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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Dritter Jahrgang, Nr. 117. Leipzig (Sachsen), 29. März 1855.

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Mannichfaltiges. [Beginn Spaltensatz]

Wie die Eskimos den Eisbär fangen, dessen Pelz
ihnen in gar zu verführerischem Lichte erscheint, hat man oft
schon gelesen und über die seltsame Procedur dabei ungläu-
big den Kopf geschüttelt; Manche weisen sie als eine
Art Münchhausischen Märchens geradezu ab. Doch stehe
hier noch einmal aus Seemanns "Reise um die Welt"
in den wiederholten Fahrten der britischen Fregatte He-
rald das vollständige Recept: "Ein dickes starkes Stück
Fischbein, etwa vier Zoll breit und zwei Fuß lang, wird
mit den Enden aneinander gebogen und in diesem Zustande
mit einigen Stücken Seehundsfett umwickelt; die Masse wird
an die offene kalte Luft gebracht, in welcher sie hart und
fest wird; dann ist sie zum Gebrauche geeignet. Die Einge-
borenen bewaffnen sich mit Bogen und Pfeil, nehmen die
gefrorene Masse und begeben sich auf die Jagd ihrer Beute.
Sobald das Thier erblickt wird, schießt Jemand vorsätzlicher
Weise seinen Pfeil auf dasselbe ab. Den Bären verdrießt
die Beleidigung, er verfolgt die Leute, die sich eilig zurück-
ziehen, und wenn er an das gefrorene Seehundsfett kommt,
welches zu diesem Ende fallen gelassen ist, so verschlingt er
dasselbe. Die Jagd, das heftige Laufen und die natürliche
Hitze des Magens zersetzen das Fett sehr bald; das Fischbein
wird auf diese Weise von seiner Fessel befreit, schnellt in
seine gerade Lage zurück und richtet in den Eingeweiden des
Bären solche Verwüstung an, daß derselbe die Verfolgung
einstellen muß und bald darauf verendet." Klingt so ganz
annehmbar und doch noch immer etwas nach der Weise:
Wer's glaubt u. s. w.



Türkische Beamtentreue. Die Führer der Barken,
welche mit Korn beladen aus Oberägypten nach Kairo zu-
rückkehren, pflegen einige Stationen vor Kairo die Getreide-
vorräthe am Ufer zu wässern, um deren Gewicht zu vermeh-
ren und dem Schiffseigenthümer Gewinn zu schaffen. Der
türkische Beamte, welcher von Abbas Pascha zur Steuerung
dieses Unwesens angestellt ist und in einem kleinen Boote
den Nil auf und ab fährt -- so erzählt ein Reisender --
kam an, kletterte auf das Schiff und bekam seinen Bak-
schisch. Er schied dann mit den Worten: "Verrichtet eure
Arbeit gut!"



Geest bedeutet im ganzen nordwestlichen Deutschland
hoch gelegenes, meist sandiges, mehr oder weniger mageres
und trockenes Land. Ueberall tritt dieser Ausdruck im Gegen-
satze zu den Niederungen jener Gegenden, zu Marsch und
Moor auf. Haideflächen gehören sowol den Geest= als den
[Spaltenumbruch] Moorgegenden an; viele Striche bilden auch Zwischenstufen
von Geest zu Moor und von Moor zu Marsch. Marsch
aber, das sprachlich und sachlich an das lateinische mare
und das französische marais erinnert, bezeichnet die fetten
Niederungen an Flußmündungen und Meeresküsten. Ein
eigenthümlicher, durch Anschwemmung gebildeter schwerer
Thonboden heißt Klei; er enthält neben Thon, Lehm und
Sand auch Torf und andere Pflanzentheile, Muscheln, Jn-
fusorien und sonst verschiedene thierische Ueberreste und ver-
leiht eben den Marschen die außerordentliche Fruchtbarkeit,
von welcher Weiden und Fruchtfelder ein so glänzendes Zeug-
niß ablegen.



Das Vorzeichen. Nach der siegreichen Schlacht bei
Denain in den Niederlanden, durch welche der Marschall
Villars Frankreich rettete, zeigten sich, bevor die Nachricht
davon in Paris angelangt sein konnte, mehre Störche auf
den Kuppeln des Jnvalidendoms; ihr Erscheinen ward von
den Jnvaliden als ein Zeichen des Siegs angesehen. Die
alten Kriegsknaben hatten mit gespannter Aufmerksamkeit
den Marsch der Truppen verfolgt, die an den Grenzen des
Vaterlandes ihren frühern Platz einnahmen. Jn Flandern,
durchlief es Paris, sei eine große Schlacht vorgefallen und
der Lärm habe die Störche von ihren Nestern vertrieben,
die sie sonst in dieser Jahreszeit nie verlassen. "Seht nur
-- sagten die Jnvaliden -- wie betrübt sie aussehen! Es
sind Flamänder; sie haben die Niederlage ihrer Landsleute
gesehen, daher sind sie so traurig." Von dieser frohen Bot-
schaft ließen die alten Soldaten die Hallen des Jnvaliden-
hauses laut werden, des Siegs gewiß, bevor die Nachricht
davon dort angekommen war.



Woher das Kreuz auf dem Rücken des Esels?
Als der Heiland in Jerusalem reitend einziehen wollte, wen-
dete er sich an das Pferd und fragte es, ob es ihn auf sich
nehmen und nach der Stadt tragen wollte? Das Pferd aber,
eben mit Fressen beschäftigt, antwortete ihm, es wolle nur
erst fertig fressen. Zur Strafe dafür muß es seitdem immer
fressen, ohne jedoch jemals satt zu werden, und wird nur
müde. Darauf wandte sich der Heiland an den Esel und
fragte ihn, ob er ihn tragen wollte? Dieser war auch so-
gleich dazu bereit und trug ihn nach Jerusalem. Als Zei-
chen des bereitwilligen Gehorsams hat der Heiland dem Esel
das Kreuz auf den Rücken gegeben, welches immer dunkler
gefärbt ist als der übrige Rücken.

[Ende Spaltensatz]

Ankündigungen.
Confirmationsgeschenk.

Hierzu empfiehlt sich und ist durch alle Buchhandlungen zu erhalten:
Worte des Herzens von J. C. Lavater. Für Freunde der Liebe und des Glaubens. Herausge-
geben von C. W. Hufeland ( königl. Preuß. Staatsrath, Leibarzt ) .
Achte und neunte Auflage. Miniaturausgabe. Geheftet 12 Sgr., gebunden mit Goldschnitt 20 Sgr. -- Octavausgabe
gebunden mit Goldschnitt, Lavater's Portrait in Stahlstich und radirtem Widmungsblatt; Prachtausgabe in reich vergol-
detem Einbande 1 Thlr. 10 Sgr.

Diese Sammlung, lange Zeit theures Eigenthum einer edler Fürstin, enthält eine reiche Fülle von schönen Gedanken,
wie sie Lavater's edlem Herzen so leicht entströmten. Mit Versen wechseln Sentenzen, Auszüge aus Briefen und andere
Fragmente, an denen der Leser sich wahrhaft erquicken kann.

   Ferd. Dümmler's Verlagsbuchhandlung in Berlin.



Verantwortlicher Redacteur: M. J. E. Volbeding. -- Druck und Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.


Mannichfaltiges. [Beginn Spaltensatz]

Wie die Eskimos den Eisbär fangen, dessen Pelz
ihnen in gar zu verführerischem Lichte erscheint, hat man oft
schon gelesen und über die seltsame Procedur dabei ungläu-
big den Kopf geschüttelt; Manche weisen sie als eine
Art Münchhausischen Märchens geradezu ab. Doch stehe
hier noch einmal aus Seemanns „Reise um die Welt“
in den wiederholten Fahrten der britischen Fregatte He-
rald das vollständige Recept: „Ein dickes starkes Stück
Fischbein, etwa vier Zoll breit und zwei Fuß lang, wird
mit den Enden aneinander gebogen und in diesem Zustande
mit einigen Stücken Seehundsfett umwickelt; die Masse wird
an die offene kalte Luft gebracht, in welcher sie hart und
fest wird; dann ist sie zum Gebrauche geeignet. Die Einge-
borenen bewaffnen sich mit Bogen und Pfeil, nehmen die
gefrorene Masse und begeben sich auf die Jagd ihrer Beute.
Sobald das Thier erblickt wird, schießt Jemand vorsätzlicher
Weise seinen Pfeil auf dasselbe ab. Den Bären verdrießt
die Beleidigung, er verfolgt die Leute, die sich eilig zurück-
ziehen, und wenn er an das gefrorene Seehundsfett kommt,
welches zu diesem Ende fallen gelassen ist, so verschlingt er
dasselbe. Die Jagd, das heftige Laufen und die natürliche
Hitze des Magens zersetzen das Fett sehr bald; das Fischbein
wird auf diese Weise von seiner Fessel befreit, schnellt in
seine gerade Lage zurück und richtet in den Eingeweiden des
Bären solche Verwüstung an, daß derselbe die Verfolgung
einstellen muß und bald darauf verendet.“ Klingt so ganz
annehmbar und doch noch immer etwas nach der Weise:
Wer's glaubt u. s. w.



Türkische Beamtentreue. Die Führer der Barken,
welche mit Korn beladen aus Oberägypten nach Kairo zu-
rückkehren, pflegen einige Stationen vor Kairo die Getreide-
vorräthe am Ufer zu wässern, um deren Gewicht zu vermeh-
ren und dem Schiffseigenthümer Gewinn zu schaffen. Der
türkische Beamte, welcher von Abbas Pascha zur Steuerung
dieses Unwesens angestellt ist und in einem kleinen Boote
den Nil auf und ab fährt — so erzählt ein Reisender —
kam an, kletterte auf das Schiff und bekam seinen Bak-
schisch. Er schied dann mit den Worten: „Verrichtet eure
Arbeit gut!“



Geest bedeutet im ganzen nordwestlichen Deutschland
hoch gelegenes, meist sandiges, mehr oder weniger mageres
und trockenes Land. Ueberall tritt dieser Ausdruck im Gegen-
satze zu den Niederungen jener Gegenden, zu Marsch und
Moor auf. Haideflächen gehören sowol den Geest= als den
[Spaltenumbruch] Moorgegenden an; viele Striche bilden auch Zwischenstufen
von Geest zu Moor und von Moor zu Marsch. Marsch
aber, das sprachlich und sachlich an das lateinische mare
und das französische marais erinnert, bezeichnet die fetten
Niederungen an Flußmündungen und Meeresküsten. Ein
eigenthümlicher, durch Anschwemmung gebildeter schwerer
Thonboden heißt Klei; er enthält neben Thon, Lehm und
Sand auch Torf und andere Pflanzentheile, Muscheln, Jn-
fusorien und sonst verschiedene thierische Ueberreste und ver-
leiht eben den Marschen die außerordentliche Fruchtbarkeit,
von welcher Weiden und Fruchtfelder ein so glänzendes Zeug-
niß ablegen.



Das Vorzeichen. Nach der siegreichen Schlacht bei
Denain in den Niederlanden, durch welche der Marschall
Villars Frankreich rettete, zeigten sich, bevor die Nachricht
davon in Paris angelangt sein konnte, mehre Störche auf
den Kuppeln des Jnvalidendoms; ihr Erscheinen ward von
den Jnvaliden als ein Zeichen des Siegs angesehen. Die
alten Kriegsknaben hatten mit gespannter Aufmerksamkeit
den Marsch der Truppen verfolgt, die an den Grenzen des
Vaterlandes ihren frühern Platz einnahmen. Jn Flandern,
durchlief es Paris, sei eine große Schlacht vorgefallen und
der Lärm habe die Störche von ihren Nestern vertrieben,
die sie sonst in dieser Jahreszeit nie verlassen. „Seht nur
— sagten die Jnvaliden — wie betrübt sie aussehen! Es
sind Flamänder; sie haben die Niederlage ihrer Landsleute
gesehen, daher sind sie so traurig.“ Von dieser frohen Bot-
schaft ließen die alten Soldaten die Hallen des Jnvaliden-
hauses laut werden, des Siegs gewiß, bevor die Nachricht
davon dort angekommen war.



Woher das Kreuz auf dem Rücken des Esels?
Als der Heiland in Jerusalem reitend einziehen wollte, wen-
dete er sich an das Pferd und fragte es, ob es ihn auf sich
nehmen und nach der Stadt tragen wollte? Das Pferd aber,
eben mit Fressen beschäftigt, antwortete ihm, es wolle nur
erst fertig fressen. Zur Strafe dafür muß es seitdem immer
fressen, ohne jedoch jemals satt zu werden, und wird nur
müde. Darauf wandte sich der Heiland an den Esel und
fragte ihn, ob er ihn tragen wollte? Dieser war auch so-
gleich dazu bereit und trug ihn nach Jerusalem. Als Zei-
chen des bereitwilligen Gehorsams hat der Heiland dem Esel
das Kreuz auf den Rücken gegeben, welches immer dunkler
gefärbt ist als der übrige Rücken.

[Ende Spaltensatz]

Ankündigungen.
Confirmationsgeschenk.

Hierzu empfiehlt sich und ist durch alle Buchhandlungen zu erhalten:
Worte des Herzens von J. C. Lavater. Für Freunde der Liebe und des Glaubens. Herausge-
geben von C. W. Hufeland ( königl. Preuß. Staatsrath, Leibarzt ) .
Achte und neunte Auflage. Miniaturausgabe. Geheftet 12 Sgr., gebunden mit Goldschnitt 20 Sgr. — Octavausgabe
gebunden mit Goldschnitt, Lavater's Portrait in Stahlstich und radirtem Widmungsblatt; Prachtausgabe in reich vergol-
detem Einbande 1 Thlr. 10 Sgr.

Diese Sammlung, lange Zeit theures Eigenthum einer edler Fürstin, enthält eine reiche Fülle von schönen Gedanken,
wie sie Lavater's edlem Herzen so leicht entströmten. Mit Versen wechseln Sentenzen, Auszüge aus Briefen und andere
Fragmente, an denen der Leser sich wahrhaft erquicken kann.

   Ferd. Dümmler's Verlagsbuchhandlung in Berlin.



Verantwortlicher Redacteur: M. J. E. Volbeding. — Druck und Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.

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[104/0008] 104 Mannichfaltiges. Wie die Eskimos den Eisbär fangen, dessen Pelz ihnen in gar zu verführerischem Lichte erscheint, hat man oft schon gelesen und über die seltsame Procedur dabei ungläu- big den Kopf geschüttelt; Manche weisen sie als eine Art Münchhausischen Märchens geradezu ab. Doch stehe hier noch einmal aus Seemanns „Reise um die Welt“ in den wiederholten Fahrten der britischen Fregatte He- rald das vollständige Recept: „Ein dickes starkes Stück Fischbein, etwa vier Zoll breit und zwei Fuß lang, wird mit den Enden aneinander gebogen und in diesem Zustande mit einigen Stücken Seehundsfett umwickelt; die Masse wird an die offene kalte Luft gebracht, in welcher sie hart und fest wird; dann ist sie zum Gebrauche geeignet. Die Einge- borenen bewaffnen sich mit Bogen und Pfeil, nehmen die gefrorene Masse und begeben sich auf die Jagd ihrer Beute. Sobald das Thier erblickt wird, schießt Jemand vorsätzlicher Weise seinen Pfeil auf dasselbe ab. 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Jn Flandern, durchlief es Paris, sei eine große Schlacht vorgefallen und der Lärm habe die Störche von ihren Nestern vertrieben, die sie sonst in dieser Jahreszeit nie verlassen. „Seht nur — sagten die Jnvaliden — wie betrübt sie aussehen! Es sind Flamänder; sie haben die Niederlage ihrer Landsleute gesehen, daher sind sie so traurig.“ Von dieser frohen Bot- schaft ließen die alten Soldaten die Hallen des Jnvaliden- hauses laut werden, des Siegs gewiß, bevor die Nachricht davon dort angekommen war. Woher das Kreuz auf dem Rücken des Esels? Als der Heiland in Jerusalem reitend einziehen wollte, wen- dete er sich an das Pferd und fragte es, ob es ihn auf sich nehmen und nach der Stadt tragen wollte? Das Pferd aber, eben mit Fressen beschäftigt, antwortete ihm, es wolle nur erst fertig fressen. Zur Strafe dafür muß es seitdem immer fressen, ohne jedoch jemals satt zu werden, und wird nur müde. Darauf wandte sich der Heiland an den Esel und fragte ihn, ob er ihn tragen wollte? Dieser war auch so- gleich dazu bereit und trug ihn nach Jerusalem. Als Zei- chen des bereitwilligen Gehorsams hat der Heiland dem Esel das Kreuz auf den Rücken gegeben, welches immer dunkler gefärbt ist als der übrige Rücken. Ankündigungen. Confirmationsgeschenk. Hierzu empfiehlt sich und ist durch alle Buchhandlungen zu erhalten: Worte des Herzens von J. C. Lavater. Für Freunde der Liebe und des Glaubens. Herausge- geben von C. W. Hufeland ( königl. Preuß. Staatsrath, Leibarzt ) . Achte und neunte Auflage. Miniaturausgabe. Geheftet 12 Sgr., gebunden mit Goldschnitt 20 Sgr. — Octavausgabe gebunden mit Goldschnitt, Lavater's Portrait in Stahlstich und radirtem Widmungsblatt; Prachtausgabe in reich vergol- detem Einbande 1 Thlr. 10 Sgr. Diese Sammlung, lange Zeit theures Eigenthum einer edler Fürstin, enthält eine reiche Fülle von schönen Gedanken, wie sie Lavater's edlem Herzen so leicht entströmten. Mit Versen wechseln Sentenzen, Auszüge aus Briefen und andere Fragmente, an denen der Leser sich wahrhaft erquicken kann. Ferd. Dümmler's Verlagsbuchhandlung in Berlin. Verantwortlicher Redacteur: M. J. E. Volbeding. — Druck und Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Dritter Jahrgang, Nr. 117. Leipzig (Sachsen), 29. März 1855, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig117_1855/8>, abgerufen am 24.11.2024.