Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 176. Leipzig (Sachsen), 13. August 1836.Das Pfennig=Magazin.
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Die Seehundsjagd in Grönland. [Beginn Spaltensatz] heraufkommen, oder wenn sie im Sonnenscheine schla- fen, ohne alle Mühe todtgeschlagen. An den Küsten der Orkney= und Shetlandinseln, Auch an den nördlichen Küsten Schottlands werden Das Pfennig=Magazin.
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Die Seehundsjagd in Grönland. [Beginn Spaltensatz] heraufkommen, oder wenn sie im Sonnenscheine schla- fen, ohne alle Mühe todtgeschlagen. An den Küsten der Orkney= und Shetlandinseln, Auch an den nördlichen Küsten Schottlands werden <TEI> <text> <body> <div type="jArticle" n="1"> <p><pb facs="#f0004" n="260"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#g">Das Pfennig=Magazin.</hi></fw><figure><head> Die Seehundsjagd in Grönland. </head></figure><lb/><cb type="start"/> heraufkommen, oder wenn sie im Sonnenscheine schla-<lb/> fen, ohne alle Mühe todtgeschlagen.</p><lb/> <p>An den Küsten der Orkney= und Shetlandinseln,<lb/> besonders auf den kleinern und kleinsten, die nichts<lb/> als kahle Klippen und Meerfelsen sind, gibt es viele<lb/> Seehunde; dort liegen sie haufenweise bei niedriger See<lb/> dicht aneinander gereiht. Sie schwimmen mit ungemei-<lb/> ner Schnelligkeit und zeigen sich vorzüglich hurtig, wenn<lb/> ein Sturm und Ungewitter bevorsteht; dann pflegen sie<lb/> die Nasen weit aus den bewegten Wellen hervorzu-<lb/> strecken, schnellen sich, wenn ihnen das Wetter gar<lb/> zu bedenklich vorkommt, unter allerlei seltsamen Sprün-<lb/> gen ans Land und verbergen sich in ihren Felsenhöh-<lb/> len so lange, bis das Unwetter vorüber ist. Man er-<lb/> zählt sich von diesen Thieren manche Eigenthümlich-<lb/> keiten. Sie sind sehr neugierig, auch zutraulich ge-<lb/> gen Menschen, schwimmen einem stark bemannten Boote,<lb/> auf welchem laut gesprochen wird, oft lange nach, sehen<lb/> sich die Mannschaft an und scheinen auf ihr Gespräch<lb/> zu horchen. Die Kirche von Hoy in Orkney liegt dicht an<lb/> einer kleinen sandigen Bucht, die von Seehunden öfters<lb/> belebt ist; wenn nun mit den Glocken zum Gottesdienste<lb/> geläutet wird, so kann man vom Ufer aus bemerken, wie<lb/> die Seehunde von allen Seiten dicht an dasselbe herange-<lb/> schwommen kommen und auf den Ton der Glocken horchen.</p><lb/> <p>Auch an den nördlichen Küsten Schottlands werden<lb/> jährlich eine außerordentliche Menge Seehunde erlegt, so-<lb/> wol des Thrans als des Felles wegen, in Nordronaldsha<lb/> auch wegen ihres Fleisches, und namentlich das der<lb/><cb n="2"/> Jungen soll gar nicht übel schmecken. Jn frühern Zei-<lb/> ten kamen junge Seehunde sogar auf die Tafeln der<lb/> Vornehmen in England. Hier fängt man die See-<lb/> hunde folgendergestalt: es gibt dort gewaltige Höhlen,<lb/> welche sich in die See hinaus öffnen und sich bis 100<lb/> Ellen ins Land hinein erstrecken. Diese sind die Zufluchts-<lb/> örter der Seehunde in der Brutzeit, wo sie sich so lange<lb/> verborgen halten, bis die Jungen stark genug sind, um<lb/> mit in See zu gehen, was gemeiniglich in sechs bis<lb/> sieben Wochen der Fall ist. Der Eingang dieser Ufer-<lb/> höhlen ist so eng, daß nur ein einzelnes Boot hindurch<lb/> kann, im Jnnern jedoch sind sie sehr geräumig. Jm<lb/> Monat October oder Anfang November fahren nun die<lb/> Seehundjäger um die Nachtzeit in diese Felsenmün-<lb/> dungen ein und rudern, mit tüchtigen Knütteln und<lb/> Fackeln versehen, die sie beim Hineinfahren anzünden,<lb/> so weit hinein als möglich. Plötzlich erhebt die ganze<lb/> Mannschaft einen gewaltigen Lärm, worauf alle Thiere<lb/> erschreckt mit Schreien und Grunzen aus ihren Schlupf-<lb/> winkeln herausfahren. Dieses erste Aufschrecken ist für<lb/> die Jäger nicht ohne Gefahr, sie müssen mit dem<lb/> Boote vorsichtig zurückweichen, damit der große Haufe<lb/> der alten Seehunde sie nicht umwirft. Jst dieser<lb/> Strudel aber vorüber, dann haben die Jäger gewonnenes<lb/> Spiel; sie nähern sich alsdann mit dem Boote den<lb/> Löchern und Höhlungen der Felsenwand, wo die jungen<lb/> Seehunde sich befinden, schlagen diese mit ihren Stöcken<lb/> auf die Nasen — dem empfindlichsten Körpertheil<lb/> dieser Thiere — und erlegen sie so in kurzer Zeit.</p><lb/> <cb type="end"/> </div> </body> </text> </TEI> [260/0004]
Das Pfennig=Magazin.
[Abbildung Die Seehundsjagd in Grönland. ]
heraufkommen, oder wenn sie im Sonnenscheine schla-
fen, ohne alle Mühe todtgeschlagen.
An den Küsten der Orkney= und Shetlandinseln,
besonders auf den kleinern und kleinsten, die nichts
als kahle Klippen und Meerfelsen sind, gibt es viele
Seehunde; dort liegen sie haufenweise bei niedriger See
dicht aneinander gereiht. Sie schwimmen mit ungemei-
ner Schnelligkeit und zeigen sich vorzüglich hurtig, wenn
ein Sturm und Ungewitter bevorsteht; dann pflegen sie
die Nasen weit aus den bewegten Wellen hervorzu-
strecken, schnellen sich, wenn ihnen das Wetter gar
zu bedenklich vorkommt, unter allerlei seltsamen Sprün-
gen ans Land und verbergen sich in ihren Felsenhöh-
len so lange, bis das Unwetter vorüber ist. Man er-
zählt sich von diesen Thieren manche Eigenthümlich-
keiten. Sie sind sehr neugierig, auch zutraulich ge-
gen Menschen, schwimmen einem stark bemannten Boote,
auf welchem laut gesprochen wird, oft lange nach, sehen
sich die Mannschaft an und scheinen auf ihr Gespräch
zu horchen. Die Kirche von Hoy in Orkney liegt dicht an
einer kleinen sandigen Bucht, die von Seehunden öfters
belebt ist; wenn nun mit den Glocken zum Gottesdienste
geläutet wird, so kann man vom Ufer aus bemerken, wie
die Seehunde von allen Seiten dicht an dasselbe herange-
schwommen kommen und auf den Ton der Glocken horchen.
Auch an den nördlichen Küsten Schottlands werden
jährlich eine außerordentliche Menge Seehunde erlegt, so-
wol des Thrans als des Felles wegen, in Nordronaldsha
auch wegen ihres Fleisches, und namentlich das der
Jungen soll gar nicht übel schmecken. Jn frühern Zei-
ten kamen junge Seehunde sogar auf die Tafeln der
Vornehmen in England. Hier fängt man die See-
hunde folgendergestalt: es gibt dort gewaltige Höhlen,
welche sich in die See hinaus öffnen und sich bis 100
Ellen ins Land hinein erstrecken. Diese sind die Zufluchts-
örter der Seehunde in der Brutzeit, wo sie sich so lange
verborgen halten, bis die Jungen stark genug sind, um
mit in See zu gehen, was gemeiniglich in sechs bis
sieben Wochen der Fall ist. Der Eingang dieser Ufer-
höhlen ist so eng, daß nur ein einzelnes Boot hindurch
kann, im Jnnern jedoch sind sie sehr geräumig. Jm
Monat October oder Anfang November fahren nun die
Seehundjäger um die Nachtzeit in diese Felsenmün-
dungen ein und rudern, mit tüchtigen Knütteln und
Fackeln versehen, die sie beim Hineinfahren anzünden,
so weit hinein als möglich. Plötzlich erhebt die ganze
Mannschaft einen gewaltigen Lärm, worauf alle Thiere
erschreckt mit Schreien und Grunzen aus ihren Schlupf-
winkeln herausfahren. Dieses erste Aufschrecken ist für
die Jäger nicht ohne Gefahr, sie müssen mit dem
Boote vorsichtig zurückweichen, damit der große Haufe
der alten Seehunde sie nicht umwirft. Jst dieser
Strudel aber vorüber, dann haben die Jäger gewonnenes
Spiel; sie nähern sich alsdann mit dem Boote den
Löchern und Höhlungen der Felsenwand, wo die jungen
Seehunde sich befinden, schlagen diese mit ihren Stöcken
auf die Nasen — dem empfindlichsten Körpertheil
dieser Thiere — und erlegen sie so in kurzer Zeit.
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