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Reichspost. Nr. 27, Wien, 28.01.1896. Beilage.

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Wien, Dienstag Reichspost 28. Jänner 1896 27

[Spaltenumbruch]

liederlichster Gesellschaft Amtsgeheimnisse aus-
plauderte, daß er ihm mißliebige Personen wider-
rechtlich wochen- und monatelang (bis zu 88 Tagen)
einsperren ließ; man erzählte sich auf allen Gassen,
daß er einem Mädchen, das von einem reichen
Züricher verführt worden war, mit Gewalt und
ohne alles Recht die sämmtlichen Briefschaften
wegnehmen ließ, um den Verführer gegen die
wider ihn zeugenden Beweise zu sichern u. s. w.
Aber alle Beschwerden blieben fruchtlos. Der
Polizeipascha scheint Kenntniß von Dingen zu
haben, deren Bekanntwerden in den Regierungs-
kreisen sehr gefürchtet wird. Trotz aller Pro-
tection gelang es endlich, im December v. J. eine
gerichtliche Klage gegen Hauptmann Fischer anhängig
zu machen -- die Cantonsregierung aber ließ den
Mann frei, um die Untersuchung zu hintertreiben.
Staatsanwalt und Untersuchungsrichter, ebenso wie
die Bevölkerung tief empört über diesen bespiel-
losen Act der Cabinetsjustiz, dankten ab; von
zwei Seiten wurde die Regierung im Cantons-
rath interpellirt, aber unverfroren gab sie zur
Antwort: der Staatsanwalt unterstehe dem
Aufsichts- und Befehlsrecht der Regierung, diese
habe daher ihre Competenz überschritten, indem sie
den in Haft gesetzten Verbrecher laufen ließ. --
So steht der Scandal jetzt; wie er sich weiter
entwickeln wird, ob sich das Volk so etwas
bieten lassen wird, muß abgewartet werden. Nicht
für überflüssig halten wir es jedoch, zu betonen,
daß, wie Miklos und Banffy in Budapest, so
Fischer und die Cantonsregierung in Zürich
liberale Parteigänger sind.




Im Oriente.

Transvaal und Venezuela, sowie die Kämpfe auf
Cuba haben das politische Interesse von den Vorgängen
im Oriente abgelenkt, bis es letzthin der Brief der
Königin Victoria an den Sultan wieder erweckte. Der
fast unvermeidlich erschienene Conflict der Mächte mit
der Türkei in Betreff der Ueberwachung der in Ar-
menien vorzunehmenden Reformen wurde zwar in Folge
des Nachgebens der hohen Pforte beigelegt, aber die
Lage wurde dadurch nur wenig geklärt. Der Aufstand
in Armenien hat wo möglich an Ausbreitung noch zu-
genommen und heute schon läßt sich behaupten, daß
das Maß der vom Sultan den Armeniern zuge-
standenen Verwaltungsreformen bedeutend erweitert,
vor Allem aber die Reform wirklich durchgeführt
werden müßte, wenn es gelingen soll, den unglücklichen
verzweifelten Volksstamm wieder unter die türkische
Botmäßigkeit zu bringen. Darüber herrschen indeß
einige Zweifel. Der Mangel an Finanzmitteln in der
Türkei auf der einen Seite, die vor sich gehende
Weiterverbreitung des Aufstandes auch in Provinzen,
die sich bisher ruhig verhalten haben, die Bestrebungen
der Armenier, Macedonier und der Griechen, im Ein-
vernehmen zu operiren auf der anderen Seite, geben
solchen Zweifeln die nöthige Berechtigung. Man ist
überzeugt, daß es im Frühjahre in Macedonien wieder
zu Aufstandsversuchen kommen werde; der vor einiger
Zeit in Sofia stattgefundene Macedoniertag hat es
ganz offen ausgesprochen.

Zu den bisherigen Aufstandsgebieten hat sich vor
Kurzem die Insel Kreta gesellt, wo die türkischen
Truppen empfindliche Schlappen erlitten. Auch in
Epirus gährt es und in Albanien sind italienische
Emissäre mit Erfolg thätig, so daß der Sultan
heute nicht einmal auf die Albanesen unbedingt
rechnen kann.

Das gegenwärtige freundschaftliche Verhältniß des
Großherrn zu den benachbarten ehemaligen Vasallen-
fürsten dürfte auch nur auf Sand gebaut sein, fleht ja
doch selbst der Minister seines bulgarischen Vasallen, die
Pforte möge dringend in Macedonien "Ordnung machen,
da er für den Fall des Andauerns der dortigen Kämpfe
nicht für die Aufrechthaltung der Objectivität Bulgariens
garantiren könnte. Aehnlich verhält es sich bezüglich
Serbiens und Montenegros, und in Griechenland hat
sich König Georgios selbst an die Spitze der Sub-
scriptionsliste für die aufständischen Kretenser gestellt.

Die Lage erscheint somit verwickelter als je, und
es ist nicht ausgeschlossen, daß der April oder Mai ein
allgemeines Losschlagen in der Türkei bringen wird.
Deshalb dürften die Stimmen recht behalten, welche
eine "Occupation" Armeniens durch Rußland an-
kündigen. Auch die Verstärkung der russischen Truppen
im Kaukasus scheint damit im Zusammenhange zu
stehen, ebenso der Wechsel in der Person des dortigen
Generalgouverneurs. Rußland wird sich zu einer Action
"gedrängt" sehen, wenn es nicht eine Einbuße an
seinem Prestige in diesem Gebiete erleiden will. Ob die
Action im Einverständnisse mit den übrigen Mächten
vorgenommen wird, läßt sich zur Zeit nicht absehen,
immer aber würde sie den Anfang vom Ende des
"kranken Mannes" bedeuten. Würde sich in einem solchen
Falle England mit einer selbstlosen Zuschauerrolle be-
gnügen? Die diplomatische Action des Grafen Golu-
chowski, ein Einvernehmen der Mächte den Vorgängen
in der Türkei gegenüber zu erzielen, hat wohl bisher
allgemeinen Anklang gefunden, aber es ist doch nur ein
[Spaltenumbruch] Einvernehmen von Fall zu Fall, welches bei der Un-
berechenbarkeit der genannten Vorgänge rasch ein Ende
finden kann. Im Frühjahre dürfte auch diesbezüglich
sich erweisen, ob das Einvernehmen eine stärkere Probe
auszuhalten vermag.

Auch im fernsten Oriente, dort, wo die Interessen-
sphären Rußlands, Japans und Englands zusammen-
stoßen, spitzen sich die Gegensätze zu einer Krise zu.
Rußland scheint nicht gewillt, den Einfluß Japans prä-
dominiren zu lassen, und die umfangreichen Rüstungen
in Ostasien, die Hast, mit welcher der Bau der
sibirischen Bahn und von Kriegsschiffen betrieben wird,
sowie schließlich die Verstärkung der Befestigungen von
Wladiwostok sind gewiß ernste Zeichen, daß man sich
da auf eine gewaltsame Lösung der drohenden Krisis
vorbereite.

Im Frühjahre dürfte daher der Orient wieder
in den Vordergrund des Interesses rücken, auch wenn
bis dahin die Verwicklungen in Transvaal, Venezuela
u. s. w. noch nicht gelöst sein sollten.




Journalistisches.

Der alten Presse, die an der galoppirenden Abon-
nenten-Schwindsucht seit Jahren leidet, soll geholfen
werden. Graf Badeni hat Erbarmen mit der Matrone
und will sie nun a tout prix -- volksthümlich
machen. Dieselbe soll vom 1. Februar dieses Jahres
dreimal täglich erscheinen und den Titel "Wiener
freie Presse" führen. Der Stempel soll ganz geschenkt
werden, damit die Steuerträger auch eine -- Freude
haben. Auch sonst gehen im Wiener "Blätterwalde"
merkwürdige Dinge vor Verschiedene "große" Blätter
schnappen nach Luft und Abonnenten, das in
Wien erscheinde Blatt von Frankfurter-Juden,
das "Neue Wiener-Journal", das sich auch mit
Vorliebe ein "unparteiisches" nennt, überschwemmt
ganze Bezirke mit seinen Blättern. Wochen ja monate-
lang wird es gratis ausgetragen, "Prämien" zweifel-
haften Werthes den Abonnenten gegeben, ja selbst in
die Provinzen so z. B. nach Brünn, wird dieses Blatt
gratis versendet. Ein dortiger Freund unseres Blattes
schreibt: "Seit zwei Tagen wird hier in Brünn sowohl
in den Geschäften wie in den Privat-Wohnungen das
Judenblatt "Neues Wiener Journal"
unentgeltlich
vertheilt." Und merkwürdig, alle
diese Mittel dies Blatt zu heben, verfangen nicht, wie
uns aus bestinformirter Quelle mitgetheilt wird, sinkt
die Auflage von Tag zu Tag, und auch die Gehalte
der Bediensteten sollen zum neuen Jahre eine beträcht-
liche Reduction erfahren haben. Die alte Presse griff
übrigens bereits im Vorjahre zu diesem Auskunftsmittel und
setzte die Gehälter der Redacteure beinahe um die
Hälfte
herab. Das Organ des dummen Kerl von
Wien leidet ebenfalls sehr unter dem allmählichen Er-
wachen des christlichen Geistes der Wiener Bevölkerung.
Die Auflage dieses gedruckten Unsinns ist soweit gesun-
ken, daß eine große Rotationsmaschine entbehrlich
wurde. Nun glaubte Herr Aaron Speichel, die Leser mit
Gewalt zu fangen durch ein Abendblatt mit acht
Seiten. Aber auch diese Mittel halfen nichts und die
Macher dieser "öffentlichen Meinung" blicken besorgt
in die Zukunft.

Am traurigsten soll es jedoch mit unserem
Specialfreund "Szeps" bestellt sein. Die letzten
Wahlen haben diesem Preßproducte den Text gegeben,
die Auflage soll auf ein Minimum gesunken sein
und die Inserate werden immer weniger. Der Wunsch
der Patrone des Organes für den schlechten Kerl von
Wien, den Grafen Badeni zu einer Hilfsaction zu be-
wegen, ist nicht erfüllt worden. Es scheint also auch
Graf Badeni erkannt zu haben, daß das Leibblatt des
Ehren-Richter denn doch für -- zu niedrige Kreise
geschrieben wird. Im Wiener liberal-jüdischen Blätter-
walde herrscht demnach eine recht gedrückte Stimmung.
Die Wiener Bevölkerung hat der Judenpresse den
Brotkorb höher gehängt, wir wollen hoffen, daß er der
Judenpresse unerreichbar wird, daß das gesammte
christliche Volk einstimmt in den Schlachtruf:

Hinaus mit der Judenpresse!




Gerichtssaal.
Schuster und Ordensgründer.

In einem zur Ver-
lesung kommenden Prospect des Salvatorordens wird gelehrt,
wie man den Antichrist zerschneidet. Die
Zeugin Johanna Hobler, Stickerin und im Orden
Oberin Salvata genannt, gibt an, daß sie Heger seit eilf
Jahren kenne. Vors.: Was bewog sie mit Heger so einen
Orden zu gründen? Zeugin: Ich hab' schon als Kind
g'schwärmt, ein keusches, religiöses Leben zu führen und
Buße zu thun, und Heger hat mich das gelehrt. Vors.:
Aha, und darum hat er wahrscheinlich auch bei Ihnen in
der Wasagasse gewohnt, nicht wahr? Sie gaben ihm
700 fl.? Angekl.: Ja, aber ich hab' nie g'fragt wozu
sie der heilige Mann braucht. Vors.: Sie hatten mit
Heger auch ein intimes Verhältntß? Angekl.: Ein
geistiges! Vors.: Sie sind wirklich sehr zu be-
dauern. Ist Ihnen denn nicht aufgefallen, daß der
Orden nur aus Ihnen, der Oberin, der Männnerorden
nur aus Bruder Matthäus, und der Frauenorden aus
Schwester Janua bestand? Das ist für einen Orden denn
doch zu wenig. Und in dem Diplom stellen Sie dem Heger
das Zeugniß aus, er sei von "ungeheuchelter, wahrer, christ-
katholischer Situation." Verstehen Sie das? -- Angekl.:
Ja. -- Vors.: Ich nicht. -- Angekl.: Heger ist eine
heilige Situation. -- Vors.: Das ist zu dumm aber tief-
traurig. -- Angekl.: Oh, ich fühle mich so glücklich. --
Der Bürgermeister von Stumpendorf, Bernhard Fahl, sagt
[Spaltenumbruch] aus, daß das ganze Dorf über das unsittliche Verhältniß empört
gewesen sei, welches Heger mit den Frauenspersonen geführt.
Vors. Halten Sie den Heger fähig, einen Orden zu
gründen? Zeuge. Gar nie nöt. Angekl. Was ver-
steht der Mann von einem Orden? Der heil. Franciscus
wurde auch für einen Narren gehalten, und sein Orden
blüht. Ich leide für meine heilige Mission unschuldig.
Vors. Haben Herr Zeuge den Heger für heilig
gehalten? Zeuge: A wo! -- Der Pfarrer von
Stumpendorf, hochw. Herr Florian Langer
gibt an, daß er dem Heger gerathen, in einen schon be-
stehenden Orden einzutreten, und besprach sodann die Diffe-
renzen zwischen den Angeklagten und dem Cooperator. --
Zeuge Franz Körbler ist jener "Bruder Matthäus",
der in seiner Person den ganzen Männerorden repräsentirt.
Er war früher Diener bei der "Franco Hongroise" und
gibt an, daß er Heger im Jahre 1893 kennen gelernt und daß
eine innere Stimme ihm gesagt habe, daß dieser Mann nicht von
dieser Welt sei, sondern von Gott. -- Der Gastwirth Benesch
aus Wels ist von dem ganzen Ordenschwindel durch einen
Brief in Kenntniß gesetzt worden, in dem es u. A. hieß:
"Ich habe es gewohlt, und ich genüße." -- Vors.: Diese
Orthographie ist für einen Ordensgründer sehr hübsch. --
Angekl.: Orthographische Fehler haben mit meiner
Ordensgründung nichts zu thun. -- Vors.: Aber sie
haben damit insoferne zu thun, daß Sie die Leute be-
schwindelten und unterrichteten. -- Angekl.: Gerade
diese Fehler zeigen, daß mir der liebe Gott Alles eingegeben
hat. -- Votant: Das ist empörend. --
Vors.:
Herr Zeuge, wie haben Sie die Loidl gefunden?
-- Zeuge: Das is nöt zum beschreiben. J bin über
die Stiegen hinauf, die was jeden Moment einstürzen kann,
und ins Zimmer eini, da hat's erst recht schmutzig ausg'schaut.
Er erzählt, wie die Loidl schlecht behandelt wurde. Sie hat
unterm Tisch schlafen müssen, und der liebe Herr da im
schönen Bett. Vors. Das also ist der heiligmäßige Mann,
der vorgibt, alles Irdische abgestreift zu haben, den Leuten
das Geld aus den Taschen stiehlt und den Schwachsinn
dieser Personen in betrügerischer Weise ausnützt. -- Als
nächster Zeuge wurde der Commis Nemetz vernommen,
der dem Heger wöchentlich für nichts und wieder nichts 4 fl.
gab, und von Letzterem Ohrfeigen erhielt, als er
einmal das Geld zurück verlangte. (Fortsetzung im Morgen-
blatte.)




Ballnachrichten.
Böhmerwäldler-Kränzchen der deutschen Böhmer-
wäldler in Wien.

Das diesjährige Kränzchen des Vereines
findet Dienstag, 4. Februar, 8 Uhr Abends in den Saal-
localitäten "zum grünen Thor", 8. Bezirk, Lerchenfelder-
straße 14, statt. Entree 1 fl., Familienkarten für 4 Personen
3 fl. an der Abendcassa, woselbst auch Spenden für den
Bazar entgegenegnommen werden. -- Gäste willkommen. --
Gesellschaftsanzug.

Der kaufmännische Ball des Vereines "gelernter
Kaufleute in Wien" findet 4. Februar in Gschwandner's
Saal statt. Zuschriften zu richten an Josef Leitner,
Kaufmann, 17. Bezirk, Rosensteingasse 47. Telephon-Nr. 6575.
Der Reingewinn fließt kaufmännischen Zwecken zu.

Der Reform-Vereiu der Gemischtwaaren-Ver-
schleißer in Wien
veranstaltet in den Sälen "zum grünen
Thor", 8. Bezirk, Lerchenfelderstraße 14, Sonntag 2. Februar
1896 ein Kränzchen. Das Reinerträgniß wird zur Unter-
stützung der vom Vereine herausgegebenen Fachpresse ver-
wendet. -- Jurbazar. -- Karten im Vorverkaufe 50 kr. bei
M. Pabst, 6. Bezirk, Hoher Steig 5, an der Cassa 80 kr.
-- Beginn 8 Uhr. -- Einfache Toilette.

Der erste Brigittenauer Zither-Club veranstaltete
Sonntag, 26. d. sein erstes Gründungsfest im Hotel Union,
Nußdorferstraße. Nach einigen Eröffnungspiecen der Capelle
Chorherr brachte der Zither-Club mehrere Piecen,
darunter für 11 Zithern, zur Aufführung und erntete damit
ebenso wie die Mandolinen-Brüder "Kling-Kling", der
Komiker Kömle und der Tenorist Podhradecky reichen Beifall.
Ein Tanzkränzchen beschloß das gemüthliche, antisemitische
Fest.

Im englisch-französischen Conversations-Club

kam letzten Sonntag die im Deutschen altbekannte Komödie
"Les deux Sourds" ("Die beiden Tauben") von
Jules Moinaux und der Kadelburg'sche Schwank
"In Civil" zur Aufführung, in welchen Stücken Herr Burian
den Löwenantheil des Beifalls für sich in Anspruch nahm
und verdiente. Nächste Vorstellung Sonntag, 2. Februar
3 Uhr Nachmittag "L'Etincelle" und "In Civil".




Tagesbericht.


* Ein unangenehmer Besuch.

Die 23jährige Magd
Aloisia Frauenberger und die Hilfsarbeiterin
Sophie Neumann, 16 Jahre alt, Beide ohne Beschäfti-
gung und ohne Unterstand, Letztere bereits zweimal wegen
Diebstahles abgestraft, kamen am 25. d. M. Nachmittags
zu ihrer Freundin, der Magd Emilie Stöfke, Wallgasse
Nr. 13 wohnhaft, auf Besuch und stahlen einen dem Dienst-
geber der Stöfke, dem Schneidermeister Johann Morsch
gehörigen Menczikoff. Sie entfernten sich rasch und versetzten
denselben. Gestern wurden die Diebinnen verhaftet.

* Ueberfahren.

Gestern Abends um 8 Uhr wurde
die Handarbeiterin Karoline Kraus auf der Landstraße,
Hauptstraße von einer Privatequipage überfahren und erlitt
eine Verrenkung der linken Schultergegend.

* Ein kluger Karpfen.

In einem Artikel des Berliner
Tagblattes über den "Weihnachtskarpfen" finden wir folgen-
den schönen Satz: "Als ob er wüßte, daß es sein Beruf ist,
recht feist zu werden, um den Weihnachtstisch zu zieren, ißt
und trinkt er, daß es eine Art hat, und die gesättigte
Melancholie, die trotzdem über seinen ruhigen Schwimmbe-
wegungen liegt, gibt ihm fast ein philosophisches Gepräge."
-- Dieser Blödsinn könnte auch im "Wiener Tagblatt" stehen,
das ja gleichfalls mit viel -- Phantasie gearbeitet wird.

* Selbstmord eines Vicebürgermeisters.

Wie aus Agram berichtet wird, hat sich dort gestern,
Montag Vormittags der Vicebürgermeister Milan
Stankovic mittelst Revolverschußes selbst entleibt.

Wien, Dienſtag Reichspoſt 28. Jänner 1896 27

[Spaltenumbruch]

liederlichſter Geſellſchaft Amtsgeheimniſſe aus-
plauderte, daß er ihm mißliebige Perſonen wider-
rechtlich wochen- und monatelang (bis zu 88 Tagen)
einſperren ließ; man erzählte ſich auf allen Gaſſen,
daß er einem Mädchen, das von einem reichen
Züricher verführt worden war, mit Gewalt und
ohne alles Recht die ſämmtlichen Briefſchaften
wegnehmen ließ, um den Verführer gegen die
wider ihn zeugenden Beweiſe zu ſichern u. ſ. w.
Aber alle Beſchwerden blieben fruchtlos. Der
Polizeipaſcha ſcheint Kenntniß von Dingen zu
haben, deren Bekanntwerden in den Regierungs-
kreiſen ſehr gefürchtet wird. Trotz aller Pro-
tection gelang es endlich, im December v. J. eine
gerichtliche Klage gegen Hauptmann Fiſcher anhängig
zu machen — die Cantonsregierung aber ließ den
Mann frei, um die Unterſuchung zu hintertreiben.
Staatsanwalt und Unterſuchungsrichter, ebenſo wie
die Bevölkerung tief empört über dieſen beſpiel-
loſen Act der Cabinetsjuſtiz, dankten ab; von
zwei Seiten wurde die Regierung im Cantons-
rath interpellirt, aber unverfroren gab ſie zur
Antwort: der Staatsanwalt unterſtehe dem
Aufſichts- und Befehlsrecht der Regierung, dieſe
habe daher ihre Competenz überſchritten, indem ſie
den in Haft geſetzten Verbrecher laufen ließ. —
So ſteht der Scandal jetzt; wie er ſich weiter
entwickeln wird, ob ſich das Volk ſo etwas
bieten laſſen wird, muß abgewartet werden. Nicht
für überflüſſig halten wir es jedoch, zu betonen,
daß, wie Miklos und Banffy in Budapeſt, ſo
Fiſcher und die Cantonsregierung in Zürich
liberale Parteigänger ſind.




Im Oriente.

Transvaal und Venezuela, ſowie die Kämpfe auf
Cuba haben das politiſche Intereſſe von den Vorgängen
im Oriente abgelenkt, bis es letzthin der Brief der
Königin Victoria an den Sultan wieder erweckte. Der
faſt unvermeidlich erſchienene Conflict der Mächte mit
der Türkei in Betreff der Ueberwachung der in Ar-
menien vorzunehmenden Reformen wurde zwar in Folge
des Nachgebens der hohen Pforte beigelegt, aber die
Lage wurde dadurch nur wenig geklärt. Der Aufſtand
in Armenien hat wo möglich an Ausbreitung noch zu-
genommen und heute ſchon läßt ſich behaupten, daß
das Maß der vom Sultan den Armeniern zuge-
ſtandenen Verwaltungsreformen bedeutend erweitert,
vor Allem aber die Reform wirklich durchgeführt
werden müßte, wenn es gelingen ſoll, den unglücklichen
verzweifelten Volksſtamm wieder unter die türkiſche
Botmäßigkeit zu bringen. Darüber herrſchen indeß
einige Zweifel. Der Mangel an Finanzmitteln in der
Türkei auf der einen Seite, die vor ſich gehende
Weiterverbreitung des Aufſtandes auch in Provinzen,
die ſich bisher ruhig verhalten haben, die Beſtrebungen
der Armenier, Macedonier und der Griechen, im Ein-
vernehmen zu operiren auf der anderen Seite, geben
ſolchen Zweifeln die nöthige Berechtigung. Man iſt
überzeugt, daß es im Frühjahre in Macedonien wieder
zu Aufſtandsverſuchen kommen werde; der vor einiger
Zeit in Sofia ſtattgefundene Macedoniertag hat es
ganz offen ausgeſprochen.

Zu den bisherigen Aufſtandsgebieten hat ſich vor
Kurzem die Inſel Kreta geſellt, wo die türkiſchen
Truppen empfindliche Schlappen erlitten. Auch in
Epirus gährt es und in Albanien ſind italieniſche
Emiſſäre mit Erfolg thätig, ſo daß der Sultan
heute nicht einmal auf die Albaneſen unbedingt
rechnen kann.

Das gegenwärtige freundſchaftliche Verhältniß des
Großherrn zu den benachbarten ehemaligen Vaſallen-
fürſten dürfte auch nur auf Sand gebaut ſein, fleht ja
doch ſelbſt der Miniſter ſeines bulgariſchen Vaſallen, die
Pforte möge dringend in Macedonien „Ordnung machen,
da er für den Fall des Andauerns der dortigen Kämpfe
nicht für die Aufrechthaltung der Objectivität Bulgariens
garantiren könnte. Aehnlich verhält es ſich bezüglich
Serbiens und Montenegros, und in Griechenland hat
ſich König Georgios ſelbſt an die Spitze der Sub-
ſcriptionsliſte für die aufſtändiſchen Kretenſer geſtellt.

Die Lage erſcheint ſomit verwickelter als je, und
es iſt nicht ausgeſchloſſen, daß der April oder Mai ein
allgemeines Losſchlagen in der Türkei bringen wird.
Deshalb dürften die Stimmen recht behalten, welche
eine „Occupation“ Armeniens durch Rußland an-
kündigen. Auch die Verſtärkung der ruſſiſchen Truppen
im Kaukaſus ſcheint damit im Zuſammenhange zu
ſtehen, ebenſo der Wechſel in der Perſon des dortigen
Generalgouverneurs. Rußland wird ſich zu einer Action
„gedrängt“ ſehen, wenn es nicht eine Einbuße an
ſeinem Preſtige in dieſem Gebiete erleiden will. Ob die
Action im Einverſtändniſſe mit den übrigen Mächten
vorgenommen wird, läßt ſich zur Zeit nicht abſehen,
immer aber würde ſie den Anfang vom Ende des
„kranken Mannes“ bedeuten. Würde ſich in einem ſolchen
Falle England mit einer ſelbſtloſen Zuſchauerrolle be-
gnügen? Die diplomatiſche Action des Grafen Golu-
chowski, ein Einvernehmen der Mächte den Vorgängen
in der Türkei gegenüber zu erzielen, hat wohl bisher
allgemeinen Anklang gefunden, aber es iſt doch nur ein
[Spaltenumbruch] Einvernehmen von Fall zu Fall, welches bei der Un-
berechenbarkeit der genannten Vorgänge raſch ein Ende
finden kann. Im Frühjahre dürfte auch diesbezüglich
ſich erweiſen, ob das Einvernehmen eine ſtärkere Probe
auszuhalten vermag.

Auch im fernſten Oriente, dort, wo die Intereſſen-
ſphären Rußlands, Japans und Englands zuſammen-
ſtoßen, ſpitzen ſich die Gegenſätze zu einer Kriſe zu.
Rußland ſcheint nicht gewillt, den Einfluß Japans prä-
dominiren zu laſſen, und die umfangreichen Rüſtungen
in Oſtaſien, die Haſt, mit welcher der Bau der
ſibiriſchen Bahn und von Kriegsſchiffen betrieben wird,
ſowie ſchließlich die Verſtärkung der Befeſtigungen von
Wladiwoſtok ſind gewiß ernſte Zeichen, daß man ſich
da auf eine gewaltſame Löſung der drohenden Kriſis
vorbereite.

Im Frühjahre dürfte daher der Orient wieder
in den Vordergrund des Intereſſes rücken, auch wenn
bis dahin die Verwicklungen in Transvaal, Venezuela
u. ſ. w. noch nicht gelöſt ſein ſollten.




Journaliſtiſches.

Der alten Preſſe, die an der galoppirenden Abon-
nenten-Schwindſucht ſeit Jahren leidet, ſoll geholfen
werden. Graf Badeni hat Erbarmen mit der Matrone
und will ſie nun à tout prix — volksthümlich
machen. Dieſelbe ſoll vom 1. Februar dieſes Jahres
dreimal täglich erſcheinen und den Titel „Wiener
freie Preſſe“ führen. Der Stempel ſoll ganz geſchenkt
werden, damit die Steuerträger auch eine — Freude
haben. Auch ſonſt gehen im Wiener „Blätterwalde“
merkwürdige Dinge vor Verſchiedene „große“ Blätter
ſchnappen nach Luft und Abonnenten, das in
Wien erſcheinde Blatt von Frankfurter-Juden,
das „Neue Wiener-Journal“, das ſich auch mit
Vorliebe ein „unparteiiſches“ nennt, überſchwemmt
ganze Bezirke mit ſeinen Blättern. Wochen ja monate-
lang wird es gratis ausgetragen, „Prämien“ zweifel-
haften Werthes den Abonnenten gegeben, ja ſelbſt in
die Provinzen ſo z. B. nach Brünn, wird dieſes Blatt
gratis verſendet. Ein dortiger Freund unſeres Blattes
ſchreibt: „Seit zwei Tagen wird hier in Brünn ſowohl
in den Geſchäften wie in den Privat-Wohnungen das
Judenblatt „Neues Wiener Journal“
unentgeltlich
vertheilt.“ Und merkwürdig, alle
dieſe Mittel dies Blatt zu heben, verfangen nicht, wie
uns aus beſtinformirter Quelle mitgetheilt wird, ſinkt
die Auflage von Tag zu Tag, und auch die Gehalte
der Bedienſteten ſollen zum neuen Jahre eine beträcht-
liche Reduction erfahren haben. Die alte Preſſe griff
übrigens bereits im Vorjahre zu dieſem Auskunftsmittel und
ſetzte die Gehälter der Redacteure beinahe um die
Hälfte
herab. Das Organ des dummen Kerl von
Wien leidet ebenfalls ſehr unter dem allmählichen Er-
wachen des chriſtlichen Geiſtes der Wiener Bevölkerung.
Die Auflage dieſes gedruckten Unſinns iſt ſoweit geſun-
ken, daß eine große Rotationsmaſchine entbehrlich
wurde. Nun glaubte Herr Aaron Speichel, die Leſer mit
Gewalt zu fangen durch ein Abendblatt mit acht
Seiten. Aber auch dieſe Mittel halfen nichts und die
Macher dieſer „öffentlichen Meinung“ blicken beſorgt
in die Zukunft.

Am traurigſten ſoll es jedoch mit unſerem
Specialfreund „Szeps“ beſtellt ſein. Die letzten
Wahlen haben dieſem Preßproducte den Text gegeben,
die Auflage ſoll auf ein Minimum geſunken ſein
und die Inſerate werden immer weniger. Der Wunſch
der Patrone des Organes für den ſchlechten Kerl von
Wien, den Grafen Badeni zu einer Hilfsaction zu be-
wegen, iſt nicht erfüllt worden. Es ſcheint alſo auch
Graf Badeni erkannt zu haben, daß das Leibblatt des
Ehren-Richter denn doch für — zu niedrige Kreiſe
geſchrieben wird. Im Wiener liberal-jüdiſchen Blätter-
walde herrſcht demnach eine recht gedrückte Stimmung.
Die Wiener Bevölkerung hat der Judenpreſſe den
Brotkorb höher gehängt, wir wollen hoffen, daß er der
Judenpreſſe unerreichbar wird, daß das geſammte
chriſtliche Volk einſtimmt in den Schlachtruf:

Hinaus mit der Judenpreſſe!




Gerichtsſaal.
Schuſter und Ordensgründer.

In einem zur Ver-
leſung kommenden Proſpect des Salvatorordens wird gelehrt,
wie man den Antichriſt zerſchneidet. Die
Zeugin Johanna Hobler, Stickerin und im Orden
Oberin Salvata genannt, gibt an, daß ſie Heger ſeit eilf
Jahren kenne. Vorſ.: Was bewog ſie mit Heger ſo einen
Orden zu gründen? Zeugin: Ich hab’ ſchon als Kind
g’ſchwärmt, ein keuſches, religiöſes Leben zu führen und
Buße zu thun, und Heger hat mich das gelehrt. Vorſ.:
Aha, und darum hat er wahrſcheinlich auch bei Ihnen in
der Waſagaſſe gewohnt, nicht wahr? Sie gaben ihm
700 fl.? Angekl.: Ja, aber ich hab’ nie g’fragt wozu
ſie der heilige Mann braucht. Vorſ.: Sie hatten mit
Heger auch ein intimes Verhältntß? Angekl.: Ein
geiſtiges! Vorſ.: Sie ſind wirklich ſehr zu be-
dauern. Iſt Ihnen denn nicht aufgefallen, daß der
Orden nur aus Ihnen, der Oberin, der Männnerorden
nur aus Bruder Matthäus, und der Frauenorden aus
Schweſter Janua beſtand? Das iſt für einen Orden denn
doch zu wenig. Und in dem Diplom ſtellen Sie dem Heger
das Zeugniß aus, er ſei von „ungeheuchelter, wahrer, chriſt-
katholiſcher Situation.“ Verſtehen Sie das? — Angekl.:
Ja. — Vorſ.: Ich nicht. — Angekl.: Heger iſt eine
heilige Situation. — Vorſ.: Das iſt zu dumm aber tief-
traurig. — Angekl.: Oh, ich fühle mich ſo glücklich. —
Der Bürgermeiſter von Stumpendorf, Bernhard Fahl, ſagt
[Spaltenumbruch] aus, daß das ganze Dorf über das unſittliche Verhältniß empört
geweſen ſei, welches Heger mit den Frauensperſonen geführt.
Vorſ. Halten Sie den Heger fähig, einen Orden zu
gründen? Zeuge. Gar nie nöt. Angekl. Was ver-
ſteht der Mann von einem Orden? Der heil. Franciscus
wurde auch für einen Narren gehalten, und ſein Orden
blüht. Ich leide für meine heilige Miſſion unſchuldig.
Vorſ. Haben Herr Zeuge den Heger für heilig
gehalten? Zeuge: A wo! — Der Pfarrer von
Stumpendorf, hochw. Herr Florian Langer
gibt an, daß er dem Heger gerathen, in einen ſchon be-
ſtehenden Orden einzutreten, und beſprach ſodann die Diffe-
renzen zwiſchen den Angeklagten und dem Cooperator. —
Zeuge Franz Körbler iſt jener „Bruder Matthäus“,
der in ſeiner Perſon den ganzen Männerorden repräſentirt.
Er war früher Diener bei der »Franco Hongroise« und
gibt an, daß er Heger im Jahre 1893 kennen gelernt und daß
eine innere Stimme ihm geſagt habe, daß dieſer Mann nicht von
dieſer Welt ſei, ſondern von Gott. — Der Gaſtwirth Beneſch
aus Wels iſt von dem ganzen Ordenſchwindel durch einen
Brief in Kenntniß geſetzt worden, in dem es u. A. hieß:
„Ich habe es gewohlt, und ich genüße.“ — Vorſ.: Dieſe
Orthographie iſt für einen Ordensgründer ſehr hübſch. —
Angekl.: Orthographiſche Fehler haben mit meiner
Ordensgründung nichts zu thun. — Vorſ.: Aber ſie
haben damit inſoferne zu thun, daß Sie die Leute be-
ſchwindelten und unterrichteten. — Angekl.: Gerade
dieſe Fehler zeigen, daß mir der liebe Gott Alles eingegeben
hat. — Votant: Das iſt empörend. —
Vorſ.:
Herr Zeuge, wie haben Sie die Loidl gefunden?
Zeuge: Das is nöt zum beſchreiben. J bin über
die Stiegen hinauf, die was jeden Moment einſtürzen kann,
und ins Zimmer eini, da hat’s erſt recht ſchmutzig ausg’ſchaut.
Er erzählt, wie die Loidl ſchlecht behandelt wurde. Sie hat
unterm Tiſch ſchlafen müſſen, und der liebe Herr da im
ſchönen Bett. Vorſ. Das alſo iſt der heiligmäßige Mann,
der vorgibt, alles Irdiſche abgeſtreift zu haben, den Leuten
das Geld aus den Taſchen ſtiehlt und den Schwachſinn
dieſer Perſonen in betrügeriſcher Weiſe ausnützt. — Als
nächſter Zeuge wurde der Commis Nemetz vernommen,
der dem Heger wöchentlich für nichts und wieder nichts 4 fl.
gab, und von Letzterem Ohrfeigen erhielt, als er
einmal das Geld zurück verlangte. (Fortſetzung im Morgen-
blatte.)




Ballnachrichten.
Böhmerwäldler-Kränzchen der deutſchen Böhmer-
wäldler in Wien.

Das diesjährige Kränzchen des Vereines
findet Dienſtag, 4. Februar, 8 Uhr Abends in den Saal-
localitäten „zum grünen Thor“, 8. Bezirk, Lerchenfelder-
ſtraße 14, ſtatt. Entrée 1 fl., Familienkarten für 4 Perſonen
3 fl. an der Abendcaſſa, woſelbſt auch Spenden für den
Bazar entgegenegnommen werden. — Gäſte willkommen. —
Geſellſchaftsanzug.

Der kaufmänniſche Ball des Vereines „gelernter
Kaufleute in Wien“ findet 4. Februar in Gſchwandner’s
Saal ſtatt. Zuſchriften zu richten an Joſef Leitner,
Kaufmann, 17. Bezirk, Roſenſteingaſſe 47. Telephon-Nr. 6575.
Der Reingewinn fließt kaufmänniſchen Zwecken zu.

Der Reform-Vereiu der Gemiſchtwaaren-Ver-
ſchleißer in Wien
veranſtaltet in den Sälen „zum grünen
Thor“, 8. Bezirk, Lerchenfelderſtraße 14, Sonntag 2. Februar
1896 ein Kränzchen. Das Reinerträgniß wird zur Unter-
ſtützung der vom Vereine herausgegebenen Fachpreſſe ver-
wendet. — Jurbazar. — Karten im Vorverkaufe 50 kr. bei
M. Pabſt, 6. Bezirk, Hoher Steig 5, an der Caſſa 80 kr.
— Beginn 8 Uhr. — Einfache Toilette.

Der erſte Brigittenauer Zither-Club veranſtaltete
Sonntag, 26. d. ſein erſtes Gründungsfeſt im Hotel Union,
Nußdorferſtraße. Nach einigen Eröffnungspiecen der Capelle
Chorherr brachte der Zither-Club mehrere Piecen,
darunter für 11 Zithern, zur Aufführung und erntete damit
ebenſo wie die Mandolinen-Brüder „Kling-Kling“, der
Komiker Kömle und der Tenoriſt Podhradecky reichen Beifall.
Ein Tanzkränzchen beſchloß das gemüthliche, antiſemitiſche
Feſt.

Im engliſch-franzöſiſchen Converſations-Club

kam letzten Sonntag die im Deutſchen altbekannte Komödie
»Les deux Sourds« („Die beiden Tauben“) von
Jules Moinaux und der Kadelburg’ſche Schwank
„In Civil“ zur Aufführung, in welchen Stücken Herr Burian
den Löwenantheil des Beifalls für ſich in Anſpruch nahm
und verdiente. Nächſte Vorſtellung Sonntag, 2. Februar
3 Uhr Nachmittag »L’Etincelle« und „In Civil“.




Tagesbericht.


* Ein unangenehmer Beſuch.

Die 23jährige Magd
Aloiſia Frauenberger und die Hilfsarbeiterin
Sophie Neumann, 16 Jahre alt, Beide ohne Beſchäfti-
gung und ohne Unterſtand, Letztere bereits zweimal wegen
Diebſtahles abgeſtraft, kamen am 25. d. M. Nachmittags
zu ihrer Freundin, der Magd Emilie Stöfke, Wallgaſſe
Nr. 13 wohnhaft, auf Beſuch und ſtahlen einen dem Dienſt-
geber der Stöfke, dem Schneidermeiſter Johann Morſch
gehörigen Menczikoff. Sie entfernten ſich raſch und verſetzten
denſelben. Geſtern wurden die Diebinnen verhaftet.

* Ueberfahren.

Geſtern Abends um 8 Uhr wurde
die Handarbeiterin Karoline Kraus auf der Landſtraße,
Hauptſtraße von einer Privatequipage überfahren und erlitt
eine Verrenkung der linken Schultergegend.

* Ein kluger Karpfen.

In einem Artikel des Berliner
Tagblattes über den „Weihnachtskarpfen“ finden wir folgen-
den ſchönen Satz: „Als ob er wüßte, daß es ſein Beruf iſt,
recht feiſt zu werden, um den Weihnachtstiſch zu zieren, ißt
und trinkt er, daß es eine Art hat, und die geſättigte
Melancholie, die trotzdem über ſeinen ruhigen Schwimmbe-
wegungen liegt, gibt ihm faſt ein philoſophiſches Gepräge.“
— Dieſer Blödſinn könnte auch im „Wiener Tagblatt“ ſtehen,
das ja gleichfalls mit viel — Phantaſie gearbeitet wird.

* Selbſtmord eines Vicebürgermeiſters.

Wie aus Agram berichtet wird, hat ſich dort geſtern,
Montag Vormittags der Vicebürgermeiſter Milan
Stankovic mittelſt Revolverſchußes ſelbſt entleibt.

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[2/0002] Wien, Dienſtag Reichspoſt 28. Jänner 1896 27 liederlichſter Geſellſchaft Amtsgeheimniſſe aus- plauderte, daß er ihm mißliebige Perſonen wider- rechtlich wochen- und monatelang (bis zu 88 Tagen) einſperren ließ; man erzählte ſich auf allen Gaſſen, daß er einem Mädchen, das von einem reichen Züricher verführt worden war, mit Gewalt und ohne alles Recht die ſämmtlichen Briefſchaften wegnehmen ließ, um den Verführer gegen die wider ihn zeugenden Beweiſe zu ſichern u. ſ. w. Aber alle Beſchwerden blieben fruchtlos. Der Polizeipaſcha ſcheint Kenntniß von Dingen zu haben, deren Bekanntwerden in den Regierungs- kreiſen ſehr gefürchtet wird. Trotz aller Pro- tection gelang es endlich, im December v. J. eine gerichtliche Klage gegen Hauptmann Fiſcher anhängig zu machen — die Cantonsregierung aber ließ den Mann frei, um die Unterſuchung zu hintertreiben. Staatsanwalt und Unterſuchungsrichter, ebenſo wie die Bevölkerung tief empört über dieſen beſpiel- loſen Act der Cabinetsjuſtiz, dankten ab; von zwei Seiten wurde die Regierung im Cantons- rath interpellirt, aber unverfroren gab ſie zur Antwort: der Staatsanwalt unterſtehe dem Aufſichts- und Befehlsrecht der Regierung, dieſe habe daher ihre Competenz überſchritten, indem ſie den in Haft geſetzten Verbrecher laufen ließ. — So ſteht der Scandal jetzt; wie er ſich weiter entwickeln wird, ob ſich das Volk ſo etwas bieten laſſen wird, muß abgewartet werden. Nicht für überflüſſig halten wir es jedoch, zu betonen, daß, wie Miklos und Banffy in Budapeſt, ſo Fiſcher und die Cantonsregierung in Zürich liberale Parteigänger ſind. Im Oriente. Transvaal und Venezuela, ſowie die Kämpfe auf Cuba haben das politiſche Intereſſe von den Vorgängen im Oriente abgelenkt, bis es letzthin der Brief der Königin Victoria an den Sultan wieder erweckte. Der faſt unvermeidlich erſchienene Conflict der Mächte mit der Türkei in Betreff der Ueberwachung der in Ar- menien vorzunehmenden Reformen wurde zwar in Folge des Nachgebens der hohen Pforte beigelegt, aber die Lage wurde dadurch nur wenig geklärt. Der Aufſtand in Armenien hat wo möglich an Ausbreitung noch zu- genommen und heute ſchon läßt ſich behaupten, daß das Maß der vom Sultan den Armeniern zuge- ſtandenen Verwaltungsreformen bedeutend erweitert, vor Allem aber die Reform wirklich durchgeführt werden müßte, wenn es gelingen ſoll, den unglücklichen verzweifelten Volksſtamm wieder unter die türkiſche Botmäßigkeit zu bringen. Darüber herrſchen indeß einige Zweifel. Der Mangel an Finanzmitteln in der Türkei auf der einen Seite, die vor ſich gehende Weiterverbreitung des Aufſtandes auch in Provinzen, die ſich bisher ruhig verhalten haben, die Beſtrebungen der Armenier, Macedonier und der Griechen, im Ein- vernehmen zu operiren auf der anderen Seite, geben ſolchen Zweifeln die nöthige Berechtigung. Man iſt überzeugt, daß es im Frühjahre in Macedonien wieder zu Aufſtandsverſuchen kommen werde; der vor einiger Zeit in Sofia ſtattgefundene Macedoniertag hat es ganz offen ausgeſprochen. Zu den bisherigen Aufſtandsgebieten hat ſich vor Kurzem die Inſel Kreta geſellt, wo die türkiſchen Truppen empfindliche Schlappen erlitten. Auch in Epirus gährt es und in Albanien ſind italieniſche Emiſſäre mit Erfolg thätig, ſo daß der Sultan heute nicht einmal auf die Albaneſen unbedingt rechnen kann. Das gegenwärtige freundſchaftliche Verhältniß des Großherrn zu den benachbarten ehemaligen Vaſallen- fürſten dürfte auch nur auf Sand gebaut ſein, fleht ja doch ſelbſt der Miniſter ſeines bulgariſchen Vaſallen, die Pforte möge dringend in Macedonien „Ordnung machen, da er für den Fall des Andauerns der dortigen Kämpfe nicht für die Aufrechthaltung der Objectivität Bulgariens garantiren könnte. Aehnlich verhält es ſich bezüglich Serbiens und Montenegros, und in Griechenland hat ſich König Georgios ſelbſt an die Spitze der Sub- ſcriptionsliſte für die aufſtändiſchen Kretenſer geſtellt. Die Lage erſcheint ſomit verwickelter als je, und es iſt nicht ausgeſchloſſen, daß der April oder Mai ein allgemeines Losſchlagen in der Türkei bringen wird. Deshalb dürften die Stimmen recht behalten, welche eine „Occupation“ Armeniens durch Rußland an- kündigen. Auch die Verſtärkung der ruſſiſchen Truppen im Kaukaſus ſcheint damit im Zuſammenhange zu ſtehen, ebenſo der Wechſel in der Perſon des dortigen Generalgouverneurs. Rußland wird ſich zu einer Action „gedrängt“ ſehen, wenn es nicht eine Einbuße an ſeinem Preſtige in dieſem Gebiete erleiden will. Ob die Action im Einverſtändniſſe mit den übrigen Mächten vorgenommen wird, läßt ſich zur Zeit nicht abſehen, immer aber würde ſie den Anfang vom Ende des „kranken Mannes“ bedeuten. Würde ſich in einem ſolchen Falle England mit einer ſelbſtloſen Zuſchauerrolle be- gnügen? Die diplomatiſche Action des Grafen Golu- chowski, ein Einvernehmen der Mächte den Vorgängen in der Türkei gegenüber zu erzielen, hat wohl bisher allgemeinen Anklang gefunden, aber es iſt doch nur ein Einvernehmen von Fall zu Fall, welches bei der Un- berechenbarkeit der genannten Vorgänge raſch ein Ende finden kann. Im Frühjahre dürfte auch diesbezüglich ſich erweiſen, ob das Einvernehmen eine ſtärkere Probe auszuhalten vermag. Auch im fernſten Oriente, dort, wo die Intereſſen- ſphären Rußlands, Japans und Englands zuſammen- ſtoßen, ſpitzen ſich die Gegenſätze zu einer Kriſe zu. Rußland ſcheint nicht gewillt, den Einfluß Japans prä- dominiren zu laſſen, und die umfangreichen Rüſtungen in Oſtaſien, die Haſt, mit welcher der Bau der ſibiriſchen Bahn und von Kriegsſchiffen betrieben wird, ſowie ſchließlich die Verſtärkung der Befeſtigungen von Wladiwoſtok ſind gewiß ernſte Zeichen, daß man ſich da auf eine gewaltſame Löſung der drohenden Kriſis vorbereite. Im Frühjahre dürfte daher der Orient wieder in den Vordergrund des Intereſſes rücken, auch wenn bis dahin die Verwicklungen in Transvaal, Venezuela u. ſ. w. noch nicht gelöſt ſein ſollten. Journaliſtiſches. Der alten Preſſe, die an der galoppirenden Abon- nenten-Schwindſucht ſeit Jahren leidet, ſoll geholfen werden. Graf Badeni hat Erbarmen mit der Matrone und will ſie nun à tout prix — volksthümlich machen. Dieſelbe ſoll vom 1. Februar dieſes Jahres dreimal täglich erſcheinen und den Titel „Wiener freie Preſſe“ führen. Der Stempel ſoll ganz geſchenkt werden, damit die Steuerträger auch eine — Freude haben. Auch ſonſt gehen im Wiener „Blätterwalde“ merkwürdige Dinge vor Verſchiedene „große“ Blätter ſchnappen nach Luft und Abonnenten, das in Wien erſcheinde Blatt von Frankfurter-Juden, das „Neue Wiener-Journal“, das ſich auch mit Vorliebe ein „unparteiiſches“ nennt, überſchwemmt ganze Bezirke mit ſeinen Blättern. Wochen ja monate- lang wird es gratis ausgetragen, „Prämien“ zweifel- haften Werthes den Abonnenten gegeben, ja ſelbſt in die Provinzen ſo z. B. nach Brünn, wird dieſes Blatt gratis verſendet. Ein dortiger Freund unſeres Blattes ſchreibt: „Seit zwei Tagen wird hier in Brünn ſowohl in den Geſchäften wie in den Privat-Wohnungen das Judenblatt „Neues Wiener Journal“ unentgeltlich vertheilt.“ Und merkwürdig, alle dieſe Mittel dies Blatt zu heben, verfangen nicht, wie uns aus beſtinformirter Quelle mitgetheilt wird, ſinkt die Auflage von Tag zu Tag, und auch die Gehalte der Bedienſteten ſollen zum neuen Jahre eine beträcht- liche Reduction erfahren haben. Die alte Preſſe griff übrigens bereits im Vorjahre zu dieſem Auskunftsmittel und ſetzte die Gehälter der Redacteure beinahe um die Hälfte herab. Das Organ des dummen Kerl von Wien leidet ebenfalls ſehr unter dem allmählichen Er- wachen des chriſtlichen Geiſtes der Wiener Bevölkerung. Die Auflage dieſes gedruckten Unſinns iſt ſoweit geſun- ken, daß eine große Rotationsmaſchine entbehrlich wurde. Nun glaubte Herr Aaron Speichel, die Leſer mit Gewalt zu fangen durch ein Abendblatt mit acht Seiten. Aber auch dieſe Mittel halfen nichts und die Macher dieſer „öffentlichen Meinung“ blicken beſorgt in die Zukunft. Am traurigſten ſoll es jedoch mit unſerem Specialfreund „Szeps“ beſtellt ſein. Die letzten Wahlen haben dieſem Preßproducte den Text gegeben, die Auflage ſoll auf ein Minimum geſunken ſein und die Inſerate werden immer weniger. Der Wunſch der Patrone des Organes für den ſchlechten Kerl von Wien, den Grafen Badeni zu einer Hilfsaction zu be- wegen, iſt nicht erfüllt worden. Es ſcheint alſo auch Graf Badeni erkannt zu haben, daß das Leibblatt des Ehren-Richter denn doch für — zu niedrige Kreiſe geſchrieben wird. Im Wiener liberal-jüdiſchen Blätter- walde herrſcht demnach eine recht gedrückte Stimmung. Die Wiener Bevölkerung hat der Judenpreſſe den Brotkorb höher gehängt, wir wollen hoffen, daß er der Judenpreſſe unerreichbar wird, daß das geſammte chriſtliche Volk einſtimmt in den Schlachtruf: Hinaus mit der Judenpreſſe! Gerichtsſaal. Schuſter und Ordensgründer. In einem zur Ver- leſung kommenden Proſpect des Salvatorordens wird gelehrt, wie man den Antichriſt zerſchneidet. Die Zeugin Johanna Hobler, Stickerin und im Orden Oberin Salvata genannt, gibt an, daß ſie Heger ſeit eilf Jahren kenne. Vorſ.: Was bewog ſie mit Heger ſo einen Orden zu gründen? Zeugin: Ich hab’ ſchon als Kind g’ſchwärmt, ein keuſches, religiöſes Leben zu führen und Buße zu thun, und Heger hat mich das gelehrt. Vorſ.: Aha, und darum hat er wahrſcheinlich auch bei Ihnen in der Waſagaſſe gewohnt, nicht wahr? Sie gaben ihm 700 fl.? Angekl.: Ja, aber ich hab’ nie g’fragt wozu ſie der heilige Mann braucht. Vorſ.: Sie hatten mit Heger auch ein intimes Verhältntß? Angekl.: Ein geiſtiges! Vorſ.: Sie ſind wirklich ſehr zu be- dauern. Iſt Ihnen denn nicht aufgefallen, daß der Orden nur aus Ihnen, der Oberin, der Männnerorden nur aus Bruder Matthäus, und der Frauenorden aus Schweſter Janua beſtand? Das iſt für einen Orden denn doch zu wenig. Und in dem Diplom ſtellen Sie dem Heger das Zeugniß aus, er ſei von „ungeheuchelter, wahrer, chriſt- katholiſcher Situation.“ Verſtehen Sie das? — Angekl.: Ja. — Vorſ.: Ich nicht. — Angekl.: Heger iſt eine heilige Situation. — Vorſ.: Das iſt zu dumm aber tief- traurig. — Angekl.: Oh, ich fühle mich ſo glücklich. — Der Bürgermeiſter von Stumpendorf, Bernhard Fahl, ſagt aus, daß das ganze Dorf über das unſittliche Verhältniß empört geweſen ſei, welches Heger mit den Frauensperſonen geführt. Vorſ. Halten Sie den Heger fähig, einen Orden zu gründen? Zeuge. Gar nie nöt. Angekl. Was ver- ſteht der Mann von einem Orden? Der heil. Franciscus wurde auch für einen Narren gehalten, und ſein Orden blüht. Ich leide für meine heilige Miſſion unſchuldig. Vorſ. Haben Herr Zeuge den Heger für heilig gehalten? Zeuge: A wo! — Der Pfarrer von Stumpendorf, hochw. Herr Florian Langer gibt an, daß er dem Heger gerathen, in einen ſchon be- ſtehenden Orden einzutreten, und beſprach ſodann die Diffe- renzen zwiſchen den Angeklagten und dem Cooperator. — Zeuge Franz Körbler iſt jener „Bruder Matthäus“, der in ſeiner Perſon den ganzen Männerorden repräſentirt. Er war früher Diener bei der »Franco Hongroise« und gibt an, daß er Heger im Jahre 1893 kennen gelernt und daß eine innere Stimme ihm geſagt habe, daß dieſer Mann nicht von dieſer Welt ſei, ſondern von Gott. — Der Gaſtwirth Beneſch aus Wels iſt von dem ganzen Ordenſchwindel durch einen Brief in Kenntniß geſetzt worden, in dem es u. A. hieß: „Ich habe es gewohlt, und ich genüße.“ — Vorſ.: Dieſe Orthographie iſt für einen Ordensgründer ſehr hübſch. — Angekl.: Orthographiſche Fehler haben mit meiner Ordensgründung nichts zu thun. — Vorſ.: Aber ſie haben damit inſoferne zu thun, daß Sie die Leute be- ſchwindelten und unterrichteten. — Angekl.: Gerade dieſe Fehler zeigen, daß mir der liebe Gott Alles eingegeben hat. — Votant: Das iſt empörend. — Vorſ.: Herr Zeuge, wie haben Sie die Loidl gefunden? — Zeuge: Das is nöt zum beſchreiben. J bin über die Stiegen hinauf, die was jeden Moment einſtürzen kann, und ins Zimmer eini, da hat’s erſt recht ſchmutzig ausg’ſchaut. Er erzählt, wie die Loidl ſchlecht behandelt wurde. Sie hat unterm Tiſch ſchlafen müſſen, und der liebe Herr da im ſchönen Bett. Vorſ. Das alſo iſt der heiligmäßige Mann, der vorgibt, alles Irdiſche abgeſtreift zu haben, den Leuten das Geld aus den Taſchen ſtiehlt und den Schwachſinn dieſer Perſonen in betrügeriſcher Weiſe ausnützt. — Als nächſter Zeuge wurde der Commis Nemetz vernommen, der dem Heger wöchentlich für nichts und wieder nichts 4 fl. gab, und von Letzterem Ohrfeigen erhielt, als er einmal das Geld zurück verlangte. (Fortſetzung im Morgen- blatte.) Ballnachrichten. Böhmerwäldler-Kränzchen der deutſchen Böhmer- wäldler in Wien. Das diesjährige Kränzchen des Vereines findet Dienſtag, 4. Februar, 8 Uhr Abends in den Saal- localitäten „zum grünen Thor“, 8. Bezirk, Lerchenfelder- ſtraße 14, ſtatt. Entrée 1 fl., Familienkarten für 4 Perſonen 3 fl. an der Abendcaſſa, woſelbſt auch Spenden für den Bazar entgegenegnommen werden. — Gäſte willkommen. — Geſellſchaftsanzug. Der kaufmänniſche Ball des Vereines „gelernter Kaufleute in Wien“ findet 4. Februar in Gſchwandner’s Saal ſtatt. Zuſchriften zu richten an Joſef Leitner, Kaufmann, 17. Bezirk, Roſenſteingaſſe 47. Telephon-Nr. 6575. Der Reingewinn fließt kaufmänniſchen Zwecken zu. Der Reform-Vereiu der Gemiſchtwaaren-Ver- ſchleißer in Wien veranſtaltet in den Sälen „zum grünen Thor“, 8. Bezirk, Lerchenfelderſtraße 14, Sonntag 2. Februar 1896 ein Kränzchen. Das Reinerträgniß wird zur Unter- ſtützung der vom Vereine herausgegebenen Fachpreſſe ver- wendet. — Jurbazar. — Karten im Vorverkaufe 50 kr. bei M. Pabſt, 6. Bezirk, Hoher Steig 5, an der Caſſa 80 kr. — Beginn 8 Uhr. — Einfache Toilette. Der erſte Brigittenauer Zither-Club veranſtaltete Sonntag, 26. d. ſein erſtes Gründungsfeſt im Hotel Union, Nußdorferſtraße. Nach einigen Eröffnungspiecen der Capelle Chorherr brachte der Zither-Club mehrere Piecen, darunter für 11 Zithern, zur Aufführung und erntete damit ebenſo wie die Mandolinen-Brüder „Kling-Kling“, der Komiker Kömle und der Tenoriſt Podhradecky reichen Beifall. Ein Tanzkränzchen beſchloß das gemüthliche, antiſemitiſche Feſt. Im engliſch-franzöſiſchen Converſations-Club kam letzten Sonntag die im Deutſchen altbekannte Komödie »Les deux Sourds« („Die beiden Tauben“) von Jules Moinaux und der Kadelburg’ſche Schwank „In Civil“ zur Aufführung, in welchen Stücken Herr Burian den Löwenantheil des Beifalls für ſich in Anſpruch nahm und verdiente. Nächſte Vorſtellung Sonntag, 2. Februar 3 Uhr Nachmittag »L’Etincelle« und „In Civil“. Tagesbericht. Wien, 28. Jänner. * Ein unangenehmer Beſuch. Die 23jährige Magd Aloiſia Frauenberger und die Hilfsarbeiterin Sophie Neumann, 16 Jahre alt, Beide ohne Beſchäfti- gung und ohne Unterſtand, Letztere bereits zweimal wegen Diebſtahles abgeſtraft, kamen am 25. d. M. Nachmittags zu ihrer Freundin, der Magd Emilie Stöfke, Wallgaſſe Nr. 13 wohnhaft, auf Beſuch und ſtahlen einen dem Dienſt- geber der Stöfke, dem Schneidermeiſter Johann Morſch gehörigen Menczikoff. Sie entfernten ſich raſch und verſetzten denſelben. Geſtern wurden die Diebinnen verhaftet. * Ueberfahren. Geſtern Abends um 8 Uhr wurde die Handarbeiterin Karoline Kraus auf der Landſtraße, Hauptſtraße von einer Privatequipage überfahren und erlitt eine Verrenkung der linken Schultergegend. * Ein kluger Karpfen. In einem Artikel des Berliner Tagblattes über den „Weihnachtskarpfen“ finden wir folgen- den ſchönen Satz: „Als ob er wüßte, daß es ſein Beruf iſt, recht feiſt zu werden, um den Weihnachtstiſch zu zieren, ißt und trinkt er, daß es eine Art hat, und die geſättigte Melancholie, die trotzdem über ſeinen ruhigen Schwimmbe- wegungen liegt, gibt ihm faſt ein philoſophiſches Gepräge.“ — Dieſer Blödſinn könnte auch im „Wiener Tagblatt“ ſtehen, das ja gleichfalls mit viel — Phantaſie gearbeitet wird. * Selbſtmord eines Vicebürgermeiſters. Wie aus Agram berichtet wird, hat ſich dort geſtern, Montag Vormittags der Vicebürgermeiſter Milan Stankovic mittelſt Revolverſchußes ſelbſt entleibt.

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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 27, Wien, 28.01.1896. Beilage, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost027b_1896/2>, abgerufen am 23.11.2024.