Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 167. Leipzig (Sachsen), 11. Juni 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] Vermählung Friedrich Barbarossa's mit Beatrix von
Burgund dar. Am Ende des vordern linken Schloß-
flügels befindet sich die Hofkapelle, die sich durch reiche
Verzierungen und zwei Altargemälde von Tiepolo aus-
zeichnet. Auf der Ost= und Südseite umgibt das
Schloß der Hofgarten, der durch anmuthige Anlagen
und großen Pflanzenreichthum anzieht.

Eine Hauptzierde der Stadt ist das große palast-
ähnliche Juliushospital am nördlichen Stadtwalle, von
dem trefflichen Bischof Julius Echter von 1576--79
gebaut, aber nach einem Brande seit 1704 und am
Ende des 18. Jahrhunderts vielfach verändert. Jn dem
prächtigen Mittelgeschoß des innern Hauptflügels befindet
sich eine einfache und geschmackvoll eingerichtete Kapelle.
Die mit einem Vermögen von 5 Millionen Gulden
ausgestattete Anstalt nimmt jährlich eine große Anzahl
armer Kranken zur Verpflegung auf und gewährt ge-
brechlichen Alten lebenslängliche Versorgung. Mit dem
Spitale sind noch andere Anstalten in verschiedenen Ge-
bäuden vereinigt, nämlich das eigentliche Krankenhaus,
die Heilanstalt für Epileptische und Wahnsinnige, das
Entbindungshaus, das anatomische Theater, das chemi-
sche Laboratorium und der botanische Garten. Jn na-
her Verbindung mit dem Juliushospitale, als dem ei-
gentlichen Mittelpunkte des praktisch=medicinischen Stu-
diums, steht die Universität, die der Bischof Julius
1582 gründete, nachdem die schon 1403 nach dem
Muster von Bologna gestiftete Hochschule bald wieder
eingegangen war. Sie wurde von ihrem Stifter reich
ausgestattet und erhielt besonders unter der Regierung
des vorletzten erleuchteten Fürstbischofs von Erthal
einen höhern Aufschwung, der auch nach der Vereini-
gung des Landes mit Baiern fortdauerte. Die Ver-
bindung mit dem Juliushospitale hat sie stets zu einer
der ersten medicinischen Schulen Deutschlands gemacht.
Unter den übrigen gemeinnützigen Anstalten sind vor-
züglich auszuzeichnen das Gymnasium, Heine's ortho-
pädisches Jnstitut, die Blindenlehranstalt, die Thier-
arzneischule, die Schwimmschule, das von einem Ver-
ein unterhaltene und wohlthätig wirkende polytechnische
Jnstitut oder die Centralindustrieschule, das musikalische
Jnstitut, das im Gesange und in der Jnstrumental-
musik unentgeltlichen Unterricht ertheilt und besonders
auch dazu beiträgt, unter den Landschullehrern Baierns
musikalische Bildung zu verbreiten.

Würzburg hat gegen 24,000 Einwohner, die sich
mit einigen nicht sehr bedeutenden Fabrikzweigen beschäf-
tigen, aber einen ansehnlichen Handel mit dem Haupt-
erzeugnisse der Umgegend, Wein, treiben, welcher durch
die Mainschiffahrt sehr begünstigt wird. Jn dem benach-
barten ehemaligen Cistercienserkloster Oberzell befindet sich
seit 1817 die mechanische Werkstatt für die von den
beiden Deutschen König und Bauer erfundenen und
zuerst 1814 von ihnen in England ausgeführten Schnell-
pressen oder Druckmaschinen, deren sie verschiedene, doch
auf einem Princip beruhende Arten verfertigen.



Jspahan.
( Beschluß aus Nr. 166. )

Was Jspahan an neuen Prachtbauten aufzuweisen
hat, verdankt es seinem jetzigen Statthalter, der von ei-
nem bescheidenen Krämer sich zu seiner Würde emporge-
schwungen hat, und dessen Ehrgeiz es ist, seine Vaterstadt
zu ihrem alten Glanze wieder emporzuheben. Alle diese
Prachtgebäude kommen in gewissen Grundzügen über-
[Spaltenumbruch] ein. Eine offene von Säulen getragene Halle in der
Fronte, oder verschlossen von bunten Glasfenstern, die
ein sanftes Licht einlassen, öffnet sich auf einen Platz,
den ein Wasserbecken oder ein Springbrunnen ziert, um
den sich die Dienerschaft versammelt. Die Säulen sind
meist vergoldet oder mit Arabesken geschmückt, das
Ganze erscheint luftig und leicht, wie es dem Klima
angemessen ist.

Ehemals hatte Jspahan nicht weniger als 162
Moscheen und 48 große Lehranstalten, viele derselben
stehen noch. Unter allen nimmt die Medsched=Schah oder
Königsmoschee den ersten Rang ein, unstreitig eines der
prachtvollsten kirchlichen Gebäude Asiens, von Abbas
dem Großen erbaut und dem Jmaum Mehedi gewidmet.
Ein hoher Porticus führt in ihren innern Hof. Auf
jeder Seite neben ihm erhebt sich ein schlanker Thurm
mit einer offenen Galerie endend. Jn der Mitte ist der
Eingang, welchen zwei mächtige, 12 Fuß breite Flügel-
thüren schließen. Diese Thüren sind mit Silberplatten
belegt und mit Jnschriften aus dem Koran geziert. Eine
schwere eiserne Kette zieht sich vor dieser Pforte hin,
welche uns in den Vorhof der Moschee führt, die sich
selbst am Ende desselben in einer gewaltigen Kuppel,
das Wunder Persiens, erhebt. Der Hof, wie der Haupt-
tempel selbst ist von Quadern erbaut, die, mit glasir-
ten Ziegeln bekleidet und mit Jnschriften bedeckt, den
Glanz der Sonne zurückspiegeln. Das Jnnere der
Moschee steht mit diesem prachtvollen Vorhof im Ein-
klang; hier herrschen Größe und Feierlichkeit, wie in
keinem andern mohammedanischen Tempel.

Die Moschee von Lutf=allah ist einfacher, aber
nicht minder groß; Verhältnisse und Arbeit sind hier
noch zierlicher, und der schöne gelbliche und durchsich-
tige Marmor von Tabris, Gemälde, glasirte Ziegel und
Jnschriften auf Bronze und Silberplatten bilden den
Schmuck dieses Tempels.

Unter den höhern Lehranstalten ist die Medresseh
Dschedda die berühmteste. Ein hoher Porticus von
phantastisch gewundenen Säulen führt zu einem Paar
mächtigen Flügelthüren von Bronze, mit Silber ausge-
legt und mit Blumen und Sprüchen aus dem Koran
geziert, in eine gewölbte Vorhalle, aus der man in den
geräumigen, mit Bäumen und Blumen bepflanzten
Hof tritt, dessen rechte Seite die schöne Moschee mit
ihren zwei hohen Minarets einnimmt, indeß auf der
Linken ein schöner Porticus, und ihm zur Seite die
Wohnzimmer der Lernenden, zwölf auf jeder Seite, in
zwei Stockwerken liegen, kleine viereckige Zellen mit Tep-
pichen belegt, die unter diesen Umgebungen von grünen
Sträuchern, spielenden Wassern, Tempeln und bei der
Stille des Orts wie zum Studium geschaffen sind. Ge-
wöhnlich wohnen hier über hundert Jünger der Wissen-
schaft, welche Unterhalt und Lehre kostenfrei erhalten.

Nach den neuesten Schätzungen rechnet man die
Zahl der Einwohner Jspahans auf 200,000. Sie sind
mit Recht die Pariser Asiens genannt worden. Leicht,
lebhaft und höflich, unterscheiden sie sich auffallend von
den übrigen Asiaten. Voller Anlagen für Künste und
Wissenschaften, lebhaften Geistes und von schneller Fas-
sungskraft, kann fast jeder Jspahaner lesen und schreiben
und ist mit den Lieblingsdichtern des Vaterlandes ver-
traut. Thätig, fleißig und betriebsam, aber wegen ihrer
Weichlichkeit und Feigheit der Spott der übrigen Pro-
vinzen, sind sie immer berühmte Seidenweber, aber sehr
schlechte Soldaten gewesen, und man nennt die Fabri-
ken Jspahans als die ersten in Asien, und seine Krie-
ger als die feigsten.

Auch sind Jspahans Manufacturen in Baumwolle,
[Ende Spaltensatz]

Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] Vermählung Friedrich Barbarossa's mit Beatrix von
Burgund dar. Am Ende des vordern linken Schloß-
flügels befindet sich die Hofkapelle, die sich durch reiche
Verzierungen und zwei Altargemälde von Tiepolo aus-
zeichnet. Auf der Ost= und Südseite umgibt das
Schloß der Hofgarten, der durch anmuthige Anlagen
und großen Pflanzenreichthum anzieht.

Eine Hauptzierde der Stadt ist das große palast-
ähnliche Juliushospital am nördlichen Stadtwalle, von
dem trefflichen Bischof Julius Echter von 1576—79
gebaut, aber nach einem Brande seit 1704 und am
Ende des 18. Jahrhunderts vielfach verändert. Jn dem
prächtigen Mittelgeschoß des innern Hauptflügels befindet
sich eine einfache und geschmackvoll eingerichtete Kapelle.
Die mit einem Vermögen von 5 Millionen Gulden
ausgestattete Anstalt nimmt jährlich eine große Anzahl
armer Kranken zur Verpflegung auf und gewährt ge-
brechlichen Alten lebenslängliche Versorgung. Mit dem
Spitale sind noch andere Anstalten in verschiedenen Ge-
bäuden vereinigt, nämlich das eigentliche Krankenhaus,
die Heilanstalt für Epileptische und Wahnsinnige, das
Entbindungshaus, das anatomische Theater, das chemi-
sche Laboratorium und der botanische Garten. Jn na-
her Verbindung mit dem Juliushospitale, als dem ei-
gentlichen Mittelpunkte des praktisch=medicinischen Stu-
diums, steht die Universität, die der Bischof Julius
1582 gründete, nachdem die schon 1403 nach dem
Muster von Bologna gestiftete Hochschule bald wieder
eingegangen war. Sie wurde von ihrem Stifter reich
ausgestattet und erhielt besonders unter der Regierung
des vorletzten erleuchteten Fürstbischofs von Erthal
einen höhern Aufschwung, der auch nach der Vereini-
gung des Landes mit Baiern fortdauerte. Die Ver-
bindung mit dem Juliushospitale hat sie stets zu einer
der ersten medicinischen Schulen Deutschlands gemacht.
Unter den übrigen gemeinnützigen Anstalten sind vor-
züglich auszuzeichnen das Gymnasium, Heine's ortho-
pädisches Jnstitut, die Blindenlehranstalt, die Thier-
arzneischule, die Schwimmschule, das von einem Ver-
ein unterhaltene und wohlthätig wirkende polytechnische
Jnstitut oder die Centralindustrieschule, das musikalische
Jnstitut, das im Gesange und in der Jnstrumental-
musik unentgeltlichen Unterricht ertheilt und besonders
auch dazu beiträgt, unter den Landschullehrern Baierns
musikalische Bildung zu verbreiten.

Würzburg hat gegen 24,000 Einwohner, die sich
mit einigen nicht sehr bedeutenden Fabrikzweigen beschäf-
tigen, aber einen ansehnlichen Handel mit dem Haupt-
erzeugnisse der Umgegend, Wein, treiben, welcher durch
die Mainschiffahrt sehr begünstigt wird. Jn dem benach-
barten ehemaligen Cistercienserkloster Oberzell befindet sich
seit 1817 die mechanische Werkstatt für die von den
beiden Deutschen König und Bauer erfundenen und
zuerst 1814 von ihnen in England ausgeführten Schnell-
pressen oder Druckmaschinen, deren sie verschiedene, doch
auf einem Princip beruhende Arten verfertigen.



Jspahan.
( Beschluß aus Nr. 166. )

Was Jspahan an neuen Prachtbauten aufzuweisen
hat, verdankt es seinem jetzigen Statthalter, der von ei-
nem bescheidenen Krämer sich zu seiner Würde emporge-
schwungen hat, und dessen Ehrgeiz es ist, seine Vaterstadt
zu ihrem alten Glanze wieder emporzuheben. Alle diese
Prachtgebäude kommen in gewissen Grundzügen über-
[Spaltenumbruch] ein. Eine offene von Säulen getragene Halle in der
Fronte, oder verschlossen von bunten Glasfenstern, die
ein sanftes Licht einlassen, öffnet sich auf einen Platz,
den ein Wasserbecken oder ein Springbrunnen ziert, um
den sich die Dienerschaft versammelt. Die Säulen sind
meist vergoldet oder mit Arabesken geschmückt, das
Ganze erscheint luftig und leicht, wie es dem Klima
angemessen ist.

Ehemals hatte Jspahan nicht weniger als 162
Moscheen und 48 große Lehranstalten, viele derselben
stehen noch. Unter allen nimmt die Medsched=Schah oder
Königsmoschee den ersten Rang ein, unstreitig eines der
prachtvollsten kirchlichen Gebäude Asiens, von Abbas
dem Großen erbaut und dem Jmaum Mehedi gewidmet.
Ein hoher Porticus führt in ihren innern Hof. Auf
jeder Seite neben ihm erhebt sich ein schlanker Thurm
mit einer offenen Galerie endend. Jn der Mitte ist der
Eingang, welchen zwei mächtige, 12 Fuß breite Flügel-
thüren schließen. Diese Thüren sind mit Silberplatten
belegt und mit Jnschriften aus dem Koran geziert. Eine
schwere eiserne Kette zieht sich vor dieser Pforte hin,
welche uns in den Vorhof der Moschee führt, die sich
selbst am Ende desselben in einer gewaltigen Kuppel,
das Wunder Persiens, erhebt. Der Hof, wie der Haupt-
tempel selbst ist von Quadern erbaut, die, mit glasir-
ten Ziegeln bekleidet und mit Jnschriften bedeckt, den
Glanz der Sonne zurückspiegeln. Das Jnnere der
Moschee steht mit diesem prachtvollen Vorhof im Ein-
klang; hier herrschen Größe und Feierlichkeit, wie in
keinem andern mohammedanischen Tempel.

Die Moschee von Lutf=allah ist einfacher, aber
nicht minder groß; Verhältnisse und Arbeit sind hier
noch zierlicher, und der schöne gelbliche und durchsich-
tige Marmor von Tabris, Gemälde, glasirte Ziegel und
Jnschriften auf Bronze und Silberplatten bilden den
Schmuck dieses Tempels.

Unter den höhern Lehranstalten ist die Medresseh
Dschedda die berühmteste. Ein hoher Porticus von
phantastisch gewundenen Säulen führt zu einem Paar
mächtigen Flügelthüren von Bronze, mit Silber ausge-
legt und mit Blumen und Sprüchen aus dem Koran
geziert, in eine gewölbte Vorhalle, aus der man in den
geräumigen, mit Bäumen und Blumen bepflanzten
Hof tritt, dessen rechte Seite die schöne Moschee mit
ihren zwei hohen Minarets einnimmt, indeß auf der
Linken ein schöner Porticus, und ihm zur Seite die
Wohnzimmer der Lernenden, zwölf auf jeder Seite, in
zwei Stockwerken liegen, kleine viereckige Zellen mit Tep-
pichen belegt, die unter diesen Umgebungen von grünen
Sträuchern, spielenden Wassern, Tempeln und bei der
Stille des Orts wie zum Studium geschaffen sind. Ge-
wöhnlich wohnen hier über hundert Jünger der Wissen-
schaft, welche Unterhalt und Lehre kostenfrei erhalten.

Nach den neuesten Schätzungen rechnet man die
Zahl der Einwohner Jspahans auf 200,000. Sie sind
mit Recht die Pariser Asiens genannt worden. Leicht,
lebhaft und höflich, unterscheiden sie sich auffallend von
den übrigen Asiaten. Voller Anlagen für Künste und
Wissenschaften, lebhaften Geistes und von schneller Fas-
sungskraft, kann fast jeder Jspahaner lesen und schreiben
und ist mit den Lieblingsdichtern des Vaterlandes ver-
traut. Thätig, fleißig und betriebsam, aber wegen ihrer
Weichlichkeit und Feigheit der Spott der übrigen Pro-
vinzen, sind sie immer berühmte Seidenweber, aber sehr
schlechte Soldaten gewesen, und man nennt die Fabri-
ken Jspahans als die ersten in Asien, und seine Krie-
ger als die feigsten.

Auch sind Jspahans Manufacturen in Baumwolle,
[Ende Spaltensatz]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <p><pb facs="#f0006" n="190"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#g">Das Pfennig=Magazin.</hi></fw><cb type="start"/>
Vermählung Friedrich Barbarossa's mit Beatrix von<lb/>
Burgund dar. Am Ende des vordern linken Schloß-<lb/>
flügels befindet sich die Hofkapelle, die sich durch reiche<lb/>
Verzierungen und zwei Altargemälde von Tiepolo aus-<lb/>
zeichnet. Auf der Ost= und Südseite umgibt das<lb/>
Schloß der Hofgarten, der durch anmuthige Anlagen<lb/>
und großen Pflanzenreichthum anzieht.</p><lb/>
        <p>Eine Hauptzierde der Stadt ist das große palast-<lb/>
ähnliche Juliushospital am nördlichen Stadtwalle, von<lb/>
dem trefflichen Bischof Julius Echter von 1576&#x2014;79<lb/>
gebaut, aber nach einem Brande seit 1704 und am<lb/>
Ende des 18. Jahrhunderts vielfach verändert. Jn dem<lb/>
prächtigen Mittelgeschoß des innern Hauptflügels befindet<lb/>
sich eine einfache und geschmackvoll eingerichtete Kapelle.<lb/>
Die mit einem Vermögen von 5 Millionen Gulden<lb/>
ausgestattete Anstalt nimmt jährlich eine große Anzahl<lb/>
armer Kranken zur Verpflegung auf und gewährt ge-<lb/>
brechlichen Alten lebenslängliche Versorgung. Mit dem<lb/>
Spitale sind noch andere Anstalten in verschiedenen Ge-<lb/>
bäuden vereinigt, nämlich das eigentliche Krankenhaus,<lb/>
die Heilanstalt für Epileptische und Wahnsinnige, das<lb/>
Entbindungshaus, das anatomische Theater, das chemi-<lb/>
sche Laboratorium und der botanische Garten. Jn na-<lb/>
her Verbindung mit dem Juliushospitale, als dem ei-<lb/>
gentlichen Mittelpunkte des praktisch=medicinischen Stu-<lb/>
diums, steht die Universität, die der Bischof Julius<lb/>
1582 gründete, nachdem die schon 1403 nach dem<lb/>
Muster von Bologna gestiftete Hochschule bald wieder<lb/>
eingegangen war. Sie wurde von ihrem Stifter reich<lb/>
ausgestattet und erhielt besonders unter der Regierung<lb/>
des vorletzten erleuchteten Fürstbischofs von Erthal<lb/>
einen höhern Aufschwung, der auch nach der Vereini-<lb/>
gung des Landes mit Baiern fortdauerte. Die Ver-<lb/>
bindung mit dem Juliushospitale hat sie stets zu einer<lb/>
der ersten medicinischen Schulen Deutschlands gemacht.<lb/>
Unter den übrigen gemeinnützigen Anstalten sind vor-<lb/>
züglich auszuzeichnen das Gymnasium, Heine's ortho-<lb/>
pädisches Jnstitut, die Blindenlehranstalt, die Thier-<lb/>
arzneischule, die Schwimmschule, das von einem Ver-<lb/>
ein unterhaltene und wohlthätig wirkende polytechnische<lb/>
Jnstitut oder die Centralindustrieschule, das musikalische<lb/>
Jnstitut, das im Gesange und in der Jnstrumental-<lb/>
musik unentgeltlichen Unterricht ertheilt und besonders<lb/>
auch dazu beiträgt, unter den Landschullehrern Baierns<lb/>
musikalische Bildung zu verbreiten.</p><lb/>
        <p>Würzburg hat gegen 24,000 Einwohner, die sich<lb/>
mit einigen nicht sehr bedeutenden Fabrikzweigen beschäf-<lb/>
tigen, aber einen ansehnlichen Handel mit dem Haupt-<lb/>
erzeugnisse der Umgegend, Wein, treiben, welcher durch<lb/>
die Mainschiffahrt sehr begünstigt wird. Jn dem benach-<lb/>
barten ehemaligen Cistercienserkloster Oberzell befindet sich<lb/>
seit 1817 die mechanische Werkstatt für die von den<lb/>
beiden Deutschen König und Bauer erfundenen und<lb/>
zuerst 1814 von ihnen in England ausgeführten Schnell-<lb/>
pressen oder Druckmaschinen, deren sie verschiedene, doch<lb/>
auf <hi rendition="#g">einem</hi> Princip beruhende Arten verfertigen.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head><hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Jspahan</hi>.</hi><lb/>
( Beschluß aus Nr. 166. )</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">W</hi>as Jspahan an neuen Prachtbauten aufzuweisen<lb/>
hat, verdankt es seinem jetzigen Statthalter, der von ei-<lb/>
nem bescheidenen Krämer sich zu seiner Würde emporge-<lb/>
schwungen hat, und dessen Ehrgeiz es ist, seine Vaterstadt<lb/>
zu ihrem alten Glanze wieder emporzuheben. Alle diese<lb/>
Prachtgebäude kommen in gewissen Grundzügen über-<lb/><cb n="2"/>
ein. Eine offene von Säulen getragene Halle in der<lb/>
Fronte, oder verschlossen von bunten Glasfenstern, die<lb/>
ein sanftes Licht einlassen, öffnet sich auf einen Platz,<lb/>
den ein Wasserbecken oder ein Springbrunnen ziert, um<lb/>
den sich die Dienerschaft versammelt. Die Säulen sind<lb/>
meist vergoldet oder mit Arabesken geschmückt, das<lb/>
Ganze erscheint luftig und leicht, wie es dem Klima<lb/>
angemessen ist.</p><lb/>
        <p>Ehemals hatte Jspahan nicht weniger als 162<lb/>
Moscheen und 48 große Lehranstalten, viele derselben<lb/>
stehen noch. Unter allen nimmt die Medsched=Schah oder<lb/>
Königsmoschee den ersten Rang ein, unstreitig eines der<lb/>
prachtvollsten kirchlichen Gebäude Asiens, von Abbas<lb/>
dem Großen erbaut und dem Jmaum Mehedi gewidmet.<lb/>
Ein hoher Porticus führt in ihren innern Hof. Auf<lb/>
jeder Seite neben ihm erhebt sich ein schlanker Thurm<lb/>
mit einer offenen Galerie endend. Jn der Mitte ist der<lb/>
Eingang, welchen zwei mächtige, 12 Fuß breite Flügel-<lb/>
thüren schließen. Diese Thüren sind mit Silberplatten<lb/>
belegt und mit Jnschriften aus dem Koran geziert. Eine<lb/>
schwere eiserne Kette zieht sich vor dieser Pforte hin,<lb/>
welche uns in den Vorhof der Moschee führt, die sich<lb/>
selbst am Ende desselben in einer gewaltigen Kuppel,<lb/>
das Wunder Persiens, erhebt. Der Hof, wie der Haupt-<lb/>
tempel selbst ist von Quadern erbaut, die, mit glasir-<lb/>
ten Ziegeln bekleidet und mit Jnschriften bedeckt, den<lb/>
Glanz der Sonne zurückspiegeln. Das Jnnere der<lb/>
Moschee steht mit diesem prachtvollen Vorhof im Ein-<lb/>
klang; hier herrschen Größe und Feierlichkeit, wie in<lb/>
keinem andern mohammedanischen Tempel.</p><lb/>
        <p>Die Moschee von Lutf=allah ist einfacher, aber<lb/>
nicht minder groß; Verhältnisse und Arbeit sind hier<lb/>
noch zierlicher, und der schöne gelbliche und durchsich-<lb/>
tige Marmor von Tabris, Gemälde, glasirte Ziegel und<lb/>
Jnschriften auf Bronze und Silberplatten bilden den<lb/>
Schmuck dieses Tempels.</p><lb/>
        <p>Unter den höhern Lehranstalten ist die Medresseh<lb/>
Dschedda die berühmteste. Ein hoher Porticus von<lb/>
phantastisch gewundenen Säulen führt zu einem Paar<lb/>
mächtigen Flügelthüren von Bronze, mit Silber ausge-<lb/>
legt und mit Blumen und Sprüchen aus dem Koran<lb/>
geziert, in eine gewölbte Vorhalle, aus der man in den<lb/>
geräumigen, mit Bäumen und Blumen bepflanzten<lb/>
Hof tritt, dessen rechte Seite die schöne Moschee mit<lb/>
ihren zwei hohen Minarets einnimmt, indeß auf der<lb/>
Linken ein schöner Porticus, und ihm zur Seite die<lb/>
Wohnzimmer der Lernenden, zwölf auf jeder Seite, in<lb/>
zwei Stockwerken liegen, kleine viereckige Zellen mit Tep-<lb/>
pichen belegt, die unter diesen Umgebungen von grünen<lb/>
Sträuchern, spielenden Wassern, Tempeln und bei der<lb/>
Stille des Orts wie zum Studium geschaffen sind. Ge-<lb/>
wöhnlich wohnen hier über hundert Jünger der Wissen-<lb/>
schaft, welche Unterhalt und Lehre kostenfrei erhalten.</p><lb/>
        <p>Nach den neuesten Schätzungen rechnet man die<lb/>
Zahl der Einwohner Jspahans auf 200,000. Sie sind<lb/>
mit Recht die Pariser Asiens genannt worden. Leicht,<lb/>
lebhaft und höflich, unterscheiden sie sich auffallend von<lb/>
den übrigen Asiaten. Voller Anlagen für Künste und<lb/>
Wissenschaften, lebhaften Geistes und von schneller Fas-<lb/>
sungskraft, kann fast jeder Jspahaner lesen und schreiben<lb/>
und ist mit den Lieblingsdichtern des Vaterlandes ver-<lb/>
traut. Thätig, fleißig und betriebsam, aber wegen ihrer<lb/>
Weichlichkeit und Feigheit der Spott der übrigen Pro-<lb/>
vinzen, sind sie immer berühmte Seidenweber, aber sehr<lb/>
schlechte Soldaten gewesen, und man nennt die Fabri-<lb/>
ken Jspahans als die ersten in Asien, und seine Krie-<lb/>
ger als die feigsten.</p><lb/>
        <p>Auch sind Jspahans Manufacturen in Baumwolle,<lb/><cb type="end"/>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[190/0006] Das Pfennig=Magazin. Vermählung Friedrich Barbarossa's mit Beatrix von Burgund dar. Am Ende des vordern linken Schloß- flügels befindet sich die Hofkapelle, die sich durch reiche Verzierungen und zwei Altargemälde von Tiepolo aus- zeichnet. Auf der Ost= und Südseite umgibt das Schloß der Hofgarten, der durch anmuthige Anlagen und großen Pflanzenreichthum anzieht. Eine Hauptzierde der Stadt ist das große palast- ähnliche Juliushospital am nördlichen Stadtwalle, von dem trefflichen Bischof Julius Echter von 1576—79 gebaut, aber nach einem Brande seit 1704 und am Ende des 18. Jahrhunderts vielfach verändert. Jn dem prächtigen Mittelgeschoß des innern Hauptflügels befindet sich eine einfache und geschmackvoll eingerichtete Kapelle. Die mit einem Vermögen von 5 Millionen Gulden ausgestattete Anstalt nimmt jährlich eine große Anzahl armer Kranken zur Verpflegung auf und gewährt ge- brechlichen Alten lebenslängliche Versorgung. Mit dem Spitale sind noch andere Anstalten in verschiedenen Ge- bäuden vereinigt, nämlich das eigentliche Krankenhaus, die Heilanstalt für Epileptische und Wahnsinnige, das Entbindungshaus, das anatomische Theater, das chemi- sche Laboratorium und der botanische Garten. Jn na- her Verbindung mit dem Juliushospitale, als dem ei- gentlichen Mittelpunkte des praktisch=medicinischen Stu- diums, steht die Universität, die der Bischof Julius 1582 gründete, nachdem die schon 1403 nach dem Muster von Bologna gestiftete Hochschule bald wieder eingegangen war. Sie wurde von ihrem Stifter reich ausgestattet und erhielt besonders unter der Regierung des vorletzten erleuchteten Fürstbischofs von Erthal einen höhern Aufschwung, der auch nach der Vereini- gung des Landes mit Baiern fortdauerte. Die Ver- bindung mit dem Juliushospitale hat sie stets zu einer der ersten medicinischen Schulen Deutschlands gemacht. Unter den übrigen gemeinnützigen Anstalten sind vor- züglich auszuzeichnen das Gymnasium, Heine's ortho- pädisches Jnstitut, die Blindenlehranstalt, die Thier- arzneischule, die Schwimmschule, das von einem Ver- ein unterhaltene und wohlthätig wirkende polytechnische Jnstitut oder die Centralindustrieschule, das musikalische Jnstitut, das im Gesange und in der Jnstrumental- musik unentgeltlichen Unterricht ertheilt und besonders auch dazu beiträgt, unter den Landschullehrern Baierns musikalische Bildung zu verbreiten. Würzburg hat gegen 24,000 Einwohner, die sich mit einigen nicht sehr bedeutenden Fabrikzweigen beschäf- tigen, aber einen ansehnlichen Handel mit dem Haupt- erzeugnisse der Umgegend, Wein, treiben, welcher durch die Mainschiffahrt sehr begünstigt wird. Jn dem benach- barten ehemaligen Cistercienserkloster Oberzell befindet sich seit 1817 die mechanische Werkstatt für die von den beiden Deutschen König und Bauer erfundenen und zuerst 1814 von ihnen in England ausgeführten Schnell- pressen oder Druckmaschinen, deren sie verschiedene, doch auf einem Princip beruhende Arten verfertigen. Jspahan. ( Beschluß aus Nr. 166. ) Was Jspahan an neuen Prachtbauten aufzuweisen hat, verdankt es seinem jetzigen Statthalter, der von ei- nem bescheidenen Krämer sich zu seiner Würde emporge- schwungen hat, und dessen Ehrgeiz es ist, seine Vaterstadt zu ihrem alten Glanze wieder emporzuheben. Alle diese Prachtgebäude kommen in gewissen Grundzügen über- ein. Eine offene von Säulen getragene Halle in der Fronte, oder verschlossen von bunten Glasfenstern, die ein sanftes Licht einlassen, öffnet sich auf einen Platz, den ein Wasserbecken oder ein Springbrunnen ziert, um den sich die Dienerschaft versammelt. Die Säulen sind meist vergoldet oder mit Arabesken geschmückt, das Ganze erscheint luftig und leicht, wie es dem Klima angemessen ist. Ehemals hatte Jspahan nicht weniger als 162 Moscheen und 48 große Lehranstalten, viele derselben stehen noch. Unter allen nimmt die Medsched=Schah oder Königsmoschee den ersten Rang ein, unstreitig eines der prachtvollsten kirchlichen Gebäude Asiens, von Abbas dem Großen erbaut und dem Jmaum Mehedi gewidmet. Ein hoher Porticus führt in ihren innern Hof. Auf jeder Seite neben ihm erhebt sich ein schlanker Thurm mit einer offenen Galerie endend. Jn der Mitte ist der Eingang, welchen zwei mächtige, 12 Fuß breite Flügel- thüren schließen. Diese Thüren sind mit Silberplatten belegt und mit Jnschriften aus dem Koran geziert. Eine schwere eiserne Kette zieht sich vor dieser Pforte hin, welche uns in den Vorhof der Moschee führt, die sich selbst am Ende desselben in einer gewaltigen Kuppel, das Wunder Persiens, erhebt. Der Hof, wie der Haupt- tempel selbst ist von Quadern erbaut, die, mit glasir- ten Ziegeln bekleidet und mit Jnschriften bedeckt, den Glanz der Sonne zurückspiegeln. Das Jnnere der Moschee steht mit diesem prachtvollen Vorhof im Ein- klang; hier herrschen Größe und Feierlichkeit, wie in keinem andern mohammedanischen Tempel. Die Moschee von Lutf=allah ist einfacher, aber nicht minder groß; Verhältnisse und Arbeit sind hier noch zierlicher, und der schöne gelbliche und durchsich- tige Marmor von Tabris, Gemälde, glasirte Ziegel und Jnschriften auf Bronze und Silberplatten bilden den Schmuck dieses Tempels. Unter den höhern Lehranstalten ist die Medresseh Dschedda die berühmteste. Ein hoher Porticus von phantastisch gewundenen Säulen führt zu einem Paar mächtigen Flügelthüren von Bronze, mit Silber ausge- legt und mit Blumen und Sprüchen aus dem Koran geziert, in eine gewölbte Vorhalle, aus der man in den geräumigen, mit Bäumen und Blumen bepflanzten Hof tritt, dessen rechte Seite die schöne Moschee mit ihren zwei hohen Minarets einnimmt, indeß auf der Linken ein schöner Porticus, und ihm zur Seite die Wohnzimmer der Lernenden, zwölf auf jeder Seite, in zwei Stockwerken liegen, kleine viereckige Zellen mit Tep- pichen belegt, die unter diesen Umgebungen von grünen Sträuchern, spielenden Wassern, Tempeln und bei der Stille des Orts wie zum Studium geschaffen sind. Ge- wöhnlich wohnen hier über hundert Jünger der Wissen- schaft, welche Unterhalt und Lehre kostenfrei erhalten. Nach den neuesten Schätzungen rechnet man die Zahl der Einwohner Jspahans auf 200,000. Sie sind mit Recht die Pariser Asiens genannt worden. Leicht, lebhaft und höflich, unterscheiden sie sich auffallend von den übrigen Asiaten. Voller Anlagen für Künste und Wissenschaften, lebhaften Geistes und von schneller Fas- sungskraft, kann fast jeder Jspahaner lesen und schreiben und ist mit den Lieblingsdichtern des Vaterlandes ver- traut. Thätig, fleißig und betriebsam, aber wegen ihrer Weichlichkeit und Feigheit der Spott der übrigen Pro- vinzen, sind sie immer berühmte Seidenweber, aber sehr schlechte Soldaten gewesen, und man nennt die Fabri- ken Jspahans als die ersten in Asien, und seine Krie- ger als die feigsten. Auch sind Jspahans Manufacturen in Baumwolle,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription
Peter Fankhauser: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format.

Weitere Informationen:

Siehe Dokumentation




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig167_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig167_1836/6
Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 167. Leipzig (Sachsen), 11. Juni 1836, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig167_1836/6>, abgerufen am 13.11.2024.