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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 87. Leipzig (Sachsen), 24. August 1854.

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Mannichfaltiges.
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Die verschiedenen Grußformeln der Völker sind ächt
charakteristisch; es drückt sich in ihnen treffend die Rolle aus,
welche die Völker spielen. Der stets mit der Mode des Ta-
ges beschäftigte Franzose fragt: "Wie tragen Sie sich?"
( Comment vous portez vous? ) Der rastlos schaffende
Engländer: "Wie thun Sie?" ( How do you do? ) Der
sinnende Deutsche: "Wie geht es Jhnen?" Am bezeichnend-
sten fast ist das "Vorwärts " ( to go ahead ) des Nordameri-
kaners, etwa als Gruß wie das Motto einer jugendlich kräf-
tigen Nation sich vordrängend: Nur immer vorwärts, nur
kein Zeitverlust! Die Möglichkeit to go ahead muß dem
Nordamerikaner gegeben sein. Wie ein Kind, das in seinen
Bedürfnissen so leicht und in seinen Wünschen so schwer zu
befriedigen ist, verlangt der Nordamerikaner, um sich wohl
zu fühlen, eine unendliche Aussicht. Nicht um den Gewinnst,
mehr um das Gewinnen ist es ihm zu thun.



Die Hitze in Afrika ist deswegen so lästig und ent-
nervend, weil sie eine sich Tag und Nacht fast gleichbleibende
Temperaturhöhe behauptet. "Bei der geringsten Beschäfti-
gung " -- so erzählt unser Landsmann Kießler -- "ja bei
ganz ruhigem Sitzen wird man so von der Hitze gepeinigt,
daß man aus der Haut fahren möchte. Der Schweiß fließt
am Körper herunter, wie wenn man mit Wasser begossen
würde; man fühlt es, wie er in Rinnchen den Beinen ent-
lang in die Stiefeln läuft und im Barte sammelt er sich so
an, daß man diesen oft mit der Hand ausdrücken muß, wie
man das Wasser aus einem Pinsel drückt."



Ein alter Hecht. Von dem im 12. Jahrhundert vom
Kaiser Friedrich Barbarossa bei Kaiserslautern erbauten
Schlosse und seinen Festungswerken sind jetzt nur noch einige
Keller und Mauertrümmer vorhanden. Unterhalb dieser Rui-
nen liegt der sogenannte Kaiserswog, ehemals ein großer
Teich, jetzt zu Wiesen benutzt. Jn diesen Teich setzte Kaiser
Friedrich II. einen Hecht, dem ein goldener Ring angelegt
war, mit der ( griechischen Jnschrift: "Jch bin der erste von
den Fischen, welche den 5. October 1230 durch Kaiser Fried-
rich 's " II. Hand in diesen Wog ( Teich ) gesetzt worden." Jm
Jahre 1497 wurde dieser Hecht gefangen und kam auf die
Tafel des Kurfürsten Philipp von der Pfalz. Er soll 350
Pfund gewogen haben. Der damalige Bischof von Dalberg
übersetzte dem Kurfürsten die Jnschrift. Der Hecht wäre also
über dritthalbhundert Jahre alt geworden.



Das Vogelnest im Pflanzenreiche. Die Ophrys
Nidus avis
, eine in den thüringischen Bergen ziemlich selten
vorkommende Pflanze von eigenthümlichem Habitus und blaß-
bräunlicher Färbung, deren Blumen braunen Fliegen und
[Spaltenumbruch] Spinnen gleichen, hat ihren bezeichnenden Beinamen von
ihrer Wurzel erhalten. Wenn man nämlich den Boden um
die Pflanze herum ausgräbt und die Wurzel sorgfältig her-
aushebt, so findet man, daß sie aus einem runden, fleischi-
gen, von unzähligen seitenständigen Fasern gebildeten Knollen
besteht. Die aufsteigenden Faserwurzeln zeigen sich an ihrer
Spitze wieder einwärts gebogen, sodaß das Ganze in der
That einem Vogelnest täuschend ähnlich sieht.



Ein Ausspruch des Talmud. Hast du je Thiere
oder Vögel sehen ein Gewerbe treiben? Und doch ernähren
sie sich ohne Mühe. Diese sind nur des Menschen wegen er-
schaffen, der Mensch aber ist erschaffen worden, seinem Schö-
pfer zu dienen und sollte deshalb seine Nahrungsmittel noch
leichter erlangen. Es sind aber die Menschen selber, die
durch ihre böse und verkehrte Handlungsweise ihren Lebens-
unterhalt sich erschweren.



Holz über Silber. Die feinsten Holzlöffel werden in
Abada in Persien gemacht. Man hat sie, aus Ahorn ge-
schnitzt, in den verschiedensten Größen; der Stiel wird fein
gemustert; der vordere Theil ist so fein ausgeschnitten, daß
das Holz die Stärke eines Kartenblatts nicht überragt.
Mehre solche Löffel, einer immer etwas kleiner als der an-
dere, liegen ineinander, daß das Ganze von etwa sechs Löf-
feln ein gemeinschaftliches Futteral umschließt.



Gefrorene Erde. Als der König von Schweden,
Gustav Adolf, in Stettin war und sich die Befestigungs-
werke ansah, blieb er vor einer unvollendeten Schanze stehen
und fragte einen Offizier, der die Anlegung der Schanze aus-
zuführen hatte: "Warum ist diese Arbeit noch nicht weiter
vorgerückt?" -- "Majestät", antwortete der Offizier, "der
Frost hat uns aufgehalten." -- "Für die Faulen ist die Erde
immer gefroren", antwortete der König unwillig und ging
weiter.



Die erste türkische Druckerei in Konstantinopel ward
im Jahre 1727 unter Achmet III. angelegt; der Mufti gab
einen Fetwa, der das Unternehmen für hochnützlich erklärte;
in einem eigenen Hattischerif pries der Sultan sich glücklich,
daß seine Regierung durch einen so großen Segen des Him-
mels ausgezeichnet worden sei. Auch die Ulemas gaben ihre
Zustimmung, verboten aber ausdrücklich, den Koran und
Schriften über Mohammed's Glaubenslehre unter die Presse
zu bringen. Es würde ruchlos sein, sagten sie, Gottes
Wort zu quetschen und zusammenzupressen.

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Ankündigungen.
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Diese rühmlichst bekannten Pates Pectorales,
ein bewährtes Linderungsmittel bei Brustleiden aller
Art, Husten, Schnupfen, Katarrh , werden verkauft
in Leipzig bei

    L. Tilebein,
    Conditor in der Centralhalle.

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Verantwortlicher Redacteur: M. J. E. Volbeding. -- Druck und Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.


Mannichfaltiges.
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Die verschiedenen Grußformeln der Völker sind ächt
charakteristisch; es drückt sich in ihnen treffend die Rolle aus,
welche die Völker spielen. Der stets mit der Mode des Ta-
ges beschäftigte Franzose fragt: „Wie tragen Sie sich?“
( Comment vous portez vous? ) Der rastlos schaffende
Engländer: „Wie thun Sie?“ ( How do you do? ) Der
sinnende Deutsche: „Wie geht es Jhnen?“ Am bezeichnend-
sten fast ist das „Vorwärts “ ( to go ahead ) des Nordameri-
kaners, etwa als Gruß wie das Motto einer jugendlich kräf-
tigen Nation sich vordrängend: Nur immer vorwärts, nur
kein Zeitverlust! Die Möglichkeit to go ahead muß dem
Nordamerikaner gegeben sein. Wie ein Kind, das in seinen
Bedürfnissen so leicht und in seinen Wünschen so schwer zu
befriedigen ist, verlangt der Nordamerikaner, um sich wohl
zu fühlen, eine unendliche Aussicht. Nicht um den Gewinnst,
mehr um das Gewinnen ist es ihm zu thun.



Die Hitze in Afrika ist deswegen so lästig und ent-
nervend, weil sie eine sich Tag und Nacht fast gleichbleibende
Temperaturhöhe behauptet. „Bei der geringsten Beschäfti-
gung “ — so erzählt unser Landsmann Kießler — „ja bei
ganz ruhigem Sitzen wird man so von der Hitze gepeinigt,
daß man aus der Haut fahren möchte. Der Schweiß fließt
am Körper herunter, wie wenn man mit Wasser begossen
würde; man fühlt es, wie er in Rinnchen den Beinen ent-
lang in die Stiefeln läuft und im Barte sammelt er sich so
an, daß man diesen oft mit der Hand ausdrücken muß, wie
man das Wasser aus einem Pinsel drückt.“



Ein alter Hecht. Von dem im 12. Jahrhundert vom
Kaiser Friedrich Barbarossa bei Kaiserslautern erbauten
Schlosse und seinen Festungswerken sind jetzt nur noch einige
Keller und Mauertrümmer vorhanden. Unterhalb dieser Rui-
nen liegt der sogenannte Kaiserswog, ehemals ein großer
Teich, jetzt zu Wiesen benutzt. Jn diesen Teich setzte Kaiser
Friedrich II. einen Hecht, dem ein goldener Ring angelegt
war, mit der ( griechischen Jnschrift: „Jch bin der erste von
den Fischen, welche den 5. October 1230 durch Kaiser Fried-
rich 's “ II. Hand in diesen Wog ( Teich ) gesetzt worden.“ Jm
Jahre 1497 wurde dieser Hecht gefangen und kam auf die
Tafel des Kurfürsten Philipp von der Pfalz. Er soll 350
Pfund gewogen haben. Der damalige Bischof von Dalberg
übersetzte dem Kurfürsten die Jnschrift. Der Hecht wäre also
über dritthalbhundert Jahre alt geworden.



Das Vogelnest im Pflanzenreiche. Die Ophrys
Nidus avis
, eine in den thüringischen Bergen ziemlich selten
vorkommende Pflanze von eigenthümlichem Habitus und blaß-
bräunlicher Färbung, deren Blumen braunen Fliegen und
[Spaltenumbruch] Spinnen gleichen, hat ihren bezeichnenden Beinamen von
ihrer Wurzel erhalten. Wenn man nämlich den Boden um
die Pflanze herum ausgräbt und die Wurzel sorgfältig her-
aushebt, so findet man, daß sie aus einem runden, fleischi-
gen, von unzähligen seitenständigen Fasern gebildeten Knollen
besteht. Die aufsteigenden Faserwurzeln zeigen sich an ihrer
Spitze wieder einwärts gebogen, sodaß das Ganze in der
That einem Vogelnest täuschend ähnlich sieht.



Ein Ausspruch des Talmud. Hast du je Thiere
oder Vögel sehen ein Gewerbe treiben? Und doch ernähren
sie sich ohne Mühe. Diese sind nur des Menschen wegen er-
schaffen, der Mensch aber ist erschaffen worden, seinem Schö-
pfer zu dienen und sollte deshalb seine Nahrungsmittel noch
leichter erlangen. Es sind aber die Menschen selber, die
durch ihre böse und verkehrte Handlungsweise ihren Lebens-
unterhalt sich erschweren.



Holz über Silber. Die feinsten Holzlöffel werden in
Abada in Persien gemacht. Man hat sie, aus Ahorn ge-
schnitzt, in den verschiedensten Größen; der Stiel wird fein
gemustert; der vordere Theil ist so fein ausgeschnitten, daß
das Holz die Stärke eines Kartenblatts nicht überragt.
Mehre solche Löffel, einer immer etwas kleiner als der an-
dere, liegen ineinander, daß das Ganze von etwa sechs Löf-
feln ein gemeinschaftliches Futteral umschließt.



Gefrorene Erde. Als der König von Schweden,
Gustav Adolf, in Stettin war und sich die Befestigungs-
werke ansah, blieb er vor einer unvollendeten Schanze stehen
und fragte einen Offizier, der die Anlegung der Schanze aus-
zuführen hatte: „Warum ist diese Arbeit noch nicht weiter
vorgerückt?“ — „Majestät“, antwortete der Offizier, „der
Frost hat uns aufgehalten.“ — „Für die Faulen ist die Erde
immer gefroren“, antwortete der König unwillig und ging
weiter.



Die erste türkische Druckerei in Konstantinopel ward
im Jahre 1727 unter Achmet III. angelegt; der Mufti gab
einen Fetwa, der das Unternehmen für hochnützlich erklärte;
in einem eigenen Hattischerif pries der Sultan sich glücklich,
daß seine Regierung durch einen so großen Segen des Him-
mels ausgezeichnet worden sei. Auch die Ulemas gaben ihre
Zustimmung, verboten aber ausdrücklich, den Koran und
Schriften über Mohammed's Glaubenslehre unter die Presse
zu bringen. Es würde ruchlos sein, sagten sie, Gottes
Wort zu quetschen und zusammenzupressen.

[Ende Spaltensatz]

Ankündigungen.
[Beginn Spaltensatz]

[Abbildung]
[Spaltenumbruch]

Diese rühmlichst bekannten Pates Pectorales,
ein bewährtes Linderungsmittel bei Brustleiden aller
Art, Husten, Schnupfen, Katarrh , werden verkauft
in Leipzig bei

    L. Tilebein,
    Conditor in der Centralhalle.

[Ende Spaltensatz]

Verantwortlicher Redacteur: M. J. E. Volbeding. — Druck und Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.

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[280/0008] 280 Mannichfaltiges. Die verschiedenen Grußformeln der Völker sind ächt charakteristisch; es drückt sich in ihnen treffend die Rolle aus, welche die Völker spielen. Der stets mit der Mode des Ta- ges beschäftigte Franzose fragt: „Wie tragen Sie sich?“ ( Comment vous portez vous? ) Der rastlos schaffende Engländer: „Wie thun Sie?“ ( How do you do? ) Der sinnende Deutsche: „Wie geht es Jhnen?“ Am bezeichnend- sten fast ist das „Vorwärts “ ( to go ahead ) des Nordameri- kaners, etwa als Gruß wie das Motto einer jugendlich kräf- tigen Nation sich vordrängend: Nur immer vorwärts, nur kein Zeitverlust! Die Möglichkeit to go ahead muß dem Nordamerikaner gegeben sein. Wie ein Kind, das in seinen Bedürfnissen so leicht und in seinen Wünschen so schwer zu befriedigen ist, verlangt der Nordamerikaner, um sich wohl zu fühlen, eine unendliche Aussicht. Nicht um den Gewinnst, mehr um das Gewinnen ist es ihm zu thun. Die Hitze in Afrika ist deswegen so lästig und ent- nervend, weil sie eine sich Tag und Nacht fast gleichbleibende Temperaturhöhe behauptet. „Bei der geringsten Beschäfti- gung “ — so erzählt unser Landsmann Kießler — „ja bei ganz ruhigem Sitzen wird man so von der Hitze gepeinigt, daß man aus der Haut fahren möchte. Der Schweiß fließt am Körper herunter, wie wenn man mit Wasser begossen würde; man fühlt es, wie er in Rinnchen den Beinen ent- lang in die Stiefeln läuft und im Barte sammelt er sich so an, daß man diesen oft mit der Hand ausdrücken muß, wie man das Wasser aus einem Pinsel drückt.“ Ein alter Hecht. Von dem im 12. Jahrhundert vom Kaiser Friedrich Barbarossa bei Kaiserslautern erbauten Schlosse und seinen Festungswerken sind jetzt nur noch einige Keller und Mauertrümmer vorhanden. Unterhalb dieser Rui- nen liegt der sogenannte Kaiserswog, ehemals ein großer Teich, jetzt zu Wiesen benutzt. Jn diesen Teich setzte Kaiser Friedrich II. einen Hecht, dem ein goldener Ring angelegt war, mit der ( griechischen Jnschrift: „Jch bin der erste von den Fischen, welche den 5. October 1230 durch Kaiser Fried- rich 's “ II. Hand in diesen Wog ( Teich ) gesetzt worden.“ Jm Jahre 1497 wurde dieser Hecht gefangen und kam auf die Tafel des Kurfürsten Philipp von der Pfalz. Er soll 350 Pfund gewogen haben. Der damalige Bischof von Dalberg übersetzte dem Kurfürsten die Jnschrift. Der Hecht wäre also über dritthalbhundert Jahre alt geworden. Das Vogelnest im Pflanzenreiche. Die Ophrys Nidus avis, eine in den thüringischen Bergen ziemlich selten vorkommende Pflanze von eigenthümlichem Habitus und blaß- bräunlicher Färbung, deren Blumen braunen Fliegen und Spinnen gleichen, hat ihren bezeichnenden Beinamen von ihrer Wurzel erhalten. Wenn man nämlich den Boden um die Pflanze herum ausgräbt und die Wurzel sorgfältig her- aushebt, so findet man, daß sie aus einem runden, fleischi- gen, von unzähligen seitenständigen Fasern gebildeten Knollen besteht. Die aufsteigenden Faserwurzeln zeigen sich an ihrer Spitze wieder einwärts gebogen, sodaß das Ganze in der That einem Vogelnest täuschend ähnlich sieht. Ein Ausspruch des Talmud. Hast du je Thiere oder Vögel sehen ein Gewerbe treiben? Und doch ernähren sie sich ohne Mühe. Diese sind nur des Menschen wegen er- schaffen, der Mensch aber ist erschaffen worden, seinem Schö- pfer zu dienen und sollte deshalb seine Nahrungsmittel noch leichter erlangen. Es sind aber die Menschen selber, die durch ihre böse und verkehrte Handlungsweise ihren Lebens- unterhalt sich erschweren. Holz über Silber. Die feinsten Holzlöffel werden in Abada in Persien gemacht. Man hat sie, aus Ahorn ge- schnitzt, in den verschiedensten Größen; der Stiel wird fein gemustert; der vordere Theil ist so fein ausgeschnitten, daß das Holz die Stärke eines Kartenblatts nicht überragt. Mehre solche Löffel, einer immer etwas kleiner als der an- dere, liegen ineinander, daß das Ganze von etwa sechs Löf- feln ein gemeinschaftliches Futteral umschließt. Gefrorene Erde. Als der König von Schweden, Gustav Adolf, in Stettin war und sich die Befestigungs- werke ansah, blieb er vor einer unvollendeten Schanze stehen und fragte einen Offizier, der die Anlegung der Schanze aus- zuführen hatte: „Warum ist diese Arbeit noch nicht weiter vorgerückt?“ — „Majestät“, antwortete der Offizier, „der Frost hat uns aufgehalten.“ — „Für die Faulen ist die Erde immer gefroren“, antwortete der König unwillig und ging weiter. Die erste türkische Druckerei in Konstantinopel ward im Jahre 1727 unter Achmet III. angelegt; der Mufti gab einen Fetwa, der das Unternehmen für hochnützlich erklärte; in einem eigenen Hattischerif pries der Sultan sich glücklich, daß seine Regierung durch einen so großen Segen des Him- mels ausgezeichnet worden sei. Auch die Ulemas gaben ihre Zustimmung, verboten aber ausdrücklich, den Koran und Schriften über Mohammed's Glaubenslehre unter die Presse zu bringen. Es würde ruchlos sein, sagten sie, Gottes Wort zu quetschen und zusammenzupressen. Ankündigungen. [Abbildung] Diese rühmlichst bekannten Pates Pectorales, ein bewährtes Linderungsmittel bei Brustleiden aller Art, Husten, Schnupfen, Katarrh , werden verkauft in Leipzig bei L. Tilebein, Conditor in der Centralhalle. Verantwortlicher Redacteur: M. J. E. Volbeding. — Druck und Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 87. Leipzig (Sachsen), 24. August 1854, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig087_1854/8>, abgerufen am 24.11.2024.