wien hochangeſehenen Verein die Sympathie zu bezeugen.
Die Feier wurde durch ein glänzend verlaufenes Feſt-
mahl, das Mittag im Hotel Metropole ſtattfand, be-
gangen. Zur Feier war in Vertretung des durch ein
Unwohlſein verhinderten deutſchen Botſchafters von
Tſchirſchky und Boegendorff der Botſchaftsrat Prinz
Hatzfeld erſchienen. Außerdem waren anweſend:
Bürgermeiſter Dr. Neumayer, der bayeriſche Ge-
ſandte Freiherr von Tucher, der deutſche
Militärattaché Major Graf Kageneck, Botſchaftsrat
Graf Waldburg, der ſächſiſche Geheime Legationsrat
v. Leipzig, der ſächſiſche Attaché Schimpff, Geheimer
Hofrat Pieszczek, der deutſche Generalkonſul Freiherr
v. Liebig, der deutſche Konſul Dr. v. Vivenot, dann
als Ehrengäſte der Direktor der Volksoper Rainer
Simons, Geheimſekretär Bruchhans, Geheimer Kanzlei-
ſekretär Schmidt, der Obmann des Vereines der
Bayern Bockhorni, der Präſident der Vereinigung
deutſcher Offiziere des Beurlaubtenſtandes General-
direktor Schade, Oberregiſſeur Gerboth u. v. a. Beim
Mahle wurde eine Reihe von Trinkſprüchen gehalten.
Vorſtandsmitglied Emil Friedl brachte einen mit
ſtürmiſchem Beifalle aufgenommenen Toaſt auf die
Stadt Wien — „das Wahrzeichen deutſcher Treue“
— aus.

* Der letzte einer gefährlichen Diebsbande
verhaftet.

Am 19. v. M. wurde vom Sicherheitsbureau
ein unter der Führung des Leopold Hugl ſtehendes
Diebskonſortium dem Landesgerichte eingeliefert. Die
Mitglieder der Bande hatten eine ſehr anſehnliche Zahl
von Auslageeinbrüchen beſonders im 1. und 2. Bezirke
verübt. Am. 9. d. M. wurde nun der wiederholt ab-
geſtrafte und von Wien abgeſchaffte 28jährige Kutſcher
Joſef Soukal, welcher dieſer Diebsbande angehört hatte,
in der Leopoldſtadt verhaftet. Soukal hatte nach der
Feſtnahme ſeiner Komplizen auf eigene Fauſt die Dieb-
ſtähle fortgeſetzt. Ihm fällt auch der Auslageeinbruch
[Spaltenumbruch] bei einem Kürſchner in der Praterſtraße zur Laſt, bei
dem er Pelzwaren im Wirte von 2000 Kronen er-
beutete. Soukal, der unter dem falſchen Namen „Albin
Hoffner“ in der Brigittenau wohnte, wurde dem Landes-
gerichte eingeliefert.

* Ein Milchdieb verhaftet.

In der letzten Zeit
wurden in den Morgenſtunden in einer großen Anzahl
von Häuſern auf der Wieden volle Milchflaſchen, die
auf den Gängen von der „Milchfrau“ hingeſtellt worden
waren, geſtohlen. Am 11. d. M. früh hielt ein Sicher-
heitswachmann auf der Wieden einen Mann wegen Be-
denklichkeit an. Man fand in ſeinem Beſitze zehn Milch-
flaſchen, die er kurz zuvor in zwei Häuſern entwendet
hatte. Er iſt der wegen Diebſtahles wiederholt ab-
geſtrafte Hilfsarbeiter Joſef Stubenvoll und wurde dem
Landesgerichte eingeliefert.

* Die Italienreiſe König Peters.

Mittwoch
nachmittags trifft König Peter in Rom zum Beſuche
des Königspaares ein. Bis an die öſterreichiſche Grenze
wird ihm eine Spezialmiſſion entgegenfahren, in der
ſich u. a. ein Generaladjutant ſowie ein Ordonnanz-
offizier König Viktor Emanuels, ein Zeremonienmeiſter
des italieniſchen Hofes ſowie der Korpskommandant von
Verona befinden.

* Konzert im Militärkaſino.

Von den drei letzten Kon-
zerten in den alten Räumen des Militärkaſinos fand am
Samstag das erſte ſtatt, dem faſt das geſamte Wiener Offiziers-
korps und viele Generale mit ihren Damen beiwohnten. Die
erſte Vortragsnummer des reichen Programmes beſtritt das
„Orpheusquartett“ mit ernſten und heiteren Dar-
bietungen, die beifällig aufgenommen wurden. Das aus den
Chormitgliedern der Hofoper Schmatzer, Wagner und
Stejskal
und dem Konzertſänger Martinek gebildete
Quartett erfreute durch den ſchönen Zuſammenklang der
Nummern in ſeinen Vorträgen. Großes Aufſehen erregte
das Auftreten einer vielverſprechenden Kunſtnovize Signorina
Maria Gelcich, die ſich zur Koloraturtänzerin für die Oper
ausbildet. Die ſchmiegſame und wohlgebildete Stimme und die
Verinnerlichung des Ausdrucks, die die junge Künſtlerin in
einer Arie aus „Manon Lescaut“ und einer aus „Madame
Butterfly“ entfaltete, fanden ſo großen Beifall, daß Signorina
Geleich noch eine Arie aus „La Traviata“ zugeben mußte.
Hierauf ſpielte der Pianiſt Oskar Dachs drei Klavier-
ſtücke: „Au printemps“ von Grieg und „Feuerzauber“ aus
der „Walküre“ in der Bearbeitung von Braſſin. Der Solo-
ſänger an der Hofoper Paul Kittel, ein vielverſprechender
junger Heldentenor, erfreute durch ſeinen Vortrag dreier Arien
— aus „Toska“, der „Afrikanerin“ und „Manon“. Ein Rieſen-
erfolg erſang ſich Frau Hofrat Frieda von Vukovic, deren
hohe Künſtlerſchaft ſchon lange anerkannt und kritiſch gewürdigt
wurde. Von Ary von Leuwen auf der Flöte begleitet, trug ſie
die beiden Lieder „Die Spröde“ und „Die Bekehrte“ von Brüll
vor, dann das Lied „Der Gärtner“ von Grädener und Arditus
„L’Elaſi““. Der Jubel, mit dem ihr Geſang vom Auditorium
aufgenommen wurde, zwang Frau von Vukovic zu immer
neuen Zugaben. Humoriſtiſche Vorträge des Herrn Amon
vom Deutſchen Volkstheater bildeten den Schluß der Vortrags-
ordnung. Die Klavierbegleitungen führte Profeſſor Foll in
ſeiner bekannten Meiſterhaftigkeit aus.

* Ein Taubſt[u]mmenkongreß in Wien.

Am 18. und
19. April wird in Wien der Vierte allgemeine öſter-
reichiſche Taubſtummenlehrertag ſtattfinden. Für den
Kongreß ſind bisher nachſtehende Vorträge angemeldet
worden: „Die Erziehung ſchwerhöriger Kinder in den
erſten Lebensjahren.“ Referent Dr. Richard Im-
hofer,
Ohrenarzt in Prag. „Die Anatomie des Ge-
hörorgans.“ Referent Dr. Guſtav Alexander,
Univerſitätsprofeſſor in Wien. „Die Paſtorierung der
Taubſtummen mit beſonderer Berückſichtigung der
Großſtadt.“ Referent Mſgre. Alois Oberhummer,
Wien. „Die Stellung des Sprachformenunterrichtes
im künſtlichen Lautſprachunterrichte.“ Referent Direk-
tor Karl Baldrian, Wiener-Neuſtadt. „Gewerbliche
Fortbildungsſchulen für Taubſtumme.“ Referent
Th. Perſchke, Wien. „Die Fürſorge der Taub-
ſtummenanſtalten für die aus der Schule entlaſſenen
Zöglinge.“ Referent Joſef Friedl, Wien. „Die
Taubſtummenunterrichtsmethode in den Lehrer- und
Lehrerinnen-Bildungsanſtalten.“ Referent Anton
Druſchba, Wien.

* Betrug an Auswanderern.

Die niederöſterreichiſche
Statthalterei erläßt folgende Bekanntmachung: „Es
ſoll ein gewiſſer Stanislaus Mankowski, früher in
Seattle, Staat Waſhington (Vereinigte Staaten von
Nordamerika), anſäſſig geweſen und angeblich Agent der
„Paterſon Land Company“, die Abſicht haben,
in nächſter Zeit behufs Werbung von Koloniſten
für amerikaniſche Landgeſellſchaften,

Europa, wahrſcheinlich auch Oeſterreich, zu be-
ſuchen. Dem Manne wird vorgeworfen, einen gewiſſen
Simon Dudek veranlaßt zu haben, ſein Grundſtück in
Dabrowice, Bezirk Dabrowa, Galizien, zu veräußern,
nach Amerika auszuwandern und dort mit dem Erlöſe
aus ſeinem Grundſtücke ein, wie ſich ſpäter herausſtellte,
zur Landwirtſchaft ungeeignetes Stück Land anzukaufen,
wodurch Dudek bedeutenden Schaden erlitten habe. In
ähnlicher Weiſe ſoll Mankowski auch in anderen Fällen
vorgegangen ſein. Vor dem genannten Mankowski
wird gewarnt.“

* Der Aſſekuranzverein der Zuckerinduſtrie

hielt Sonntag in Prag ſeine Generalverſammlung ab,
in der u. a. Julius v. Kniep und Dr. Richard von
Skene in den Verwaltungsrat berufen wurden. Der
Ueberſchuß aus der letzten Jahresgebarung beträgt
995.782 Kronen.

* Errichtung einer tſchechiſchen Agrarbank.

Das Projekt der tſchechiſchen Agrarbank wird nunmehr
realiſiert. Der „Venkov“ veröffentlicht eine von den Ab-
geordneten Svehla, Zazworka, Udrzal und
Dvorak gefertigte Aufforderung zur Zeichnung eines
Aktienkapitales per zwei Millionen Kronen, das ſtatu-
tariſch auf vier Millionen Kronen erhöht werden kann.

* Eine Kunſtmühle nidergebrannt.

Aus
Bruck a. d. L., 12. d. M., wird uns gemeldet: Vor-
geſtern gegen 3 Uhr früh brach aus bisher unbekannter
[Spaltenumbruch] Urſache in der hieſigen Kunſtmühle des Armeelieferanten
und öſterreichiſchen Herrenhausmitgliedes Wetzler ein
Feuer aus, welches die Mühle in kurzer Zeit voll-
ſtändig einäſcherte. Der Schaden iſt beträchtlich, aber
durch Verſicherung gedeckt.

* Der Kurs der Katholiſchen Frauenorganiſation für
Niederöſterreich.

Unter überaus zahlreicher Beteiligung aus
den Kreiſen der Ariſtokratie ſowie der Lehrenden und Lernenden
fand vom 9 bis 11. Februar der von Mſgre. Prof. Dr. Waitz
aus Brixen geleitete Kurs über „Das vierte Gebot“ ſtatt.
Der Redner ſprach am erſten Abend über die Erhabenheit der
Einrichtung der Famile, wie ſie durch das vierte Gebot dar-
geſtellt wird und über das Familienleben in ſeiner religiöſen,
ſittlichen und wirtſchaftlichen Bedeutung. Am zweiten Abend
rollte er als Einleitung ſeines Vortrages die Frage auf, ob
man Liebe befehlen könne, gab dann eine glänzende Recht-
fertigung der verſchiedenen Gebote der Liebe und ging ſchließ-
lich zu den wichtigſten Detailfragen über die Pflichten der
Eltern und der Kinder über, dabei mancherlei ſoziale Probleme
unſerer Zeit in geiſtvoller Weiſe behandelnd. Das
Thema des letzten Vortrages bildete das gegen-
ſeitige Verhältnis des Uebernatürlichen und Natürlichen oder
des Menſchlichen und Chriſtlichen in der Familie. In be-
geiſterten Worten zeigte der Redner die Verklärung des vierten
Gebotes durch das Chriſtentum, die Religion des Ueber-
natürlichen. Nach Schluß der Vorträge dankte Frau Brentano
im Namen der Präſidentin der niederöſterreichiſchen katholiſchen
Frauenorganiſation Gräfin Walterskirchen, die am Kranken-
lager ihres ſchwer leidenden Vaters im Süden weilt, dem
Redner für ſeine glänzenden Ausführungen ſowie insbeſondere
dafür, daß er trotz des Trauerfalles in ſeiner Familie zur Ab-
haltung des Kurſes nach Wien gekommen war. Der nächſte
Kurs findet am 22. und 23. März ſtatt. Es wird Univerſitäts-
profeſſor Dr. Pilcz über „Hygiene des weiblichen Nerven-
lebens“ ſprechen.

* Kundgebungen für die Errichtung einer
zweiten tſchechiſchen Univerſität.

Geſtern, Sonn-
tag, fanden in mehr als 20 Städten in Böhmen,
Mähren und Schleſien tſchechiſche Verſammlungen zu-
gunſten der Errichtung einer tſchechiſchen Univerſität in
Mähren ſtatt. In der Prager Verſammlung ſprachen
Bürgermeiſter Dr. Gros, der Rektor der tſchechiſchen
Univerſität Profeſſor Janoſik und der Prorektor der
tſchechiſchen Technik Prohaska, ſowie namens der
tſchechiſchen Reichsratsabgeordneten Hofrat Celakowsky.
In allen Verſammlungen wurde eine gleichlautende
Reſolution angenommen. In Brünn ſprachen in der
Verſammlung Landeshauptmannſtellvertreter Doktor
Kaudela, der Rektor der tſchechiſchen techniſchen Hoch-
ſchule Dr. Vladimir Novak ſowie die Vertreter der
tſchechiſchen Mittelſchulprofeſſoren, Hochſchüler und
Lehrer.

* Herr Elderſch, der Aemterkumulierer.

Das Brünner
ſozialdemokratiſche Tagblatt „Rovnoſt“ vom 4. Februar 1911
hat auf der Suche nach Aemterkumlierern einen vielgeplagten
Mann entdeckt. Es iſt dies Herr Matthias Elderſch, ſozial-
demokratiſcher Reichsratsabgeordneter, Landtagsabgeordneter,
Gemeinderat der Stadt Brünn, Sekretär der Brünner Bezirks-
krankenkaſſe, Mitglied des permanenten Sozialverſicherungs-
ausſchuſſes, Mitglied der Staatsſchulden-Kontrollkommiſſion
und Sekretär des Reichsverbandes der Krankenkaſſen. Das
Blatt klagt, Herr Elderſch komme gar nicht dazu, ſeinen Ob-
liegenheiten als Sekretär der Brünner Bezirkskrankenkaſſe nach-
zukommen, beziehe aber trotz dem den Jahresgehalt
von 5000 Kronen
außer ſeinen ſonſtigen ziemlich be-
deutenden Einnahmen. Jetzt hat das Wiener ſozialdemokratiſche
Zentralorgan Gelegenheit, einen richtigen Aemterkumulierer
aus der Nähe zu betrachten.

* Die Zuſtände auf der Stadtbahn.

Aus Leſerkreiſen
ſchreibt man uns: Der Monatsbeginn hat einen
wieder der Stadtbahn ganzen Jammer fühlen laſſen.
Der ſoeben den Beamten dieſes Miniſteriums an-
empfohlene kaufmänniſche Geiſt ſieht bei der Stadtbahn
ſchön aus! Zwei Millionen Kronen Defizit ſind vorher-
geſehen, und was tut die Stadtbahn dagegen? Sie ſetzt
den Preis hinauf und die Qualität herunter, die Mo-
natskarten wurden um vier Kronen im Preiſe erhöht
und die Strecke ihrer Gültigkeit ganz bedeutend redu-
ziert, ſo daß zum Beiſpiel eine Karte, die früher von
Hütteldorf bis Heiligenſtadt gegolten hat, jetzt nur mehr
von Hütteldorf bis zur Ferdinandsbrücke gilt. Wenn
ein Kaufmann in ſeinem Geſchäft ſolche Praktiken übt,
ſo leidet er Schiffbruch. Die neueſte Errungenſchaft der
Stadtbahn iſt, daß ſchon ſeit einigen Wochen die Tafeln
zur Anzeige der Fahrtrichtung nicht mehr funktionieren;
das iſt um ſo ärgerlicher, als ſeit vorigem Jahr die
Beleuchtung der Perrons weſentlich verſchlechtert wurde.
Aber da heißt es: Ruhe iſt die erſte Bürgerpflicht ...

* Aeroplanbeſuch im belgiſchen Königspark.

Aus Brüſſel, 12. d., wird uns gemeldet: Geſtern
erſchien über dem königlichen Schloſſe Laeken der
Aviatiker Lanſer in Begleitung eines Paſſagiers, um-
kreiſte wiederholt den Schloßpark und landete dann im
Parke. Der Aviatiker überreichte der Königin einen
Blumenſtrauß. Der König, welcher dem Flieger ſeine
Freude über den Beſuch ausſprach, leerte mit Lanſer
ein Glas Champagner. Kurz darauf ſtieg Lanſer mit
ſeinem Paſſagier wieder auf und flog nach dem Flug-
platze zurück.

* Die Wintereskader in Trieſt.

Aus Trieſt,
12. d., wird gemeldet: Heute vormittag iſt die aus den
Schlachtſchiffen „Erzherzog Franz Ferdinand“, „Kaiſer
Karl“ und „Erzherzog Ferdinand Max“, dem Kreuzer
„Admiral Spaun“ und vier Hochſeetorpedoboote be-
ſtehende Wintereskader hier eingetroffen. Statthalter
Prinz von Hohenlohe ſtattete nachmittag an Bord
des Admiralſchiffes einen Beſuch ab.

* Erhöhung der Garniſon von Meran.

Die
Nachbargemeinde von Meran Untermais erhält im
Laufe des heurigen Herbſtes eine aus zwei Batail-
lonen Kaiſerjägern
mit Stab beſtehende
Garniſon, wodurch der Kurort Meran eine ſtändige
Regimentsmuſik bekommt.

* Ein Vaterlandsverräter.

Aus Paris,
12. d., wird uns gemeldet: Das Kriegsgericht in Nancy

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&#x017F;änger an der Hofoper Paul <hi rendition="#g">Kittel,</hi> ein vielver&#x017F;prechender<lb/>
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&#x017F;uchen. Dem Manne wird vorgeworfen, einen gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
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[3/0003] Nr. 72 Wien, Montag Reichspoſt 13. Februar 1911 50 Minuten abends mit dem Orientexpreßzug nach Belgrad weiter gereiſt. — Er will eben zu Hauſe ſein, während König Peter in Italien weilt, da ſein Bruder Georg noch immer nicht „verläßlicher“ geworden ſein ſoll. * Die Aegyptenreiſe des Königs von Sachſen. Aus Kartum, 12. d., wird uns tele- graphiert: König Friedrich Auguſt von Sachſen hat in Begleitung des Generalinſpektors Freiherrn v. Slatin den Ort Omdurman beſucht. Abends wird der König einen Jagdausflug antreten, der ihn den Weißen Nil aufwärts führen und fünf Wochen dauern wird. * Das Befinden Kaiſer Wilhelms iſt auch heute zufriedenſtellend. Der Monarch konnte das Bett bereits verlaſſen, muß ſich aber noch einige Tage Schonung auferlegen, weshalb der auf Mittwoch den 15. d. angeſetzt geweſene kleine Hofball nicht ſtattfinden wird. — Der für heute angeſetzte Ball bei der öſterreichiſch-ungariſchen Botſchaft, an dem der Kaiſer hätte teilnehmen ſollen, iſt ebenfalls abgeſagt worden. * Die Schweſter König Humberts erkrankt. Aus Moncalieri, 12. d. wird uns gemeldet: Prinzeſſin Clotilde, die Schweſter des verblichenen Königs Humbert, iſt an Influenza erkrankt, zu der eine Lungenentzündung hinzutrat. Das heute früh ausgegebene Bulletin beſagt, daß die Kranke die letzte Nacht gut verbracht hat. Die Temperatur beträgt 37·8 Grad. * Jubiläum. Am Samstag den 18. d. M. feiert Herr Martin Eck ſein 50jähriges Jubiläum als In- haber der k. k. Lottokollektur, welche er ſeit 18. Februar 1861 in ein und demſelben Hauſe, I. Habsburgergaſſe Nr. 7, führt. Der Jubilar ſteht im 80. Lebensjahre. * Die Beſtattung der Frau Mathilde Sieghart. Geſtern vormittag wurde Frau Mathilde Sieghart, die Gattin des Gouverneurs der Bodenkreditanſtalt Geheimer Rat Dr. Rudolf Sieghart zu Grabe getragen. Um ½11 Uhr ſetzte ſich der Zug vom Trauerhauſe in der Berggaſſe in Bewegung. Eine genaue Aufzählung der Perſönlichkeiten, die erſchienen waren, um der Verſtorbenen die letzte Ehre zu erweiſen, iſt infolge der ungewöhnlichen Beteiligung nicht möglich. Unter anderen waren zu ſehen: Miniſterpräſident Freiherr v. Bienerth mit Gemahlin, Miniſterpräſident a. D. Dr. Freiherr v. Beck mit Gemahlin und Stiftsdame Freifrau v. Beck. die Miniſter Graf Stürgkh, Dr. Weiskirchner und Graf Wickenburg, Kabinettsdirektor Dr. Freiherr v. Schießl, der bayriſche Ge- ſandte Freiherr v. Tucher, der deutſche Botſchaftsrat Graf Waldburg, die Miniſter a. D. Dr. Ritter v. Wittek, Freiherr v. Glanz, Dr. Franz Klein und Dr. Ebenhoch, der Präſident des Oeſterreichiſchen Lloyd Dr. v. Derſchatta, die Gemahlin des Präſidenten des Reichsgerichtes Frau Dr. Joſef Unger, Freiherr v. Plener und Gemahlin, Gouverneur v. Popovits mit dem Geueralſekretär Hofrat Pranger, die Geheimen Räte: Dr. Freiherr v. Ruber, Sektionschef Dr. Ritter v. Roza, Stabsarzt Dr. Moritz Graf Vetter, Präſident Dr. Wilhelm Exner, Sektionschef Dr. Ewiklinski, Generalprokurotor a. D. Ritter v. Cramer, Generalprokurator Dr. R. v. Schrott und Sektions- chef Ritter v. Horowitz, dann Prinz Croy, die Reichsrats- abgeordneten Ritter v. Waſſilko und Profeſſor Redlich, der Präſident des Oberlandesgerichtes Dr. v. Vittorelli, Sektions- chef Dr. v. Globocnik, der Direktor der Nordbahn Sektionschef Dr. Freiherr v. Banhans, Sektionschef Freiherr v. Forſter, Sektionschef Dr. Freiherr v. Fries, der Präſident der D. D. G. Sektionschef Dr. R. v. Schonka, Polizeipräſident Brzeſowsky, Senatspräſident Baron Schenk, der Landmarſchallſtellvertreter in Böhmen Dr. Urban. — Auf dem Döblinger Friedhofe wurde der Sarg in der Familiengruft beſtattet. — Erzherzogin Marie Thereſe hat dem Gatten der Verſtorbenen durch den Oberſthofmeiſter Grafen Cavriani ihre wärmſte Teil- nahme ausdrücken laſſen, ebenſo Erzherzog Leopold Sal- vator durch den Kammervorſteher Prinzen Lobkowitz und Herzog Ernſt Auguſt v. Cumberland. * Das 25 jährige Jubiläum des Vereines „Niederwald“. Der Verein „Niederwald“, die Reprä- ſentanz der hieſigen reichsdeutſchen Kolonie, feierte geſtern das Feſt ſeines 25 jährigen Beſtehens. Der Verein war Gegenſtand herzlicher Ovationen und das Jubiläum bot den erwünſchten Anlaß, um dem in Wien hochangeſehenen Verein die Sympathie zu bezeugen. Die Feier wurde durch ein glänzend verlaufenes Feſt- mahl, das Mittag im Hotel Metropole ſtattfand, be- gangen. Zur Feier war in Vertretung des durch ein Unwohlſein verhinderten deutſchen Botſchafters von Tſchirſchky und Boegendorff der Botſchaftsrat Prinz Hatzfeld erſchienen. Außerdem waren anweſend: Bürgermeiſter Dr. Neumayer, der bayeriſche Ge- ſandte Freiherr von Tucher, der deutſche Militärattaché Major Graf Kageneck, Botſchaftsrat Graf Waldburg, der ſächſiſche Geheime Legationsrat v. Leipzig, der ſächſiſche Attaché Schimpff, Geheimer Hofrat Pieszczek, der deutſche Generalkonſul Freiherr v. Liebig, der deutſche Konſul Dr. v. Vivenot, dann als Ehrengäſte der Direktor der Volksoper Rainer Simons, Geheimſekretär Bruchhans, Geheimer Kanzlei- ſekretär Schmidt, der Obmann des Vereines der Bayern Bockhorni, der Präſident der Vereinigung deutſcher Offiziere des Beurlaubtenſtandes General- direktor Schade, Oberregiſſeur Gerboth u. v. a. Beim Mahle wurde eine Reihe von Trinkſprüchen gehalten. Vorſtandsmitglied Emil Friedl brachte einen mit ſtürmiſchem Beifalle aufgenommenen Toaſt auf die Stadt Wien — „das Wahrzeichen deutſcher Treue“ — aus. * Der letzte einer gefährlichen Diebsbande verhaftet. Am 19. v. M. wurde vom Sicherheitsbureau ein unter der Führung des Leopold Hugl ſtehendes Diebskonſortium dem Landesgerichte eingeliefert. Die Mitglieder der Bande hatten eine ſehr anſehnliche Zahl von Auslageeinbrüchen beſonders im 1. und 2. Bezirke verübt. Am. 9. d. M. wurde nun der wiederholt ab- geſtrafte und von Wien abgeſchaffte 28jährige Kutſcher Joſef Soukal, welcher dieſer Diebsbande angehört hatte, in der Leopoldſtadt verhaftet. Soukal hatte nach der Feſtnahme ſeiner Komplizen auf eigene Fauſt die Dieb- ſtähle fortgeſetzt. Ihm fällt auch der Auslageeinbruch bei einem Kürſchner in der Praterſtraße zur Laſt, bei dem er Pelzwaren im Wirte von 2000 Kronen er- beutete. Soukal, der unter dem falſchen Namen „Albin Hoffner“ in der Brigittenau wohnte, wurde dem Landes- gerichte eingeliefert. * Ein Milchdieb verhaftet. In der letzten Zeit wurden in den Morgenſtunden in einer großen Anzahl von Häuſern auf der Wieden volle Milchflaſchen, die auf den Gängen von der „Milchfrau“ hingeſtellt worden waren, geſtohlen. Am 11. d. M. früh hielt ein Sicher- heitswachmann auf der Wieden einen Mann wegen Be- denklichkeit an. Man fand in ſeinem Beſitze zehn Milch- flaſchen, die er kurz zuvor in zwei Häuſern entwendet hatte. Er iſt der wegen Diebſtahles wiederholt ab- geſtrafte Hilfsarbeiter Joſef Stubenvoll und wurde dem Landesgerichte eingeliefert. * Die Italienreiſe König Peters. Mittwoch nachmittags trifft König Peter in Rom zum Beſuche des Königspaares ein. Bis an die öſterreichiſche Grenze wird ihm eine Spezialmiſſion entgegenfahren, in der ſich u. a. ein Generaladjutant ſowie ein Ordonnanz- offizier König Viktor Emanuels, ein Zeremonienmeiſter des italieniſchen Hofes ſowie der Korpskommandant von Verona befinden. * Konzert im Militärkaſino. Von den drei letzten Kon- zerten in den alten Räumen des Militärkaſinos fand am Samstag das erſte ſtatt, dem faſt das geſamte Wiener Offiziers- korps und viele Generale mit ihren Damen beiwohnten. Die erſte Vortragsnummer des reichen Programmes beſtritt das „Orpheusquartett“ mit ernſten und heiteren Dar- bietungen, die beifällig aufgenommen wurden. Das aus den Chormitgliedern der Hofoper Schmatzer, Wagner und Stejskal und dem Konzertſänger Martinek gebildete Quartett erfreute durch den ſchönen Zuſammenklang der Nummern in ſeinen Vorträgen. Großes Aufſehen erregte das Auftreten einer vielverſprechenden Kunſtnovize Signorina Maria Gelcich, die ſich zur Koloraturtänzerin für die Oper ausbildet. Die ſchmiegſame und wohlgebildete Stimme und die Verinnerlichung des Ausdrucks, die die junge Künſtlerin in einer Arie aus „Manon Lescaut“ und einer aus „Madame Butterfly“ entfaltete, fanden ſo großen Beifall, daß Signorina Geleich noch eine Arie aus „La Traviata“ zugeben mußte. Hierauf ſpielte der Pianiſt Oskar Dachs drei Klavier- ſtücke: „Au printemps“ von Grieg und „Feuerzauber“ aus der „Walküre“ in der Bearbeitung von Braſſin. Der Solo- ſänger an der Hofoper Paul Kittel, ein vielverſprechender junger Heldentenor, erfreute durch ſeinen Vortrag dreier Arien — aus „Toska“, der „Afrikanerin“ und „Manon“. Ein Rieſen- erfolg erſang ſich Frau Hofrat Frieda von Vukovic, deren hohe Künſtlerſchaft ſchon lange anerkannt und kritiſch gewürdigt wurde. Von Ary von Leuwen auf der Flöte begleitet, trug ſie die beiden Lieder „Die Spröde“ und „Die Bekehrte“ von Brüll vor, dann das Lied „Der Gärtner“ von Grädener und Arditus „L’Elaſi““. Der Jubel, mit dem ihr Geſang vom Auditorium aufgenommen wurde, zwang Frau von Vukovic zu immer neuen Zugaben. Humoriſtiſche Vorträge des Herrn Amon vom Deutſchen Volkstheater bildeten den Schluß der Vortrags- ordnung. Die Klavierbegleitungen führte Profeſſor Foll in ſeiner bekannten Meiſterhaftigkeit aus. * Ein Taubſtummenkongreß in Wien. Am 18. und 19. April wird in Wien der Vierte allgemeine öſter- reichiſche Taubſtummenlehrertag ſtattfinden. Für den Kongreß ſind bisher nachſtehende Vorträge angemeldet worden: „Die Erziehung ſchwerhöriger Kinder in den erſten Lebensjahren.“ Referent Dr. Richard Im- hofer, Ohrenarzt in Prag. „Die Anatomie des Ge- hörorgans.“ Referent Dr. Guſtav Alexander, Univerſitätsprofeſſor in Wien. „Die Paſtorierung der Taubſtummen mit beſonderer Berückſichtigung der Großſtadt.“ Referent Mſgre. Alois Oberhummer, Wien. „Die Stellung des Sprachformenunterrichtes im künſtlichen Lautſprachunterrichte.“ Referent Direk- tor Karl Baldrian, Wiener-Neuſtadt. „Gewerbliche Fortbildungsſchulen für Taubſtumme.“ Referent Th. Perſchke, Wien. „Die Fürſorge der Taub- ſtummenanſtalten für die aus der Schule entlaſſenen Zöglinge.“ Referent Joſef Friedl, Wien. „Die Taubſtummenunterrichtsmethode in den Lehrer- und Lehrerinnen-Bildungsanſtalten.“ Referent Anton Druſchba, Wien. * Betrug an Auswanderern. Die niederöſterreichiſche Statthalterei erläßt folgende Bekanntmachung: „Es ſoll ein gewiſſer Stanislaus Mankowski, früher in Seattle, Staat Waſhington (Vereinigte Staaten von Nordamerika), anſäſſig geweſen und angeblich Agent der „Paterſon Land Company“, die Abſicht haben, in nächſter Zeit behufs Werbung von Koloniſten für amerikaniſche Landgeſellſchaften, Europa, wahrſcheinlich auch Oeſterreich, zu be- ſuchen. Dem Manne wird vorgeworfen, einen gewiſſen Simon Dudek veranlaßt zu haben, ſein Grundſtück in Dabrowice, Bezirk Dabrowa, Galizien, zu veräußern, nach Amerika auszuwandern und dort mit dem Erlöſe aus ſeinem Grundſtücke ein, wie ſich ſpäter herausſtellte, zur Landwirtſchaft ungeeignetes Stück Land anzukaufen, wodurch Dudek bedeutenden Schaden erlitten habe. In ähnlicher Weiſe ſoll Mankowski auch in anderen Fällen vorgegangen ſein. Vor dem genannten Mankowski wird gewarnt.“ * Der Aſſekuranzverein der Zuckerinduſtrie hielt Sonntag in Prag ſeine Generalverſammlung ab, in der u. a. Julius v. Kniep und Dr. Richard von Skene in den Verwaltungsrat berufen wurden. Der Ueberſchuß aus der letzten Jahresgebarung beträgt 995.782 Kronen. * Errichtung einer tſchechiſchen Agrarbank. Das Projekt der tſchechiſchen Agrarbank wird nunmehr realiſiert. Der „Venkov“ veröffentlicht eine von den Ab- geordneten Svehla, Zazworka, Udrzal und Dvorak gefertigte Aufforderung zur Zeichnung eines Aktienkapitales per zwei Millionen Kronen, das ſtatu- tariſch auf vier Millionen Kronen erhöht werden kann. * Eine Kunſtmühle nidergebrannt. Aus Bruck a. d. L., 12. d. M., wird uns gemeldet: Vor- geſtern gegen 3 Uhr früh brach aus bisher unbekannter Urſache in der hieſigen Kunſtmühle des Armeelieferanten und öſterreichiſchen Herrenhausmitgliedes Wetzler ein Feuer aus, welches die Mühle in kurzer Zeit voll- ſtändig einäſcherte. Der Schaden iſt beträchtlich, aber durch Verſicherung gedeckt. * Der Kurs der Katholiſchen Frauenorganiſation für Niederöſterreich. Unter überaus zahlreicher Beteiligung aus den Kreiſen der Ariſtokratie ſowie der Lehrenden und Lernenden fand vom 9 bis 11. Februar der von Mſgre. Prof. Dr. Waitz aus Brixen geleitete Kurs über „Das vierte Gebot“ ſtatt. Der Redner ſprach am erſten Abend über die Erhabenheit der Einrichtung der Famile, wie ſie durch das vierte Gebot dar- geſtellt wird und über das Familienleben in ſeiner religiöſen, ſittlichen und wirtſchaftlichen Bedeutung. Am zweiten Abend rollte er als Einleitung ſeines Vortrages die Frage auf, ob man Liebe befehlen könne, gab dann eine glänzende Recht- fertigung der verſchiedenen Gebote der Liebe und ging ſchließ- lich zu den wichtigſten Detailfragen über die Pflichten der Eltern und der Kinder über, dabei mancherlei ſoziale Probleme unſerer Zeit in geiſtvoller Weiſe behandelnd. Das Thema des letzten Vortrages bildete das gegen- ſeitige Verhältnis des Uebernatürlichen und Natürlichen oder des Menſchlichen und Chriſtlichen in der Familie. In be- geiſterten Worten zeigte der Redner die Verklärung des vierten Gebotes durch das Chriſtentum, die Religion des Ueber- natürlichen. Nach Schluß der Vorträge dankte Frau Brentano im Namen der Präſidentin der niederöſterreichiſchen katholiſchen Frauenorganiſation Gräfin Walterskirchen, die am Kranken- lager ihres ſchwer leidenden Vaters im Süden weilt, dem Redner für ſeine glänzenden Ausführungen ſowie insbeſondere dafür, daß er trotz des Trauerfalles in ſeiner Familie zur Ab- haltung des Kurſes nach Wien gekommen war. Der nächſte Kurs findet am 22. und 23. März ſtatt. Es wird Univerſitäts- profeſſor Dr. Pilcz über „Hygiene des weiblichen Nerven- lebens“ ſprechen. * Kundgebungen für die Errichtung einer zweiten tſchechiſchen Univerſität. Geſtern, Sonn- tag, fanden in mehr als 20 Städten in Böhmen, Mähren und Schleſien tſchechiſche Verſammlungen zu- gunſten der Errichtung einer tſchechiſchen Univerſität in Mähren ſtatt. In der Prager Verſammlung ſprachen Bürgermeiſter Dr. Gros, der Rektor der tſchechiſchen Univerſität Profeſſor Janoſik und der Prorektor der tſchechiſchen Technik Prohaska, ſowie namens der tſchechiſchen Reichsratsabgeordneten Hofrat Celakowsky. In allen Verſammlungen wurde eine gleichlautende Reſolution angenommen. In Brünn ſprachen in der Verſammlung Landeshauptmannſtellvertreter Doktor Kaudela, der Rektor der tſchechiſchen techniſchen Hoch- ſchule Dr. Vladimir Novak ſowie die Vertreter der tſchechiſchen Mittelſchulprofeſſoren, Hochſchüler und Lehrer. * Herr Elderſch, der Aemterkumulierer. Das Brünner ſozialdemokratiſche Tagblatt „Rovnoſt“ vom 4. Februar 1911 hat auf der Suche nach Aemterkumlierern einen vielgeplagten Mann entdeckt. Es iſt dies Herr Matthias Elderſch, ſozial- demokratiſcher Reichsratsabgeordneter, Landtagsabgeordneter, Gemeinderat der Stadt Brünn, Sekretär der Brünner Bezirks- krankenkaſſe, Mitglied des permanenten Sozialverſicherungs- ausſchuſſes, Mitglied der Staatsſchulden-Kontrollkommiſſion und Sekretär des Reichsverbandes der Krankenkaſſen. Das Blatt klagt, Herr Elderſch komme gar nicht dazu, ſeinen Ob- liegenheiten als Sekretär der Brünner Bezirkskrankenkaſſe nach- zukommen, beziehe aber trotz dem den Jahresgehalt von 5000 Kronen außer ſeinen ſonſtigen ziemlich be- deutenden Einnahmen. Jetzt hat das Wiener ſozialdemokratiſche Zentralorgan Gelegenheit, einen richtigen Aemterkumulierer aus der Nähe zu betrachten. * Die Zuſtände auf der Stadtbahn. Aus Leſerkreiſen ſchreibt man uns: Der Monatsbeginn hat einen wieder der Stadtbahn ganzen Jammer fühlen laſſen. Der ſoeben den Beamten dieſes Miniſteriums an- empfohlene kaufmänniſche Geiſt ſieht bei der Stadtbahn ſchön aus! Zwei Millionen Kronen Defizit ſind vorher- geſehen, und was tut die Stadtbahn dagegen? Sie ſetzt den Preis hinauf und die Qualität herunter, die Mo- natskarten wurden um vier Kronen im Preiſe erhöht und die Strecke ihrer Gültigkeit ganz bedeutend redu- ziert, ſo daß zum Beiſpiel eine Karte, die früher von Hütteldorf bis Heiligenſtadt gegolten hat, jetzt nur mehr von Hütteldorf bis zur Ferdinandsbrücke gilt. Wenn ein Kaufmann in ſeinem Geſchäft ſolche Praktiken übt, ſo leidet er Schiffbruch. Die neueſte Errungenſchaft der Stadtbahn iſt, daß ſchon ſeit einigen Wochen die Tafeln zur Anzeige der Fahrtrichtung nicht mehr funktionieren; das iſt um ſo ärgerlicher, als ſeit vorigem Jahr die Beleuchtung der Perrons weſentlich verſchlechtert wurde. Aber da heißt es: Ruhe iſt die erſte Bürgerpflicht ... * Aeroplanbeſuch im belgiſchen Königspark. Aus Brüſſel, 12. d., wird uns gemeldet: Geſtern erſchien über dem königlichen Schloſſe Laeken der Aviatiker Lanſer in Begleitung eines Paſſagiers, um- kreiſte wiederholt den Schloßpark und landete dann im Parke. Der Aviatiker überreichte der Königin einen Blumenſtrauß. Der König, welcher dem Flieger ſeine Freude über den Beſuch ausſprach, leerte mit Lanſer ein Glas Champagner. Kurz darauf ſtieg Lanſer mit ſeinem Paſſagier wieder auf und flog nach dem Flug- platze zurück. * Die Wintereskader in Trieſt. Aus Trieſt, 12. d., wird gemeldet: Heute vormittag iſt die aus den Schlachtſchiffen „Erzherzog Franz Ferdinand“, „Kaiſer Karl“ und „Erzherzog Ferdinand Max“, dem Kreuzer „Admiral Spaun“ und vier Hochſeetorpedoboote be- ſtehende Wintereskader hier eingetroffen. Statthalter Prinz von Hohenlohe ſtattete nachmittag an Bord des Admiralſchiffes einen Beſuch ab. * Erhöhung der Garniſon von Meran. Die Nachbargemeinde von Meran Untermais erhält im Laufe des heurigen Herbſtes eine aus zwei Batail- lonen Kaiſerjägern mit Stab beſtehende Garniſon, wodurch der Kurort Meran eine ſtändige Regimentsmuſik bekommt. * Ein Vaterlandsverräter. Aus Paris, 12. d., wird uns gemeldet: Das Kriegsgericht in Nancy

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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 72, Wien, 13.02.1911, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost072_1911/3>, abgerufen am 22.11.2024.