Reichspost. Nr. 53, Wien, 22.02.1909.Nr. 53 Wien, Montag Reichspost 22. Februar 1909. [Spaltenumbruch] Bluttat in Favoriten. Eine entsetzliche Bluttat hat heute nacht ein junger Reichsverbandstag der Schuh- machergenossenschaften. Der "Reichsfachverband der Einzelverbände der Delegierter Wimasal (Wien) verlangte Schaffung Delegierter Christof (Graz) besprach hierauf Er brachte eine Resolution zur Verlesung, in der von der Ueber Antrag des Vorstehers Pöll (Linz) wurde Einer Einladung desselben Delegierten zum Besuche Die Messerstecher von Berlin. Verhaftung eines Verdächtigen. Berlin, 21. Februar. (Privat.) Gestern nacht ist ein Mann verhaftet worden, in dem Die Leichenfeier für den Groß- fürsten Wladimir Alexandrowitsch. Petersburg, 21. Februar. Erzherzog Friedrich ist Petersburg, 21. Februar. Heute früh traf hier Petersburg, 21. Februar. Heute um 2 Uhr Trauergottesdienst in Wien. In der russischen Botschaftskirche im 3. Bezirke ist Ein Begnadigungsversuch für Hilsner -- abgewiesen. Der blamierte Verein zur Abwehr des Anti- semitismus. Nachdem der 2. Dezember 1908 vorüberging, ohne daß "Das k. k. Kreisgericht Pisek, Abtlg. VII, hat nach K. k. Kreisgericht Pisek, Abt. VII, am 13. Februar 1909." (Unterschrift.) Wenn der Verein zur Abwehr des Antisemitismus Schiffskatastrophe. 200 Tote. Buenos Ayres, 20. Februar. Der Dampfer "Presidente Roca" hat auf der Fahrt Sportnachrichten. Wintersportfest in Mürzzuschlag. An tausend Sport- [irrelevantes Material] Nr. 53 Wien, Montag Reichspoſt 22. Februar 1909. [Spaltenumbruch] Bluttat in Favoriten. Eine entſetzliche Bluttat hat heute nacht ein junger Reichsverbandstag der Schuh- machergenoſſenſchaften. Der „Reichsfachverband der Einzelverbände der Delegierter Wimaſal (Wien) verlangte Schaffung Delegierter Chriſtof (Graz) beſprach hierauf Er brachte eine Reſolution zur Verleſung, in der von der Ueber Antrag des Vorſtehers Pöll (Linz) wurde Einer Einladung desſelben Delegierten zum Beſuche Die Meſſerſtecher von Berlin. Verhaftung eines Verdächtigen. Berlin, 21. Februar. (Privat.) Geſtern nacht iſt ein Mann verhaftet worden, in dem Die Leichenfeier für den Groß- fürſten Wladimir Alexandrowitſch. Petersburg, 21. Februar. Erzherzog Friedrich iſt Petersburg, 21. Februar. Heute früh traf hier Petersburg, 21. Februar. Heute um 2 Uhr Trauergottesdienſt in Wien. In der ruſſiſchen Botſchaftskirche im 3. Bezirke iſt Ein Begnadigungsverſuch für Hilsner — abgewieſen. Der blamierte Verein zur Abwehr des Anti- ſemitismus. Nachdem der 2. Dezember 1908 vorüberging, ohne daß „Das k. k. Kreisgericht Piſek, Abtlg. VII, hat nach K. k. Kreisgericht Piſek, Abt. VII, am 13. Februar 1909.“ (Unterſchrift.) Wenn der Verein zur Abwehr des Antiſemitismus Schiffskataſtrophe. 200 Tote. Buenos Ayres, 20. Februar. Der Dampfer „Preſidente Roca“ hat auf der Fahrt Sportnachrichten. Winterſportfeſt in Mürzzuſchlag. An tauſend Sport- [irrelevantes Material] <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <pb facs="#f0005" n="5"/> <fw place="top" type="header">Nr. 53 Wien, Montag <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Reichspoſt</hi></hi> 22. Februar 1909.</fw><lb/> <cb/> </div> </div> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Bluttat in Favoriten.</hi> </head><lb/> <p>Eine entſetzliche Bluttat hat heute nacht ein junger<lb/> Mann in Favoriten verübt. <hi rendition="#g">Erſchoß ſeine Braut</hi><lb/> und <hi rendition="#g">deren Vater an</hi> und <hi rendition="#g">verletzte beide<lb/> ſchwer.</hi> Der Schauplatz der Tat war das Haus<lb/> Laaerſtraße Nr. 61. Dort wohnt der Platzmeiſter der<lb/> Wienerberger Ziegelfabriksaktiengeſellſchaft Alois Kocarnik.<lb/> Er hat eine Tochter Marie, die mit dem Tiſchler<lb/> Franz. Müller, Laaerſtraße Nr. 20 wohnhaft,<lb/> verlobt war. Der Vater und die Tochter<lb/> hatten mit dem Bräutigam geſtern abend eine<lb/> Faſchingſonntagunterhaltung in einem benachbarten Gaſt-<lb/> haus beſucht und waren in beſter Stimmung gegen<lb/> Mitternacht heimgekehrt. Müller begleitete die Braut<lb/> nach Hauſe. In der Wohnung angelangt, zog er plötzlich<lb/> einen Revolver und ſchoß auf die Braut und deren<lb/> Vater. Drei Projektile trafen den Platzmeiſter Kocarnik.<lb/> zwei die Braut. Im Revolver ſtak noch eine Patrone,<lb/> und auch dieſe wollte Müller noch abfeuern. Trotz ſeiner<lb/> ſehr ſchweren Verletzung ſtürzte ſich der Vater<lb/> auf den Raſenden und kämpfte mit ihm um<lb/> den Beſitz der Waffe. Nach verzweifeltem<lb/> Ringen überwältigte Kocarnik den Müller<lb/> und drängte ihn zur Türe hinaus. Der Täter verließ<lb/> das Haus und ſtellte ſich ſelbſt dem Polizeikommiſſariat<lb/> Favoriten. Die Aerzte fanden Vater und Tochter ſchwer<lb/> verletzt. — Von anderer Seite erfahren wir: Müller<lb/> hatte im Gaſthaus vier Krügel Bier getrunken. Er iſt<lb/> ſehr eiferſüchtig veranlagt. Im Gaſthaus hatte es<lb/> keinen Streit gegeben. Man war auch ohne jeden<lb/> Verdruß heimgekehrt. Er hat von dem Mädchen an-<lb/> geblich einen Kuß verlangt und die Braut ſoll ſich<lb/> geſträubt haben. Dieſe Weigerung ſoll der Grund des<lb/> Attentats ſein.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Reichsverbandstag der Schuh-<lb/> machergenoſſenſchaften.</hi> </head><lb/> <p>Der „Reichsfachverband der Einzelverbände der<lb/> Schuhmachergenoſſenſchaften Oeſterreichs“ hielt geſtern<lb/> Sonntag ſeine Generalverſammlung ab, der auch Rabg.<lb/> Magiſtratsrat Dr. Heilinger und Genoſſenſchaftsinſtruktor<lb/> Muuß beiwohnten. Nach der Begrüßung der Ver-<lb/> ſammlung durch den Präſidenten Zeſewitz und der<lb/> Erledigung der geſchäftlichen, internen Verbands-<lb/> angelegenheiten wurde Verbandspräſident Zeſewitz zum<lb/> Mitglied des Gewerberates gewählt und verſprach,<lb/> ganz in den Intentionen des Gewerbes zu arbeiten.<lb/> (Beifall.) Landesverbandsobmann Schwarz (Mödling)<lb/> verlangte, daß die Zahl der Mitglieder des Gewerberates<lb/> entſprechend den Bedürfniſſen des Gewerbeſtandes ver-<lb/> mehrt werde. Ueber ſeinen Antrag wurde beſchloſſen, bei<lb/> der Konſtituierung des Gewerberates die Forderung nach<lb/> Vermehrung ſeiner Mitglieder zu ſtellen. Sodann wurde<lb/> die <hi rendition="#g">Sozialverſicherung</hi> in Beratung ge-<lb/> zagen. Delegierter <hi rendition="#g">Fidrant</hi> (Wien) bemerkte, daß der<lb/> Gewerbetreibende viel beſſer daran ſei, wenn er im<lb/> Bedarfsfalle ins Verſorgungshaus gehe, als eine ſo<lb/> lächerliche Rente zu beziehen, wie ſie im Entwurfe<lb/> gedacht ſei, und dabei jahrzehntelang hindurch eine un-<lb/> erhörte Belaſtung zu ertragen. Lieber wollen die<lb/> Gewerbetreibenden gar keine Altersverſicherung als eine<lb/> ſolche. (Zuſtimmung.)</p><lb/> <p>Delegierter <hi rendition="#g">Wimaſal</hi> (Wien) verlangte Schaffung<lb/> einer allgemeinen Altersverſicherung. (Zuſtimmung.)<lb/> Delegierter <hi rendition="#g">Kauber</hi> (Wien) kritiſierte in eingeyender<lb/> Weiſe den Geſetzentwurf und erklärte, es ſei unbe-<lb/> greiflich, wie ein Gewerbetreibender mit einer Rente<lb/> von 160 bis 246 Kronen leben ſoll. Er verlangte unter<lb/> anderen die Ausdehnung der Verſicherungspflicht auf<lb/> alle Selbſtändigen ohne Rückſicht auf Arbeiter und Ein-<lb/> kommen. Landesverbandsobmann Vorſteher <hi rendition="#g">Pöll</hi><lb/> (Linz) forderte die Gewerbetreibenden auf, ſich nicht<lb/> abſolut gegen die Sozialverſicherung auszuſprechen,<lb/> doch müſſe verlangt werden, daß die Verſicherung den<lb/> Bedürfniſſen der Gewerbetreibenden angepaßt werde.<lb/> Er ſchlug eine Reihe von Abänderungen, vor allem die<lb/> Erweiterung der Verſicherungspflicht auf alle Gewerbe-<lb/> und Handeltreibenden ohne Unterſchied des Einkommens<lb/> vor und beantragte ſchließlich eine Reſolution, in der<lb/> die Verbandsverſammlung es mit Befriedigung begrüßt,<lb/> daß in dem Geſetzentwurfe betreffend die Sozial-<lb/> verſicherung zum erſtenmal das Prinzip der obligatori-<lb/> ſchen Altersverſicherung für Kleingewerbe und Klein-<lb/> handel unter Gewährung eines ſtaatlichen Zu-<lb/> ſchuſſes anerkannt wird und als einen beſonderen<lb/> Vorzug des Geſetzentwurfes, daß es geſtattet<lb/> ſein ſoll, durch freiwillige Einzahlungen die ſpärlichen<lb/> Verſicherungsleiſtungen des Geſetzes zu erhöhen. Eine<lb/> Invalidenfürſorge bei vollkommener Erwerbsunfähigkeit<lb/> hält die Verſammlung für eine unbedingte Notwendigkeit,<lb/> wogegen es keinem Bedenken unterliegt, nach einer ge-<lb/> wiſſen Uebergangsfriſt die Wartezeit für die Alters-<lb/> verſicherung auszudehnen. Dagegen ſteht der Selbſt-<lb/> ſtändigenverſicherung gegenüber die Verſammlung auf<lb/> dem Standpunkte, daß der Gewerbe- und Handelsſtand<lb/> für die Verſicherungsleiſtungen durch ſeine Prämien<lb/> auch voll aufkommen und er lehnt es<lb/> aber ab, mit den Prämien des Gewerbeſtandes<lb/> für die Verſicherung der Kleinbauern beizutragen,<lb/> und fordert ſie dagegen, daß im Geſetze die Bürgſchaft<lb/> geboten wird, daß die Beiträge der Gewerbe- und<lb/> Handeltreibenden auch nur für deren Verſicherung be-<lb/> nützt werden, ferner daß die Verſicherungspflicht auf alle<lb/> Gewerbe- und Handeltreibenden ohne Unterſchied des<lb/> Einkommens ausgedehnt werde. Von den Landesverwal-<lb/> tungen erhofft man, daß ſie durch ausgiebige Zuſchüſſe<lb/><cb/> nach belgiſchem Muſter zur <hi rendition="#g">freiwilligen Mehr-<lb/> verſicherung aneifern.</hi> An die gewerbe-<lb/> freundlichen Abgeordneten, insbeſondere die freie<lb/> gewerbliche Vereinigung des Abgeordnetenhauſes<lb/> wird nun die nachdrückliche Bitte gerichtet<lb/> mit allen Miteln darauf hinzuwirken, daß die Alters-<lb/> und Invaliditätsverſicherung der Gewerbe- und Handels-<lb/> treibenden ſobald als möglich zur Verwirklichung ge-<lb/> lange. Die Reſolution wurde angenommen.</p><lb/> <p>Delegierter <hi rendition="#g">Chriſtof</hi> (Graz) beſprach hierauf<lb/> das <hi rendition="#g">Kartellweſen</hi> und ſagte, daß ein Kartell<lb/> für Schuhmaterialien gebildet worden ſei und eine<lb/> ſchwere Schädigung des Schuhmacherhandwerkes bedeute.<lb/> Man ſolle die kartellierten Materialien meiden. Es ſei<lb/> eine ſtramme Organiſation notwendig, um der Kartellbildung<lb/> Einhalt zu tun.</p><lb/> <p>Er brachte eine Reſolution zur Verleſung, in der von der<lb/> Regierung die Schaffung ein es Kartellgeſetzes verlangt<lb/> und das Verbandspräſidium beauftragt wird, bei Wieder-<lb/> zuſammentritt des Abgeordnetenhauſes diesbezüglich die<lb/> entſprechenden Schritte zu unternehmen.</p><lb/> <p>Ueber Antrag des Vorſtehers <hi rendition="#g">Pöll</hi> (Linz) wurde<lb/> beſchloſſen, an die Regierung und Abgeordnrten mit dem<lb/> Erſuchen heranzutreten, das Vertragsverhältnis der Fach-<lb/> lehrer und Werkmeiſter der Gewerbeförderungsinſtitute<lb/> aufzuheben und es in definitive Anſtellung umzuwandeln.</p><lb/> <p>Einer Einladung desſelben Delegierten zum Beſuche<lb/> der im September in Linz ſtattfindenden Handwerker-<lb/> und Induſtrieansſtellung verbunden mit einer Reichs-<lb/> handwerkertagung entſprechend wurde beſchloſſen, einen<lb/> Sonderzug dorthin zu arrangieren. Nach fünfſtündiger<lb/> Dauer ſchloß Präſident Kammerrat <hi rendition="#g">Zeſewitz</hi> mit<lb/> herzlichen Dankesworten die Tagung.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Meſſerſtecher von Berlin.<lb/> Verhaftung eines Verdächtigen.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Berlin,</hi> 21. Februar. (Privat.)</dateline><lb/> <p>Geſtern nacht iſt ein Mann verhaftet worden, in dem<lb/> man einen der geſuchten Meſſerſtecher vermutet. Gegen<lb/> Mitternacht erſtattete ein Arbeiter auf der Polizei die An-<lb/> zeige, daß er von einem Burſchen überfallen worden ſei.<lb/> Der Täter wurde in der Perſon des 22jährigen arbeits-<lb/> loſen Kochs Kurt <hi rendition="#g">Leo</hi> ausgeforſcht und verhaftet. Tat-<lb/> ſächlich paſſen die Perſonsbeſchreibungen, die von den Meſſer-<lb/> ſtecher gemacht wurden, auf <hi rendition="#g">Leo.</hi> </p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Leichenfeier für den Groß-<lb/> fürſten Wladimir Alexandrowitſch.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Petersburg,</hi> 21. Februar.</dateline> <p>Erzherzog Friedrich iſt<lb/> heute früh hier eingetroffen und wurde im Bahnhofe<lb/> vom Großfürſten Nikolai Nikolajewitſch empfangen, wo<lb/> auch die kaiſerliche Suite und das Perſonal der öſter-<lb/> reichiſch-ungariſchen Botſchaft mit dem Botſchafter an<lb/> der Spitze ſich eingefunden hatten. Nachdem der Groß-<lb/> fürſt den Erzherzog begrüßt hatte, ſchritt der hohe Gaſt<lb/> die aufgeſtellte Ehrenwache der Leibgarde des Ismailow-<lb/> regimentes ab, deren Muſikkapelle die öſterreichiſche Volks-<lb/> hymne ſpielte. Hierauf fuhr der Erzherzog in Be-<lb/> gleitung des Großfürſten ins Winterpalais, wo für ihn<lb/> die Appartements hergerichtet ſind.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Petersburg,</hi> 21. Februar.</dateline> <p>Heute früh traf hier<lb/> König Ferdinand von Bulgarien ein, dem General-<lb/> adjutant Strukow und Flügeladjutant Graf Scheremetew<lb/> im Kaiſerzuge bis an die Grenze entgegengefahren<lb/> waren. Im Auftrage Kaiſers Nikolaus begrüßte Groß-<lb/> fürſt Konſtantin den hohen Gaſt im Bahnhofe. Als<lb/> der Zug hielt, beſtieg der Großfürſt den Waggon. Beim<lb/> Erſcheinen des Königs ſpielte die Muſikkapelle der am Perron<lb/> aufgeſtellten Ehrenwache der Leibgarde des Semenow-<lb/> regimentes die bulgariſche Hymne. König Ferdinand<lb/> ſchritt die Front der Ehrenwache ab, an deren Spitze<lb/> ſich der Kommandant des Gardekorps und der Brigade-<lb/> kommandant befanden. Nach Vorſtellung der beiderſeitigen<lb/> Suiten in den Kaiſergemächern des Bahnhofes fuhr<lb/> König Ferdinand mit dem Großfürſten in die Peter-<lb/> Paulskirche zur Beiſetzung des Großfürſten Wladimir.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Petersburg,</hi> 21. Februar.</dateline> <p>Heute um 2 Uhr<lb/> nachmittags fand nach einem feierlichen Trauergottes-<lb/> dienſte, dem Kaiſer Nikolaus, die Großfürſten<lb/> und Großfürſtinnen, die hier eingetroffenen aus-<lb/> ländiſchen Fürſtlichkeiten, das diplomatiſche Korps<lb/> der Miniſterrat, die Mitglieder des Reichsrates, die<lb/> Hofchargen und viele hohe Würdenträger beiwohnten, im<lb/> Mauſoleum der Peter-Paulskathedrale die Beiſetzung des<lb/> verſtorbenen Großfürſten Wladimir Alexandrowitſch ſtatt.</p> </div> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Trauergottesdienſt in Wien.</hi> </head><lb/> <p>In der ruſſiſchen Botſchaftskirche im 3. Bezirke iſt<lb/> am Sonntag ein feierlicher Trauergottesdienſt für weiland<lb/> Großfürſt Wladimir Alexandrowitſch von Rußland abge-<lb/> halten worden. Das Requiem hielt Erzprieſter Nikola-<lb/> jewsky ab. Der Trauerfeier wohnten bei: Der vormalige<lb/> k. u. k. Botſchafter in St. Petersburg Franz Prinz<lb/> Liechtenſtein, der Miniſter des Aeußern Freiherr von<lb/> Aehrenthal, faſt ſämtliche Botſchafter der fremden<lb/> Staaten und die Mitglieder der ruſſiſchen Botſchaft voll-<lb/> zählig.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Ein Begnadigungsverſuch für<lb/> Hilsner — abgewieſen.<lb/> Der blamierte Verein zur Abwehr des Anti-<lb/> ſemitismus.</hi> </head><lb/> <p>Nachdem der 2. Dezember 1908 vorüberging, ohne daß<lb/> der nach Fug und Recht <hi rendition="#g">zu lebenslänglichem<lb/> Kerker veurteilte</hi> Meuchelmörder <hi rendition="#g">Leopold<lb/> Hilsner</hi> begnadigt wurde, worauf er nach der Meinung<lb/><cb/> der ihm konfeſſionellen verwandten Kreiſe un-<lb/> bedingt vor allen anderen Mördern Anſpruch<lb/> hatte, weil er ein Jude iſt, hielt ſich der <hi rendition="#g">Verein zur<lb/> Abwehr des Antiſemitismus</hi> für berufen,<lb/><hi rendition="#g">ein Gnadengeſuch beim Kaiſer</hi> für den<lb/> den Mörder einzureichen. <hi rendition="#g">Dieſe unerhörte An-<lb/> maßung</hi> des Vereines iſt erfreulicherweiſe <hi rendition="#g">in der ge-<lb/> bührenden Form zurückgewieſen</hi> worden.<lb/> Auf das Begnadigungsgeſuch iſt nämlich folgende<lb/> Antwort des Kreisgerichtes <hi rendition="#g">Piſek</hi> eingelaufen.</p><lb/> <p> <hi rendition="#et">„Das k. k. Kreisgericht Piſek, Abtlg. <hi rendition="#aq">VII,</hi> hat nach<lb/> Anhörung des k. k. Staatsanwaltes das von Seite des<lb/> „Vereines zur Abwehr des Antiſemitismus“ in Wien<lb/> eingebrachte, mit dem Erlaſſe des k. k. Juſtizminiſteriums<lb/> vom 21. Jänner 1909, GZ. 1466/9, reſpektive<lb/> 5. Februar 1909, GZ. 3774/9, gemäß § 411 StPO<lb/> anher zur weiteren Verfügung abgetretene Geſuch ſamt<lb/> Nachtrag, in welchem die Bitte geſtellt wird, womit dem<lb/> Leopold Hilsner, welcher mit dem Urteile des k. k. Kreis-<lb/> als Schwurgerichtes in Piſek vom 14. November 1900,<lb/> G.-Z. Nr. 171/776/00, des in den §§ 134, 135,<lb/> Z. 4, und § 136 StG. bezeichneten Verbrechens<lb/> des gemeinen Meuchelmordes, ſowie des im<lb/> § 209 StG. bezeichneten Verbrechens der Verleumdung<lb/> ſchuldig erkannt und deshalb nach § 136 StG. zur<lb/> Todesſtrafe verurteilt wurde, dem jedoch dieſe Strafe von<lb/> Seiner k. u. k. Apoſtoliſchen Majeſtät mit Allerhöchſter<lb/> Entſchließung vom 11. Juni 1901 allergnädigſt nach-<lb/> geſehen worden iſt, <hi rendition="#g">worauf der k. k. Oberſte<lb/> Gerichts- und Kaſſationshof über</hi><lb/> Leopold Hilsner die Strafe des lebenslangen ſchweren<lb/> Kerkers zu verhängen befunden hat, dieſe Strafe im<lb/> Wege der Allerhöchſten Gnade nachgeſehen werde,<lb/><hi rendition="#g">zurückgewieſen, da der genannte</hi> <hi rendition="#b">Verein<lb/> zur Ueberreichung des oberwähnten Gnaden-<lb/> geſuches nicht legitimiert iſt.</hi> </hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">K. k. Kreisgericht Piſek, Abt. <hi rendition="#aq">VII,</hi> am 13. Februar 1909.“</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">(Unterſchrift.)</hi> </p><lb/> <p>Wenn der Verein zur Abwehr des Antiſemitismus<lb/> nun wegen Ueberſchreitung ſeiner Kompetenzen nicht be-<lb/> hördlich aufgelöſt wird, was ja nach dem Vereinsgeſetze<lb/> möglich iſt, ſo bleibt ihm wohl nichts übrig, als <hi rendition="#g">den<lb/> Meuchelmörder Hilsner zu ſeinem Ehren-<lb/> mitgliede zu ernennen.</hi> </p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Schiffskataſtrophe.<lb/> 200 Tote.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Buenos Ayres,</hi> 20. Februar.</dateline><lb/> <p>Der Dampfer „Preſidente Roca“ hat auf der Fahrt<lb/> von der ſüdargentiniſchen Küſte nach Buenos Aires<lb/> zwiſchen San Antonio und Puerto Madrin infolge<lb/> eines an Bord ausgebrochenen Brandes Schiffbruch ge-<lb/> litten. Man glaubt, daß alle Paſſagiere, <hi rendition="#g">zwei-<lb/> hundert an der Zahl,</hi> und die Bemannung<lb/> hiebei den Tod gefunden haben. Der Dampfer ſoll ge-<lb/> ſunken ſein.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Sportnachrichten.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Winterſportfeſt in Mürzzuſchlag.</hi> </head> <p>An tauſend Sport-<lb/> freunde wohnten dem geſtern in Mürzzuſchlag abgehaltenen<lb/> Winterſportfeſt bei, für Oeſterreich eine erfreuliche Rekord-<lb/> ziffer. Ueber die Ergebniſſe der bei dem denkbar beſten<lb/> Wetter veranſtalteten einzelnen Konkurrenzen wird uns<lb/> aus Mürzzuſchlag berichtet: <hi rendition="#g">Jugendlaufen:</hi> 1. Ab-<lb/> teilung: Anton Schmidt 1., Gottfried Bauer, Ferdinand<lb/> Radoſch, Karl Deininger, Ernſt Lampe; 2. Abteilung<lb/> für Vorgeſchrittene: Joſef Zuadritſch 1., Johann Graf,<lb/> Johann Buchner, Adolf Bauer, Karl Kollerus.<lb/><hi rendition="#g">Juniorenſprung:</hi> Matthäus Daxeo (Kitzbühel) 1.,<lb/> Heinrich Rydiger (Graz), Paul Giger (St. Moritz in der<lb/> Schweiz), Egon Hampfſtängel (München). Außer Kon-<lb/> kurrenz ließ ſich der Norweger Thorleiftas ſehen. Was<lb/> Sicherheit der Form anbelangt, kommt ihm keiner gleich;<lb/> er ſpringt mit Grazie und erregte allgemeine Be-<lb/> wunderung. Auch der Schweizer Kapitti, welcher in<lb/> die Schanze trat, brillierte mit ſeinen Sprüngen.<lb/> Sein geſtandener Sprung mit 23 Metern wurde<lb/> bejubelt. Schließlich bot noch Schneider (St. Anton),<lb/> der beſte Skilehrer Oeſterreichs, gelungene Leiſtungen.<lb/> Das Ereignis des Tages bildete <hi rendition="#g">der Meiſter-<lb/> ſchaftslauf des</hi> Oe. S.-V. (1. Teil) und<lb/> der Seniorenſprunglauf, welcher in zwei Klaſſen aus-<lb/> getragen wurde. Zur Meiſterſchaft erfolgten vier Nennungen.<lb/> Die Reſultate ſind folgende: Oskar <hi rendition="#g">Blich</hi> (Chriſtiania)<lb/> Note 1·166, zwei geſtandene Sprünge, weiteſter Sprung<lb/> 27 Meter, 1.; Fritz <hi rendition="#g">Miller</hi> (Innsbruck) Note 1·666,<lb/> zwei geſtandene Sprünge, weiteſter Sprung 16 Meter, 2.;<lb/> Alfred <hi rendition="#g">Walter</hi> (München) Note 1·89, ein geſtandener<lb/> Sprung, weiteſter Sprung 19·5 Meter, 3.; <hi rendition="#g">Lutter</hi><lb/> (München) Note 1·97, ein geſtändener Sprung, weiteſter<lb/> Sprung 18 Meter, 4. Sodann folgte der Seniorenſprung-<lb/> lauf. Das Reſultat war folgendes: Joſef Filzer (Kitzbüchel) 1.,<lb/> Richard Baumgartner (Graz), Arno Kirſchten, Guſtav Jahn<lb/> (Wien), Matthäus Taxei.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jAnnouncements" n="1"> <gap reason="insignificant"/> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [5/0005]
Nr. 53 Wien, Montag Reichspoſt 22. Februar 1909.
Bluttat in Favoriten.
Eine entſetzliche Bluttat hat heute nacht ein junger
Mann in Favoriten verübt. Erſchoß ſeine Braut
und deren Vater an und verletzte beide
ſchwer. Der Schauplatz der Tat war das Haus
Laaerſtraße Nr. 61. Dort wohnt der Platzmeiſter der
Wienerberger Ziegelfabriksaktiengeſellſchaft Alois Kocarnik.
Er hat eine Tochter Marie, die mit dem Tiſchler
Franz. Müller, Laaerſtraße Nr. 20 wohnhaft,
verlobt war. Der Vater und die Tochter
hatten mit dem Bräutigam geſtern abend eine
Faſchingſonntagunterhaltung in einem benachbarten Gaſt-
haus beſucht und waren in beſter Stimmung gegen
Mitternacht heimgekehrt. Müller begleitete die Braut
nach Hauſe. In der Wohnung angelangt, zog er plötzlich
einen Revolver und ſchoß auf die Braut und deren
Vater. Drei Projektile trafen den Platzmeiſter Kocarnik.
zwei die Braut. Im Revolver ſtak noch eine Patrone,
und auch dieſe wollte Müller noch abfeuern. Trotz ſeiner
ſehr ſchweren Verletzung ſtürzte ſich der Vater
auf den Raſenden und kämpfte mit ihm um
den Beſitz der Waffe. Nach verzweifeltem
Ringen überwältigte Kocarnik den Müller
und drängte ihn zur Türe hinaus. Der Täter verließ
das Haus und ſtellte ſich ſelbſt dem Polizeikommiſſariat
Favoriten. Die Aerzte fanden Vater und Tochter ſchwer
verletzt. — Von anderer Seite erfahren wir: Müller
hatte im Gaſthaus vier Krügel Bier getrunken. Er iſt
ſehr eiferſüchtig veranlagt. Im Gaſthaus hatte es
keinen Streit gegeben. Man war auch ohne jeden
Verdruß heimgekehrt. Er hat von dem Mädchen an-
geblich einen Kuß verlangt und die Braut ſoll ſich
geſträubt haben. Dieſe Weigerung ſoll der Grund des
Attentats ſein.
Reichsverbandstag der Schuh-
machergenoſſenſchaften.
Der „Reichsfachverband der Einzelverbände der
Schuhmachergenoſſenſchaften Oeſterreichs“ hielt geſtern
Sonntag ſeine Generalverſammlung ab, der auch Rabg.
Magiſtratsrat Dr. Heilinger und Genoſſenſchaftsinſtruktor
Muuß beiwohnten. Nach der Begrüßung der Ver-
ſammlung durch den Präſidenten Zeſewitz und der
Erledigung der geſchäftlichen, internen Verbands-
angelegenheiten wurde Verbandspräſident Zeſewitz zum
Mitglied des Gewerberates gewählt und verſprach,
ganz in den Intentionen des Gewerbes zu arbeiten.
(Beifall.) Landesverbandsobmann Schwarz (Mödling)
verlangte, daß die Zahl der Mitglieder des Gewerberates
entſprechend den Bedürfniſſen des Gewerbeſtandes ver-
mehrt werde. Ueber ſeinen Antrag wurde beſchloſſen, bei
der Konſtituierung des Gewerberates die Forderung nach
Vermehrung ſeiner Mitglieder zu ſtellen. Sodann wurde
die Sozialverſicherung in Beratung ge-
zagen. Delegierter Fidrant (Wien) bemerkte, daß der
Gewerbetreibende viel beſſer daran ſei, wenn er im
Bedarfsfalle ins Verſorgungshaus gehe, als eine ſo
lächerliche Rente zu beziehen, wie ſie im Entwurfe
gedacht ſei, und dabei jahrzehntelang hindurch eine un-
erhörte Belaſtung zu ertragen. Lieber wollen die
Gewerbetreibenden gar keine Altersverſicherung als eine
ſolche. (Zuſtimmung.)
Delegierter Wimaſal (Wien) verlangte Schaffung
einer allgemeinen Altersverſicherung. (Zuſtimmung.)
Delegierter Kauber (Wien) kritiſierte in eingeyender
Weiſe den Geſetzentwurf und erklärte, es ſei unbe-
greiflich, wie ein Gewerbetreibender mit einer Rente
von 160 bis 246 Kronen leben ſoll. Er verlangte unter
anderen die Ausdehnung der Verſicherungspflicht auf
alle Selbſtändigen ohne Rückſicht auf Arbeiter und Ein-
kommen. Landesverbandsobmann Vorſteher Pöll
(Linz) forderte die Gewerbetreibenden auf, ſich nicht
abſolut gegen die Sozialverſicherung auszuſprechen,
doch müſſe verlangt werden, daß die Verſicherung den
Bedürfniſſen der Gewerbetreibenden angepaßt werde.
Er ſchlug eine Reihe von Abänderungen, vor allem die
Erweiterung der Verſicherungspflicht auf alle Gewerbe-
und Handeltreibenden ohne Unterſchied des Einkommens
vor und beantragte ſchließlich eine Reſolution, in der
die Verbandsverſammlung es mit Befriedigung begrüßt,
daß in dem Geſetzentwurfe betreffend die Sozial-
verſicherung zum erſtenmal das Prinzip der obligatori-
ſchen Altersverſicherung für Kleingewerbe und Klein-
handel unter Gewährung eines ſtaatlichen Zu-
ſchuſſes anerkannt wird und als einen beſonderen
Vorzug des Geſetzentwurfes, daß es geſtattet
ſein ſoll, durch freiwillige Einzahlungen die ſpärlichen
Verſicherungsleiſtungen des Geſetzes zu erhöhen. Eine
Invalidenfürſorge bei vollkommener Erwerbsunfähigkeit
hält die Verſammlung für eine unbedingte Notwendigkeit,
wogegen es keinem Bedenken unterliegt, nach einer ge-
wiſſen Uebergangsfriſt die Wartezeit für die Alters-
verſicherung auszudehnen. Dagegen ſteht der Selbſt-
ſtändigenverſicherung gegenüber die Verſammlung auf
dem Standpunkte, daß der Gewerbe- und Handelsſtand
für die Verſicherungsleiſtungen durch ſeine Prämien
auch voll aufkommen und er lehnt es
aber ab, mit den Prämien des Gewerbeſtandes
für die Verſicherung der Kleinbauern beizutragen,
und fordert ſie dagegen, daß im Geſetze die Bürgſchaft
geboten wird, daß die Beiträge der Gewerbe- und
Handeltreibenden auch nur für deren Verſicherung be-
nützt werden, ferner daß die Verſicherungspflicht auf alle
Gewerbe- und Handeltreibenden ohne Unterſchied des
Einkommens ausgedehnt werde. Von den Landesverwal-
tungen erhofft man, daß ſie durch ausgiebige Zuſchüſſe
nach belgiſchem Muſter zur freiwilligen Mehr-
verſicherung aneifern. An die gewerbe-
freundlichen Abgeordneten, insbeſondere die freie
gewerbliche Vereinigung des Abgeordnetenhauſes
wird nun die nachdrückliche Bitte gerichtet
mit allen Miteln darauf hinzuwirken, daß die Alters-
und Invaliditätsverſicherung der Gewerbe- und Handels-
treibenden ſobald als möglich zur Verwirklichung ge-
lange. Die Reſolution wurde angenommen.
Delegierter Chriſtof (Graz) beſprach hierauf
das Kartellweſen und ſagte, daß ein Kartell
für Schuhmaterialien gebildet worden ſei und eine
ſchwere Schädigung des Schuhmacherhandwerkes bedeute.
Man ſolle die kartellierten Materialien meiden. Es ſei
eine ſtramme Organiſation notwendig, um der Kartellbildung
Einhalt zu tun.
Er brachte eine Reſolution zur Verleſung, in der von der
Regierung die Schaffung ein es Kartellgeſetzes verlangt
und das Verbandspräſidium beauftragt wird, bei Wieder-
zuſammentritt des Abgeordnetenhauſes diesbezüglich die
entſprechenden Schritte zu unternehmen.
Ueber Antrag des Vorſtehers Pöll (Linz) wurde
beſchloſſen, an die Regierung und Abgeordnrten mit dem
Erſuchen heranzutreten, das Vertragsverhältnis der Fach-
lehrer und Werkmeiſter der Gewerbeförderungsinſtitute
aufzuheben und es in definitive Anſtellung umzuwandeln.
Einer Einladung desſelben Delegierten zum Beſuche
der im September in Linz ſtattfindenden Handwerker-
und Induſtrieansſtellung verbunden mit einer Reichs-
handwerkertagung entſprechend wurde beſchloſſen, einen
Sonderzug dorthin zu arrangieren. Nach fünfſtündiger
Dauer ſchloß Präſident Kammerrat Zeſewitz mit
herzlichen Dankesworten die Tagung.
Die Meſſerſtecher von Berlin.
Verhaftung eines Verdächtigen.
Berlin, 21. Februar. (Privat.)
Geſtern nacht iſt ein Mann verhaftet worden, in dem
man einen der geſuchten Meſſerſtecher vermutet. Gegen
Mitternacht erſtattete ein Arbeiter auf der Polizei die An-
zeige, daß er von einem Burſchen überfallen worden ſei.
Der Täter wurde in der Perſon des 22jährigen arbeits-
loſen Kochs Kurt Leo ausgeforſcht und verhaftet. Tat-
ſächlich paſſen die Perſonsbeſchreibungen, die von den Meſſer-
ſtecher gemacht wurden, auf Leo.
Die Leichenfeier für den Groß-
fürſten Wladimir Alexandrowitſch.
Petersburg, 21. Februar. Erzherzog Friedrich iſt
heute früh hier eingetroffen und wurde im Bahnhofe
vom Großfürſten Nikolai Nikolajewitſch empfangen, wo
auch die kaiſerliche Suite und das Perſonal der öſter-
reichiſch-ungariſchen Botſchaft mit dem Botſchafter an
der Spitze ſich eingefunden hatten. Nachdem der Groß-
fürſt den Erzherzog begrüßt hatte, ſchritt der hohe Gaſt
die aufgeſtellte Ehrenwache der Leibgarde des Ismailow-
regimentes ab, deren Muſikkapelle die öſterreichiſche Volks-
hymne ſpielte. Hierauf fuhr der Erzherzog in Be-
gleitung des Großfürſten ins Winterpalais, wo für ihn
die Appartements hergerichtet ſind.
Petersburg, 21. Februar. Heute früh traf hier
König Ferdinand von Bulgarien ein, dem General-
adjutant Strukow und Flügeladjutant Graf Scheremetew
im Kaiſerzuge bis an die Grenze entgegengefahren
waren. Im Auftrage Kaiſers Nikolaus begrüßte Groß-
fürſt Konſtantin den hohen Gaſt im Bahnhofe. Als
der Zug hielt, beſtieg der Großfürſt den Waggon. Beim
Erſcheinen des Königs ſpielte die Muſikkapelle der am Perron
aufgeſtellten Ehrenwache der Leibgarde des Semenow-
regimentes die bulgariſche Hymne. König Ferdinand
ſchritt die Front der Ehrenwache ab, an deren Spitze
ſich der Kommandant des Gardekorps und der Brigade-
kommandant befanden. Nach Vorſtellung der beiderſeitigen
Suiten in den Kaiſergemächern des Bahnhofes fuhr
König Ferdinand mit dem Großfürſten in die Peter-
Paulskirche zur Beiſetzung des Großfürſten Wladimir.
Petersburg, 21. Februar. Heute um 2 Uhr
nachmittags fand nach einem feierlichen Trauergottes-
dienſte, dem Kaiſer Nikolaus, die Großfürſten
und Großfürſtinnen, die hier eingetroffenen aus-
ländiſchen Fürſtlichkeiten, das diplomatiſche Korps
der Miniſterrat, die Mitglieder des Reichsrates, die
Hofchargen und viele hohe Würdenträger beiwohnten, im
Mauſoleum der Peter-Paulskathedrale die Beiſetzung des
verſtorbenen Großfürſten Wladimir Alexandrowitſch ſtatt.
Trauergottesdienſt in Wien.
In der ruſſiſchen Botſchaftskirche im 3. Bezirke iſt
am Sonntag ein feierlicher Trauergottesdienſt für weiland
Großfürſt Wladimir Alexandrowitſch von Rußland abge-
halten worden. Das Requiem hielt Erzprieſter Nikola-
jewsky ab. Der Trauerfeier wohnten bei: Der vormalige
k. u. k. Botſchafter in St. Petersburg Franz Prinz
Liechtenſtein, der Miniſter des Aeußern Freiherr von
Aehrenthal, faſt ſämtliche Botſchafter der fremden
Staaten und die Mitglieder der ruſſiſchen Botſchaft voll-
zählig.
Ein Begnadigungsverſuch für
Hilsner — abgewieſen.
Der blamierte Verein zur Abwehr des Anti-
ſemitismus.
Nachdem der 2. Dezember 1908 vorüberging, ohne daß
der nach Fug und Recht zu lebenslänglichem
Kerker veurteilte Meuchelmörder Leopold
Hilsner begnadigt wurde, worauf er nach der Meinung
der ihm konfeſſionellen verwandten Kreiſe un-
bedingt vor allen anderen Mördern Anſpruch
hatte, weil er ein Jude iſt, hielt ſich der Verein zur
Abwehr des Antiſemitismus für berufen,
ein Gnadengeſuch beim Kaiſer für den
den Mörder einzureichen. Dieſe unerhörte An-
maßung des Vereines iſt erfreulicherweiſe in der ge-
bührenden Form zurückgewieſen worden.
Auf das Begnadigungsgeſuch iſt nämlich folgende
Antwort des Kreisgerichtes Piſek eingelaufen.
„Das k. k. Kreisgericht Piſek, Abtlg. VII, hat nach
Anhörung des k. k. Staatsanwaltes das von Seite des
„Vereines zur Abwehr des Antiſemitismus“ in Wien
eingebrachte, mit dem Erlaſſe des k. k. Juſtizminiſteriums
vom 21. Jänner 1909, GZ. 1466/9, reſpektive
5. Februar 1909, GZ. 3774/9, gemäß § 411 StPO
anher zur weiteren Verfügung abgetretene Geſuch ſamt
Nachtrag, in welchem die Bitte geſtellt wird, womit dem
Leopold Hilsner, welcher mit dem Urteile des k. k. Kreis-
als Schwurgerichtes in Piſek vom 14. November 1900,
G.-Z. Nr. 171/776/00, des in den §§ 134, 135,
Z. 4, und § 136 StG. bezeichneten Verbrechens
des gemeinen Meuchelmordes, ſowie des im
§ 209 StG. bezeichneten Verbrechens der Verleumdung
ſchuldig erkannt und deshalb nach § 136 StG. zur
Todesſtrafe verurteilt wurde, dem jedoch dieſe Strafe von
Seiner k. u. k. Apoſtoliſchen Majeſtät mit Allerhöchſter
Entſchließung vom 11. Juni 1901 allergnädigſt nach-
geſehen worden iſt, worauf der k. k. Oberſte
Gerichts- und Kaſſationshof über
Leopold Hilsner die Strafe des lebenslangen ſchweren
Kerkers zu verhängen befunden hat, dieſe Strafe im
Wege der Allerhöchſten Gnade nachgeſehen werde,
zurückgewieſen, da der genannte Verein
zur Ueberreichung des oberwähnten Gnaden-
geſuches nicht legitimiert iſt.
K. k. Kreisgericht Piſek, Abt. VII, am 13. Februar 1909.“
(Unterſchrift.)
Wenn der Verein zur Abwehr des Antiſemitismus
nun wegen Ueberſchreitung ſeiner Kompetenzen nicht be-
hördlich aufgelöſt wird, was ja nach dem Vereinsgeſetze
möglich iſt, ſo bleibt ihm wohl nichts übrig, als den
Meuchelmörder Hilsner zu ſeinem Ehren-
mitgliede zu ernennen.
Schiffskataſtrophe.
200 Tote.
Buenos Ayres, 20. Februar.
Der Dampfer „Preſidente Roca“ hat auf der Fahrt
von der ſüdargentiniſchen Küſte nach Buenos Aires
zwiſchen San Antonio und Puerto Madrin infolge
eines an Bord ausgebrochenen Brandes Schiffbruch ge-
litten. Man glaubt, daß alle Paſſagiere, zwei-
hundert an der Zahl, und die Bemannung
hiebei den Tod gefunden haben. Der Dampfer ſoll ge-
ſunken ſein.
Sportnachrichten.
Winterſportfeſt in Mürzzuſchlag. An tauſend Sport-
freunde wohnten dem geſtern in Mürzzuſchlag abgehaltenen
Winterſportfeſt bei, für Oeſterreich eine erfreuliche Rekord-
ziffer. Ueber die Ergebniſſe der bei dem denkbar beſten
Wetter veranſtalteten einzelnen Konkurrenzen wird uns
aus Mürzzuſchlag berichtet: Jugendlaufen: 1. Ab-
teilung: Anton Schmidt 1., Gottfried Bauer, Ferdinand
Radoſch, Karl Deininger, Ernſt Lampe; 2. Abteilung
für Vorgeſchrittene: Joſef Zuadritſch 1., Johann Graf,
Johann Buchner, Adolf Bauer, Karl Kollerus.
Juniorenſprung: Matthäus Daxeo (Kitzbühel) 1.,
Heinrich Rydiger (Graz), Paul Giger (St. Moritz in der
Schweiz), Egon Hampfſtängel (München). Außer Kon-
kurrenz ließ ſich der Norweger Thorleiftas ſehen. Was
Sicherheit der Form anbelangt, kommt ihm keiner gleich;
er ſpringt mit Grazie und erregte allgemeine Be-
wunderung. Auch der Schweizer Kapitti, welcher in
die Schanze trat, brillierte mit ſeinen Sprüngen.
Sein geſtandener Sprung mit 23 Metern wurde
bejubelt. Schließlich bot noch Schneider (St. Anton),
der beſte Skilehrer Oeſterreichs, gelungene Leiſtungen.
Das Ereignis des Tages bildete der Meiſter-
ſchaftslauf des Oe. S.-V. (1. Teil) und
der Seniorenſprunglauf, welcher in zwei Klaſſen aus-
getragen wurde. Zur Meiſterſchaft erfolgten vier Nennungen.
Die Reſultate ſind folgende: Oskar Blich (Chriſtiania)
Note 1·166, zwei geſtandene Sprünge, weiteſter Sprung
27 Meter, 1.; Fritz Miller (Innsbruck) Note 1·666,
zwei geſtandene Sprünge, weiteſter Sprung 16 Meter, 2.;
Alfred Walter (München) Note 1·89, ein geſtandener
Sprung, weiteſter Sprung 19·5 Meter, 3.; Lutter
(München) Note 1·97, ein geſtändener Sprung, weiteſter
Sprung 18 Meter, 4. Sodann folgte der Seniorenſprung-
lauf. Das Reſultat war folgendes: Joſef Filzer (Kitzbüchel) 1.,
Richard Baumgartner (Graz), Arno Kirſchten, Guſtav Jahn
(Wien), Matthäus Taxei.
_
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).
(2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T13:38:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T13:38:42Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: keine Angabe; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |