Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Dritter Jahrgang, Nr. 119. Leipzig (Sachsen), 12. April 1855.

Bild:
<< vorherige Seite
letzte Seite

Mannichfaltiges. [Beginn Spaltensatz]

Der Kinderbischof. Jm Mittelalter ward in den grö-
ßern Städten, die Bischofssitze waren, am Tage vor St. -
Nikolaus ein sogenannter Kinderbischof gewählt. Am St. =Ni-
kolaustage selbst ward er mit großem Pomp, bischöflich ange-
than, von priesterlich gekleideten Knaben und der ganzen
bunten Schar der Mitschülerschaft begleitet in den Dom ge-
führt, wo er auf dem Altar einen Ehrenplatz einnahm und
daselbst dem ordentlichen Gottesdienste beiwohnte. Dann
mußte er -- deutsch oder lateinisch -- einen bischöflichen
Sermon halten, gewöhnlich in Reimen abgefaßt. Der als-
dann folgende Umzug der Schüler durch alle Straßen der
Stadt war der Glanzpunkt des Tages. Vor dem Kinder-
bischof trugen phantastisch geschmückte Schüler verschiedene
Fahnen und große mit Kringeln und Kuchen aller Art be-
hängte Stangen und der jugendliche Bischof saß im vollen,
der Wirklichkeit nachgebildeten Ornate zu Pferde, von klei-
nen Diakonen begleitet. Es folgten, Gesänge absingend, die
ältern Scholaren in ihrer gewöhnlichen Schultracht, in grauen
Röcken und schwarzen Mäntelchen. Dann aber schwärmte und
wirbelte lustig hinterdrein die ganze Schar der jüngern Schü-
ler, in vielfachster Verkleidung, als Apostel und Heilige mit
den betreffenden Attributen, als Engel, Priester, Mönche,
Könige, Ritter, Rathsherren, Bürger, Schneider und Schu-
ster, Bauern, Kriegsleute, Narren, Mohren, Heiden und
Teufelchen. Sie trieben dabei, während sie von den Häu-
sern aus mit Geld und Lebensmitteln beschenkt wurden, alle
ersinnliche Kurzweil zum eigenen und aller Zuschauer Er-
götzen. Eine große fröhliche Schmauserei beschloß den Freu-
dentag.



Der Goldwurm ist eine besonders in Guinea, aber
auch in andern tropischen Gegenden vorkommende Krankheit,
die von einem im menschlichen Körper sich einnistenden und
flechtenartig um sich greifenden Jnsekte herrührt, dessen Ei
sich vielleicht im Schlafe oder sonst zufällig in der menschli-
chen Hautoberfläche ablagert, erst ganz unmerklich sich ent-
wickelt, dann polypenartig um sich greift, die edelsten Theile
umschlingt, das innerste Leben des Menschen aufsaugt, ihn
mit brennenden Schmerzen peinigt und erst mit dem Tode
seines Wohnsitzes stirbt.



Pe=tsaie heißt in China eine Kohlart, die für die Be-
völkerung ein wahrer Segen ist; sie stammt aus den nörd-
lichen Provinzen des Reichs der Mitte und ist sehr schmack-
haft. Da sie fast in allen Zeiten ihres Wachsthums gegessen
wird, pflanzt man sie schachbretartig in Abständen, lichtet
[Spaltenumbruch] die Reihen durch den Verbrauch und läßt nur die besonders
gut gediehenen Pflanzen stehen. Pe=tsaie ist in China ein
sehr geschätztes Gemüse; er ist bei den Reichen beliebt und
für die Armen eine große Wohlthat; er ist leicht zu bauen
und wächst schnell. Jn Paris ist im Jardin des plantes
der Anbau dieses Kohls ( Brassica Chinensis ) versucht wor-
den; man ist der Meinung, daß die Landwirthschaft großen
Vortheil davon ziehen könne. Man könnte möglicherweise
zwei Ernten erzielen; er kommt in jedem Boden fort und
liefert wahre Riesenköpfe. Jn dem Departement der Sar-
the ist der Anbau versucht worden und ward wirklich vor-
theilhaft befunden.



Der Thierdienst der Aegypter, der so vieles Auf-
fallende hat, läßt sich vielleicht am besten so erklären, daß
das gleichbleibende instinctive Leben der Thiere der Auffassung
der Aegypter imponirte, denen ein festes, unverändertes
Thun das Höchste war. Jn den Thieren kam ihnen das
Geheimniß des Lebens, das sie in ihren Göttern verehrten,
zu bestimmter Anschauung. Jhr Sinn war von jeher auf
eine feste, sich gleichbleibende Ordnung gerichtet; die Söhne
leben das Leben des Vaters weiter und das Volk scheidet
sich in verschiedene Stände, in eine Menge von erblichen
Körperschaften, welche dieselben Beschäftigungen von Ge-
schlecht zu Geschlecht fortpflanzen. Die wohlthätigen Mächte
der Natur, der regelmäßige Kreislauf des Jahres, das aus
dem Absterben wiederkehrende Leben der Erde -- diese Kräfte
und Gesetze sind es, welche die Aegypter als ihre Götter
verehrten, deren unveränderliches Wesen ihnen in dem stets
gleichen Leben der Thiere zur Anschauung kam.



Turenne's Lieblings= und Bataillepferd war eine
Schecke, die bei der ganzen Armee wohlgelitten war. Als
gleich nach des Helden Tode das Treffen begann, riefen die
Soldaten: "Laßt nur die Schecke los! Die wird uns schon
zum Siege führen!" ( " Qu'on lache seulement la pie!
Elle nous conduira a la victoire
!" )



Ca ira! Dies bekannte Wort, das die Französische
Revolution aufgriff und zu ihrem Stichwort machte, ist aus
der Neuen Welt nach Frankreich gekommen; Franklin hatte
es mit herübergebracht. Da man sich täglich bei ihm nach
den Neuigkeiten der amerikanischen Revolution erkundigte,
antwortete der ökonomische gute Mann immer nur lächelnd:
" Ca ira! Ca ira!"

[Ende Spaltensatz]

Ankündigungen.
Wichtiges Werk für Botaniker, Gärtner und Gartenfreunde.
Bei Palm & Enke in Erlangen ist erschienen und durch alle Buchhandlungen zu erhalten:

Berger, E., die Bestimmung der Gartenpflanzen auf systematischem Wege, eine Anleitung,
leicht und sicher die unterscheidenden Merkmale der vorzüglichsten in den Gärten, Gewächs-
häusern und Anlagen vorkommenden Gewächse zu finden, nebst Angabe von Autor, Dauer, Cul-
tur und Vaterland im alphabetischen Register, für Botaniker, Gärtner und Gartenfreunde. Mit
einem Vorworte des Herrn Präsidenten Nees von Esenbeck, und Bearbeitung der Farnpflan-
zen von Prof. Dr. Schnizlein. 4 Thlr., oder 6 Fl. 40 Kr. Rhein.

Das Werk wurde in den angesehensten botanischen, garten- und landwirthschaftlichen wie auch pharma-
ceutischen Journalen auf das anerkennendste beurtheilt und empfohlen.



Verantwortlicher Redacteur: M. J. E. Volbeding. -- Druck und Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.


Mannichfaltiges. [Beginn Spaltensatz]

Der Kinderbischof. Jm Mittelalter ward in den grö-
ßern Städten, die Bischofssitze waren, am Tage vor St. -
Nikolaus ein sogenannter Kinderbischof gewählt. Am St. =Ni-
kolaustage selbst ward er mit großem Pomp, bischöflich ange-
than, von priesterlich gekleideten Knaben und der ganzen
bunten Schar der Mitschülerschaft begleitet in den Dom ge-
führt, wo er auf dem Altar einen Ehrenplatz einnahm und
daselbst dem ordentlichen Gottesdienste beiwohnte. Dann
mußte er — deutsch oder lateinisch — einen bischöflichen
Sermon halten, gewöhnlich in Reimen abgefaßt. Der als-
dann folgende Umzug der Schüler durch alle Straßen der
Stadt war der Glanzpunkt des Tages. Vor dem Kinder-
bischof trugen phantastisch geschmückte Schüler verschiedene
Fahnen und große mit Kringeln und Kuchen aller Art be-
hängte Stangen und der jugendliche Bischof saß im vollen,
der Wirklichkeit nachgebildeten Ornate zu Pferde, von klei-
nen Diakonen begleitet. Es folgten, Gesänge absingend, die
ältern Scholaren in ihrer gewöhnlichen Schultracht, in grauen
Röcken und schwarzen Mäntelchen. Dann aber schwärmte und
wirbelte lustig hinterdrein die ganze Schar der jüngern Schü-
ler, in vielfachster Verkleidung, als Apostel und Heilige mit
den betreffenden Attributen, als Engel, Priester, Mönche,
Könige, Ritter, Rathsherren, Bürger, Schneider und Schu-
ster, Bauern, Kriegsleute, Narren, Mohren, Heiden und
Teufelchen. Sie trieben dabei, während sie von den Häu-
sern aus mit Geld und Lebensmitteln beschenkt wurden, alle
ersinnliche Kurzweil zum eigenen und aller Zuschauer Er-
götzen. Eine große fröhliche Schmauserei beschloß den Freu-
dentag.



Der Goldwurm ist eine besonders in Guinea, aber
auch in andern tropischen Gegenden vorkommende Krankheit,
die von einem im menschlichen Körper sich einnistenden und
flechtenartig um sich greifenden Jnsekte herrührt, dessen Ei
sich vielleicht im Schlafe oder sonst zufällig in der menschli-
chen Hautoberfläche ablagert, erst ganz unmerklich sich ent-
wickelt, dann polypenartig um sich greift, die edelsten Theile
umschlingt, das innerste Leben des Menschen aufsaugt, ihn
mit brennenden Schmerzen peinigt und erst mit dem Tode
seines Wohnsitzes stirbt.



Pe=tsaie heißt in China eine Kohlart, die für die Be-
völkerung ein wahrer Segen ist; sie stammt aus den nörd-
lichen Provinzen des Reichs der Mitte und ist sehr schmack-
haft. Da sie fast in allen Zeiten ihres Wachsthums gegessen
wird, pflanzt man sie schachbretartig in Abständen, lichtet
[Spaltenumbruch] die Reihen durch den Verbrauch und läßt nur die besonders
gut gediehenen Pflanzen stehen. Pe=tsaie ist in China ein
sehr geschätztes Gemüse; er ist bei den Reichen beliebt und
für die Armen eine große Wohlthat; er ist leicht zu bauen
und wächst schnell. Jn Paris ist im Jardin des plantes
der Anbau dieses Kohls ( Brassica Chinensis ) versucht wor-
den; man ist der Meinung, daß die Landwirthschaft großen
Vortheil davon ziehen könne. Man könnte möglicherweise
zwei Ernten erzielen; er kommt in jedem Boden fort und
liefert wahre Riesenköpfe. Jn dem Departement der Sar-
the ist der Anbau versucht worden und ward wirklich vor-
theilhaft befunden.



Der Thierdienst der Aegypter, der so vieles Auf-
fallende hat, läßt sich vielleicht am besten so erklären, daß
das gleichbleibende instinctive Leben der Thiere der Auffassung
der Aegypter imponirte, denen ein festes, unverändertes
Thun das Höchste war. Jn den Thieren kam ihnen das
Geheimniß des Lebens, das sie in ihren Göttern verehrten,
zu bestimmter Anschauung. Jhr Sinn war von jeher auf
eine feste, sich gleichbleibende Ordnung gerichtet; die Söhne
leben das Leben des Vaters weiter und das Volk scheidet
sich in verschiedene Stände, in eine Menge von erblichen
Körperschaften, welche dieselben Beschäftigungen von Ge-
schlecht zu Geschlecht fortpflanzen. Die wohlthätigen Mächte
der Natur, der regelmäßige Kreislauf des Jahres, das aus
dem Absterben wiederkehrende Leben der Erde — diese Kräfte
und Gesetze sind es, welche die Aegypter als ihre Götter
verehrten, deren unveränderliches Wesen ihnen in dem stets
gleichen Leben der Thiere zur Anschauung kam.



Turenne's Lieblings= und Bataillepferd war eine
Schecke, die bei der ganzen Armee wohlgelitten war. Als
gleich nach des Helden Tode das Treffen begann, riefen die
Soldaten: „Laßt nur die Schecke los! Die wird uns schon
zum Siege führen!“ ( „ Qu'on lâche seulement la pie!
Elle nous conduira à la victoire
!“ )



Ça ira! Dies bekannte Wort, das die Französische
Revolution aufgriff und zu ihrem Stichwort machte, ist aus
der Neuen Welt nach Frankreich gekommen; Franklin hatte
es mit herübergebracht. Da man sich täglich bei ihm nach
den Neuigkeiten der amerikanischen Revolution erkundigte,
antwortete der ökonomische gute Mann immer nur lächelnd:
Ça ira! Ça ira!“

[Ende Spaltensatz]

Ankündigungen.
Wichtiges Werk für Botaniker, Gärtner und Gartenfreunde.
Bei Palm & Enke in Erlangen ist erschienen und durch alle Buchhandlungen zu erhalten:

Berger, E., die Bestimmung der Gartenpflanzen auf systematischem Wege, eine Anleitung,
leicht und sicher die unterscheidenden Merkmale der vorzüglichsten in den Gärten, Gewächs-
häusern und Anlagen vorkommenden Gewächse zu finden, nebst Angabe von Autor, Dauer, Cul-
tur und Vaterland im alphabetischen Register, für Botaniker, Gärtner und Gartenfreunde. Mit
einem Vorworte des Herrn Präsidenten Nees von Esenbeck, und Bearbeitung der Farnpflan-
zen von Prof. Dr. Schnizlein. 4 Thlr., oder 6 Fl. 40 Kr. Rhein.

Das Werk wurde in den angesehensten botanischen, garten- und landwirthschaftlichen wie auch pharma-
ceutischen Journalen auf das anerkennendste beurtheilt und empfohlen.



Verantwortlicher Redacteur: M. J. E. Volbeding. — Druck und Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0008" n="120"/>
      <fw type="pageNum" place="top">120</fw><lb/>
      <div type="jVarious" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Mannichfaltiges</hi>.</hi> </head>
        <cb type="start"/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Der Kinderbischof. Jm Mittelalter ward in den grö-<lb/>
ßern Städten, die Bischofssitze waren, am Tage vor St. -<lb/>
Nikolaus ein sogenannter Kinderbischof gewählt. Am St. =Ni-<lb/>
kolaustage selbst ward er mit großem Pomp, bischöflich ange-<lb/>
than, von priesterlich gekleideten Knaben und der ganzen<lb/>
bunten Schar der Mitschülerschaft begleitet in den Dom ge-<lb/>
führt, wo er auf dem Altar einen Ehrenplatz einnahm und<lb/>
daselbst dem ordentlichen Gottesdienste beiwohnte. Dann<lb/>
mußte er &#x2014; deutsch oder lateinisch &#x2014; einen bischöflichen<lb/>
Sermon halten, gewöhnlich in Reimen abgefaßt. Der als-<lb/>
dann folgende Umzug der Schüler durch alle Straßen der<lb/>
Stadt war der Glanzpunkt des Tages. Vor dem Kinder-<lb/>
bischof trugen phantastisch geschmückte Schüler verschiedene<lb/>
Fahnen und große mit Kringeln und Kuchen aller Art be-<lb/>
hängte Stangen und der jugendliche Bischof saß im vollen,<lb/>
der Wirklichkeit nachgebildeten Ornate zu Pferde, von klei-<lb/>
nen Diakonen begleitet. Es folgten, Gesänge absingend, die<lb/>
ältern Scholaren in ihrer gewöhnlichen Schultracht, in grauen<lb/>
Röcken und schwarzen Mäntelchen. Dann aber schwärmte und<lb/>
wirbelte lustig hinterdrein die ganze Schar der jüngern Schü-<lb/>
ler, in vielfachster Verkleidung, als Apostel und Heilige mit<lb/>
den betreffenden Attributen, als Engel, Priester, Mönche,<lb/>
Könige, Ritter, Rathsherren, Bürger, Schneider und Schu-<lb/>
ster, Bauern, Kriegsleute, Narren, Mohren, Heiden und<lb/>
Teufelchen. Sie trieben dabei, während sie von den Häu-<lb/>
sern aus mit Geld und Lebensmitteln beschenkt wurden, alle<lb/>
ersinnliche Kurzweil zum eigenen und aller Zuschauer Er-<lb/>
götzen. Eine große fröhliche Schmauserei beschloß den Freu-<lb/>
dentag.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Der Goldwurm ist eine besonders in Guinea, aber<lb/>
auch in andern tropischen Gegenden vorkommende Krankheit,<lb/>
die von einem im menschlichen Körper sich einnistenden und<lb/>
flechtenartig um sich greifenden Jnsekte herrührt, dessen Ei<lb/>
sich vielleicht im Schlafe oder sonst zufällig in der menschli-<lb/>
chen Hautoberfläche ablagert, erst ganz unmerklich sich ent-<lb/>
wickelt, dann polypenartig um sich greift, die edelsten Theile<lb/>
umschlingt, das innerste Leben des Menschen aufsaugt, ihn<lb/>
mit brennenden Schmerzen peinigt und erst mit dem Tode<lb/>
seines Wohnsitzes stirbt.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Pe=tsaie heißt in China eine Kohlart, die für die Be-<lb/>
völkerung ein wahrer Segen ist; sie stammt aus den nörd-<lb/>
lichen Provinzen des Reichs der Mitte und ist sehr schmack-<lb/>
haft. Da sie fast in allen Zeiten ihres Wachsthums gegessen<lb/>
wird, pflanzt man sie schachbretartig in Abständen, lichtet<lb/><cb n="2"/>
die Reihen durch den Verbrauch und läßt nur die besonders<lb/>
gut gediehenen Pflanzen stehen. Pe=tsaie ist in China ein<lb/>
sehr geschätztes Gemüse; er ist bei den Reichen beliebt und<lb/>
für die Armen eine große Wohlthat; er ist leicht zu bauen<lb/>
und wächst schnell. Jn Paris ist im <hi rendition="#aq">Jardin des plantes</hi><lb/>
der Anbau dieses Kohls ( <hi rendition="#aq">Brassica Chinensis</hi> ) versucht wor-<lb/>
den; man ist der Meinung, daß die Landwirthschaft großen<lb/>
Vortheil davon ziehen könne. Man könnte möglicherweise<lb/>
zwei Ernten erzielen; er kommt in jedem Boden fort und<lb/>
liefert wahre Riesenköpfe. Jn dem Departement der Sar-<lb/>
the ist der Anbau versucht worden und ward wirklich vor-<lb/>
theilhaft befunden. </p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Der Thierdienst der Aegypter, der so vieles Auf-<lb/>
fallende hat, läßt sich vielleicht am besten so erklären, daß<lb/>
das gleichbleibende instinctive Leben der Thiere der Auffassung<lb/>
der Aegypter imponirte, denen ein festes, unverändertes<lb/>
Thun das Höchste war. Jn den Thieren kam ihnen das<lb/>
Geheimniß des Lebens, das sie in ihren Göttern verehrten,<lb/>
zu bestimmter Anschauung. Jhr Sinn war von jeher auf<lb/>
eine feste, sich gleichbleibende Ordnung gerichtet; die Söhne<lb/>
leben das Leben des Vaters weiter und das Volk scheidet<lb/>
sich in verschiedene Stände, in eine Menge von erblichen<lb/>
Körperschaften, welche dieselben Beschäftigungen von Ge-<lb/>
schlecht zu Geschlecht fortpflanzen. Die wohlthätigen Mächte<lb/>
der Natur, der regelmäßige Kreislauf des Jahres, das aus<lb/>
dem Absterben wiederkehrende Leben der Erde &#x2014; diese Kräfte<lb/>
und Gesetze sind es, welche die Aegypter als ihre Götter<lb/>
verehrten, deren unveränderliches Wesen ihnen in dem stets<lb/>
gleichen Leben der Thiere zur Anschauung kam.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Turenne's Lieblings= und Bataillepferd war eine<lb/>
Schecke, die bei der ganzen Armee wohlgelitten war. Als<lb/>
gleich nach des Helden Tode das Treffen begann, riefen die<lb/>
Soldaten: &#x201E;Laßt nur die Schecke los! Die wird uns schon<lb/>
zum Siege führen!&#x201C; ( &#x201E; <hi rendition="#aq">Qu'on lâche seulement la pie!<lb/>
Elle nous conduira à la victoire</hi>!&#x201C; ) </p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><hi rendition="#aq">Ça ira</hi>! Dies bekannte Wort, das die Französische<lb/>
Revolution aufgriff und zu ihrem Stichwort machte, ist aus<lb/>
der Neuen Welt nach Frankreich gekommen; Franklin hatte<lb/>
es mit herübergebracht. Da man sich täglich bei ihm nach<lb/>
den Neuigkeiten der amerikanischen Revolution erkundigte,<lb/>
antwortete der ökonomische gute Mann immer nur lächelnd:<lb/>
&#x201E; <hi rendition="#aq">Ça ira! Ça ira</hi>!&#x201C;</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <cb type="end"/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jAnnouncements" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Ankündigungen</hi>.</hi> </head><lb/>
        <div type="jAn" n="2">
          <head> <hi rendition="#fr">Wichtiges Werk für Botaniker, Gärtner und Gartenfreunde.</hi> </head><lb/>
        </div>
        <div>
          <head> <hi rendition="#aq">Bei Palm &amp; Enke in <hi rendition="#g">Erlangen</hi> ist erschienen und durch alle Buchhandlungen zu erhalten:</hi> </head><lb/>
          <p> <hi rendition="#aq">Berger, E., die Bestimmung der Gartenpflanzen auf systematischem Wege, eine Anleitung,<lb/>
leicht und sicher die unterscheidenden Merkmale der vorzüglichsten in den Gärten, Gewächs-<lb/>
häusern und Anlagen vorkommenden Gewächse zu finden, nebst Angabe von Autor, Dauer, Cul-<lb/>
tur und Vaterland im alphabetischen Register, für Botaniker, Gärtner und Gartenfreunde. Mit<lb/>
einem Vorworte des Herrn Präsidenten <hi rendition="#g">Nees von Esenbeck,</hi> und Bearbeitung der Farnpflan-<lb/>
zen von <hi rendition="#g">Prof. Dr. Schnizlein.</hi> 4 Thlr., oder 6 Fl. 40 Kr. Rhein.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#aq">Das Werk wurde in den angesehensten botanischen, garten- und landwirthschaftlichen wie auch pharma-<lb/>
ceutischen Journalen auf das anerkennendste beurtheilt und empfohlen.</hi> </p>
        </div>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
    <back>
      <div type="imprint" n="1">
        <p> <hi rendition="#c">Verantwortlicher Redacteur: <hi rendition="#aq">M</hi>. J. E. Volbeding. &#x2014; Druck und Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.</hi> </p>
      </div>
    </back>
  </text>
</TEI>
[120/0008] 120 Mannichfaltiges. Der Kinderbischof. Jm Mittelalter ward in den grö- ßern Städten, die Bischofssitze waren, am Tage vor St. - Nikolaus ein sogenannter Kinderbischof gewählt. Am St. =Ni- kolaustage selbst ward er mit großem Pomp, bischöflich ange- than, von priesterlich gekleideten Knaben und der ganzen bunten Schar der Mitschülerschaft begleitet in den Dom ge- führt, wo er auf dem Altar einen Ehrenplatz einnahm und daselbst dem ordentlichen Gottesdienste beiwohnte. Dann mußte er — deutsch oder lateinisch — einen bischöflichen Sermon halten, gewöhnlich in Reimen abgefaßt. Der als- dann folgende Umzug der Schüler durch alle Straßen der Stadt war der Glanzpunkt des Tages. Vor dem Kinder- bischof trugen phantastisch geschmückte Schüler verschiedene Fahnen und große mit Kringeln und Kuchen aller Art be- hängte Stangen und der jugendliche Bischof saß im vollen, der Wirklichkeit nachgebildeten Ornate zu Pferde, von klei- nen Diakonen begleitet. Es folgten, Gesänge absingend, die ältern Scholaren in ihrer gewöhnlichen Schultracht, in grauen Röcken und schwarzen Mäntelchen. Dann aber schwärmte und wirbelte lustig hinterdrein die ganze Schar der jüngern Schü- ler, in vielfachster Verkleidung, als Apostel und Heilige mit den betreffenden Attributen, als Engel, Priester, Mönche, Könige, Ritter, Rathsherren, Bürger, Schneider und Schu- ster, Bauern, Kriegsleute, Narren, Mohren, Heiden und Teufelchen. Sie trieben dabei, während sie von den Häu- sern aus mit Geld und Lebensmitteln beschenkt wurden, alle ersinnliche Kurzweil zum eigenen und aller Zuschauer Er- götzen. Eine große fröhliche Schmauserei beschloß den Freu- dentag. Der Goldwurm ist eine besonders in Guinea, aber auch in andern tropischen Gegenden vorkommende Krankheit, die von einem im menschlichen Körper sich einnistenden und flechtenartig um sich greifenden Jnsekte herrührt, dessen Ei sich vielleicht im Schlafe oder sonst zufällig in der menschli- chen Hautoberfläche ablagert, erst ganz unmerklich sich ent- wickelt, dann polypenartig um sich greift, die edelsten Theile umschlingt, das innerste Leben des Menschen aufsaugt, ihn mit brennenden Schmerzen peinigt und erst mit dem Tode seines Wohnsitzes stirbt. Pe=tsaie heißt in China eine Kohlart, die für die Be- völkerung ein wahrer Segen ist; sie stammt aus den nörd- lichen Provinzen des Reichs der Mitte und ist sehr schmack- haft. Da sie fast in allen Zeiten ihres Wachsthums gegessen wird, pflanzt man sie schachbretartig in Abständen, lichtet die Reihen durch den Verbrauch und läßt nur die besonders gut gediehenen Pflanzen stehen. Pe=tsaie ist in China ein sehr geschätztes Gemüse; er ist bei den Reichen beliebt und für die Armen eine große Wohlthat; er ist leicht zu bauen und wächst schnell. Jn Paris ist im Jardin des plantes der Anbau dieses Kohls ( Brassica Chinensis ) versucht wor- den; man ist der Meinung, daß die Landwirthschaft großen Vortheil davon ziehen könne. Man könnte möglicherweise zwei Ernten erzielen; er kommt in jedem Boden fort und liefert wahre Riesenköpfe. Jn dem Departement der Sar- the ist der Anbau versucht worden und ward wirklich vor- theilhaft befunden. Der Thierdienst der Aegypter, der so vieles Auf- fallende hat, läßt sich vielleicht am besten so erklären, daß das gleichbleibende instinctive Leben der Thiere der Auffassung der Aegypter imponirte, denen ein festes, unverändertes Thun das Höchste war. Jn den Thieren kam ihnen das Geheimniß des Lebens, das sie in ihren Göttern verehrten, zu bestimmter Anschauung. Jhr Sinn war von jeher auf eine feste, sich gleichbleibende Ordnung gerichtet; die Söhne leben das Leben des Vaters weiter und das Volk scheidet sich in verschiedene Stände, in eine Menge von erblichen Körperschaften, welche dieselben Beschäftigungen von Ge- schlecht zu Geschlecht fortpflanzen. Die wohlthätigen Mächte der Natur, der regelmäßige Kreislauf des Jahres, das aus dem Absterben wiederkehrende Leben der Erde — diese Kräfte und Gesetze sind es, welche die Aegypter als ihre Götter verehrten, deren unveränderliches Wesen ihnen in dem stets gleichen Leben der Thiere zur Anschauung kam. Turenne's Lieblings= und Bataillepferd war eine Schecke, die bei der ganzen Armee wohlgelitten war. Als gleich nach des Helden Tode das Treffen begann, riefen die Soldaten: „Laßt nur die Schecke los! Die wird uns schon zum Siege führen!“ ( „ Qu'on lâche seulement la pie! Elle nous conduira à la victoire!“ ) Ça ira! Dies bekannte Wort, das die Französische Revolution aufgriff und zu ihrem Stichwort machte, ist aus der Neuen Welt nach Frankreich gekommen; Franklin hatte es mit herübergebracht. Da man sich täglich bei ihm nach den Neuigkeiten der amerikanischen Revolution erkundigte, antwortete der ökonomische gute Mann immer nur lächelnd: „ Ça ira! Ça ira!“ Ankündigungen. Wichtiges Werk für Botaniker, Gärtner und Gartenfreunde. Bei Palm & Enke in Erlangen ist erschienen und durch alle Buchhandlungen zu erhalten: Berger, E., die Bestimmung der Gartenpflanzen auf systematischem Wege, eine Anleitung, leicht und sicher die unterscheidenden Merkmale der vorzüglichsten in den Gärten, Gewächs- häusern und Anlagen vorkommenden Gewächse zu finden, nebst Angabe von Autor, Dauer, Cul- tur und Vaterland im alphabetischen Register, für Botaniker, Gärtner und Gartenfreunde. Mit einem Vorworte des Herrn Präsidenten Nees von Esenbeck, und Bearbeitung der Farnpflan- zen von Prof. Dr. Schnizlein. 4 Thlr., oder 6 Fl. 40 Kr. Rhein. Das Werk wurde in den angesehensten botanischen, garten- und landwirthschaftlichen wie auch pharma- ceutischen Journalen auf das anerkennendste beurtheilt und empfohlen. Verantwortlicher Redacteur: M. J. E. Volbeding. — Druck und Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription
Peter Fankhauser: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format.

Weitere Informationen:

Siehe Dokumentation




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig119_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig119_1855/8
Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Dritter Jahrgang, Nr. 119. Leipzig (Sachsen), 12. April 1855, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig119_1855/8>, abgerufen am 24.11.2024.