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Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 163. Leipzig (Sachsen), 14. Mai 1836.

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Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] nicht von der Stelle, dagegen aber nur ihr Ankertau zu-
rück. Bei der zweiten Belagerung der Jnsel 1522 ver-
theidigte den Thurm, als den Schlüssel der Jnsel, der
tapfere Ritter Guyot de Castellane mit 20 andern Rit-
tern und 300 Kriegern. Die Türken richteten aber
diesmal ihre Angriffe hauptsächlich gegen die Stadt
selbst und der Thurm wurde nur in den Stunden der
Nacht beschossen. Fünfhundert dieser nächtlichen Angriffe
zertrümmerten endlich den Thurm auf der Abendseite.
Die Türken wagten einen Sturm, fanden aber einen
zweiten befestigten Wall hinter den Trümmern des er-
sten und mußten sich deshalb zurückziehen. Dagegen
setzten sie ihre Angriffe gegen andere Theile der Stadt
fort, bis es ihren Anstrengungen endlich gelang, sie zu
erobern.



Der Sklavenmarkt in Jamaica.

Bei unserer Ankunft in Jamaica, erzählt ein Reisender,
war unser erster Weg nach dem Platze, wo der Sklaven-
handel getrieben wurde, um mit eignen Augen diesen für
die Menschheit so schimpflichen Handel zu beobachten. Wir
fanden viele Hunderte dieser unglücklichen Geschöpfe in
ihren Buden; sie waren fast nackend, das Haupthaar
war größtentheils abgeschoren, und da sie meist in einer
Reihe auf schmalen Bänken oder auf der Erde saßen,
erregte ihr Anblick Schauder. Diejenigen, welche so
so bloß standen, waren meist Kinder; fast alle waren
mit einem spitzigen Eisen gezeichnet. Ja auch Mädchen
waren da, bei welchen das Zeichen mit einem glühenden
Eisen auf die Brust gebrannt war. Jn Folge des Schmu-
zes, in welchem sie am Bord der Sklavenschiffe leben müs-
sen, besonders aber der schlechten Nahrung wegen, die nur
in gesalzenem Fleische, Speck u. s. w. besteht, erhalten die
armen Geschöpfe ein erbärmliches Aussehen. Jhre Haut
trägt Spuren von skorbutischen Krankheiten. Durch
Hunger und Elend hat die schwarze Farbe ihrer Haut
ihre Feinheit und ihren Glanz verloren, und der Haut-
ausschlag, die Geschwüre, der geschorene Kopf mit den
großen Augen machen diese Geschöpfe in der That zu
Wesen, denen wir nach dem ersten Eindruck nicht gern
einräumen, mit uns zu demselben Geschlecht zu gehören.
Beim Kaufe werden die Sklaven genau besichtigt wie
Thiere, und um zu verhüten, daß sie betrübt aussehen,
geben ihnen die Händler zuweilen Jngwer oder auch
Taback zu essen, oder sie werden durch Ohrfeigen, Schläge
und Rippenstöße gezwungen, heiter zu scheinen. Der
Eigenthümer einer solchen Sklavenbude beeilt sich, dem
eintretenden Fremden mit außerordentlicher Freundlichkeit
entgegen zu kommen und betheuert die Güte seiner
Waare. Er stößt einige der Unglücklichen von ihren
Sitzen auf, um Proben ihrer Behendigkeit von ihnen able-
gen zu lassen. Sehen aber diese nichtswürdigen Men-
schenhändler, daß man ihre Käfige nur aus Neugierde
besucht, so werden sie grob und unverschämt; sie fangen
dann an, die Ausländer zu schmähen, besonders die Eng-
länder, welche, wie sie sagen, sich in ihre Angelegenhei-
ten mischen und ihnen ihren Verdienst schmälern, nur
um sich zu bereichern.

Lange vor Tagesanbruch und während des ganzen
Tages sieht man hier viele tausend Sklaven Arbeit su-
chen; der Marktplatz sowol als der Hafen ist von ihnen
überfüllt, und man kann kaum einen Schritt gehen, ohne
von ihnen angesprochen zu werden. Diese Sklaven müssen
nicht nur für ihren eignen Lebensunterhalt sorgen, son-
dern außerdem ihrem Herrn noch täglich eine gewisse
Summe Geldes bringen; thun sie es nicht, so werden
[Spaltenumbruch] sie gepeitscht; wenn sie aber mehr gewinnen, als sie brau-
chen, so können sie das Übrige für sich behalten, um es
an einem andern Tage zuzulegen, wo sie nicht genug
erworben haben. Während unsers Aufenthalts sahen
wir selbst, wie manche Sklaven ihren Herren täglich den
Werth eines Thalers brachten. Viele Herren senden ihre
Sklaven auf tägliche Arbeit in die benachbarten Stein-
brüche; andere und beiweitem nicht der geringste Theil
läßt seine Sklaven Jnsekten fangen, weshalb auch hier,
wie in Rio Janeiro, die schönsten Jnsekten so billig sind.
Die Gewinnsucht ergreift überhaupt alle Mittel, um
zum Ziele zu gelangen. Kinder werden von der Mut-
terbrust gerissen und für 30 -- 40 Piaster verkauft.
Der Sklaveneigenthümer handelt überhaupt ganz nach
seinem Willen, er schließt und löst Ehen unter seinen
Sklaven; er trennt Kinder von ihren Ältern, verkauft
Weib und Gatten an verschiedene Käufer, sodaß sie sich
nie wieder sehen.



Die Wespen.*)

Die schon früher von Naturhistorikern gemachte Beob-
achtung, daß die Wespen, wenn sie sich am Abend in
ihrem Neste zur Ruhe begeben, an den Eingang dessel-
ben eine Wache stellen, ist neuerlich von mehren Sei-
ten in Zweifel gezogen worden. Die neuesten Beob-
achter versichern jedoch, daß jene Angabe völlig
gegründet sei, und einer derselben berichtet hier-
über Folgendes. Jch kann bestimmt versichern, daß ich
in den Sommermonaten nach 9 Uhr Abends niemals
das Nest irgend einer Wespengattung ohne eine solche
Wache gesehen habe, und es ist merkwürdig, mit
welcher Schnelligkeit die nahende Gefahr den im Jn-
nern befindlichen Wespen mitgetheilt wird, sobald sich
ein Feind blicken läßt. Jch habe zuweilen noch
eine zweite Wache in einiger Entfernung hinter der
äußern zu sehen geglaubt, und nach der gewöhnlichen
Entfernung des Eingangs von dem Jnnern des Nestes,
oft zwei bis drei Fuß, und der Schnelligkeit der Ver-
bindung mit demselben zu urtheilen, mögen wol noch
mehre aufgestellt sein. Nähert man der wachehaltenden
Wespe eine Laterne, so scheint sie dadurch nicht beun-
ruhigt zu werden; stößt man indessen neben ihr auf den
Boden, so verschwindet sie augenblicklich auf einige Au-
genblicke, und die Bewohner des Nests machen sogleich
einen Ausfall. Jch bemächtigte mich immer erst der stets
geschlechtslosen Wespe, ehe ich das Nest zu nehmen ver-
suchte. Eine beträchtliche Anzahl Wespen bleibt bei war-
mem Wetter in der Nacht auf der Außenseite des Baum-
nestes, allein die Wache steht dennoch immer am Ein-
gange desselben. Die in der Erde befindlichen Nester
haben zwei Öffnungen, einen Ausgang und einen Ein-
gang. Das Baumnest hat gewöhnlich nur eine Öff-
nung, und zwar nahe am Boden. Bei großen Colo-
nien wird indeß oft eine zweite hinzugefügt, in welchem
Falle dann an jede eine Wache gestellt wird. Ein merk-
würdiger Umstand ist, daß, wenn am Tage der Ein-
gang verstopft wird, die Hunderte von Wespen, welche
beständig heimkehren, nicht den Angreifenden zu stechen
suchen, sobald jedoch eine aus dem Neste hervorkommt,
fällt sie sogleich über ihn her, jedoch nicht mit der
Wuth der Biene. Jch habe oft am Tage die Wespen
[Ende Spaltensatz]

*) Vergl. über das Nest der Wespe Pfennig=Magazin
Nr. 16, wo auch eine Abbildung desselben gegeben ist.

Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] nicht von der Stelle, dagegen aber nur ihr Ankertau zu-
rück. Bei der zweiten Belagerung der Jnsel 1522 ver-
theidigte den Thurm, als den Schlüssel der Jnsel, der
tapfere Ritter Guyot de Castellane mit 20 andern Rit-
tern und 300 Kriegern. Die Türken richteten aber
diesmal ihre Angriffe hauptsächlich gegen die Stadt
selbst und der Thurm wurde nur in den Stunden der
Nacht beschossen. Fünfhundert dieser nächtlichen Angriffe
zertrümmerten endlich den Thurm auf der Abendseite.
Die Türken wagten einen Sturm, fanden aber einen
zweiten befestigten Wall hinter den Trümmern des er-
sten und mußten sich deshalb zurückziehen. Dagegen
setzten sie ihre Angriffe gegen andere Theile der Stadt
fort, bis es ihren Anstrengungen endlich gelang, sie zu
erobern.



Der Sklavenmarkt in Jamaica.

Bei unserer Ankunft in Jamaica, erzählt ein Reisender,
war unser erster Weg nach dem Platze, wo der Sklaven-
handel getrieben wurde, um mit eignen Augen diesen für
die Menschheit so schimpflichen Handel zu beobachten. Wir
fanden viele Hunderte dieser unglücklichen Geschöpfe in
ihren Buden; sie waren fast nackend, das Haupthaar
war größtentheils abgeschoren, und da sie meist in einer
Reihe auf schmalen Bänken oder auf der Erde saßen,
erregte ihr Anblick Schauder. Diejenigen, welche so
so bloß standen, waren meist Kinder; fast alle waren
mit einem spitzigen Eisen gezeichnet. Ja auch Mädchen
waren da, bei welchen das Zeichen mit einem glühenden
Eisen auf die Brust gebrannt war. Jn Folge des Schmu-
zes, in welchem sie am Bord der Sklavenschiffe leben müs-
sen, besonders aber der schlechten Nahrung wegen, die nur
in gesalzenem Fleische, Speck u. s. w. besteht, erhalten die
armen Geschöpfe ein erbärmliches Aussehen. Jhre Haut
trägt Spuren von skorbutischen Krankheiten. Durch
Hunger und Elend hat die schwarze Farbe ihrer Haut
ihre Feinheit und ihren Glanz verloren, und der Haut-
ausschlag, die Geschwüre, der geschorene Kopf mit den
großen Augen machen diese Geschöpfe in der That zu
Wesen, denen wir nach dem ersten Eindruck nicht gern
einräumen, mit uns zu demselben Geschlecht zu gehören.
Beim Kaufe werden die Sklaven genau besichtigt wie
Thiere, und um zu verhüten, daß sie betrübt aussehen,
geben ihnen die Händler zuweilen Jngwer oder auch
Taback zu essen, oder sie werden durch Ohrfeigen, Schläge
und Rippenstöße gezwungen, heiter zu scheinen. Der
Eigenthümer einer solchen Sklavenbude beeilt sich, dem
eintretenden Fremden mit außerordentlicher Freundlichkeit
entgegen zu kommen und betheuert die Güte seiner
Waare. Er stößt einige der Unglücklichen von ihren
Sitzen auf, um Proben ihrer Behendigkeit von ihnen able-
gen zu lassen. Sehen aber diese nichtswürdigen Men-
schenhändler, daß man ihre Käfige nur aus Neugierde
besucht, so werden sie grob und unverschämt; sie fangen
dann an, die Ausländer zu schmähen, besonders die Eng-
länder, welche, wie sie sagen, sich in ihre Angelegenhei-
ten mischen und ihnen ihren Verdienst schmälern, nur
um sich zu bereichern.

Lange vor Tagesanbruch und während des ganzen
Tages sieht man hier viele tausend Sklaven Arbeit su-
chen; der Marktplatz sowol als der Hafen ist von ihnen
überfüllt, und man kann kaum einen Schritt gehen, ohne
von ihnen angesprochen zu werden. Diese Sklaven müssen
nicht nur für ihren eignen Lebensunterhalt sorgen, son-
dern außerdem ihrem Herrn noch täglich eine gewisse
Summe Geldes bringen; thun sie es nicht, so werden
[Spaltenumbruch] sie gepeitscht; wenn sie aber mehr gewinnen, als sie brau-
chen, so können sie das Übrige für sich behalten, um es
an einem andern Tage zuzulegen, wo sie nicht genug
erworben haben. Während unsers Aufenthalts sahen
wir selbst, wie manche Sklaven ihren Herren täglich den
Werth eines Thalers brachten. Viele Herren senden ihre
Sklaven auf tägliche Arbeit in die benachbarten Stein-
brüche; andere und beiweitem nicht der geringste Theil
läßt seine Sklaven Jnsekten fangen, weshalb auch hier,
wie in Rio Janeiro, die schönsten Jnsekten so billig sind.
Die Gewinnsucht ergreift überhaupt alle Mittel, um
zum Ziele zu gelangen. Kinder werden von der Mut-
terbrust gerissen und für 30 — 40 Piaster verkauft.
Der Sklaveneigenthümer handelt überhaupt ganz nach
seinem Willen, er schließt und löst Ehen unter seinen
Sklaven; er trennt Kinder von ihren Ältern, verkauft
Weib und Gatten an verschiedene Käufer, sodaß sie sich
nie wieder sehen.



Die Wespen.*)

Die schon früher von Naturhistorikern gemachte Beob-
achtung, daß die Wespen, wenn sie sich am Abend in
ihrem Neste zur Ruhe begeben, an den Eingang dessel-
ben eine Wache stellen, ist neuerlich von mehren Sei-
ten in Zweifel gezogen worden. Die neuesten Beob-
achter versichern jedoch, daß jene Angabe völlig
gegründet sei, und einer derselben berichtet hier-
über Folgendes. Jch kann bestimmt versichern, daß ich
in den Sommermonaten nach 9 Uhr Abends niemals
das Nest irgend einer Wespengattung ohne eine solche
Wache gesehen habe, und es ist merkwürdig, mit
welcher Schnelligkeit die nahende Gefahr den im Jn-
nern befindlichen Wespen mitgetheilt wird, sobald sich
ein Feind blicken läßt. Jch habe zuweilen noch
eine zweite Wache in einiger Entfernung hinter der
äußern zu sehen geglaubt, und nach der gewöhnlichen
Entfernung des Eingangs von dem Jnnern des Nestes,
oft zwei bis drei Fuß, und der Schnelligkeit der Ver-
bindung mit demselben zu urtheilen, mögen wol noch
mehre aufgestellt sein. Nähert man der wachehaltenden
Wespe eine Laterne, so scheint sie dadurch nicht beun-
ruhigt zu werden; stößt man indessen neben ihr auf den
Boden, so verschwindet sie augenblicklich auf einige Au-
genblicke, und die Bewohner des Nests machen sogleich
einen Ausfall. Jch bemächtigte mich immer erst der stets
geschlechtslosen Wespe, ehe ich das Nest zu nehmen ver-
suchte. Eine beträchtliche Anzahl Wespen bleibt bei war-
mem Wetter in der Nacht auf der Außenseite des Baum-
nestes, allein die Wache steht dennoch immer am Ein-
gange desselben. Die in der Erde befindlichen Nester
haben zwei Öffnungen, einen Ausgang und einen Ein-
gang. Das Baumnest hat gewöhnlich nur eine Öff-
nung, und zwar nahe am Boden. Bei großen Colo-
nien wird indeß oft eine zweite hinzugefügt, in welchem
Falle dann an jede eine Wache gestellt wird. Ein merk-
würdiger Umstand ist, daß, wenn am Tage der Ein-
gang verstopft wird, die Hunderte von Wespen, welche
beständig heimkehren, nicht den Angreifenden zu stechen
suchen, sobald jedoch eine aus dem Neste hervorkommt,
fällt sie sogleich über ihn her, jedoch nicht mit der
Wuth der Biene. Jch habe oft am Tage die Wespen
[Ende Spaltensatz]

*) Vergl. über das Nest der Wespe Pfennig=Magazin
Nr. 16, wo auch eine Abbildung desselben gegeben ist.
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Bei unserer Ankunft in Jamaica, erzählt ein Reisender, war unser erster Weg nach dem Platze, wo der Sklaven- handel getrieben wurde, um mit eignen Augen diesen für die Menschheit so schimpflichen Handel zu beobachten. Wir fanden viele Hunderte dieser unglücklichen Geschöpfe in ihren Buden; sie waren fast nackend, das Haupthaar war größtentheils abgeschoren, und da sie meist in einer Reihe auf schmalen Bänken oder auf der Erde saßen, erregte ihr Anblick Schauder. Diejenigen, welche so so bloß standen, waren meist Kinder; fast alle waren mit einem spitzigen Eisen gezeichnet. Ja auch Mädchen waren da, bei welchen das Zeichen mit einem glühenden Eisen auf die Brust gebrannt war. Jn Folge des Schmu- zes, in welchem sie am Bord der Sklavenschiffe leben müs- sen, besonders aber der schlechten Nahrung wegen, die nur in gesalzenem Fleische, Speck u. s. w. besteht, erhalten die armen Geschöpfe ein erbärmliches Aussehen. Jhre Haut trägt Spuren von skorbutischen Krankheiten. 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Die Wespen. *) Die schon früher von Naturhistorikern gemachte Beob- achtung, daß die Wespen, wenn sie sich am Abend in ihrem Neste zur Ruhe begeben, an den Eingang dessel- ben eine Wache stellen, ist neuerlich von mehren Sei- ten in Zweifel gezogen worden. Die neuesten Beob- achter versichern jedoch, daß jene Angabe völlig gegründet sei, und einer derselben berichtet hier- über Folgendes. Jch kann bestimmt versichern, daß ich in den Sommermonaten nach 9 Uhr Abends niemals das Nest irgend einer Wespengattung ohne eine solche Wache gesehen habe, und es ist merkwürdig, mit welcher Schnelligkeit die nahende Gefahr den im Jn- nern befindlichen Wespen mitgetheilt wird, sobald sich ein Feind blicken läßt. Jch habe zuweilen noch eine zweite Wache in einiger Entfernung hinter der äußern zu sehen geglaubt, und nach der gewöhnlichen Entfernung des Eingangs von dem Jnnern des Nestes, oft zwei bis drei Fuß, und der Schnelligkeit der Ver- bindung mit demselben zu urtheilen, mögen wol noch mehre aufgestellt sein. Nähert man der wachehaltenden Wespe eine Laterne, so scheint sie dadurch nicht beun- ruhigt zu werden; stößt man indessen neben ihr auf den Boden, so verschwindet sie augenblicklich auf einige Au- genblicke, und die Bewohner des Nests machen sogleich einen Ausfall. Jch bemächtigte mich immer erst der stets geschlechtslosen Wespe, ehe ich das Nest zu nehmen ver- suchte. Eine beträchtliche Anzahl Wespen bleibt bei war- mem Wetter in der Nacht auf der Außenseite des Baum- nestes, allein die Wache steht dennoch immer am Ein- gange desselben. Die in der Erde befindlichen Nester haben zwei Öffnungen, einen Ausgang und einen Ein- gang. Das Baumnest hat gewöhnlich nur eine Öff- nung, und zwar nahe am Boden. Bei großen Colo- nien wird indeß oft eine zweite hinzugefügt, in welchem Falle dann an jede eine Wache gestellt wird. Ein merk- würdiger Umstand ist, daß, wenn am Tage der Ein- gang verstopft wird, die Hunderte von Wespen, welche beständig heimkehren, nicht den Angreifenden zu stechen suchen, sobald jedoch eine aus dem Neste hervorkommt, fällt sie sogleich über ihn her, jedoch nicht mit der Wuth der Biene. Jch habe oft am Tage die Wespen *) Vergl. über das Nest der Wespe Pfennig=Magazin Nr. 16, wo auch eine Abbildung desselben gegeben ist.

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 163. Leipzig (Sachsen), 14. Mai 1836, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig163_1836/3>, abgerufen am 21.11.2024.