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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Dritter Jahrgang, Nr. 115. Leipzig (Sachsen), 15. März 1855.

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[Beginn Spaltensatz] den Verkehr des cis= und transkaukasischen Rußland.
Die größere Hälfte der Einwohner sind Armenier.
Tiflis ist der Sitz der Gouvernementsbehörden, eines
Generalstabs, eines georgischen Metropoliten, eines ar-
menischen Erzbischofs und eines russischen Bischofs.
Es hat 42 Kirchen, deren Thürme die Form von Ke-
geln, nicht wie die russischen von Zwiebeln haben.
[Spaltenumbruch] Auch besitzt Tiflis einige Klöster, eine Bibliothek, ein
Naturaliencabinet und einen botanischen Garten. Unter
den gewerblichen Anstalten sind die Wollen=, Baum-
wollen- und Halbseidenzeuchfabriken sowie die Salz-
siedereien zu erwähnen, die das Salz aus den nahen
Steinsalzwerken reinigen.

[Ende Spaltensatz]

Geistliche Schauspiele im Mittelalter. [Abbildung]

Aufführung der Leidensgeschichte im Mittelalter.


[Beginn Spaltensatz]

Das Schauspiel des Mittelalters ruht entschieden auf
religiösem Grunde. Es war ursprünglich ein geistli-
ches Schauspiel, durch welches dem Gottesdienste sym-
bolische Formen, sinnbildliche Handlungen und damit
der christlichen Kirche ein nicht unwesentliches Förde-
rungsmittel für ihre Verbreitung unter Heiden und
Juden gegeben wurde.

Die Neubekehrten sollten in dem neuen Gottes-
dienste Alles und schöner wiederfinden, was ihnen, die
nur in Anschauungen und Gefühlen lebten, der alte
geboten. Versetzen wir uns auf einige Augenblicke zu-
rück in jene Zeiten! Es ist Abend, der Vorabend des
heiligen Christfestes. Die Gemeinde ist versammelt und
verharrt in der spärlich beleuchteten Kirche bis Mitter-
nacht in stillen Gebeten. Da plötzlich öffnen sich beim
Klange der Glocken die heiligen Thüren auf der Altar-
erhöhung, gleich den Pforten des Himmels. Der
Presbyter, das Rauchfaß schwingend, durchschreitet die
Kirche bis zur Vorhalle; die Thymianwolken lagern
sich über die Gemeinde hin, ein Bild des Geistes Got-
tes, der da schwebt über den Wassern. Der Diakon,
[Spaltenumbruch] eine brennende Kerze in der Hand, erinnert an den
ersten Schöpfungsact, da Gott sprach: "Es werde
Licht!" Die Stimmen der Gemeindeglieder singen den
104. Psalm, die Priester kehren zurück in das Hei-
ligthum und die Thüren werden, ein Sinnbild des
Sündenfalls und der Verstoßung aus dem Paradiese,
verschlossen.

Der Chor spricht jetzt in Psalmenversen sein Schuld-
bewußtsein und die Sehnsucht nach göttlicher Hülfe
aus; "bei dem Herrn", so schließt er, "ist Gnade und
viel Erlösung bei ihm, und er wird Jsrael erlösen von
allen seinen Sünden!" Da eröffnen sich die heiligen
Thüren wieder, der Presbyter erscheint, tröstet die
Gemeinde durch die prophetischen Verkündigungen des
einstigen Erlösers und schließt mit Gebet und Segen
den ersten Theil der Feier.

Mit Buß= und Klageliedern und dem wiederholten
Rufe: "Herr, erbarme dich!" ( Kyrie eleison! ) beginnt
sie wieder und dauert so, bis die ersten Srahlen der
Sonne den Anbruch des Tages des Herrn verkünden
und man drinnen im Heiligthum den Priester den
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[Beginn Spaltensatz] den Verkehr des cis= und transkaukasischen Rußland.
Die größere Hälfte der Einwohner sind Armenier.
Tiflis ist der Sitz der Gouvernementsbehörden, eines
Generalstabs, eines georgischen Metropoliten, eines ar-
menischen Erzbischofs und eines russischen Bischofs.
Es hat 42 Kirchen, deren Thürme die Form von Ke-
geln, nicht wie die russischen von Zwiebeln haben.
[Spaltenumbruch] Auch besitzt Tiflis einige Klöster, eine Bibliothek, ein
Naturaliencabinet und einen botanischen Garten. Unter
den gewerblichen Anstalten sind die Wollen=, Baum-
wollen- und Halbseidenzeuchfabriken sowie die Salz-
siedereien zu erwähnen, die das Salz aus den nahen
Steinsalzwerken reinigen.

[Ende Spaltensatz]

Geistliche Schauspiele im Mittelalter. [Abbildung]

Aufführung der Leidensgeschichte im Mittelalter.


[Beginn Spaltensatz]

Das Schauspiel des Mittelalters ruht entschieden auf
religiösem Grunde. Es war ursprünglich ein geistli-
ches Schauspiel, durch welches dem Gottesdienste sym-
bolische Formen, sinnbildliche Handlungen und damit
der christlichen Kirche ein nicht unwesentliches Förde-
rungsmittel für ihre Verbreitung unter Heiden und
Juden gegeben wurde.

Die Neubekehrten sollten in dem neuen Gottes-
dienste Alles und schöner wiederfinden, was ihnen, die
nur in Anschauungen und Gefühlen lebten, der alte
geboten. Versetzen wir uns auf einige Augenblicke zu-
rück in jene Zeiten! Es ist Abend, der Vorabend des
heiligen Christfestes. Die Gemeinde ist versammelt und
verharrt in der spärlich beleuchteten Kirche bis Mitter-
nacht in stillen Gebeten. Da plötzlich öffnen sich beim
Klange der Glocken die heiligen Thüren auf der Altar-
erhöhung, gleich den Pforten des Himmels. Der
Presbyter, das Rauchfaß schwingend, durchschreitet die
Kirche bis zur Vorhalle; die Thymianwolken lagern
sich über die Gemeinde hin, ein Bild des Geistes Got-
tes, der da schwebt über den Wassern. Der Diakon,
[Spaltenumbruch] eine brennende Kerze in der Hand, erinnert an den
ersten Schöpfungsact, da Gott sprach: „Es werde
Licht!“ Die Stimmen der Gemeindeglieder singen den
104. Psalm, die Priester kehren zurück in das Hei-
ligthum und die Thüren werden, ein Sinnbild des
Sündenfalls und der Verstoßung aus dem Paradiese,
verschlossen.

Der Chor spricht jetzt in Psalmenversen sein Schuld-
bewußtsein und die Sehnsucht nach göttlicher Hülfe
aus; „bei dem Herrn“, so schließt er, „ist Gnade und
viel Erlösung bei ihm, und er wird Jsrael erlösen von
allen seinen Sünden!“ Da eröffnen sich die heiligen
Thüren wieder, der Presbyter erscheint, tröstet die
Gemeinde durch die prophetischen Verkündigungen des
einstigen Erlösers und schließt mit Gebet und Segen
den ersten Theil der Feier.

Mit Buß= und Klageliedern und dem wiederholten
Rufe: „Herr, erbarme dich!“ ( Kyrie eleison! ) beginnt
sie wieder und dauert so, bis die ersten Srahlen der
Sonne den Anbruch des Tages des Herrn verkünden
und man drinnen im Heiligthum den Priester den
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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Dritter Jahrgang, Nr. 115. Leipzig (Sachsen), 15. März 1855, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig115_1855/5>, abgerufen am 27.11.2024.