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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 98. Leipzig (Sachsen), 16. November 1854.

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Mannichfaltiges.
[Beginn Spaltensatz]

Cochenillezucht in Europa wird Vielen etwas ganz
Neues sein. Roßmäßler lernte sie auf seinen Reisen in Spa-
nien kennen und besuchte in der Umgegend von Malaga so-
genannte Nopalgärten. Nopal ist aber bekanntlich die indi-
sche Benennung der Opuntia coccinellisera, auf welcher die
Cochenillewürmer gezogen werden. Unser Landsmann erzählt:
"Jch besuchte einen großen Nopalgarten, in welchem die
Pflanzen ungefähr vier Fuß hoch waren; sie standen in Rei-
hen auf gezogenen Dämmchen, zwischen denen sie bewässert
werden konnten, etwa wie unsere Kartoffeln, aber statt de-
ren große Cactuspflanzen -- ein wahrhaft fremdartiger An-
blick. Die Cochenille gehört in eine Jnsektenfamilie, aus der
auch bei uns sehr viele Arten auf den Pflanzen schmarotzen,
nur daß sie nicht den prächtig rothen Saft in ihren Leibern
tragen und höchstens das Ansehen unserer Zier= und Zucht-
pflanzen verderben." Es ist die Jnsektenfamilie, die wir
Blatt= oder Pflanzenläuse zu nennen pflegen. Die Coche-
nilleblattlaus, welche den herrlichen Färbestoff liefert, ist
etwa so groß wie ein Wickenkorn, fast ebenso rund und dick.
Mit seinen sechs kleinen Füßchen und seinem Saugrüssel hef-
tet sich das Thierchen an einen Punkt des Nopalblattes fest
und bringt in dieser Stellung eine zahlreiche Nachkommen-
schaft zur Welt. Nach und nach wimmelt es auf den Blät-
tern, die Thierchen sehen granatroth aus, hängen etwa drei
Wochen fest, lassen dann los und fallen zu Boden. Man
muß diesen Zeitpunkt genau beobachten und dann die aus-
gewachsenen Thierchen zur Gewinnung des kostbaren Färbe-
stoffs sammeln.



Australiens Boden. Längs seinen großen, oft auf
lange Strecken schiffbaren Flüssen besitzt das Land einen hin-
länglich fruchtbaren Boden, für alle Producte der Erde
geeignet. Gegen Nord wachsen Bananen, Ananas, Feigen,
Apfelsinen, Zuckerrohr und alle die ausgezeichnetsten Frucht-
arten der tropischen Gegenden. Dort hat man in der spä-
tern Zeit auch angefangen, Baumwolle zu erbauen, die an
Güte fast alle bisher bekannten Arten übertrifft und eins
von Neuhollands wichtigsten Producten zu werden verspricht.
Die mittelsten und südlichen Striche sind zum Kornbau be-
sonders passend, sodaß man schon jetzt fast soviel Korn pro-
ducirt, als das Land gebraucht. Wenn die Arbeitskraft,
welche jetzt beinahe ausschließend auf das Goldgraben gerich-
tet ist, in den natürlichen Strom zurückkehrt, wird die un-
endliche Fruchtbarkeit gewiß zu noch größerm Segen für die
Menschen sich benutzen lassen und Australien dann eine Korn-
kammer für die übrige Welt werden.



Die Elementarschulen in Rußland sind nicht sehr
zahlreich. Jn runder Zahl betragen sie kaum 3000 und das
gibt das Verhältniß zur Bevölkerung, die im ganzen Reiche
etwa 65 Millionen [unleserliches Material - 7 Zeichen fehlen]beträgt. Jn den Elementarschulen wird
nichts als Schreiben und Lesen gelehrt; sie bestehen nur in
den Städten, in den Dörfern hängen sie rein von der Will-
kür der Adeligen ab. Besser sind schon die sogenannten
Kreisschulen; sie erhalten meist ihre Lehrkräfte von den Uni-
versitäten. Freilich sind die Lehrer meist zur Strafe da; es
sind nämlich solche Kronstudenten, welche, zu Diensten ver-
pflichtet, diese in ihrem eigentlichen Fache nicht leisten konn-
ten und dann im Lehrfache zur Strafe verbraucht werden,
damit die Krone ihre Auslagen für die gewährte Erziehung
nicht ganz verliere.



Die australischen Urwälder zeigen nicht die tropische,
schwellende, saftige Natur, nicht die breiten Blätter und
riesigen Bäume, aber doch auch eine merkwürdige Größe
und Pracht -- Gummibäume von 200 Fuß Höhe und oft
drei Ellen im Durchmesser, ungeheure Feigenbäume mit gro-
ßen Luftwurzeln, die sich aus den von Lianen durchflochtenen
Zweigen herabsenken und bis zur Mitte des Stamms mit
Schwammgewächsen, welche Ameisenhügeln oder übermäßigen
Vogelnestern gleichen, bedeckt sind, dichte Haine von 100
[Spaltenumbruch] Fuß hohen Palmen und 20--30 Fuß hohen palmenähnlichen
Farrn mit ihren reizend geformten Blattkronen, bis zum
Gipfel von einer Schar schönblühender Schlingpflanzen um-
wunden.



Sprüchwörter der Odschi=Neger. Des Armen El-
fenbein ist ein Eberzahn. -- Ein Fehltritt des Mundes ist
schlimmer als des Fußes. -- Ein Dummkopf, dessen Schaf
zwei mal ausreißt. -- Niemand läßt ab, einen Elefanten zu
verfolgen und setzt einem Sperlinge nach. -- Leg drauf!
Leg drauf! macht endlich eine Last. -- Jm Ohr ist kein
Kreuzweg. -- Wenn du nicht tanzen kannst, sagst du: Jch
mag die Trommel nicht. -- Einer allein ist kein Held. --
Des Todes Hippe mäht nicht in einer Gegend blos. --
Wenn ein Sklave frei wird, nennt er sich selbst einen Edel-
mann. -- Wenn Jemand dich haßt, schlägt er dein Vieh. --
Wenn ein Vogel in der Schlinge ist, tönt sein Geschrei an-
ders als sonst. -- Wenn dein Verwandter stirbt, stirbst du
darum nicht; aber wenn er Schande auf sich ladet, trifft
dich die Schande mit.



Vor dem Monte Rosa. Otto Roquette, der seine
Besteigung des Monte Rosa sehr ansprechend erzählt
hat, beschreibt uns den Anblick desselben vom sogenannten
Moropaß aus also: "Welch ein Anblick wartete hier unser!
Jch habe das Schneegebilde der Jungfrau, die Kette der
Berner Alpen vom Faulhorn aus und den Montblanc gese-
hen und keins dieser Bilder kommt dem des Monte Rosa
vom Moropaß gleich. Sollte man aufjauchzen vor Entzücken
oder in die Knie sinken vor diesem ergreifenden Gebilde der
Schöpfung? Ein Gemisch von Freude und Andacht erfüllte
die Brust, und je länger der Blick umherschweifte, desto be-
deutsamer und ernsthafter wurde der Eindruck. Hier in der
Region des Schnees grünte auf Stunden weit kein Blatt,
kein Halm. Kein Felsen zeigte sich mehr in seiner dunkeln
Farbe, der ewige Winter starrte um uns her und tiefblau
lag der Himmel darüber. Vom Kopf bis zu Fuß im wei-
ßen Gewande stand der Monte Rosa da, vier seiner Spitzen
hoben sich in den kalten Aether und seine Gletscher griffen,
vielfach gewunden, wie riesenhafte Eichenwurzeln in die
Grundfeste der Alpenberge. Klar stand die Sonne am Him-
mel, aber eisig wehte die Luft über das unabsehbare Gefilde
des Schnees; kein lebendes Wesen außer uns war zu er-
blicken. Wir athmeten im Reiche der todten Erstarrung,
der ewigen Ruhe und Unveränderlichkeit."



Nov=Antik. Als der Mathematiker Jacobi aus Kö-
nigsberg von London zu Schiffe nach Edinburg reiste, zün-
dete er sich ganz ruhig seine Pfeife an, indem er Stahl,
Stein und Schwamm hervorholte. Neugierig sammelten sich
um ihn einige Yankees aus Neuyork und Boston, folgten ge-
spannt seiner Manipulation und bewunderten die ingeniöse
Methode als eine neue Erfindung.



Dringend. "Komm doch ja recht bald wieder!" sagt
Julchen zu Minchen. -- "Jch komme, sobald ich kann." --
"Könntest du denn nicht noch etwas früher kommen?"



Die Verwechseluug. Von einer Dame, die als gute
Hausfrau und erfahrene Wirthschafterin in Ruf stand, er-
bat sich eine Bekannte, deren Kinder von den Masern zu ge-
nesen anfingen, ein Verhaltungsrecept. Es ward ihr ver-
sprochen. Die schriftstellerische Martha hat nach mehren Sei-
ten hin Depeschen auszufertigen und schickt der Mutter der
kleinen Patienten ein Recept, von dem diese mit ziemlich ver-
blüfftem Gesicht Kenntniß nimmt; denn es hieß darin: "Sie
werden gebrüht, geschält, mit Salz bestreut und dann in
kochenden Weinessig geworfen." Die Rathgeberin hatte sich
vergriffen und ein Recept, Zwiebeln einzumachen, geschickt.

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Verantwortlicher Redacteur: M. J. E. Volbeding. -- Druck und Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.


Mannichfaltiges.
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Cochenillezucht in Europa wird Vielen etwas ganz
Neues sein. Roßmäßler lernte sie auf seinen Reisen in Spa-
nien kennen und besuchte in der Umgegend von Malaga so-
genannte Nopalgärten. Nopal ist aber bekanntlich die indi-
sche Benennung der Opuntia coccinellisera, auf welcher die
Cochenillewürmer gezogen werden. Unser Landsmann erzählt:
„Jch besuchte einen großen Nopalgarten, in welchem die
Pflanzen ungefähr vier Fuß hoch waren; sie standen in Rei-
hen auf gezogenen Dämmchen, zwischen denen sie bewässert
werden konnten, etwa wie unsere Kartoffeln, aber statt de-
ren große Cactuspflanzen — ein wahrhaft fremdartiger An-
blick. Die Cochenille gehört in eine Jnsektenfamilie, aus der
auch bei uns sehr viele Arten auf den Pflanzen schmarotzen,
nur daß sie nicht den prächtig rothen Saft in ihren Leibern
tragen und höchstens das Ansehen unserer Zier= und Zucht-
pflanzen verderben.“ Es ist die Jnsektenfamilie, die wir
Blatt= oder Pflanzenläuse zu nennen pflegen. Die Coche-
nilleblattlaus, welche den herrlichen Färbestoff liefert, ist
etwa so groß wie ein Wickenkorn, fast ebenso rund und dick.
Mit seinen sechs kleinen Füßchen und seinem Saugrüssel hef-
tet sich das Thierchen an einen Punkt des Nopalblattes fest
und bringt in dieser Stellung eine zahlreiche Nachkommen-
schaft zur Welt. Nach und nach wimmelt es auf den Blät-
tern, die Thierchen sehen granatroth aus, hängen etwa drei
Wochen fest, lassen dann los und fallen zu Boden. Man
muß diesen Zeitpunkt genau beobachten und dann die aus-
gewachsenen Thierchen zur Gewinnung des kostbaren Färbe-
stoffs sammeln.



Australiens Boden. Längs seinen großen, oft auf
lange Strecken schiffbaren Flüssen besitzt das Land einen hin-
länglich fruchtbaren Boden, für alle Producte der Erde
geeignet. Gegen Nord wachsen Bananen, Ananas, Feigen,
Apfelsinen, Zuckerrohr und alle die ausgezeichnetsten Frucht-
arten der tropischen Gegenden. Dort hat man in der spä-
tern Zeit auch angefangen, Baumwolle zu erbauen, die an
Güte fast alle bisher bekannten Arten übertrifft und eins
von Neuhollands wichtigsten Producten zu werden verspricht.
Die mittelsten und südlichen Striche sind zum Kornbau be-
sonders passend, sodaß man schon jetzt fast soviel Korn pro-
ducirt, als das Land gebraucht. Wenn die Arbeitskraft,
welche jetzt beinahe ausschließend auf das Goldgraben gerich-
tet ist, in den natürlichen Strom zurückkehrt, wird die un-
endliche Fruchtbarkeit gewiß zu noch größerm Segen für die
Menschen sich benutzen lassen und Australien dann eine Korn-
kammer für die übrige Welt werden.



Die Elementarschulen in Rußland sind nicht sehr
zahlreich. Jn runder Zahl betragen sie kaum 3000 und das
gibt das Verhältniß zur Bevölkerung, die im ganzen Reiche
etwa 65 Millionen [unleserliches Material – 7 Zeichen fehlen]beträgt. Jn den Elementarschulen wird
nichts als Schreiben und Lesen gelehrt; sie bestehen nur in
den Städten, in den Dörfern hängen sie rein von der Will-
kür der Adeligen ab. Besser sind schon die sogenannten
Kreisschulen; sie erhalten meist ihre Lehrkräfte von den Uni-
versitäten. Freilich sind die Lehrer meist zur Strafe da; es
sind nämlich solche Kronstudenten, welche, zu Diensten ver-
pflichtet, diese in ihrem eigentlichen Fache nicht leisten konn-
ten und dann im Lehrfache zur Strafe verbraucht werden,
damit die Krone ihre Auslagen für die gewährte Erziehung
nicht ganz verliere.



Die australischen Urwälder zeigen nicht die tropische,
schwellende, saftige Natur, nicht die breiten Blätter und
riesigen Bäume, aber doch auch eine merkwürdige Größe
und Pracht — Gummibäume von 200 Fuß Höhe und oft
drei Ellen im Durchmesser, ungeheure Feigenbäume mit gro-
ßen Luftwurzeln, die sich aus den von Lianen durchflochtenen
Zweigen herabsenken und bis zur Mitte des Stamms mit
Schwammgewächsen, welche Ameisenhügeln oder übermäßigen
Vogelnestern gleichen, bedeckt sind, dichte Haine von 100
[Spaltenumbruch] Fuß hohen Palmen und 20—30 Fuß hohen palmenähnlichen
Farrn mit ihren reizend geformten Blattkronen, bis zum
Gipfel von einer Schar schönblühender Schlingpflanzen um-
wunden.



Sprüchwörter der Odschi=Neger. Des Armen El-
fenbein ist ein Eberzahn. — Ein Fehltritt des Mundes ist
schlimmer als des Fußes. — Ein Dummkopf, dessen Schaf
zwei mal ausreißt. — Niemand läßt ab, einen Elefanten zu
verfolgen und setzt einem Sperlinge nach. — Leg drauf!
Leg drauf! macht endlich eine Last. — Jm Ohr ist kein
Kreuzweg. — Wenn du nicht tanzen kannst, sagst du: Jch
mag die Trommel nicht. — Einer allein ist kein Held. —
Des Todes Hippe mäht nicht in einer Gegend blos. —
Wenn ein Sklave frei wird, nennt er sich selbst einen Edel-
mann. — Wenn Jemand dich haßt, schlägt er dein Vieh. —
Wenn ein Vogel in der Schlinge ist, tönt sein Geschrei an-
ders als sonst. — Wenn dein Verwandter stirbt, stirbst du
darum nicht; aber wenn er Schande auf sich ladet, trifft
dich die Schande mit.



Vor dem Monte Rosa. Otto Roquette, der seine
Besteigung des Monte Rosa sehr ansprechend erzählt
hat, beschreibt uns den Anblick desselben vom sogenannten
Moropaß aus also: „Welch ein Anblick wartete hier unser!
Jch habe das Schneegebilde der Jungfrau, die Kette der
Berner Alpen vom Faulhorn aus und den Montblanc gese-
hen und keins dieser Bilder kommt dem des Monte Rosa
vom Moropaß gleich. Sollte man aufjauchzen vor Entzücken
oder in die Knie sinken vor diesem ergreifenden Gebilde der
Schöpfung? Ein Gemisch von Freude und Andacht erfüllte
die Brust, und je länger der Blick umherschweifte, desto be-
deutsamer und ernsthafter wurde der Eindruck. Hier in der
Region des Schnees grünte auf Stunden weit kein Blatt,
kein Halm. Kein Felsen zeigte sich mehr in seiner dunkeln
Farbe, der ewige Winter starrte um uns her und tiefblau
lag der Himmel darüber. Vom Kopf bis zu Fuß im wei-
ßen Gewande stand der Monte Rosa da, vier seiner Spitzen
hoben sich in den kalten Aether und seine Gletscher griffen,
vielfach gewunden, wie riesenhafte Eichenwurzeln in die
Grundfeste der Alpenberge. Klar stand die Sonne am Him-
mel, aber eisig wehte die Luft über das unabsehbare Gefilde
des Schnees; kein lebendes Wesen außer uns war zu er-
blicken. Wir athmeten im Reiche der todten Erstarrung,
der ewigen Ruhe und Unveränderlichkeit.“



Nov=Antik. Als der Mathematiker Jacobi aus Kö-
nigsberg von London zu Schiffe nach Edinburg reiste, zün-
dete er sich ganz ruhig seine Pfeife an, indem er Stahl,
Stein und Schwamm hervorholte. Neugierig sammelten sich
um ihn einige Yankees aus Neuyork und Boston, folgten ge-
spannt seiner Manipulation und bewunderten die ingeniöse
Methode als eine neue Erfindung.



Dringend. „Komm doch ja recht bald wieder!“ sagt
Julchen zu Minchen. — „Jch komme, sobald ich kann.“ —
„Könntest du denn nicht noch etwas früher kommen?“



Die Verwechseluug. Von einer Dame, die als gute
Hausfrau und erfahrene Wirthschafterin in Ruf stand, er-
bat sich eine Bekannte, deren Kinder von den Masern zu ge-
nesen anfingen, ein Verhaltungsrecept. Es ward ihr ver-
sprochen. Die schriftstellerische Martha hat nach mehren Sei-
ten hin Depeschen auszufertigen und schickt der Mutter der
kleinen Patienten ein Recept, von dem diese mit ziemlich ver-
blüfftem Gesicht Kenntniß nimmt; denn es hieß darin: „Sie
werden gebrüht, geschält, mit Salz bestreut und dann in
kochenden Weinessig geworfen.“ Die Rathgeberin hatte sich
vergriffen und ein Recept, Zwiebeln einzumachen, geschickt.

[Ende Spaltensatz]

Verantwortlicher Redacteur: M. J. E. Volbeding. — Druck und Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.

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[368/0008] 368 Mannichfaltiges. Cochenillezucht in Europa wird Vielen etwas ganz Neues sein. Roßmäßler lernte sie auf seinen Reisen in Spa- nien kennen und besuchte in der Umgegend von Malaga so- genannte Nopalgärten. Nopal ist aber bekanntlich die indi- sche Benennung der Opuntia coccinellisera, auf welcher die Cochenillewürmer gezogen werden. Unser Landsmann erzählt: „Jch besuchte einen großen Nopalgarten, in welchem die Pflanzen ungefähr vier Fuß hoch waren; sie standen in Rei- hen auf gezogenen Dämmchen, zwischen denen sie bewässert werden konnten, etwa wie unsere Kartoffeln, aber statt de- ren große Cactuspflanzen — ein wahrhaft fremdartiger An- blick. Die Cochenille gehört in eine Jnsektenfamilie, aus der auch bei uns sehr viele Arten auf den Pflanzen schmarotzen, nur daß sie nicht den prächtig rothen Saft in ihren Leibern tragen und höchstens das Ansehen unserer Zier= und Zucht- pflanzen verderben.“ Es ist die Jnsektenfamilie, die wir Blatt= oder Pflanzenläuse zu nennen pflegen. Die Coche- nilleblattlaus, welche den herrlichen Färbestoff liefert, ist etwa so groß wie ein Wickenkorn, fast ebenso rund und dick. Mit seinen sechs kleinen Füßchen und seinem Saugrüssel hef- tet sich das Thierchen an einen Punkt des Nopalblattes fest und bringt in dieser Stellung eine zahlreiche Nachkommen- schaft zur Welt. Nach und nach wimmelt es auf den Blät- tern, die Thierchen sehen granatroth aus, hängen etwa drei Wochen fest, lassen dann los und fallen zu Boden. Man muß diesen Zeitpunkt genau beobachten und dann die aus- gewachsenen Thierchen zur Gewinnung des kostbaren Färbe- stoffs sammeln. Australiens Boden. Längs seinen großen, oft auf lange Strecken schiffbaren Flüssen besitzt das Land einen hin- länglich fruchtbaren Boden, für alle Producte der Erde geeignet. Gegen Nord wachsen Bananen, Ananas, Feigen, Apfelsinen, Zuckerrohr und alle die ausgezeichnetsten Frucht- arten der tropischen Gegenden. Dort hat man in der spä- tern Zeit auch angefangen, Baumwolle zu erbauen, die an Güte fast alle bisher bekannten Arten übertrifft und eins von Neuhollands wichtigsten Producten zu werden verspricht. Die mittelsten und südlichen Striche sind zum Kornbau be- sonders passend, sodaß man schon jetzt fast soviel Korn pro- ducirt, als das Land gebraucht. Wenn die Arbeitskraft, welche jetzt beinahe ausschließend auf das Goldgraben gerich- tet ist, in den natürlichen Strom zurückkehrt, wird die un- endliche Fruchtbarkeit gewiß zu noch größerm Segen für die Menschen sich benutzen lassen und Australien dann eine Korn- kammer für die übrige Welt werden. Die Elementarschulen in Rußland sind nicht sehr zahlreich. Jn runder Zahl betragen sie kaum 3000 und das gibt das Verhältniß zur Bevölkerung, die im ganzen Reiche etwa 65 Millionen _______beträgt. Jn den Elementarschulen wird nichts als Schreiben und Lesen gelehrt; sie bestehen nur in den Städten, in den Dörfern hängen sie rein von der Will- kür der Adeligen ab. Besser sind schon die sogenannten Kreisschulen; sie erhalten meist ihre Lehrkräfte von den Uni- versitäten. Freilich sind die Lehrer meist zur Strafe da; es sind nämlich solche Kronstudenten, welche, zu Diensten ver- pflichtet, diese in ihrem eigentlichen Fache nicht leisten konn- ten und dann im Lehrfache zur Strafe verbraucht werden, damit die Krone ihre Auslagen für die gewährte Erziehung nicht ganz verliere. Die australischen Urwälder zeigen nicht die tropische, schwellende, saftige Natur, nicht die breiten Blätter und riesigen Bäume, aber doch auch eine merkwürdige Größe und Pracht — Gummibäume von 200 Fuß Höhe und oft drei Ellen im Durchmesser, ungeheure Feigenbäume mit gro- ßen Luftwurzeln, die sich aus den von Lianen durchflochtenen Zweigen herabsenken und bis zur Mitte des Stamms mit Schwammgewächsen, welche Ameisenhügeln oder übermäßigen Vogelnestern gleichen, bedeckt sind, dichte Haine von 100 Fuß hohen Palmen und 20—30 Fuß hohen palmenähnlichen Farrn mit ihren reizend geformten Blattkronen, bis zum Gipfel von einer Schar schönblühender Schlingpflanzen um- wunden. Sprüchwörter der Odschi=Neger. Des Armen El- fenbein ist ein Eberzahn. — Ein Fehltritt des Mundes ist schlimmer als des Fußes. — Ein Dummkopf, dessen Schaf zwei mal ausreißt. — Niemand läßt ab, einen Elefanten zu verfolgen und setzt einem Sperlinge nach. — Leg drauf! Leg drauf! macht endlich eine Last. — Jm Ohr ist kein Kreuzweg. — Wenn du nicht tanzen kannst, sagst du: Jch mag die Trommel nicht. — Einer allein ist kein Held. — Des Todes Hippe mäht nicht in einer Gegend blos. — Wenn ein Sklave frei wird, nennt er sich selbst einen Edel- mann. — Wenn Jemand dich haßt, schlägt er dein Vieh. — Wenn ein Vogel in der Schlinge ist, tönt sein Geschrei an- ders als sonst. — Wenn dein Verwandter stirbt, stirbst du darum nicht; aber wenn er Schande auf sich ladet, trifft dich die Schande mit. Vor dem Monte Rosa. Otto Roquette, der seine Besteigung des Monte Rosa sehr ansprechend erzählt hat, beschreibt uns den Anblick desselben vom sogenannten Moropaß aus also: „Welch ein Anblick wartete hier unser! Jch habe das Schneegebilde der Jungfrau, die Kette der Berner Alpen vom Faulhorn aus und den Montblanc gese- hen und keins dieser Bilder kommt dem des Monte Rosa vom Moropaß gleich. Sollte man aufjauchzen vor Entzücken oder in die Knie sinken vor diesem ergreifenden Gebilde der Schöpfung? Ein Gemisch von Freude und Andacht erfüllte die Brust, und je länger der Blick umherschweifte, desto be- deutsamer und ernsthafter wurde der Eindruck. Hier in der Region des Schnees grünte auf Stunden weit kein Blatt, kein Halm. Kein Felsen zeigte sich mehr in seiner dunkeln Farbe, der ewige Winter starrte um uns her und tiefblau lag der Himmel darüber. Vom Kopf bis zu Fuß im wei- ßen Gewande stand der Monte Rosa da, vier seiner Spitzen hoben sich in den kalten Aether und seine Gletscher griffen, vielfach gewunden, wie riesenhafte Eichenwurzeln in die Grundfeste der Alpenberge. Klar stand die Sonne am Him- mel, aber eisig wehte die Luft über das unabsehbare Gefilde des Schnees; kein lebendes Wesen außer uns war zu er- blicken. Wir athmeten im Reiche der todten Erstarrung, der ewigen Ruhe und Unveränderlichkeit.“ Nov=Antik. Als der Mathematiker Jacobi aus Kö- nigsberg von London zu Schiffe nach Edinburg reiste, zün- dete er sich ganz ruhig seine Pfeife an, indem er Stahl, Stein und Schwamm hervorholte. Neugierig sammelten sich um ihn einige Yankees aus Neuyork und Boston, folgten ge- spannt seiner Manipulation und bewunderten die ingeniöse Methode als eine neue Erfindung. Dringend. „Komm doch ja recht bald wieder!“ sagt Julchen zu Minchen. — „Jch komme, sobald ich kann.“ — „Könntest du denn nicht noch etwas früher kommen?“ Die Verwechseluug. Von einer Dame, die als gute Hausfrau und erfahrene Wirthschafterin in Ruf stand, er- bat sich eine Bekannte, deren Kinder von den Masern zu ge- nesen anfingen, ein Verhaltungsrecept. Es ward ihr ver- sprochen. Die schriftstellerische Martha hat nach mehren Sei- ten hin Depeschen auszufertigen und schickt der Mutter der kleinen Patienten ein Recept, von dem diese mit ziemlich ver- blüfftem Gesicht Kenntniß nimmt; denn es hieß darin: „Sie werden gebrüht, geschält, mit Salz bestreut und dann in kochenden Weinessig geworfen.“ Die Rathgeberin hatte sich vergriffen und ein Recept, Zwiebeln einzumachen, geschickt. Verantwortlicher Redacteur: M. J. E. Volbeding. — Druck und Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 98. Leipzig (Sachsen), 16. November 1854, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig098_1854/8>, abgerufen am 24.11.2024.