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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 97. Leipzig (Sachsen), 9. November 1854.

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[Beginn Spaltensatz] Natur so gutmüthig und vertrauensvoll und hat sich
vor allen Neapolitanern den Ruhm der Tapferkeit zu
bewahren gewußt; auch kann man dem Calabresen die
Tücke des Jtalieners, der durch sein meuchlerisches
Wesen so allgemein verhaßt ist, nicht vorwerfen. Wol
ist er als ungebildeter Natursohn aufbrausend und hef-
tig, aber von Meuchelmord hört man bei ihm selten
etwas und Dolch und Gift verabscheuen sie wie wir.

Wie tief der Calabrese noch in seinem rohen Na-
turzustande versunken liegt, das lehrt ein einziger Blick
in seine Haushaltung. Seine Kleidung besteht häufig
nur aus Lumpen, denn er ist kein Freund vom Wech-
sel derselben und trägt sie meist so lange auf dem
Leibe, bis sie von selbst herabfallen. Die Hütte des
Calabresen ähnelt mehr einem Stalle für das Vieh.
Ein einziger Raum in derselben macht seine ganze
Wohnung, seine Vorrathskammer und sein Schlaf-
zimmer aus und in diesen Raum hat er sich noch mit
seinen Hausthieren getheilt. Schweine, Hühner, Hunde
und Katzen laufen ungenirt in seiner Wohnstube umher,
um sich mit seinen Kindern täglich vertrauter zu machen.

Am widrigsten und auffälligsten ist die grenzenlose
Unreinlichkeit des Calabresen am eigenen Leibe wie in
dem Hauswesen. Es fällt ihm nicht ein, sein Geschirr
aufzuwaschen. Hat er seine Mahlzeit verzehrt, so streicht
er, wenn sich noch Überbleibsel auf den Tellern befinden,
ohne Umstände Alles wieder von den Tellern in den
Topf ab, in welchem die Speise bereitet wurde und
Brühe, Fleischstücken bilden nun, von den Händen
und Zähnen der Kinder zum Ueberflusse bearbeitet, ein
Gemengsel, welches als Vorrath zur nächsten Mahlzeit
aufbewahrt wird. Die entleerten Teller werden hierauf
den Hunden und Katzen überlassen. Haben diese das
Geschirr gehörig ausgeleckt, dann stellt man es, ohne
an das Auswaschen derselben zu denken, bei Seite und
benutzt es später in dem reinen Zustande, in welchen
die Jungen der Hausthiere das Geschirr versetzt haben.
Der Calabrese trinkt meist aus Flaschen, die ein Je-
der reihum an den Mund setzt; sie werden zwar von
neuem gefüllt, aber an das Ausspülen denkt Niemand.

Viel ließe sich noch hinzufügen, um die Calabre-
sen in ihrem rohen Zustande zu schildern, doch sei es
hiermit genug. Aber der Freund der Menschheit hängt
mit betrübtem Blicke an dem Bilde, das die Betrach-
tung eines Volkes bietet, welches bei bürgerlichem und
sittlichen Vorwärtsschreiten zu den glücklichsten Men-
schen gerechnet werden müßte. Tausende von geschick-
ten, fleißigen und gebildeten Männern suchen jenseit
des fernen Oceans ihr Heil und doch hat Europa noch
weit ausgestreckte Länder, welche sich nach ihren Er-
lösern sehnen, um mit ihren schlummernden Reichthü-
mern, die nur des Weckens bedürfen, Millionen zu er-
freuen und zu beglücken.



Zähmung und Cultur wilder Thiere.

Die Zähmung und Cultur wilder Thiere stand bei
den Römern sehr hoch. Sie hatten es darin unglaub-
lich weit gebracht, leider aber nicht in Bezug auf alle
die nützlichen Thiergattungen, deren Vermehrung und
Vervollkommnung wirksam für die Fortschritte in der
Agricultur oder überhaupt in der Jndustrie sein konn-
ten. Alle ihre Bemühungen haben, gegen Ende der
Republik und unter der Kaiserherrschaft, sich nur auf
diejenigen Gattungen bezogen, welche das Vergnügen
[Spaltenumbruch] bei den Spielen im Circus vermehrten oder dem Luxus
ihrer Tafelfreuden dienen konnten.

Was sie in Beziehung auf den ersten Punkt ge-
leistet, setzt nach Allem, was die moderne Zeit in der
Art zum Vorschein gebracht, immer noch in Erstau-
nen. Jn den letzten Jahrhunderten hatten die Con-
suln und die Aedilen dem römischen Volke oft das ab-
scheuliche Vergnügen dargeboten, zu sehen, wie große
Mengen seltener Thirre vor ihm niedergemetzelt wur-
den. Als man dahin gelangt war, bei feierlichen Ge-
legenheiten, wie bei der Einweihung des pompejani-
schen Theaters, im Jahre 55, Hunderte von Panthern
und Löwen dem Tode zu weihen, mußte man darauf
bedacht sein, dem Volke, um ihm zu gefallen, Schau-
spiele einer andern Art zu verschaffen: man führte ihm
abgerichtete Thiere vor.

Marcus Antoninus war der Erste, der auf einem
mit Löwen bespannten Wagen in Rom einfuhr. Helio-
gabalus that Dasselbe, als er die Cybele, die Mutter
der Götter, vorstellte; auch mit Tigern fuhr er, dem
Gott Bacchus nachahmend; bisweilen spannte er auch
zwei Hirsche vor seinen Wagen, ein anderes mal vier
Hunde. Der Kaiser Firmus ließ seinen Wagen von
ausnehmend großen Straußen ziehen, sodaß der Wa-
gen mehr zu fliegen als zu rollen schien.



Der Hybiscus.
[Abbildung]

Er ist, wie der erste Anblick lehrt, mit den Malven
verwandt und gehört zu den Gewächsen, die fast überall
fortkommen und fast das ganze Jahr hindurch Blüten
haben. Mehres über ihn und verwandte Arten siehe
Pfennig=Magazin, Jahr=gang 1835, Nr. 110.



[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] Natur so gutmüthig und vertrauensvoll und hat sich
vor allen Neapolitanern den Ruhm der Tapferkeit zu
bewahren gewußt; auch kann man dem Calabresen die
Tücke des Jtalieners, der durch sein meuchlerisches
Wesen so allgemein verhaßt ist, nicht vorwerfen. Wol
ist er als ungebildeter Natursohn aufbrausend und hef-
tig, aber von Meuchelmord hört man bei ihm selten
etwas und Dolch und Gift verabscheuen sie wie wir.

Wie tief der Calabrese noch in seinem rohen Na-
turzustande versunken liegt, das lehrt ein einziger Blick
in seine Haushaltung. Seine Kleidung besteht häufig
nur aus Lumpen, denn er ist kein Freund vom Wech-
sel derselben und trägt sie meist so lange auf dem
Leibe, bis sie von selbst herabfallen. Die Hütte des
Calabresen ähnelt mehr einem Stalle für das Vieh.
Ein einziger Raum in derselben macht seine ganze
Wohnung, seine Vorrathskammer und sein Schlaf-
zimmer aus und in diesen Raum hat er sich noch mit
seinen Hausthieren getheilt. Schweine, Hühner, Hunde
und Katzen laufen ungenirt in seiner Wohnstube umher,
um sich mit seinen Kindern täglich vertrauter zu machen.

Am widrigsten und auffälligsten ist die grenzenlose
Unreinlichkeit des Calabresen am eigenen Leibe wie in
dem Hauswesen. Es fällt ihm nicht ein, sein Geschirr
aufzuwaschen. Hat er seine Mahlzeit verzehrt, so streicht
er, wenn sich noch Überbleibsel auf den Tellern befinden,
ohne Umstände Alles wieder von den Tellern in den
Topf ab, in welchem die Speise bereitet wurde und
Brühe, Fleischstücken bilden nun, von den Händen
und Zähnen der Kinder zum Ueberflusse bearbeitet, ein
Gemengsel, welches als Vorrath zur nächsten Mahlzeit
aufbewahrt wird. Die entleerten Teller werden hierauf
den Hunden und Katzen überlassen. Haben diese das
Geschirr gehörig ausgeleckt, dann stellt man es, ohne
an das Auswaschen derselben zu denken, bei Seite und
benutzt es später in dem reinen Zustande, in welchen
die Jungen der Hausthiere das Geschirr versetzt haben.
Der Calabrese trinkt meist aus Flaschen, die ein Je-
der reihum an den Mund setzt; sie werden zwar von
neuem gefüllt, aber an das Ausspülen denkt Niemand.

Viel ließe sich noch hinzufügen, um die Calabre-
sen in ihrem rohen Zustande zu schildern, doch sei es
hiermit genug. Aber der Freund der Menschheit hängt
mit betrübtem Blicke an dem Bilde, das die Betrach-
tung eines Volkes bietet, welches bei bürgerlichem und
sittlichen Vorwärtsschreiten zu den glücklichsten Men-
schen gerechnet werden müßte. Tausende von geschick-
ten, fleißigen und gebildeten Männern suchen jenseit
des fernen Oceans ihr Heil und doch hat Europa noch
weit ausgestreckte Länder, welche sich nach ihren Er-
lösern sehnen, um mit ihren schlummernden Reichthü-
mern, die nur des Weckens bedürfen, Millionen zu er-
freuen und zu beglücken.



Zähmung und Cultur wilder Thiere.

Die Zähmung und Cultur wilder Thiere stand bei
den Römern sehr hoch. Sie hatten es darin unglaub-
lich weit gebracht, leider aber nicht in Bezug auf alle
die nützlichen Thiergattungen, deren Vermehrung und
Vervollkommnung wirksam für die Fortschritte in der
Agricultur oder überhaupt in der Jndustrie sein konn-
ten. Alle ihre Bemühungen haben, gegen Ende der
Republik und unter der Kaiserherrschaft, sich nur auf
diejenigen Gattungen bezogen, welche das Vergnügen
[Spaltenumbruch] bei den Spielen im Circus vermehrten oder dem Luxus
ihrer Tafelfreuden dienen konnten.

Was sie in Beziehung auf den ersten Punkt ge-
leistet, setzt nach Allem, was die moderne Zeit in der
Art zum Vorschein gebracht, immer noch in Erstau-
nen. Jn den letzten Jahrhunderten hatten die Con-
suln und die Aedilen dem römischen Volke oft das ab-
scheuliche Vergnügen dargeboten, zu sehen, wie große
Mengen seltener Thirre vor ihm niedergemetzelt wur-
den. Als man dahin gelangt war, bei feierlichen Ge-
legenheiten, wie bei der Einweihung des pompejani-
schen Theaters, im Jahre 55, Hunderte von Panthern
und Löwen dem Tode zu weihen, mußte man darauf
bedacht sein, dem Volke, um ihm zu gefallen, Schau-
spiele einer andern Art zu verschaffen: man führte ihm
abgerichtete Thiere vor.

Marcus Antoninus war der Erste, der auf einem
mit Löwen bespannten Wagen in Rom einfuhr. Helio-
gabalus that Dasselbe, als er die Cybele, die Mutter
der Götter, vorstellte; auch mit Tigern fuhr er, dem
Gott Bacchus nachahmend; bisweilen spannte er auch
zwei Hirsche vor seinen Wagen, ein anderes mal vier
Hunde. Der Kaiser Firmus ließ seinen Wagen von
ausnehmend großen Straußen ziehen, sodaß der Wa-
gen mehr zu fliegen als zu rollen schien.



Der Hybiscus.
[Abbildung]

Er ist, wie der erste Anblick lehrt, mit den Malven
verwandt und gehört zu den Gewächsen, die fast überall
fortkommen und fast das ganze Jahr hindurch Blüten
haben. Mehres über ihn und verwandte Arten siehe
Pfennig=Magazin, Jahr=gang 1835, Nr. 110.



[Ende Spaltensatz]
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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 97. Leipzig (Sachsen), 9. November 1854, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig097_1854/7>, abgerufen am 23.11.2024.