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Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 165. Leipzig (Sachsen), 28. Mai 1836.

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Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz]
Die Henkerflasche.
[Abbildung]

Dies war der Name einer runden Flasche, die vor
mehren hundert Jahren solchen Leuten, die sich policei-
licher Vergehungen, öffentlichen Skandals u. s. w. schul-
dig gemacht hatten, an einem Riemen um den Hals
gehängt, und womit sie dann öffentlich durch die Stra-
ßen oder um das Rathhaus herumgeführt wurden.
Unsere Abbildung stellt eine solche Henkerflasche vor, auf
welcher zwei Weiber dargestellt sind, die sich auf öffent-
lichem Markte schimpfen und schlagen. War das Ver-
gehen mit erschwerenden Umständen verbunden, so schritt
ihnen ein Gerichtsdiener und ein Tambour voran und
verkündete laut das begangene Unrecht. Ähnliche Stra-
fen waren namentlich im 17. Jahrhundert durch ganz
Europa üblich.



Die vergleichende Anatomie.

Eine der interessantesten Seiten der Naturwissenschaft
ist unstreitig die wissenschaftliche Beobachtung der Ver-
schiedenheiten in den Körperformen der einzelnen Thier-
arten. Die aus diesem Studium sich ergebende Verglei-
chung des Mannichfaltigen und Unterschiedenen, das Zu-
rückführen des Einzelnen auf allgemeine Principien ist
der Gegenstand der vergleichenden Anatomie, einer Wis-
senschaft, die sich namentlich in unsern Tagen durch
die ausgezeichnetsten Gelehrten zu einem hohen Grade
ausgebildet hat. Bleibt aber auch das streng wissen-
schaftliche Resultat dieser Studien nur den Gelehrten
von Beruf vorbehalten, so muß es doch auch für den
[Spaltenumbruch] bloßen Naturfreund, der sich zu belehren wünscht, von
Jnteresse sein, aus den abweichenden Gestaltungen seiner
Mitgeschöpfe sich über deren eigenthümlichste Bestim-
mung, über ihre Lebensverrichtungen und über die beson-
dere Stellung, welche ihnen die Allmacht des Schöpfers
in dem Weltall angewiesen, zu unterrichten.

Das Princip, welches uns hierbei zu einem allge-
meinern Überblick der gesammten Natur leitet, ist, daß
die Organisation nach den Bedingungen und Umständen,
unter denen das Thier auf seinen Platz hingestellt ist,
und durch die es nur leben kann, immer wechselt.
So ist jede wichtige Verrichtung des animalischen Lebens
genau bedingt, durch die Organe ( Werkzeuge ) , welche
das Thier dazu besitzt. Die Verdauung z. B. ist
bei allen Thieren dieselbe; aber in der Organisation
herrscht doch eine bedeutende Verschiedenheit, der Bau
des Magens ist mannichfaltig, hinsichtlich seiner Ge-
stalt, der Anzahl seiner Höhlungen, nach Maßgabe
des Fraßes, den das Thier zu sich nimmt, ob es
Vogel, Fisch, Jnsekt u. s. w. ist. Diese Abweichungen
sind keineswegs von der Größe des Thieres abhängig,
sondern beziehen sich lediglich auf seine Nahrung. So
ist der Magen eines Fisches, eines Jnsekts so vollständig
wie bei dem Geflügel. Ebenso ist in Beziehung auf den
Blutumlauf in der Art und Weise des Einathmens ein
großer Unterschied, und die dazu dienenden Organe müs-

[Abbildung] Der Kopf eines äthiopischen Ebers.
[Abbildung] Das Skelett eines deutschen Ebers.
sen sich darnach richten, ob das Thier im Wasser, in
der Luft oder in der Erde lebt. Ein noch größerer
Unterschied, wie bei den innern Organen herrscht je-
doch unter den äußern Körpertheilen der Thiere, mit-
tels derer sie ihre Nahrung sich verschaffen oder sich ihrer
Beute bemächtigen müssen. Wie vielgestaltig müssen
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Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz]
Die Henkerflasche.
[Abbildung]

Dies war der Name einer runden Flasche, die vor
mehren hundert Jahren solchen Leuten, die sich policei-
licher Vergehungen, öffentlichen Skandals u. s. w. schul-
dig gemacht hatten, an einem Riemen um den Hals
gehängt, und womit sie dann öffentlich durch die Stra-
ßen oder um das Rathhaus herumgeführt wurden.
Unsere Abbildung stellt eine solche Henkerflasche vor, auf
welcher zwei Weiber dargestellt sind, die sich auf öffent-
lichem Markte schimpfen und schlagen. War das Ver-
gehen mit erschwerenden Umständen verbunden, so schritt
ihnen ein Gerichtsdiener und ein Tambour voran und
verkündete laut das begangene Unrecht. Ähnliche Stra-
fen waren namentlich im 17. Jahrhundert durch ganz
Europa üblich.



Die vergleichende Anatomie.

Eine der interessantesten Seiten der Naturwissenschaft
ist unstreitig die wissenschaftliche Beobachtung der Ver-
schiedenheiten in den Körperformen der einzelnen Thier-
arten. Die aus diesem Studium sich ergebende Verglei-
chung des Mannichfaltigen und Unterschiedenen, das Zu-
rückführen des Einzelnen auf allgemeine Principien ist
der Gegenstand der vergleichenden Anatomie, einer Wis-
senschaft, die sich namentlich in unsern Tagen durch
die ausgezeichnetsten Gelehrten zu einem hohen Grade
ausgebildet hat. Bleibt aber auch das streng wissen-
schaftliche Resultat dieser Studien nur den Gelehrten
von Beruf vorbehalten, so muß es doch auch für den
[Spaltenumbruch] bloßen Naturfreund, der sich zu belehren wünscht, von
Jnteresse sein, aus den abweichenden Gestaltungen seiner
Mitgeschöpfe sich über deren eigenthümlichste Bestim-
mung, über ihre Lebensverrichtungen und über die beson-
dere Stellung, welche ihnen die Allmacht des Schöpfers
in dem Weltall angewiesen, zu unterrichten.

Das Princip, welches uns hierbei zu einem allge-
meinern Überblick der gesammten Natur leitet, ist, daß
die Organisation nach den Bedingungen und Umständen,
unter denen das Thier auf seinen Platz hingestellt ist,
und durch die es nur leben kann, immer wechselt.
So ist jede wichtige Verrichtung des animalischen Lebens
genau bedingt, durch die Organe ( Werkzeuge ) , welche
das Thier dazu besitzt. Die Verdauung z. B. ist
bei allen Thieren dieselbe; aber in der Organisation
herrscht doch eine bedeutende Verschiedenheit, der Bau
des Magens ist mannichfaltig, hinsichtlich seiner Ge-
stalt, der Anzahl seiner Höhlungen, nach Maßgabe
des Fraßes, den das Thier zu sich nimmt, ob es
Vogel, Fisch, Jnsekt u. s. w. ist. Diese Abweichungen
sind keineswegs von der Größe des Thieres abhängig,
sondern beziehen sich lediglich auf seine Nahrung. So
ist der Magen eines Fisches, eines Jnsekts so vollständig
wie bei dem Geflügel. Ebenso ist in Beziehung auf den
Blutumlauf in der Art und Weise des Einathmens ein
großer Unterschied, und die dazu dienenden Organe müs-

[Abbildung] Der Kopf eines äthiopischen Ebers.
[Abbildung] Das Skelett eines deutschen Ebers.
sen sich darnach richten, ob das Thier im Wasser, in
der Luft oder in der Erde lebt. Ein noch größerer
Unterschied, wie bei den innern Organen herrscht je-
doch unter den äußern Körpertheilen der Thiere, mit-
tels derer sie ihre Nahrung sich verschaffen oder sich ihrer
Beute bemächtigen müssen. Wie vielgestaltig müssen
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[173/0005] Das Pfennig=Magazin. Die Henkerflasche. [Abbildung] Dies war der Name einer runden Flasche, die vor mehren hundert Jahren solchen Leuten, die sich policei- licher Vergehungen, öffentlichen Skandals u. s. w. schul- dig gemacht hatten, an einem Riemen um den Hals gehängt, und womit sie dann öffentlich durch die Stra- ßen oder um das Rathhaus herumgeführt wurden. Unsere Abbildung stellt eine solche Henkerflasche vor, auf welcher zwei Weiber dargestellt sind, die sich auf öffent- lichem Markte schimpfen und schlagen. War das Ver- gehen mit erschwerenden Umständen verbunden, so schritt ihnen ein Gerichtsdiener und ein Tambour voran und verkündete laut das begangene Unrecht. Ähnliche Stra- fen waren namentlich im 17. Jahrhundert durch ganz Europa üblich. Die vergleichende Anatomie. Eine der interessantesten Seiten der Naturwissenschaft ist unstreitig die wissenschaftliche Beobachtung der Ver- schiedenheiten in den Körperformen der einzelnen Thier- arten. Die aus diesem Studium sich ergebende Verglei- chung des Mannichfaltigen und Unterschiedenen, das Zu- rückführen des Einzelnen auf allgemeine Principien ist der Gegenstand der vergleichenden Anatomie, einer Wis- senschaft, die sich namentlich in unsern Tagen durch die ausgezeichnetsten Gelehrten zu einem hohen Grade ausgebildet hat. Bleibt aber auch das streng wissen- schaftliche Resultat dieser Studien nur den Gelehrten von Beruf vorbehalten, so muß es doch auch für den bloßen Naturfreund, der sich zu belehren wünscht, von Jnteresse sein, aus den abweichenden Gestaltungen seiner Mitgeschöpfe sich über deren eigenthümlichste Bestim- mung, über ihre Lebensverrichtungen und über die beson- dere Stellung, welche ihnen die Allmacht des Schöpfers in dem Weltall angewiesen, zu unterrichten. Das Princip, welches uns hierbei zu einem allge- meinern Überblick der gesammten Natur leitet, ist, daß die Organisation nach den Bedingungen und Umständen, unter denen das Thier auf seinen Platz hingestellt ist, und durch die es nur leben kann, immer wechselt. So ist jede wichtige Verrichtung des animalischen Lebens genau bedingt, durch die Organe ( Werkzeuge ) , welche das Thier dazu besitzt. Die Verdauung z. B. ist bei allen Thieren dieselbe; aber in der Organisation herrscht doch eine bedeutende Verschiedenheit, der Bau des Magens ist mannichfaltig, hinsichtlich seiner Ge- stalt, der Anzahl seiner Höhlungen, nach Maßgabe des Fraßes, den das Thier zu sich nimmt, ob es Vogel, Fisch, Jnsekt u. s. w. ist. Diese Abweichungen sind keineswegs von der Größe des Thieres abhängig, sondern beziehen sich lediglich auf seine Nahrung. So ist der Magen eines Fisches, eines Jnsekts so vollständig wie bei dem Geflügel. Ebenso ist in Beziehung auf den Blutumlauf in der Art und Weise des Einathmens ein großer Unterschied, und die dazu dienenden Organe müs- [Abbildung Der Kopf eines äthiopischen Ebers.] [Abbildung Das Skelett eines deutschen Ebers.] sen sich darnach richten, ob das Thier im Wasser, in der Luft oder in der Erde lebt. Ein noch größerer Unterschied, wie bei den innern Organen herrscht je- doch unter den äußern Körpertheilen der Thiere, mit- tels derer sie ihre Nahrung sich verschaffen oder sich ihrer Beute bemächtigen müssen. Wie vielgestaltig müssen

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 165. Leipzig (Sachsen), 28. Mai 1836, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig165_1836/5>, abgerufen am 27.11.2024.