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Reichspost. Nr. 18, Wien, 22.01.1901.

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18 Wien, Dienstag Reichspost 22. Jänner 1901

[Spaltenumbruch] königl. bairischen National-Museum in München
Dr. Wolfgang M. Schmidt im Oesterreichischen
Museum einen Vortrag mit Projectionsbildern über
die Gräber deutscher Kaiser im Dome zu
Speyer
und ihre Eröffnung im Jahre 1900 halten.




Ballchranik.

Ball der katholisch-akade-
mischen Verbindung "Norica" im Ballsaale des
Hotel Continental, 2. Bez., Taborstraße 6, Damen-
und Herrenkarten a 5 K, Officiers- und Studenten-
karten a 2 K, Familienkarten (4 Personen) 15 K.
Das Reinerträgniß fließt dem Verein zur Gründung
einer freien katholischen Universität in Salzburg zu.




Narrenabend des Wiener Männergesangvereines.

Der schon morgen, Dienstag, den 22. d. M., im
Sofiensaale unter der Serie "Fideler Geister-
abend"
stattfindende "Narrenabend" des "Wiener
Männergesangvereines"
dürfte nach den vielen
Gruppenanmeldungen und der großen Nachfrage nach
Karten zu schließen, auch heuer wieder eines der
lustigsten und gelungensten Feste des Carnevals werden.
Die wenigen, noch verfügbaren Karten gelangen heute
und morgen in der Vereinskanzlei (1. Bezirk, Canova-
gasse 4, Halbstock) zur Ausgabe.




Aus dem Gerichtssaale.
Ein Preßproceß

beginnt, wie aus Krakau
gemeldet wird, am 5. Februar vor dem dortigen
Schwurgerichte gegen das socialistische Organ
"Naprzod" wegen Veröffentlichung einer Artikel-
serie gegen die Garnison in Przemysl. Angeklagt
sind fast sämmtliche Redacteure dieses Blattes. Die
Verhandlungen dürfen nahezu zwei Wochen in An-
spruch nehmen.

Zigeuner-Romantik.

Unter den Häftlingen,
welche vorgestern dem Strafricht der Leopoldstadt
vorgeführt wurden, befand sich eine Frauensperson
mit einem Säugling am Arm, deren abenteuerliche
Vergangenheit nicht uninteressant erscheint. Caroline
Burand stammt aus einer Zigeunerfamilie, die sich
jetzt in der Nähe von Preßburg seßhaft gemacht hat
und dem ordentlichen Erwerbe nachgeht. Sie wurde
während des Wanderzuges ihres Stammes in Belgien
geboren, kam in die Obhut einer fremden Zigeunerin
und der Wandertrieb war bei ihr so groß, daß sie es
vorzog, mit einem fremden Stamm ziellos die Welt
zu durchstreifen, statt ihren Eltern in die ungarische
Heimat zu folgen. Sie erlernte die Künste ihrer Race,
Musicieren, Handlinienlesen und Wahrsagen, womit
sie sich durchschlug. Bei ihrer Bande befand sich ein
junger Musikant, mit welchem sie sich in ein Liebes-
verhältniß einließ, dem 2 Kinder entsprossen. Dem
Bandenführer wurde das Mädchen, das die Kinder zu
pflegen hatte und deshalb sich der Truppe nicht nützlich
erweisen konnte, unbequem und als Caroline Burand
eines Morgens in einem Wäldchen bei Hamburg er-
wachte, war die Truppe verschwunden. Zu Fuß wan-
derte das Mädchen mit ihren Kindern von Hamburg
nach Preßburg, wo sie den Geliebten zu finden hoffte.
[Spaltenumbruch] Da sie ihn nicht fand, kam sie nach Kagran, wo ge-
rade Zigeuner sich aufhielten. Auch dort fand sie ihn
nicht und als sie das Wiener Gemeindegebiet betrat,
wurde sie verhaftet. Sie ist nämlich vor Jahren aus
Oesterreich ausgewieseu worden und beging durch die
verbotene Rückkehr die Uebertretung des § 323. Der
Richter, Secretär Dr. Künstler, verurtheilte sie zu
vierzehn Tagen Arrest.

Bauernrevolte.

Im Processe wegen der Neu-
Szent-Annaer Bauernrevolte
wurde Samstag
in Arad das Urtheil verkündet. Es wurden elf
Personen,
darunter mehrere Frauen, wegen Ge-
waltthätigkeit, eine wegen Aufreizung zu Zuchthaus
in der Dauer von 2 bis 21/2 Jahren, ferner ein An-
geklagter zu einjährigem, die Uebrigen zu sechs-
monatlichem Kerker verurtheilt. Fünf Personen wurden
freigesprochen. Sowohl die Staatsanwaltschaft als
auch die Angeklagten meldeten die Berufung an.




Gewerbe.
Zur Gewerbereform in Ungarn.

Im
Handelsministerium ist ein Gesetzentwurf betreffend
die allgemeinen Gewerbecorporationen in Vorbereitung,
deren wichtigste Bestimmung dahin geht, daß im Ge-
biete jeder Gewerbebehörde erster Instanz eine allge-
meine Gewerbecorporationen zu bilden sei, der jeder
Gewerbetreibende anzugehören hat.

Eine Ausstellnng kunstgewerblicher Er-
zeugnisse Oesterreichs in London

wird im Jahre
1902 stattfinden. Eine Versammlung österreichischer
Kunstgewerbetreibender hat gestern Beschlüsse in diesem
Sinne gefaßt.

Ehrung eines Genossenschafts-Commissärs.

Dem Magistratsrath Kienast, der nach 16jähriger
Thätigkeit als Genossenschafts-Commissär der Ge-
nossenschaft der Plattirer zurücktritt, bereitet die Vor-
stehung eine besondere Ehrung durch Ueberreichung
einer Dankadresse.




Volkswirthschaftlicher Theil.
Das Centralcomite des Industrierathes

befaßte sich in der Samstag-Sitzung, mit den Vor-
schlägen seiner Referenten über die gesetzliche Regelung
des Cartellwesens. Die im Druck vorgelegten An-
träge des Referenten Julius Reich haben wir bereits
mitgetheilt. Die mündlich erstatteten Vorschläge des
zweiten Referenten, des Abg. Urban, gipfeln in
folgenden Principien: Die Cartelle seien als rechts-
wirksame Organisationen anzuerkennen und demgemäß
in gesetzliche Form zu bringen. Bestand und Gründung
der Cartelle unterliegen der Anzeigepflicht bei
dem zu errichtenden Cartellamte, das auch
als Gerichtsinstanz zur Austragung aller
aus dem Bestande und der Thätigkeit der
Cartelle entstandenen privatrechtlichen Streitigkeiten
zu fungiren hätte. Zur Bekämpfung der durch die
Beseitigung und Beschränkung der freien Concurrenz
auf ungebührliche Preisconcurrenz gerichteten mono-
polistischen Tendenzen sollen in der Zollgesetzgebung
[Spaltenumbruch] und auf dem Gebiete des Tarifwesens entsprechende
Maßnahmen vorgesehen werden. Zum Zwecke der
Berathung und Entscheidung über die einschlägigen
Maßnahmen der Verwaltung soll ein Cartellrath ein-
gesetzt werden, welcher als Consultativorgan des
Handelsministeriums gedacht ist. Die Regierung soll
ersucht werden, auf Grund der vom Cartellcomite
beschlossenen Grundsätze des Cartellrechtes einen Ge-
setzentwurf anszuarbeiten und dem Cartellcomite zur
Berathung vorzulegen. Nach Erstattung der beiden Re-
ferate gelangte der Antrag auf Drucklegung derselben
und Versendung an die Comitemitglieder zur An-
nahme, worauf die Sitzung geschlossen wurde.

Oesterreichisch-ungarische Bank.

In der
heutigen Sitzung des Generalrathes wurden die
Tagesordnung für die Generalversammlung und der
in derselben zu erstattende Geschäftsbericht festgesetzt.
Nach Genehmigung des Antrages der Bankleitung,
betreffend den Ankauf eines Baugrundes für ein
in Szekesfehevar (Stuhlweißenburg) aufzuführendes
Bankgebäude, wurde bestimmt, das Filiale Jaslo,
von dem auch die Nebenstellen Dukla und Gorlice
ressortiren werden, am 4. Februar l. J. zu eröffnen.

Der Landes-Obstbau-Verein für Nieder-
österreich

hält seine Monatsversammlung am
Donnerstag den 24. Jänner 1901 um 5 Uhr Nach-
mittags im n.-ö. Landhause, Wien, 1. Bezirk, Herren-
gasse 13, ab. Herr Josef Löschnig, Fachlehrer in
Krems wird dabei einen Vortrag über Obstverwerthung
halten.

Die deutsche Branntweinsteuervorlage

wird demnächst dem Reichstage zugehen. Durch
theilweise Abänderung der Vorschriften über die
Veranlagung der Brennereien zum Contingent
soll verhindert werden, daß gewerbliche Brennerei-
Unternehmungen, die unter dem Deckmantel
landwirthschaftlicher Genossenschafts-
brennereien
auftreten, unberechtigterweise sich ein
hohes Contingent verschaffen. Es handelt sich
nicht mehr allein um Umwandlungen alter gewerb-
licher Betriebe, sondern auch um die Neugründung
genossenschaftlicher Brennereien, bei denen die Be-
theiligung von Landwirthen überwiegend dem Ge-
werbe dazu dient, für die gewerbliche Verarbeitung
ausländischen Getreides ein hohes Contingent zu
erlangen.

Insolvenznachrichten.

Der Creditorenverein meldet
folgende Insolvenzen: L. Spitzer, Kaufmann in Lugos.
Hans Rotter, Papierhandlung in Salzburg. G. Stenzel,
Tuchhandlung,, und Herrenconfection in Hermannstadt,
Großer Ring 21. Zsigmond Stern, Kaufmann in Mako.
Samuel Haas jun., Kaufmann in Rosenberg. Johanna
Redl, Handelsfrau in Veszprim. Anastasia Novak,
Handelsfrau in Budweis, Landstraße 7. Joses Pelka,
nichtregistrirter Schlosser in Niemes. Benj. Sandner,
Kaufman in Sambor. Miksa Weiß, Kaufmann in Bük-
kösd. Johann Base, Schneider in Jicin. Moses Leisten
jun., in Tarnow. Moses Springer in Dobromit.




Lottoziehungen vom 19. Jänner.

Wien: 69 88 72 12 6

Graz: 52 6 29 35 42

Trient: 76 70 81 48 61




[Spaltenumbruch]

17 [Nachdruck verboten.).

Opfer des Hasses.

"Sie werden mir stets treu bleiben, Mercy, ich
weiß es."

"Ich bleibe Ihnen treu, Mervyn, bis in den
Tod, wenn wir nicht früher vereinigt werden."

Sie zitterte unter seinen Liebkosungen und nur
mit Mühe konnte sie ihm ihren Kummer verbergen,
damit sie ihm nicht noch im letzten Augenblick die
Fassung raube und ihn vertrauend verlasse.

Als er von dannen gegangen war, eilte sie zum
Fenster, von dort winkte sie ihm, da er noch zurück-
blickte, einen letzten Gruß mit der Hand zu,
während sie die andere Hand auf ihr Herz preßte,
wo sie einen schneidenden Schmerz empfand.

Und als er sich entfernte mit festem Schritt, der
wohl zeigte, daß er von frischem Muth beseelt war,
stand sie lange noch am Fenster vor sich hinstarrend.
Ihre Augen füllten sich mit Thränen, trotz aller An-
strengung, dieselben niederzukämpfen. Und in Ge-
danken sah sie eine lange Leidenszeit vor sich liegen,
voll des Kampfes, der Trauer und des Harrens. Für
einen Mann vergeht die Zeit rascher. Seine Beschäfti-
gungen lassen ihm nicht Muße, viel zu denken. Aber
für ein Mädchen, wie endlos lange wird ihr in
solchem Falle die Zeit des Harrens! Was nützte ihr
all' ihr Geld? Wie gerne hätte sie mit jeder Bett-
lerin, mit jeder Blumenverkäuferin an der Straßen-
ecke getauscht! In ihrem reich geschmückten Heim in
dem Bewußtsein, daß ein falscher Mensch sich stets
zwischen sie und ihre Mutter drängen würde, daß sie
immer seine verhaßte Gegenwart dulden mußte, hatte
sie wenig Aussicht auf Glück.

Als sie so dastand, in Gedanken versunken, fühlte
sie sich plötzlich von zwei weichen Armen umschlungen,
und Lallu's Köpfchen lehnte sich schmeichelnd an ihre
Schulter.


[Spaltenumbruch]

"Ist er fort?" frug sie leise.

Mercy wandte sich um. Eine Thräne fiel auf
Lallu's Wange.

"Jawohl, er ist gegangen, Lallu," antwortete
Mercy, durch Thränen lächelnd.

"Aber, Du hast ihn doch nicht kummervoll weg-
gehen lassen?"

Ein Blick unaussprechlicher Angst begleitete diese
Worte.

"Ich mußte ihn ziehen lassen."

"Aber er wird doch wieder kommen?" frug Lallu
eindringlich.

Mercy schüttelte traurig den Kopf und seufzte.

Das indische Mädchen schien sie nicht zu ver-
stehen. Sie brach zu Mercy's Verwunderung in eine
Fluth von Vorwürfen aus. Heftig und erbittert warf
sie sich schließlich im Uebermaße ihrer Leidenschaft
auf den Boden, wehklagte und schluchzte, und klagte
Mercy der Härte an, die Mervyn in den Tod treiben
würde.

Mercy war so erstaunt über ihr Benehmeu, daß
sie ein wenig von ihrem Kummer abgeleitet wurde.

Als das Mädchen nun ein wenig ruhiger ge-
wordeu war, kniete Mercy an ihrer Seite nieder,
half ihr aufstehen und geleitete sie zu einem Sitz.
Hierauf holte sie eine Essenz, rieb der Freundin die
Schläfen und liebkoste sie wie ein krankes Kind, ihr
beruhigende Worte zuflüsternd.

Als sie sich beruhigt hatte, frug Mercy: "Was
glaubst Du denn eigentlich, Lallu?"

Lalln öffnete ihre Augen, lächelte, küßte die
Freundin, und, ihr Gesicht mit den Händen bedeckend,
rief sie: "Ich bin von Sinnen Mercy. Ich weiß, ich
bin zeitweise ganz verrückt, vergib mir!"

Mercy umarmte sie ebenfalls, bis sich der
Sturm in ihrem Innern wieder gelegt hatte, und ihr
dunkles Gesichtchen seinen gewohnten Ausdruck wieder
gewonnen hatte,
IX. Capitel.
Durchschaut.

Als Oberst Roca sein Ziel erreicht und die
[Spaltenumbruch] Liebenden getrennt hatte, benahm er sich noch weiter
sehr schlau. Er versäumte keine Gelegenheit, Mercy
seine höchste Ehrerbietung zu beweisen, und versuchte
es auch einmal, Mercy zu versichern, daß er mit
ihrem Kummer nichts zu thun habe.

"Ich wünschte vor allem, Ihnen Kummer zu er-
sparen Mercy," sagte er, als sie einmal allein bei-
sammen waren. "Ich war in argem Zweifel. Einer-
seits wenn ich schwieg, würde ich Sie und Herrn
Rhodes weiter in ihrer unhaltbaren falschen Stellung
zu einander gelassen haben. Hätten Sie sich verliebt
und hätte ich nach einer Zeit gesprochen, so wäre der
Schlag für Sie um so ärger gewesen. Je später er
gekommen wäre, desto ärger wären die Folgen ge-
wesen. Am schlechtesten wäre es wohl ausgefallen,
wenn Sie einander geheiratet hätten, und die Sache
wäre dann erst herausgekommen. Was blieb mir zu
thun übrig? Ich ging zu Herrn Rhodes, theilte ihm
den Sachverhalt mit, mich verpflichtend, niemanden
gegenüber ein Wort davon zu sprechen. Konnte ich
anders handeln? Sprechen Sie selbst."

"Ich weiß nicht," sagte Mercy unfreundlich.

"Ich weiß wohl, daß die Hand, welche einen
Streich führt, schuldig oder unschuldig, dafür ver-
antwortlich gemacht wird. Nachdem ich derjenige war,
der die ganze Sache ans Tageslicht gebracht hat,
bringen Sie mich in die engste Verbindung damit.
Sie werden erst später einsehen, daß ich nicht anders
handeln konnte, und mir dann vielleicht Gerechtigkeit
wiederfahren lassen."

"Sie trachteten uns zu trennen, und haben
meinen Brief unterschlagen," erwiederte Mercy kühl.

"Ich gestehe es. Was den Brief betrifft, habe
ich ihn zufällig in meine Tasche gesteckt und es
scheint nun, als hätte ich es gethan, um die Sache
geheim zu halten. Was könnte ich für einen Grund
haben, so zu handeln, als zu Ihrem Glück alles zu
gestalten?"

"Sie haben mir nicht die Wahrheit gestanden,
als ich Sie darum frug."     [F. f.]


18 Wien, Dienſtag Reichspoſt 22. Jänner 1901

[Spaltenumbruch] königl. bairiſchen National-Muſeum in München
Dr. Wolfgang M. Schmidt im Oeſterreichiſchen
Muſeum einen Vortrag mit Projectionsbildern über
die Gräber deutſcher Kaiſer im Dome zu
Speyer
und ihre Eröffnung im Jahre 1900 halten.




Ballchranik.

Ball der katholiſch-akade-
miſchen Verbindung „Norica“ im Ballſaale des
Hotel Continental, 2. Bez., Taborſtraße 6, Damen-
und Herrenkarten à 5 K, Officiers- und Studenten-
karten à 2 K, Familienkarten (4 Perſonen) 15 K.
Das Reinerträgniß fließt dem Verein zur Gründung
einer freien katholiſchen Univerſität in Salzburg zu.




Narrenabend des Wiener Männergeſangvereines.

Der ſchon morgen, Dienſtag, den 22. d. M., im
Sofienſaale unter der Serie „Fideler Geiſter-
abend“
ſtattfindende „Narrenabend“ des „Wiener
Männergeſangvereines“
dürfte nach den vielen
Gruppenanmeldungen und der großen Nachfrage nach
Karten zu ſchließen, auch heuer wieder eines der
luſtigſten und gelungenſten Feſte des Carnevals werden.
Die wenigen, noch verfügbaren Karten gelangen heute
und morgen in der Vereinskanzlei (1. Bezirk, Canova-
gaſſe 4, Halbſtock) zur Ausgabe.




Aus dem Gerichtsſaale.
Ein Preßproceß

beginnt, wie aus Krakau
gemeldet wird, am 5. Februar vor dem dortigen
Schwurgerichte gegen das ſocialiſtiſche Organ
„Naprzod“ wegen Veröffentlichung einer Artikel-
ſerie gegen die Garniſon in Przemysl. Angeklagt
ſind faſt ſämmtliche Redacteure dieſes Blattes. Die
Verhandlungen dürfen nahezu zwei Wochen in An-
ſpruch nehmen.

Zigeuner-Romantik.

Unter den Häftlingen,
welche vorgeſtern dem Strafricht der Leopoldſtadt
vorgeführt wurden, befand ſich eine Frauensperſon
mit einem Säugling am Arm, deren abenteuerliche
Vergangenheit nicht unintereſſant erſcheint. Caroline
Burand ſtammt aus einer Zigeunerfamilie, die ſich
jetzt in der Nähe von Preßburg ſeßhaft gemacht hat
und dem ordentlichen Erwerbe nachgeht. Sie wurde
während des Wanderzuges ihres Stammes in Belgien
geboren, kam in die Obhut einer fremden Zigeunerin
und der Wandertrieb war bei ihr ſo groß, daß ſie es
vorzog, mit einem fremden Stamm ziellos die Welt
zu durchſtreifen, ſtatt ihren Eltern in die ungariſche
Heimat zu folgen. Sie erlernte die Künſte ihrer Race,
Muſicieren, Handlinienleſen und Wahrſagen, womit
ſie ſich durchſchlug. Bei ihrer Bande befand ſich ein
junger Muſikant, mit welchem ſie ſich in ein Liebes-
verhältniß einließ, dem 2 Kinder entſproſſen. Dem
Bandenführer wurde das Mädchen, das die Kinder zu
pflegen hatte und deshalb ſich der Truppe nicht nützlich
erweiſen konnte, unbequem und als Caroline Burand
eines Morgens in einem Wäldchen bei Hamburg er-
wachte, war die Truppe verſchwunden. Zu Fuß wan-
derte das Mädchen mit ihren Kindern von Hamburg
nach Preßburg, wo ſie den Geliebten zu finden hoffte.
[Spaltenumbruch] Da ſie ihn nicht fand, kam ſie nach Kagran, wo ge-
rade Zigeuner ſich aufhielten. Auch dort fand ſie ihn
nicht und als ſie das Wiener Gemeindegebiet betrat,
wurde ſie verhaftet. Sie iſt nämlich vor Jahren aus
Oeſterreich ausgewieſeu worden und beging durch die
verbotene Rückkehr die Uebertretung des § 323. Der
Richter, Secretär Dr. Künſtler, verurtheilte ſie zu
vierzehn Tagen Arreſt.

Bauernrevolte.

Im Proceſſe wegen der Neu-
Szent-Annaer Bauernrevolte
wurde Samſtag
in Arad das Urtheil verkündet. Es wurden elf
Perſonen,
darunter mehrere Frauen, wegen Ge-
waltthätigkeit, eine wegen Aufreizung zu Zuchthaus
in der Dauer von 2 bis 2½ Jahren, ferner ein An-
geklagter zu einjährigem, die Uebrigen zu ſechs-
monatlichem Kerker verurtheilt. Fünf Perſonen wurden
freigeſprochen. Sowohl die Staatsanwaltſchaft als
auch die Angeklagten meldeten die Berufung an.




Gewerbe.
Zur Gewerbereform in Ungarn.

Im
Handelsminiſterium iſt ein Geſetzentwurf betreffend
die allgemeinen Gewerbecorporationen in Vorbereitung,
deren wichtigſte Beſtimmung dahin geht, daß im Ge-
biete jeder Gewerbebehörde erſter Inſtanz eine allge-
meine Gewerbecorporationen zu bilden ſei, der jeder
Gewerbetreibende anzugehören hat.

Eine Ausſtellnng kunſtgewerblicher Er-
zeugniſſe Oeſterreichs in London

wird im Jahre
1902 ſtattfinden. Eine Verſammlung öſterreichiſcher
Kunſtgewerbetreibender hat geſtern Beſchlüſſe in dieſem
Sinne gefaßt.

Ehrung eines Genoſſenſchafts-Commiſſärs.

Dem Magiſtratsrath Kienaſt, der nach 16jähriger
Thätigkeit als Genoſſenſchafts-Commiſſär der Ge-
noſſenſchaft der Plattirer zurücktritt, bereitet die Vor-
ſtehung eine beſondere Ehrung durch Ueberreichung
einer Dankadreſſe.




Volkswirthſchaftlicher Theil.
Das Centralcomité des Induſtrierathes

befaßte ſich in der Samſtag-Sitzung, mit den Vor-
ſchlägen ſeiner Referenten über die geſetzliche Regelung
des Cartellweſens. Die im Druck vorgelegten An-
träge des Referenten Julius Reich haben wir bereits
mitgetheilt. Die mündlich erſtatteten Vorſchläge des
zweiten Referenten, des Abg. Urban, gipfeln in
folgenden Principien: Die Cartelle ſeien als rechts-
wirkſame Organiſationen anzuerkennen und demgemäß
in geſetzliche Form zu bringen. Beſtand und Gründung
der Cartelle unterliegen der Anzeigepflicht bei
dem zu errichtenden Cartellamte, das auch
als Gerichtsinſtanz zur Austragung aller
aus dem Beſtande und der Thätigkeit der
Cartelle entſtandenen privatrechtlichen Streitigkeiten
zu fungiren hätte. Zur Bekämpfung der durch die
Beſeitigung und Beſchränkung der freien Concurrenz
auf ungebührliche Preisconcurrenz gerichteten mono-
poliſtiſchen Tendenzen ſollen in der Zollgeſetzgebung
[Spaltenumbruch] und auf dem Gebiete des Tarifweſens entſprechende
Maßnahmen vorgeſehen werden. Zum Zwecke der
Berathung und Entſcheidung über die einſchlägigen
Maßnahmen der Verwaltung ſoll ein Cartellrath ein-
geſetzt werden, welcher als Conſultativorgan des
Handelsminiſteriums gedacht iſt. Die Regierung ſoll
erſucht werden, auf Grund der vom Cartellcomité
beſchloſſenen Grundſätze des Cartellrechtes einen Ge-
ſetzentwurf anszuarbeiten und dem Cartellcomité zur
Berathung vorzulegen. Nach Erſtattung der beiden Re-
ferate gelangte der Antrag auf Drucklegung derſelben
und Verſendung an die Comitémitglieder zur An-
nahme, worauf die Sitzung geſchloſſen wurde.

Oeſterreichiſch-ungariſche Bank.

In der
heutigen Sitzung des Generalrathes wurden die
Tagesordnung für die Generalverſammlung und der
in derſelben zu erſtattende Geſchäftsbericht feſtgeſetzt.
Nach Genehmigung des Antrages der Bankleitung,
betreffend den Ankauf eines Baugrundes für ein
in Székesfehévar (Stuhlweißenburg) aufzuführendes
Bankgebäude, wurde beſtimmt, das Filiale Jaslo,
von dem auch die Nebenſtellen Dukla und Gorlice
reſſortiren werden, am 4. Februar l. J. zu eröffnen.

Der Landes-Obſtbau-Verein für Nieder-
öſterreich

hält ſeine Monatsverſammlung am
Donnerſtag den 24. Jänner 1901 um 5 Uhr Nach-
mittags im n.-ö. Landhauſe, Wien, 1. Bezirk, Herren-
gaſſe 13, ab. Herr Joſef Löſchnig, Fachlehrer in
Krems wird dabei einen Vortrag über Obſtverwerthung
halten.

Die deutſche Branntweinſteuervorlage

wird demnächſt dem Reichstage zugehen. Durch
theilweiſe Abänderung der Vorſchriften über die
Veranlagung der Brennereien zum Contingent
ſoll verhindert werden, daß gewerbliche Brennerei-
Unternehmungen, die unter dem Deckmantel
landwirthſchaftlicher Genoſſenſchafts-
brennereien
auftreten, unberechtigterweiſe ſich ein
hohes Contingent verſchaffen. Es handelt ſich
nicht mehr allein um Umwandlungen alter gewerb-
licher Betriebe, ſondern auch um die Neugründung
genoſſenſchaftlicher Brennereien, bei denen die Be-
theiligung von Landwirthen überwiegend dem Ge-
werbe dazu dient, für die gewerbliche Verarbeitung
ausländiſchen Getreides ein hohes Contingent zu
erlangen.

Inſolvenznachrichten.

Der Creditorenverein meldet
folgende Inſolvenzen: L. Spitzer, Kaufmann in Lugos.
Hans Rotter, Papierhandlung in Salzburg. G. Stenzel,
Tuchhandlung,, und Herrenconfection in Hermannſtadt,
Großer Ring 21. Zſigmond Stern, Kaufmann in Mako.
Samuel Haas jun., Kaufmann in Roſenberg. Johanna
Redl, Handelsfrau in Veszprim. Anaſtaſia Novak,
Handelsfrau in Budweis, Landſtraße 7. Joſeſ Pelka,
nichtregiſtrirter Schloſſer in Niemes. Benj. Sandner,
Kaufman in Sambor. Mikſa Weiß, Kaufmann in Bük-
kösd. Johann Baſe, Schneider in Jicin. Moſes Leiſten
jun., in Tarnow. Moſes Springer in Dobromit.




Lottoziehungen vom 19. Jänner.

Wien: 69 88 72 12 6

Graz: 52 6 29 35 42

Trient: 76 70 81 48 61




[Spaltenumbruch]

17 [Nachdruck verboten.).

Opfer des Haſſes.

„Sie werden mir ſtets treu bleiben, Mercy, ich
weiß es.“

„Ich bleibe Ihnen treu, Mervyn, bis in den
Tod, wenn wir nicht früher vereinigt werden.“

Sie zitterte unter ſeinen Liebkoſungen und nur
mit Mühe konnte ſie ihm ihren Kummer verbergen,
damit ſie ihm nicht noch im letzten Augenblick die
Faſſung raube und ihn vertrauend verlaſſe.

Als er von dannen gegangen war, eilte ſie zum
Fenſter, von dort winkte ſie ihm, da er noch zurück-
blickte, einen letzten Gruß mit der Hand zu,
während ſie die andere Hand auf ihr Herz preßte,
wo ſie einen ſchneidenden Schmerz empfand.

Und als er ſich entfernte mit feſtem Schritt, der
wohl zeigte, daß er von friſchem Muth beſeelt war,
ſtand ſie lange noch am Fenſter vor ſich hinſtarrend.
Ihre Augen füllten ſich mit Thränen, trotz aller An-
ſtrengung, dieſelben niederzukämpfen. Und in Ge-
danken ſah ſie eine lange Leidenszeit vor ſich liegen,
voll des Kampfes, der Trauer und des Harrens. Für
einen Mann vergeht die Zeit raſcher. Seine Beſchäfti-
gungen laſſen ihm nicht Muße, viel zu denken. Aber
für ein Mädchen, wie endlos lange wird ihr in
ſolchem Falle die Zeit des Harrens! Was nützte ihr
all’ ihr Geld? Wie gerne hätte ſie mit jeder Bett-
lerin, mit jeder Blumenverkäuferin an der Straßen-
ecke getauſcht! In ihrem reich geſchmückten Heim in
dem Bewußtſein, daß ein falſcher Menſch ſich ſtets
zwiſchen ſie und ihre Mutter drängen würde, daß ſie
immer ſeine verhaßte Gegenwart dulden mußte, hatte
ſie wenig Ausſicht auf Glück.

Als ſie ſo daſtand, in Gedanken verſunken, fühlte
ſie ſich plötzlich von zwei weichen Armen umſchlungen,
und Lallu’s Köpfchen lehnte ſich ſchmeichelnd an ihre
Schulter.


[Spaltenumbruch]

„Iſt er fort?“ frug ſie leiſe.

Mercy wandte ſich um. Eine Thräne fiel auf
Lallu’s Wange.

„Jawohl, er iſt gegangen, Lallu,“ antwortete
Mercy, durch Thränen lächelnd.

„Aber, Du haſt ihn doch nicht kummervoll weg-
gehen laſſen?“

Ein Blick unausſprechlicher Angſt begleitete dieſe
Worte.

„Ich mußte ihn ziehen laſſen.“

„Aber er wird doch wieder kommen?“ frug Lallu
eindringlich.

Mercy ſchüttelte traurig den Kopf und ſeufzte.

Das indiſche Mädchen ſchien ſie nicht zu ver-
ſtehen. Sie brach zu Mercy’s Verwunderung in eine
Fluth von Vorwürfen aus. Heftig und erbittert warf
ſie ſich ſchließlich im Uebermaße ihrer Leidenſchaft
auf den Boden, wehklagte und ſchluchzte, und klagte
Mercy der Härte an, die Mervyn in den Tod treiben
würde.

Mercy war ſo erſtaunt über ihr Benehmeu, daß
ſie ein wenig von ihrem Kummer abgeleitet wurde.

Als das Mädchen nun ein wenig ruhiger ge-
wordeu war, kniete Mercy an ihrer Seite nieder,
half ihr aufſtehen und geleitete ſie zu einem Sitz.
Hierauf holte ſie eine Eſſenz, rieb der Freundin die
Schläfen und liebkoſte ſie wie ein krankes Kind, ihr
beruhigende Worte zuflüſternd.

Als ſie ſich beruhigt hatte, frug Mercy: „Was
glaubſt Du denn eigentlich, Lallu?“

Lalln öffnete ihre Augen, lächelte, küßte die
Freundin, und, ihr Geſicht mit den Händen bedeckend,
rief ſie: „Ich bin von Sinnen Mercy. Ich weiß, ich
bin zeitweiſe ganz verrückt, vergib mir!“

Mercy umarmte ſie ebenfalls, bis ſich der
Sturm in ihrem Innern wieder gelegt hatte, und ihr
dunkles Geſichtchen ſeinen gewohnten Ausdruck wieder
gewonnen hatte,
IX. Capitel.
Durchſchaut.

Als Oberſt Roca ſein Ziel erreicht und die
[Spaltenumbruch] Liebenden getrennt hatte, benahm er ſich noch weiter
ſehr ſchlau. Er verſäumte keine Gelegenheit, Mercy
ſeine höchſte Ehrerbietung zu beweiſen, und verſuchte
es auch einmal, Mercy zu verſichern, daß er mit
ihrem Kummer nichts zu thun habe.

„Ich wünſchte vor allem, Ihnen Kummer zu er-
ſparen Mercy,“ ſagte er, als ſie einmal allein bei-
ſammen waren. „Ich war in argem Zweifel. Einer-
ſeits wenn ich ſchwieg, würde ich Sie und Herrn
Rhodes weiter in ihrer unhaltbaren falſchen Stellung
zu einander gelaſſen haben. Hätten Sie ſich verliebt
und hätte ich nach einer Zeit geſprochen, ſo wäre der
Schlag für Sie um ſo ärger geweſen. Je ſpäter er
gekommen wäre, deſto ärger wären die Folgen ge-
weſen. Am ſchlechteſten wäre es wohl ausgefallen,
wenn Sie einander geheiratet hätten, und die Sache
wäre dann erſt herausgekommen. Was blieb mir zu
thun übrig? Ich ging zu Herrn Rhodes, theilte ihm
den Sachverhalt mit, mich verpflichtend, niemanden
gegenüber ein Wort davon zu ſprechen. Konnte ich
anders handeln? Sprechen Sie ſelbſt.“

„Ich weiß nicht,“ ſagte Mercy unfreundlich.

„Ich weiß wohl, daß die Hand, welche einen
Streich führt, ſchuldig oder unſchuldig, dafür ver-
antwortlich gemacht wird. Nachdem ich derjenige war,
der die ganze Sache ans Tageslicht gebracht hat,
bringen Sie mich in die engſte Verbindung damit.
Sie werden erſt ſpäter einſehen, daß ich nicht anders
handeln konnte, und mir dann vielleicht Gerechtigkeit
wiederfahren laſſen.“

„Sie trachteten uns zu trennen, und haben
meinen Brief unterſchlagen,“ erwiederte Mercy kühl.

„Ich geſtehe es. Was den Brief betrifft, habe
ich ihn zufällig in meine Taſche geſteckt und es
ſcheint nun, als hätte ich es gethan, um die Sache
geheim zu halten. Was könnte ich für einen Grund
haben, ſo zu handeln, als zu Ihrem Glück alles zu
geſtalten?“

„Sie haben mir nicht die Wahrheit geſtanden,
als ich Sie darum frug.“     [F. f.]


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Das Reinerträgniß fließt dem Verein zur Gründung<lb/>
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[11/0011] 18 Wien, Dienſtag Reichspoſt 22. Jänner 1901 königl. bairiſchen National-Muſeum in München Dr. Wolfgang M. Schmidt im Oeſterreichiſchen Muſeum einen Vortrag mit Projectionsbildern über die Gräber deutſcher Kaiſer im Dome zu Speyer und ihre Eröffnung im Jahre 1900 halten. Ballchranik. Montag, 28. Jänner: Ball der katholiſch-akade- miſchen Verbindung „Norica“ im Ballſaale des Hotel Continental, 2. Bez., Taborſtraße 6, Damen- und Herrenkarten à 5 K, Officiers- und Studenten- karten à 2 K, Familienkarten (4 Perſonen) 15 K. Das Reinerträgniß fließt dem Verein zur Gründung einer freien katholiſchen Univerſität in Salzburg zu. Narrenabend des Wiener Männergeſangvereines. Der ſchon morgen, Dienſtag, den 22. d. M., im Sofienſaale unter der Serie „Fideler Geiſter- abend“ ſtattfindende „Narrenabend“ des „Wiener Männergeſangvereines“ dürfte nach den vielen Gruppenanmeldungen und der großen Nachfrage nach Karten zu ſchließen, auch heuer wieder eines der luſtigſten und gelungenſten Feſte des Carnevals werden. Die wenigen, noch verfügbaren Karten gelangen heute und morgen in der Vereinskanzlei (1. Bezirk, Canova- gaſſe 4, Halbſtock) zur Ausgabe. Aus dem Gerichtsſaale. Ein Preßproceß beginnt, wie aus Krakau gemeldet wird, am 5. Februar vor dem dortigen Schwurgerichte gegen das ſocialiſtiſche Organ „Naprzod“ wegen Veröffentlichung einer Artikel- ſerie gegen die Garniſon in Przemysl. Angeklagt ſind faſt ſämmtliche Redacteure dieſes Blattes. Die Verhandlungen dürfen nahezu zwei Wochen in An- ſpruch nehmen. Zigeuner-Romantik. Unter den Häftlingen, welche vorgeſtern dem Strafricht der Leopoldſtadt vorgeführt wurden, befand ſich eine Frauensperſon mit einem Säugling am Arm, deren abenteuerliche Vergangenheit nicht unintereſſant erſcheint. Caroline Burand ſtammt aus einer Zigeunerfamilie, die ſich jetzt in der Nähe von Preßburg ſeßhaft gemacht hat und dem ordentlichen Erwerbe nachgeht. Sie wurde während des Wanderzuges ihres Stammes in Belgien geboren, kam in die Obhut einer fremden Zigeunerin und der Wandertrieb war bei ihr ſo groß, daß ſie es vorzog, mit einem fremden Stamm ziellos die Welt zu durchſtreifen, ſtatt ihren Eltern in die ungariſche Heimat zu folgen. Sie erlernte die Künſte ihrer Race, Muſicieren, Handlinienleſen und Wahrſagen, womit ſie ſich durchſchlug. Bei ihrer Bande befand ſich ein junger Muſikant, mit welchem ſie ſich in ein Liebes- verhältniß einließ, dem 2 Kinder entſproſſen. Dem Bandenführer wurde das Mädchen, das die Kinder zu pflegen hatte und deshalb ſich der Truppe nicht nützlich erweiſen konnte, unbequem und als Caroline Burand eines Morgens in einem Wäldchen bei Hamburg er- wachte, war die Truppe verſchwunden. Zu Fuß wan- derte das Mädchen mit ihren Kindern von Hamburg nach Preßburg, wo ſie den Geliebten zu finden hoffte. Da ſie ihn nicht fand, kam ſie nach Kagran, wo ge- rade Zigeuner ſich aufhielten. Auch dort fand ſie ihn nicht und als ſie das Wiener Gemeindegebiet betrat, wurde ſie verhaftet. Sie iſt nämlich vor Jahren aus Oeſterreich ausgewieſeu worden und beging durch die verbotene Rückkehr die Uebertretung des § 323. Der Richter, Secretär Dr. Künſtler, verurtheilte ſie zu vierzehn Tagen Arreſt. Bauernrevolte. Im Proceſſe wegen der Neu- Szent-Annaer Bauernrevolte wurde Samſtag in Arad das Urtheil verkündet. Es wurden elf Perſonen, darunter mehrere Frauen, wegen Ge- waltthätigkeit, eine wegen Aufreizung zu Zuchthaus in der Dauer von 2 bis 2½ Jahren, ferner ein An- geklagter zu einjährigem, die Uebrigen zu ſechs- monatlichem Kerker verurtheilt. Fünf Perſonen wurden freigeſprochen. Sowohl die Staatsanwaltſchaft als auch die Angeklagten meldeten die Berufung an. Gewerbe. Zur Gewerbereform in Ungarn. Im Handelsminiſterium iſt ein Geſetzentwurf betreffend die allgemeinen Gewerbecorporationen in Vorbereitung, deren wichtigſte Beſtimmung dahin geht, daß im Ge- biete jeder Gewerbebehörde erſter Inſtanz eine allge- meine Gewerbecorporationen zu bilden ſei, der jeder Gewerbetreibende anzugehören hat. Eine Ausſtellnng kunſtgewerblicher Er- zeugniſſe Oeſterreichs in London wird im Jahre 1902 ſtattfinden. Eine Verſammlung öſterreichiſcher Kunſtgewerbetreibender hat geſtern Beſchlüſſe in dieſem Sinne gefaßt. Ehrung eines Genoſſenſchafts-Commiſſärs. Dem Magiſtratsrath Kienaſt, der nach 16jähriger Thätigkeit als Genoſſenſchafts-Commiſſär der Ge- noſſenſchaft der Plattirer zurücktritt, bereitet die Vor- ſtehung eine beſondere Ehrung durch Ueberreichung einer Dankadreſſe. Volkswirthſchaftlicher Theil. Das Centralcomité des Induſtrierathes befaßte ſich in der Samſtag-Sitzung, mit den Vor- ſchlägen ſeiner Referenten über die geſetzliche Regelung des Cartellweſens. Die im Druck vorgelegten An- träge des Referenten Julius Reich haben wir bereits mitgetheilt. Die mündlich erſtatteten Vorſchläge des zweiten Referenten, des Abg. Urban, gipfeln in folgenden Principien: Die Cartelle ſeien als rechts- wirkſame Organiſationen anzuerkennen und demgemäß in geſetzliche Form zu bringen. Beſtand und Gründung der Cartelle unterliegen der Anzeigepflicht bei dem zu errichtenden Cartellamte, das auch als Gerichtsinſtanz zur Austragung aller aus dem Beſtande und der Thätigkeit der Cartelle entſtandenen privatrechtlichen Streitigkeiten zu fungiren hätte. Zur Bekämpfung der durch die Beſeitigung und Beſchränkung der freien Concurrenz auf ungebührliche Preisconcurrenz gerichteten mono- poliſtiſchen Tendenzen ſollen in der Zollgeſetzgebung und auf dem Gebiete des Tarifweſens entſprechende Maßnahmen vorgeſehen werden. Zum Zwecke der Berathung und Entſcheidung über die einſchlägigen Maßnahmen der Verwaltung ſoll ein Cartellrath ein- geſetzt werden, welcher als Conſultativorgan des Handelsminiſteriums gedacht iſt. Die Regierung ſoll erſucht werden, auf Grund der vom Cartellcomité beſchloſſenen Grundſätze des Cartellrechtes einen Ge- ſetzentwurf anszuarbeiten und dem Cartellcomité zur Berathung vorzulegen. Nach Erſtattung der beiden Re- ferate gelangte der Antrag auf Drucklegung derſelben und Verſendung an die Comitémitglieder zur An- nahme, worauf die Sitzung geſchloſſen wurde. Oeſterreichiſch-ungariſche Bank. In der heutigen Sitzung des Generalrathes wurden die Tagesordnung für die Generalverſammlung und der in derſelben zu erſtattende Geſchäftsbericht feſtgeſetzt. Nach Genehmigung des Antrages der Bankleitung, betreffend den Ankauf eines Baugrundes für ein in Székesfehévar (Stuhlweißenburg) aufzuführendes Bankgebäude, wurde beſtimmt, das Filiale Jaslo, von dem auch die Nebenſtellen Dukla und Gorlice reſſortiren werden, am 4. Februar l. J. zu eröffnen. Der Landes-Obſtbau-Verein für Nieder- öſterreich hält ſeine Monatsverſammlung am Donnerſtag den 24. Jänner 1901 um 5 Uhr Nach- mittags im n.-ö. Landhauſe, Wien, 1. Bezirk, Herren- gaſſe 13, ab. Herr Joſef Löſchnig, Fachlehrer in Krems wird dabei einen Vortrag über Obſtverwerthung halten. Die deutſche Branntweinſteuervorlage wird demnächſt dem Reichstage zugehen. Durch theilweiſe Abänderung der Vorſchriften über die Veranlagung der Brennereien zum Contingent ſoll verhindert werden, daß gewerbliche Brennerei- Unternehmungen, die unter dem Deckmantel landwirthſchaftlicher Genoſſenſchafts- brennereien auftreten, unberechtigterweiſe ſich ein hohes Contingent verſchaffen. Es handelt ſich nicht mehr allein um Umwandlungen alter gewerb- licher Betriebe, ſondern auch um die Neugründung genoſſenſchaftlicher Brennereien, bei denen die Be- theiligung von Landwirthen überwiegend dem Ge- werbe dazu dient, für die gewerbliche Verarbeitung ausländiſchen Getreides ein hohes Contingent zu erlangen. Inſolvenznachrichten. Der Creditorenverein meldet folgende Inſolvenzen: L. Spitzer, Kaufmann in Lugos. Hans Rotter, Papierhandlung in Salzburg. G. Stenzel, Tuchhandlung,, und Herrenconfection in Hermannſtadt, Großer Ring 21. Zſigmond Stern, Kaufmann in Mako. Samuel Haas jun., Kaufmann in Roſenberg. Johanna Redl, Handelsfrau in Veszprim. Anaſtaſia Novak, Handelsfrau in Budweis, Landſtraße 7. Joſeſ Pelka, nichtregiſtrirter Schloſſer in Niemes. Benj. Sandner, Kaufman in Sambor. Mikſa Weiß, Kaufmann in Bük- kösd. Johann Baſe, Schneider in Jicin. Moſes Leiſten jun., in Tarnow. Moſes Springer in Dobromit. Lottoziehungen vom 19. Jänner. Wien: 69 88 72 12 6 Graz: 52 6 29 35 42 Trient: 76 70 81 48 61 17 [Nachdruck verboten.). Opfer des Haſſes. Roman aus dem Engliſchen von G. S. „Sie werden mir ſtets treu bleiben, Mercy, ich weiß es.“ „Ich bleibe Ihnen treu, Mervyn, bis in den Tod, wenn wir nicht früher vereinigt werden.“ Sie zitterte unter ſeinen Liebkoſungen und nur mit Mühe konnte ſie ihm ihren Kummer verbergen, damit ſie ihm nicht noch im letzten Augenblick die Faſſung raube und ihn vertrauend verlaſſe. Als er von dannen gegangen war, eilte ſie zum Fenſter, von dort winkte ſie ihm, da er noch zurück- blickte, einen letzten Gruß mit der Hand zu, während ſie die andere Hand auf ihr Herz preßte, wo ſie einen ſchneidenden Schmerz empfand. Und als er ſich entfernte mit feſtem Schritt, der wohl zeigte, daß er von friſchem Muth beſeelt war, ſtand ſie lange noch am Fenſter vor ſich hinſtarrend. Ihre Augen füllten ſich mit Thränen, trotz aller An- ſtrengung, dieſelben niederzukämpfen. Und in Ge- danken ſah ſie eine lange Leidenszeit vor ſich liegen, voll des Kampfes, der Trauer und des Harrens. Für einen Mann vergeht die Zeit raſcher. Seine Beſchäfti- gungen laſſen ihm nicht Muße, viel zu denken. Aber für ein Mädchen, wie endlos lange wird ihr in ſolchem Falle die Zeit des Harrens! Was nützte ihr all’ ihr Geld? Wie gerne hätte ſie mit jeder Bett- lerin, mit jeder Blumenverkäuferin an der Straßen- ecke getauſcht! In ihrem reich geſchmückten Heim in dem Bewußtſein, daß ein falſcher Menſch ſich ſtets zwiſchen ſie und ihre Mutter drängen würde, daß ſie immer ſeine verhaßte Gegenwart dulden mußte, hatte ſie wenig Ausſicht auf Glück. Als ſie ſo daſtand, in Gedanken verſunken, fühlte ſie ſich plötzlich von zwei weichen Armen umſchlungen, und Lallu’s Köpfchen lehnte ſich ſchmeichelnd an ihre Schulter. „Iſt er fort?“ frug ſie leiſe. Mercy wandte ſich um. Eine Thräne fiel auf Lallu’s Wange. „Jawohl, er iſt gegangen, Lallu,“ antwortete Mercy, durch Thränen lächelnd. „Aber, Du haſt ihn doch nicht kummervoll weg- gehen laſſen?“ Ein Blick unausſprechlicher Angſt begleitete dieſe Worte. „Ich mußte ihn ziehen laſſen.“ „Aber er wird doch wieder kommen?“ frug Lallu eindringlich. Mercy ſchüttelte traurig den Kopf und ſeufzte. Das indiſche Mädchen ſchien ſie nicht zu ver- ſtehen. Sie brach zu Mercy’s Verwunderung in eine Fluth von Vorwürfen aus. Heftig und erbittert warf ſie ſich ſchließlich im Uebermaße ihrer Leidenſchaft auf den Boden, wehklagte und ſchluchzte, und klagte Mercy der Härte an, die Mervyn in den Tod treiben würde. Mercy war ſo erſtaunt über ihr Benehmeu, daß ſie ein wenig von ihrem Kummer abgeleitet wurde. Als das Mädchen nun ein wenig ruhiger ge- wordeu war, kniete Mercy an ihrer Seite nieder, half ihr aufſtehen und geleitete ſie zu einem Sitz. Hierauf holte ſie eine Eſſenz, rieb der Freundin die Schläfen und liebkoſte ſie wie ein krankes Kind, ihr beruhigende Worte zuflüſternd. Als ſie ſich beruhigt hatte, frug Mercy: „Was glaubſt Du denn eigentlich, Lallu?“ Lalln öffnete ihre Augen, lächelte, küßte die Freundin, und, ihr Geſicht mit den Händen bedeckend, rief ſie: „Ich bin von Sinnen Mercy. Ich weiß, ich bin zeitweiſe ganz verrückt, vergib mir!“ Mercy umarmte ſie ebenfalls, bis ſich der Sturm in ihrem Innern wieder gelegt hatte, und ihr dunkles Geſichtchen ſeinen gewohnten Ausdruck wieder gewonnen hatte, IX. Capitel. Durchſchaut. Als Oberſt Roca ſein Ziel erreicht und die Liebenden getrennt hatte, benahm er ſich noch weiter ſehr ſchlau. Er verſäumte keine Gelegenheit, Mercy ſeine höchſte Ehrerbietung zu beweiſen, und verſuchte es auch einmal, Mercy zu verſichern, daß er mit ihrem Kummer nichts zu thun habe. „Ich wünſchte vor allem, Ihnen Kummer zu er- ſparen Mercy,“ ſagte er, als ſie einmal allein bei- ſammen waren. „Ich war in argem Zweifel. Einer- ſeits wenn ich ſchwieg, würde ich Sie und Herrn Rhodes weiter in ihrer unhaltbaren falſchen Stellung zu einander gelaſſen haben. Hätten Sie ſich verliebt und hätte ich nach einer Zeit geſprochen, ſo wäre der Schlag für Sie um ſo ärger geweſen. Je ſpäter er gekommen wäre, deſto ärger wären die Folgen ge- weſen. Am ſchlechteſten wäre es wohl ausgefallen, wenn Sie einander geheiratet hätten, und die Sache wäre dann erſt herausgekommen. Was blieb mir zu thun übrig? Ich ging zu Herrn Rhodes, theilte ihm den Sachverhalt mit, mich verpflichtend, niemanden gegenüber ein Wort davon zu ſprechen. Konnte ich anders handeln? Sprechen Sie ſelbſt.“ „Ich weiß nicht,“ ſagte Mercy unfreundlich. „Ich weiß wohl, daß die Hand, welche einen Streich führt, ſchuldig oder unſchuldig, dafür ver- antwortlich gemacht wird. Nachdem ich derjenige war, der die ganze Sache ans Tageslicht gebracht hat, bringen Sie mich in die engſte Verbindung damit. Sie werden erſt ſpäter einſehen, daß ich nicht anders handeln konnte, und mir dann vielleicht Gerechtigkeit wiederfahren laſſen.“ „Sie trachteten uns zu trennen, und haben meinen Brief unterſchlagen,“ erwiederte Mercy kühl. „Ich geſtehe es. Was den Brief betrifft, habe ich ihn zufällig in meine Taſche geſteckt und es ſcheint nun, als hätte ich es gethan, um die Sache geheim zu halten. Was könnte ich für einen Grund haben, ſo zu handeln, als zu Ihrem Glück alles zu geſtalten?“ „Sie haben mir nicht die Wahrheit geſtanden, als ich Sie darum frug.“ [F. f.]

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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 18, Wien, 22.01.1901, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost018_1901/11>, abgerufen am 21.11.2024.